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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Gottesdienste in Latein



Fisch
10.07.2007, 11:10
Ich habe heute in der Zeitung gelesen, dass in der Katholischen Kirche künftig wieder häufiger Gottesdienste in Latein nach dem traditionellen Ritus gefeiert werden darf.

Papst Benedikt hob die vor 40 Jahren eingeführten Beschränkungen auf, und erlaube ab sofort die alte Liturgie als „außerordentliche Form“.

Ich einem sechs Seiten umfassenden päpstlichen Schreiben „Motu proprio“ nebst Begleitbrief an die Bischöfe begründet der Papst warum er die Erlaubnis für derartige Messen gab.
Er sagte; er wolle die moderne katholische Liturgie nicht zurück drehen, aber er wolle den Bischöfen ständig neue Einzelentscheidungen ersparen. Nach Aussage des Papstes bestehe gerade auch bei jüngeren Katholiken der Wunsch nach Gottesdiensten der „alten“ vor dem Konzil von 1962 praktizierten Ordnung die in lateinischer Sprache mit Priestern, die wieder mit dem Rücken zur Gemeinde feiern abgehalten werden. Die Piusbrüderschaft haben wohl stark darauf hingearbeitet so kam es in der Zeitung rüber.

Kann mir jemand erklären, warum man sich so was wünscht? Ich begreife nicht, wieso gerade jüngere Katholiken so was als Wunsch in sich tragen. Was genau verbirgt sich hinter so einem Wunsch? Ich gehe mal davon aus, dass die wenigsten Latein verstehen – also muss ich mich fragen was das ganze für einen Sinn oder Zweck erfüllen soll.

Fischi

Fisch
10.07.2007, 12:32
Da ich selber nicht genau wusste wer oder was genau die Piusbrüderschaft ist, habe ich mal wikipedia aufgerufen und folgendes dazu gefunden.


Priesterbruderschaft St. Pius X.

Die Priesterbruderschaft St. Pius X. (FSSPX, von lat.: Fraternitas Sacerdotalis Sancti Pii X.) sieht sich als eine „Priestervereinigung mit Gemeinschaftsleben ohne Gelübde“ der Römisch-Katholischen Kirche, besitzt allerdings keine Anerkennung durch die Kirche. Die FSSPX lehnt die Ökumene, die Religionsfreiheit, die Kollegialität der Bischöfe und die Liturgiereform der Römisch-Katholischen Kirche im 20. Jahrhundert ab. Sie entstand unter der Führung des 1988 exkommunizierten Erzbischofs Marcel Lefebvre. Seit 1994 wird die Bruderschaft vom, ebenfalls exkommunizierten, von Lefebvre zum Bischof geweihten Bernard Fellay geleitet. Der Bruderschaft gehören z. Zt. nach eigenen Angaben 472 Priester an.

rudi
10.07.2007, 14:35
Zurück zu den Wurzeln. Christlicher (kirchlicher) Fundamentalismus.

Wären es Muslime, würde man sie wohl Islamisten nennen.

Eine "Rückbesinnung auf alte Werte" findet man zur Zeit wohl in allen Religionen, Kirchen und Gemeinschaften. Auch und gerade unter jungen Menschen.

Ob die Richtung stimmt, ist eine andere Frage.....

Rudi

Fisch
10.07.2007, 14:49
hi rudi

aber ist das denn die wurzel zu der diese kirche zurückkehrt? sie sollte wirklich mal zur wurzel zurück kehren das würde dann wirklich allen etwas bringen.

fischi

tanuki
10.07.2007, 15:08
Huhu,
ich denke, die Rückkehr zum Latein ist auch eine Betonung einer "Corporate Identity". Die katholische Kirche ist aboslut globalisiert, mehr als die meisten Spitzenkonzerne. Die Messen laufen weltweit fast identisch ab. Dies wird von vielen jungen Katholiken, die selbst global unterwegs sind, oft als Pluspunkt empfunden. Es ermöglicht auch weltweiten Einsatz der Priester.
LG,
Tanuki

märki
10.07.2007, 20:04
Hallo Fischi

Für mich geht es hier ganz klar um Macht und Manipulation.

