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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Bekommen wir noch einmal eine Chance?



Nachdenklich
31.08.2011, 16:27
Im Prolog des Johannes - Evangeliums steht u.a.:

"Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt.
Er war in der Welt, und die Welt ist durch Ihn geworden, aber die Welt erkannte Ihn nicht.
Er kam in Sein Eigentum, aber die Seinen nahmen Ihn nicht auf.
...die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus.
Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht,
Er hat Kunde gebracht." (1,9 - 11 + 18)


Was denkt ihr darüber? Was halten andere diesbezüglich für wahrscheinlich / möglich / wünschenswert:
Bekommen wir (wieder) einmal die Chance, dass Gott sich uns Sterblichen auf Augenhöhe nähert?
Wie stehen die Chancen, dass wir Ihn, "durch Den die Welt geworden ist", (diesmals) erkennen?
Wie stehen die Chancen, dass wir Ihn (diesmal) aufnehmen "in Seinem Eigentum"?

Und was könnte das für Auswirkungen haben auf den Lauf der Geschichte, wenn die Menschheit "ihren Gott als Vater" (oder als Jesus Christus) in ihrer Mitte hat?
- Oder würde das gar nichts verändern?

Eure individuellen Gedanken interessieren mich. Ein herzliches Dankeschön an alle, die darüber nachdenken mögen, und einen besonderen Dank für allfälliges Teilen.


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Nachdenklich

luxdei
31.08.2011, 20:43
Das Johannesevangelium ist sehr gnostisch geprägt, was wiederum für östliche Einflüsse spricht. Aus yogischer Sicht findet man vordergründig eine Zweiteilung: Schöpfungsgeschichte und das Erscheinen eines Avatars auf der Weltbühne. Beides weißt Parallelen auf.
Da ich bei christlichen Mystikern ähnliche Gedanken fand, versuche ich es kurz darzustellen.


1 Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. 2 Dasselbe war im Anfang bei Gott.
Im Anfang war einzig Gott als reines Sein. Gegenstands- und eigenschaftslos. Und eigentlich nicht in Worte zu fassen. In diesem Sein entstand zu Beginn der Schöpfung eine Schwingung (das Wort). Diese Schwingung ist die erste Manifestation Gottes.


3 Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist.
Alles, was ist, entstammt dieser Schwingung. Nichts, was existiert, hat eine andere Quelle.


4 In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.
Diese Schwingung ist der Ursprung aller Existenz und offenbart sich auch in (nicht-physikalischem) Licht; wie es beispielsweise auch Hildegard von Bingen sah.


5 Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat's nicht ergriffen.
Durch die fortschreitende Schöpfung (von einer immateriellen Schöpfung bis hin zu grober Materie) nahm die "Reinheit" dieses urprünglichen Seins ab. Es entstand die Illusion einer eigenständig existierenden Schöpfung und unabhängig voneinander existierender Dinge und Wesen. Quasi die Leugnung oder das Nicht-Erkennen der Einheit "hinter" der Vielheit. In der yogischen Philosophie nennt man diese Zauberkraft Maya.
Ende des Schöpfungsberichts.



9 Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen.
Hier betritt ein Avatar die Bühne. Ein Mensch, der fest im reinen göttlichen Bewußtsein verankert ist, und der Illusion der Schöpfung nicht unterliegt. Dieses bewußtsein ist in jedem Menschen immanent, meist nur "verschüttet". Es ist Christus, der Gottessohn in uns. Das der Illusion der Schöpfung verhaftete Bewußtsein wäre analog der Menschensohn.


10 Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn gemacht; aber die Welt erkannte ihn nicht.
Da dieser Avatar wesensmäßig Ausdruck des absoluten (also nicht verhafteten) Bewußtseins (siehe Vers 1) ist, quasi identisch mit dem Göttlichen, war er seinem Wesen nach existent, bevor die Schöpfung begannt, und die Schöpfung entstammt diesem Göttlichen.
Die in der Maya verstrickten Menschen konnten ihn wegen ihrer Verstrickung nicht erkennen.


11 Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf.
s.o.


12 Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben,
Diejenigen, die ihr Bewußtsein dem Göttlichen öffneten, befähigte er / leitete er an, sich ihrer göttlichen Natur wieder bewußt zu werden.


13 die nicht aus dem Blut noch aus dem Willen des Fleisches noch aus dem Willen eines Mannes, sondern von Gott geboren sind.
Die also nicht (mehr vollständig) dem illusorischen Einfluss der Maya unterliegen.


17 Denn das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.
Hier wird auf den exoterischen und den mystischen aspekt aller Religion angespielt. Jesus Christus = Jesus als Christus, als Avatar.


18 Niemand hat Gott je gesehen; der Eingeborene, der Gott ist und in des Vaters Schoß ist,2 der hat ihn uns verkündigt.
Das menschliche, der Maya verhaftete Bewußtsein kann das Absolute nicht erkennen. Nur das Göttliche (Eingeborene, Christus) in einem jeden Menschen, kann auf das Absolute verweisen, es erkennen.



