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Lorchen
24.05.2007, 17:26
Die ersteigerte Bibel

Warum nicht mal eine Geschichte aus der "guten alten Zeit"? Zumal es eine Geschichte ist, in der es um eine Bibel geht. (Das einzige, was stört, ist, dass der wirklich fromme Mann eine offensichtlich ungläubige Frau geheiratet hat. Aber vielleicht kam er ja selbst erst nach der Eheschließung zum Glauben).

Eigentlich wollte ich die alte Bibel, die mir angeboten wurde, gar nicht kaufen. Gewiss, sie war schon fast 300 Jahre alt, aber es wurde auch ein stolzer Preis für sie verlangt. Außerdem war sie nach bibliophilen Gesichtspunkten kein besonderes Stück. Doch dann fand ich zwischen den ersten Seiten einen Zettel, der mich neugierig machte. Dort hatte jemand aufgeschrieben, wie die Bibel in den Besitz dieser Familie gekommen war.

Diese Geschichte finde ich so schön, dass ich sie gern weitererzählen möchte: Im Bergischen Land liegt der Ort Witzhelden. Im Jahre 1817 heiratete dort der Schuhmacher Arnold Breidenbach seine junge Frau Friederike. Bis dahin hatte er in der Regimentsschuhmacherei in Köln gearbeitet und die hübsche Summe von 200 Silbertalern sparen können. Dieses Geld reichte für die jungen Eheleute als Anzahlung für ein kleines Anwesen – ein halb verfallenes Häuschen und einen Acker. Hier gründeten die beiden ihren Hausstand und Arnold Breidenbach betrieb eine Schuhmacherwerkstatt. Damals herrschte in der Gegend große Armut. Das Land hatte unter der Franzosenherrschaft gelitten. Danach waren russische Heeresteile plündernd durchs Land gezogen. Dazu hatte es zwei schwere Missernten gegeben.

Auch bei den Breidenbachs ging es ärmlich zu. Arnold Breidenbach war ein frommer Mann. Aus seinem Glauben machte er kein Geheimnis. In Gastwirtschaften oder bei Tanzveranstaltungen sah man ihn nicht. Leider fand er in ganz Witzhelden keine Gesinnungsgenossen. So wundert es nicht, dass er bald im ganzen Ort als der „fromme Breidenbach“ bekannt war. Nach getaner Arbeit saß er meistens über der Lektüre der Bibel. Obwohl die Witzheldener über den Lebensstil ihres Schuhmachers lächelten, ließen sie doch gern bei ihm arbeiten, denn er war ein guter und zuverlässiger Meister. Von den acht Groschen, die er täglich verdiente, ließ sich noch etwas für den Sparstrumpf abzweigen. An und für sich teilte Frau Breidenbach den Lebensstil ihres Mannes. Auch sie war eine fromme Frau. Doch den persönlichen Glauben an Jesus Christus, wie ihr Mann ihn lebte, hatte sie damals noch nicht. Seit der Hochzeit waren nun einige Jahre vergangen. Nachwuchs hatte sich eingestellt. Das älteste Kind schlief mit den Eltern in dem einzigen Bett, das sie besaßen. Das zweite lag noch in der Wiege, stieß aber mit Kopf und Füßen oben und unten an. Das dritte war unterwegs.

Da ging eines Tages ein Ausrufer durch die Straßen von Witzhelden. Er kündigte an, dass dann und dann eine Versteigerung in der Gaststätte stattfinde. Möbel, Hausrat usw. werde versteigert. „Arnold“, sagte da Frau Breidenbach, „das ist die Gelegenheit. Geh und ersteigere ein Bett. Wir haben 17 Taler gespart. Das dürfte ausreichen.“ Meister Breidenbach hörte sich den Plan seiner Frau schweigend an. Er war nicht ein Mann vieler Worte. Aber am Tag der Versteigerung legte er die Schürze beiseite und zog den blauen Kittel an, nahm das ersparte Geld und ging zur besagten Gastwirtschaft. Als er dort erschien, steckten die Leute die Köpfe zusammen. Das war noch nie da gewesen: Meister Breidenbach in einer Gast- wirtschaft. „Nun, Meister, was wollt Ihr denn hier?“ – „Ich brauche ein Bett!“ _ „Betten sind reichlich da.“