Indem sie in latein Predigen erfüllen sie die Worte Jeshuas in Matthäus 23,13, wo er sagt:
Aber wehe euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, dass ihr das Himmelreich vor den Menschen zuschliesset! Ihr selbst geht nicht hinein , und die hinein wollen, die lasst ihr nicht hinein.

Indem die lateinisch reden kann keiner mehr prüfen was die sagen und sie verhindern so dass das untere Volk zum richtigen Glauben durchdringen kann, und die Katholiken müssen ja in den Gottesdienst da die katholische Kirche ja alleine seeligmachend sei.

Wer kann denn schon so gut lateinisch um bei einer Predigt noch mitzukommen?

Lassen sich die Katholiken das einfachgefallen , im totalen angezüchteten Glaubensgehorsam ???

Märki

Samu
10.07.2007, 20:51
Rudi beschreibt den Tatbestand ganz gut! Rückbesinnung und Schulterschluss in einer Welt der globalen Ängste! Doch Rückbesinnung auf was? Vor was Angst? Das macht mich nachdenklich! Es gibt nichts neues unter Sonne ...... Kohelet :wink:

Samu

Gerhardt
11.07.2007, 00:05
Die Aufregung über lateinische Messen ist mir unbegreiflich!
Im Freikirchenraum sehe ich vergleichbares. Dort gibt es Gemeindeformen, die bevorzugt englische Liedtexte singen und stark musiklastige Versammlungen (Gottesdienste) feiern. Deshalb ist mir die Aufgeregtheit einzelner unbegreiflich.

Ich vertrete die Ansicht, dass Gottesdienstformen stark, wenn nicht ausschliesslich, durch Geschmacksfragen bestimmt werden. Wenn ich damit richtig liege, gibt es keine sachlichen Gruende gegen lateinische Messen. Nun ist mir klar, dass der Durchschnittschrist so etwas nicht gerne hoert.

In der eigenen Gemeinde wurde mir deshalb schon Beliebigkeit vorgeworfen. Das aendert aber nichts an meinen Ansichten. Frage ich Geschwister, was ihnen an englischen Liedtexten so gut gefaellt, so sind die Antworten sehr duenne. Mir scheint, englische Lieder klingen irgendwie "cool". Das ist natuerlich nicht verboten, aber man soll so etwas bitte nicht vergeistlichen.
Gruss Gerd

generalissime
12.07.2007, 11:37
Ich finde es positiv, dass Latein wieder etwas mehr an Anerkennung gewonnen hat. Es war schon immer die Sprache der kath. Kirche, international.
So wie Englisch die Weltsprache des Handels ist, Französisch die Weltsprache der Post.
Deutsch ist leider immer weniger; selbst die regionalen Akzente sterben mehr und mehr zugunsten eines von Amerikanismen durchsetzen Hochdeutsch mehr und mehr aus- schade.
Beim Latein in der Kirche der Katholiken dürfte es nicht darum gehen, in Latein zu predigen, um zu verhindern, dass die Menschen das Gesagte verstehen.
Dass aber dieser Eindruck erweckt wird, indiziert, dass gewisse Verfahrensweisen möglicherweise in unbefriedigender Aufklärung vollzogen werden.

JC-Freak
12.07.2007, 11:48
Die Aufregung über lateinische Messen ist mir unbegreiflich!
Im Freikirchenraum sehe ich vergleichbares. Dort gibt es Gemeindeformen, die bevorzugt englische Liedtexte singen

Wieviele Leute kennst du, die einigermaßen gut englisch verstehen und wieviele können Latein ausreichend, um einem gehörten Text folgen zu können? Zu letzter Gruppe fällt mir sponatan EIN Freund ein, zur ersten hunderte von Bekannten.

