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guenterotto
28.04.2010, 19:23
Eine simple Fürbitte

Die Nachricht erstaunte die Kollegen am Taxistand
Hansaplatz in Hamburg! Helmut zockt nicht mehr! Er
raucht nicht mehr! Schlimmer noch, er redet von Jesus,
spricht von Vergebung und schwärmt vom ewigen Leben!
Ist Helmut verrückt geworden, oder hat ihn ein
religiöser Anfall verändert?
Alles Spinnkrams, spotteten die einen. So etwas geht
schnell vorüber, prophezeiten andere. Einer wußte:
Nach zwei Jahren ist alles vergessen, dann gehört er
wieder zu uns. Heino aber wettete tausend Mark, daß
Helmuts Glaube stabil bleiben würde!
Und Helmut?
Er bezeugte mit der Unbekümmertheit eines Neubekehrten
jedem, der es hören wollte oder nicht: Jesus ist
der Heiland der Welt, der Erlöser und Retter! Niemand
kann helfen als Jesus allein!
Nach einiger Zeit glätteten sich die Wogen der Erregung,
der Alltag kehrte ein. Abgesehen von wenigen
Sticheleien herrschte Frieden zwischen den Taxifahrern
am Hansaplatz und Helmut. Die täglichen Sorgen bestimmten
wieder die Gespräche: Schlechte Geschäfte,
defekte Autos oder die angeknackste Gesundheit interessierten
mehr als religiöse Äußerungen eines Außenseiters.
Woher auch konnten sie wissen, daß das eine
mit dem anderen in engster Verbindung stand?
Doch ein Kollege ahnte es!
Er fuhr schon lange Taxi, war selbständig, wie ich
und wollte bauen. Im Laufe der Zeit stellten sich
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Schwierigkeiten mit seiner Wirbelsäule ein. Immer
stärkere Kreuzschmerzen machten ihm das Leben zur
Hölle. Bäder, Massagen und Gymnastik halfen wenig.
Durch einen Bandscheibenvorfall wurde er schließlich
für längere Zeit arbeitsunfähig und geriet in finanzielle
Schwierigkeiten.
Als er wieder fahren konnte, traf ich ihn am Hansaplatz.
Unter großen Schmerzen quälte er sich aus dem
Taxi und klagte sein Leid:
„Ein halber Krüppel bin ich. Schon verbietet mir
mein Hausarzt das Taxifahren. Was soll ich machen?
Demnächst muß ich unters Messer, habe ein ungutes
Gefühl. Garantien gibt es nicht, und ob's hilft...? Gelingt
die Operation, darf ich dennoch kein Taxi mehr fahren,
sagt mein Arzt. Leichte Botenarbeiten dürfte ich nur
.ausführen, oder Ähnliches."
Ich hörte aufmerksam zu.
„Den Taxibetrieb muß ich wohl aufgeben, alle meine
Pläne werden über den Haufen geworfen! - Ein Mist
auch, ich kann mich kaum noch rühren!" Er seufzte und
nahm mich beiseite. „Du Helmut, sag mal, du gehst
doch sonntags immer in die Kirche."
Ich nickte.
„Ich habe Angst vor der Operation! Kannst du dort
für mich beten lassen? Geht das zu machen? Erzähle es
hier niemandem, du verstehst schon!"
„Du kannst dich darauf verlassen", versprach ich.
„Am Sonntag gebe ich die Fürbitte in meiner Kirchengemeinde
ab, dann wird für dich gebetet."
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Am Freitag erzählte ich meinem Bruder, Günter, von
der Geschichte und bat ihn, Sonntagmorgen in der Gemeinde
für den kranken Kollegen zu beten.
Gesagt - getan.
Vor der Predigt las der Gemeindepastor alle anfallenden
Fürbitten vor, danach wurde für jede einzeln
gebetet. Als die Fürbitte für meinen Kollegen an der
Reihe war, betete mein Bruder laut und inbrünstig um
Heilung. Er hatte die Not des Kranken zu seiner eigenen
Not gemacht. Mein Glaube allerdings war zwiespältig.
Ich wußte, Gott kann helfen, aber würde ER es
auch tun? Vierzehn Tage später traf ich meinen Kollegen
am Taxistand. Eingeklemmt hinter dem Steuer
machte er ein Nickerchen. Ich ging zu ihm.
„Na, was macht dein Rücken?"
Der Kollege antwortete nicht, öffnete langsam die
Wagentür und sprang flink aus dem Auto. Leichtfüßig
lief er hin und her, bückte und streckte sich, er strahlte
über das ganze Gesicht!
„Und alles ohne Operation!", platzte er heraus. „Botendienste:
Schnee von gestern! Betriebsaufgabe: Ein
schlechter Witz! Ich bin wieder gesund! Mann, Helmut,
in deiner Kirche haben sie für mich gebetet, nicht
wahr?"
„Ja, das haben sie!"
„Vielen Dank! Kannst du dir vorstellen, wie ich mich
fühle? Wie neugeboren!"
Erneut reckte er sich, um unter Beweis zu stellen: Ich
bin gesund!
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Ja, wer hat so etwas je erlebt? Die wenigsten, nehme
ich an. Und doch reichte diese Heilung für ihn nicht
aus, um Jesus nachzufolgen. Mein Kollege fährt noch
immer Taxi, steht kurz vor dem Rentenalter. Ich treffe
ihn von Zeit zu Zeit. Von Gott will er nichts wissen,
aber seine damalige Heilung verleugnet er nicht, hat sie
nicht vergessen und bewahrt sie in seinem Herzen auf.