Die Auktion begann. Es wurde geschwatzt, gelärmt und getrunken. Das erste, was zur Versteigerung kam, war eine Bibel, ein riesiges Buch – etwa 120 Jahre alt, 41 cm lang, 25 cm breit, 7 kg schwer, außerdem mit Erklärungen versehen. Die meisten der Anwesenden waren schon angeheitert vom vielen Alkohol. Sie begannen zu spotten und Witze zu machen, als die Bibel aufgerufen wurde. Es wurden Verse aus der Bibel zitiert und darüber gelacht. Dann bot ein Kaufmann 15 Groschen. Er brauchte Einwickelpapier. Arnold Breidenbachs Herz krampfte sich zusammen. Hier wurde über das Buch gespottet, das er so sehr liebte. Damit sie nicht von dem Kaufmann zerrissen würde, bot er einen Taler dagegen. „Wer hat einen Taler geboten?“ –“Der fromme Breidenbach!“ – „Hochtreiben!“ raunten sich die Leute zu. Unter Spotten und Lachen bot nun einer nach dem anderen, und sie machten ihre Witze dabei. Arnold Breidenbach bot mit. An das Bett dachte er nicht mehr. Er wollte nur die Bibel vor den wüsten Gesellen retten. Schließlich bot jemand 16½ Taler. Arnold Breidenbach setzte 17 Taler dagegen. „Zum ersten, zum zweiten und zum dritten!“ Er hatte den Zuschlag erhalten und musste nun seine 17 Taler bezahlen. Still nahm er seine Bibel und ging nach Hause.

Als er dort ankam, war natürlich die erste Frage seiner Frau: „Was hast du denn da?“ – „Eine Bibel.“ – „Und wo ist das Bett?“ – „Ich habe kein Bett.“ –„Warum nicht?“ –„Wegen der Bibel.“ – „Wie teuer war die Bibel?“ – ,,17 Taler.“ – Und dann kam der „Regenguss“.Arnold Breidenbach zog den Kittel aus, band die Schürze um und begab sich wieder an seine Arbeit. Auf die Vorwürfe und die Argumente seiner Frau konnte er nur antworten: „Ich hab’s nicht mehr ertragen, wie sie das heilige Buch verspottet haben.“ Als Arnold Breidenbach am Abend aus der neuen Bibel vorlesen wollte, ging seine Frau aus dem Zimmer. Der Haussegen hing an diesem Tag bei den Breidenbachs arg schief.

Am nächsten Tag erschien in aller Frühe ein Müller aus der Nachbarschaft in der Schuhmacherwerkstatt. „Womit kann ich dienen?“ fragte Meister Breidenbach. Der Müller kratzte sich verlegen den Kopf. „Die Sache ist so. Ich komme wegen der Bibel und dem Bett. Als ich meiner Frau gestern die ganze Geschichte erzählt habe, hat sie mir gehörig den Kopf gewaschen. ‚Immer müsst ihr Männer spotten, wenn ihr getrunken habt’, hat sie gesagt. Den ganzen Abend hat sie keine Ruhe gegeben und mir gepredigt. Und heute in aller Frühe hat sie mich geweckt. Die ganze Nacht habe sie nicht geschlafen, sagte sie. Ich solle aufstehen und mit dem Knecht ein Bett aus der Gesindestube, das nicht gebraucht werde, zu euch bringen. Sie hat noch Stroh geschnitten und neue Bettwäsche aufgezogen. Bitte, seid so freundlich und nehmt das Bett, sonst bekomme ich keine Ruhe.“ Arnold Breidenbach hatte inzwischen seine Frau herzu gerufen. Nun schauten sich beide an, und Frau Breidenbach ging hinaus und machte es wie seinerzeit Petrus – sie weinte. Das Bett wurde abgeladen und in der Kammer aufgestellt. Am Abend las Arnold Breidenbach seiner Frau aus Psalm 37 vor: „Habe deine Lust an dem Herrn, der wird dir geben, was dein Herz wünschet. Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird’s wohl machen.“Friederike Breidenbach überlebte ihren Mann um 21 Jahre. Im Todesjahr ihres Mannes kam sie selbst zum lebendigen Glauben an Jesus.

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