PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : ACHARE MOT – Nach dem Tod



Gabriel2
27.04.2007, 20:51
ACHARE MOT – Nach dem Tod
3. Mose 16,1 – 18,30; Hesekiel 22,1 - 16

Wer ist der Sündenbock?

Im Wochenabschnitt „Achare Mot“ liegt der Schwerpunkt auf der Frage: wer ist der
Sündenbock und was ist seine Aufgabe, über den in 3, Mose 16,8 geschrieben steht:
„hierauf soll Aaron Lose über die beiden Böcke werfen, das eine Los für den Herrn, das
andere Los für Asasel“.

Dieser Vers erweckt sofort die viel diskutierte Frage: wie ist es möglich, außer Gott
noch einem anderen Gott ein Opfer darzubringen?

Die jüdischen Gelehrten sind sich in der Auslegung des Asasel uneins. Die einen sind
der Ansicht, dass es sich um einen außergewöhnlichen Engel handelt, um einen der
gefallenen Engel, die durch Vermischung mit den Menschentöchtern Reisen zeugten,
andere meinen, dass das Wort Asasel der Name eines Wüstendämons bzw. Feldteufels
(2. Chronik 11,15) ist, galt die Wüste doch als Ort der Dämonen und Teufel, als ein Ort,
in dem Heilige vom Teufel versucht wurden (auch Jesus wurde in der Wüste vom Teufel
versucht; Lukas 4).

Eine Opferdarbringung für Teufel wird jedoch in 3. Mose 17,7 als Verbrechen
gekennzeichnet: „… sie sollen also ihre Schlachttiere hinfort nicht mehr den bösen
Geistern schlachten“.

Dieses mysteriöse hebräische Wort Asasel wird in der Septuaginta (im 2. Jh. v. Chr.
entstandene griechische Übersetzung des Alten Testaments) mit „der eine, den man
weg senden musste“ übersetzt. Dazu wird in der Vulgata (Lateinische Bibelübersetzung
aus dem 4. Jh.) gesagt, dass der Sündenbock in die Wildnis getrieben wird oder dahin
entrinnt. Der Hohepriester presste seine beiden Hände auf das Haupt des für Asasel
bestimmten Ziegenbockes, wodurch alle Sünden des Volkes auf ihn übertragen wurden.
Und wer in der Nähe des Bockes war, der berührte seine Haare und rief: „Nimm sie
(meine Sünden) und geh davon!“ ( Mischna-Traktat Joma 6,4 und Barnabasbrief 7,8 ).

Danach wurde der Ziegenbock in die Wüste geschickt. So wird das Wort Asasel mit
„Entlassung“ oder „gänzlicher Entfernung“ erklärt, ein alter Terminus technicus für die
völlige Beseitigung von Sünde und Schuld der Gemeinschaft, die durch die
Fortsendung des Ziegenbockes in die Wildnis symbolisiert wurde. So war das Opfer
nicht ein Opfer für Asasel, sondern der Ziegenbock war nur der Hinwegträger der
Sünde.

Der Midrasch schildert den Asasel so: „ Die Kinder Israels pflegten am Versöhnungstag
Opfer darzubringen, einen Bock dem Herrn, damit er für sie sühne, und einen Bock dem
Asasel, damit er die Sündenlast Israels auf sich nehme und wegtrage.“

„Der Bock aber, auf den das für Asasel bestimmte Los gefallen ist, soll lebend vor den
Herrn gestellt werden…, damit man über ihm die Sühnehandlung vollziehe und ihn
dann zu Asasel in die Wüste schicke“ (3. Mose 16,10). Dies bezieht sich laut Rabbiner
J. H. Hertz eindeutig auf ein Sündenbekenntnis – ohne das keine Sühne gültig ist.

Rabbi S. R. Hirsch versteht die Sendung des Bocks Asasel als symbolischen Akt, der
eine Bock ist dazu bestimmt, dass sein Blut ins Allerheiligste gebracht wird, und der
zweite Bock dazu, in die Wüste, in ein ödes Land geschickt zu werden.

Der jüdischen Halacha zufolge müssen beide Böcke sich im Aussehen, in der Größe
und im Wert vollkommen gleichen und in ein und derselben Transaktion erworben
werden. Daher sind beide Böcke ein Symbol für das Schicksal, über das jeder Jude von
Jahr zu Jahr für sich am Versöhnungstag – Jom Kippur – durch seine Reue
entscheidet. Und durch das Sühnen der Sünde mittels der Darbringung des ersten
Bockes vor dem Herrn und des Hinwegtragens der Sünde durch den zweiten Bock, den
Asasel, wurde das Versöhnungsfest (Jom Kippur) zu einem Freudentag, weil an ihm
alles Böse entfernt wurde.

Der Sündenbock, der in hebräisch Se´ir Asasel heißt, ist das unschuldige Tier, das die
Sünden der Menschen trägt, denn der Hohepriester nahm zwei Böcke für das
Sündopfer. Der Sündenbock des Herrn wurde geopfert und der Sündenbock des Asasel
wurde lebendig vor den Herrn gestellt, um durch ihn Sühnung zu erwirken. In der
Mischna (Joma 6,8 Rabbi Jehuda) wird der Wüstenort, zu dem Asasel geschickt wurde,
von „Jerusalem bis Bet-Chedudo“ bezeichnet, dort, wo 12 km östlich von Jerusalem die
mächtige Bergzacke (chedudo), heute als Fels Chirbet Hudedun bekannt, ist.

Über die symbolische Fortsendung der Sünden stehe in Micha 7,19 geschrieben:
„Er wird… alle unsere Missetaten in die Tiefen des Meeres versenken.“

„So soll der Bock alle ihre Verschuldungen auf sich nehmen sie in eine abgeschiedene
Gegend tragen“ (Mose 16,22). In ähnlichen Worten schildert dies auch Jesaja in Kapitel
53,5:

„Und doch war er verwundet um unserer Übertretungen willen und zerschlagen
infolge unserer Verschuldungen; die Strafe war auf ihn gelegt zu unserm Frieden.
Er hat unsere Gebrechen hinweg genommen und unsere Krankheiten getragen.“

In diesem Zusammenhang sagt Rabbi Isaak: „Und alle ihre Sünden trägt der
Ziegenbock hinweg“ (Gen.r.65).

Am Tage der endgültigen messianischen Erlösung wird Asasel verbrannt, denn dann ist
seine zwischenzeitliche Aufgabe erfüllt, weil dann der Messias selbst für die Erlösung
der gesamten Welt, in Sonderheit des jüdischen Volkes, sorgt.

Der Verfasser der Abraham-Apokalypse teilt die Völker der Welt in zwei Teile ein:
in die Kinder Abrahams, die durch das Los Gott zugefallen sind, und in die anderen
Völker, die durch das Los dem Asasel zufielen – mit dem Hinweis, dass damit auch für
die Völker – wenn sie ihre Sünden bekennen – ein Hinwegtragen ihrer Sünden möglich ist.


Ludwig Schneider