Und: wenn ich mal ein Lied nicht ganz verstehe - ok, halb so wild.
Aber wenn das Wort Gottes gelesen wird möcht ich schon wissen um was es geht.

Mein Eindruck?
Wenn es im Gottesdienst eh nie wirklich ums Verstehen der Botschaft ging sondern um das schöne, wohlig warme Gefühl, dass macht das Lateinische das ganze noch mysthischer und romantischer.
Ob das noch mit gelebtem Glauben zu tun hat, muss jeder selbst entscheiden...

Gerhardt
13.07.2007, 01:09
@JC-Freak
Du schreibst
"Und: wenn ich mal ein Lied nicht ganz verstehe - ok, halb so wild."
Ich bin entsetzt, so etwas von Dir zu hoeren. Ich dachte wir waeren uns darueber einig, dass man immer und genau wissen sollte, was man singt. ("Ihr sollt nicht plappern wie die Heiden")

Mich aergert, dass man bestimmten Gemeinschaften vorwirft, sie verwenden lateinische Elemente in ihren Gottesdiensten, waehrend im Freikirchenraum ausgiebig englische Lieder gesungen werden. So etwa nenne ich, mit zweierlei Mass messen.

Dass Latein im Gottesdienst verwendet wird heisst nicht, dass auch die Predigt in Latein gehalten wird. Diese ist natürlich in der jeweiligen Landessprache.

Bedenklich finde ich Deine Bemerkung
"Wenn es im Gottesdienst eh nie wirklich ums Verstehen der Botschaft ging sondern um das schöne, wohlig warme Gefühl...."

Damit koennte man recht gut bestimmte Gottesdienstformen erklaeren. Das moechte ich aber gar nicht, denn da ist mir als Erklaerung "Alles Geschmachsache" doch lieber. Schlieslich moechte ich den Geschwistern, die meinen (Musik-)Geschmack nicht teilen vorwerfen, dass es ihnen am richtigen Glauben mangelt,
Gruss Gerd

JC-Freak
13.07.2007, 04:37
Gerd, da haste mich etwas missverstanden;



Ich dachte wir waeren uns darueber einig, dass man immer und genau wissen sollte, was man singt. ("Ihr sollt nicht plappern wie die Heiden")

Was ich meinte:
Wenn MAL ein Lied gesungen wird, dessen Text ich nicht verstehe, kann ich ja einfach aussetzen und denen, die es verstehen ihren "Spaß" gönnen. Vielleicht ist das Lied für sie ein großer Segen. Dann lausche ich eben 2 Minuten nur der Musik.



Bedenklich finde ich Deine Bemerkung
"Wenn es im Gottesdienst eh nie wirklich ums Verstehen der Botschaft ging sondern um das schöne, wohlig warme Gefühl...."

Damit wollte ich nicht EINE Gruppierung "verurteilen". So etwas kann in JEDER Gemeindeform vorkommen.
Wieviele Freichristen rennen von einem Worshipabend zum nächsten, blos wegen dem gefühl? Das ist nicht besser...
Es sollte um ein bewusstes Sein mit Gott gehn, egal in welcher Kirche.

Katarine
02.08.2007, 11:08
Indem die lateinisch reden kann keiner mehr prüfen was die sagen und sie verhindern so dass das untere Volk zum richtigen Glauben durchdringen kann, und die Katholiken müssen ja in den Gottesdienst da die katholische Kirche ja alleine seeligmachend sei.

Wer kann denn schon so gut lateinisch um bei einer Predigt noch mitzukommen?




Ich fürchte, Du verwechselst das was. Es ist immer von der Messfeier in lat. Sprache die Rede, nie von der Predigt.
Die Messfeier hat ihren Höhepunkt in der Eucharistie.
Die Predigt wird sicher weiterhin in der jeweiligen Landessprache gehalten werden. Welcher Priester kann den schon so gut Latein, dass er seine ganze Predigt gleich in dieser Sprache schreiben will? :)
Liebe Grüße von Katarine