Bekommen wir (wieder) einmal die Chance, dass Gott sich uns Sterblichen auf Augenhöhe nähert?
Wie stehen die Chancen, dass wir Ihn, "durch Den die Welt geworden ist", (diesmals) erkennen?
Es liegt ausschließlich an uns.

Nachdenklich
01.09.2011, 16:49
Danke @luxdei für deine Ausführungen!
Alles was du schreibst ist mir nicht völlig fremd und ist gewiss schlüssig und logisch. Kostbar ist es, solche Zusammenhänge zu finden und sie zu erkennen weil einem "von Innen her ein Licht aufgeht", aber es ist eben für meine Begriffe doch eine sehr nüchterne Betrachtungsweise, wie viele andere sehr nüchternen Betrachtungsweisen, die ich z.B. aus Büchern kenne. Mag sein, dass ich die Tiefe / das Wissen, das in deinen Worten liegt noch lange nicht erfasst habe, vielleicht auch noch nie in den Genuss der Erfahrung gelangt bin, oder sie voll ausgeschöpft habe. Also habe ich womöglich gar nicht wirklich erkannt. - Ich weiss es nicht...

Ich bin ein schrecklich "unvernünftiger" Mensch, was die Beziehung zu Gott anbelangt. "Verstehen" genügt mir nicht, auch "Wissen aus Erfahrung" sättigt nicht, was nicht bedeutet, dass ich die Erfahrung nicht such(t)e. Was mein Herz begehrt: ich möchte "wachsen im Verkosten", indem ich Gott begegne und ihn als Mensch erfahre. So ähnlich wie ein Liebhaber sich nicht ewig begnügt nur mit einem Bildnis von seiner Geliebten oder einer Erinnerung an sie, auch nicht mit dem Empfinden des Liebesgefühls, das sich in ihm regt. Alles das genügt dem Liebhaber nicht. Der Liebhaber will seine Geliebte mit allen Sinnen erfahren, sich in ihrer Gegenwart aufhalten, ihr Wesen entdecken und erkunden im Gespräch und in gemeinsamen Lebenserfahrungen. Auch wenn er sie (noch) nicht wirklich kennt und er weiss: er wird sie niemals ganz erfassen können, aber gerade deshalb ist ja die Begegnung und das gemeinsame Erleben gerade so wichtig. Die Liebe lässt den Liebhaber nicht müde werden, sich für seine Geliebte zu interessieren, sie zu hören, zu sehen, zu berühren, mit ihr zu sprechen, mit ihr an der Seite das Leben zu durchstreifen und im Zuge der Erfahrungen einzudringen in ihr tieferes Wesen, sich darinnen selber zu finden, dabei auch Neues, bisher nie Geahntes / Gewusstes entdecken.

Genügt / sättigt euch geistig-spirituelle Gotteserfahrung wirklich? - Habt ihr niemals Sehnsucht, eurem Schöpfer als Gottmensch auf Augenhöhe gegenüberzustehen und ihn eins zu eins mit allen Sinnen zu erleben?

Pures Verstehen oder geistig-spirituelle Einheitserfahrungen, die durchaus auch transzendente Elemente aufweisen, können mich nicht wirklich sättigen, sondern wecken vielmehr den Durst der Seele nach mehr und ganzheitlicher, auch sinnlicher Erfahrung / Begegnung mit dem Wesen Gottes in Menschenform, so nach dem Psalm Davids: "Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebedigen Gott. Wann darf ich kommen und Gottes Antlitz schauen?" Aber nicht wie der Psalmist treiben mich leidvolle oder unbefriedigende Lebenserfahrungen in diese Sehnsucht, sondern diese Sehnsucht ist das Ergebnis / die Folge eines glücklichen und erfüllten Lebens, das mich nach dem Geber, meinem grosszügigen, fernen Liebhaber und Gönner voller Dankbarkeit, Liebe und Neugier Ausschau halten lässt.

Kann das jemand nachvollziehen? Geht es anderen vielleicht ähnlich? Fragt ihr euch manchmal auch, ob überhaupt, und weshalb eine lebenslange äussere Trennung zwischen wahrhaft Liebenden (Familienmitgliedern) nötige Voraussetzung ist auf dieser Erde? - Umso mehr, da sich das Göttliche offensichtlich laut Überlieferungen schon mehr denn einmal ins Fleisch kleidete? - Sind wir nicht vom Schöpfer geschaffen worden, um Ihm Gesellschaft zu leisten, damit er ein ihm ebenbürtiges Gegenüber hat?

Würde es nicht neue / bessere Voraussetzungen für den Menschen bewirken, wenn der Ursprung und Herr / Meister des Lebens mitten unter uns wäre und die Menschen schon mit der Aussicht geboren würden, Ihn als Persönlichkeit im Menschenmass kennenlernen und sprechen zu dürfen, wenn sie genügend Lerneifer in Sachen Liebe an den Tag legten? - Muss er denn den Sterblichen immer verborgen bleiben?

- Lacht mich nicht aus! Bin eben weniger der Verstandesmensch sondern mehr - ein Träumer? - ein Schwärmer? - gefühlsduselig? - Auf Abwegen? - Verirrt?
- Ich folge einfach dem Zug meines Herzens... und bin stets etwas

nachdenklich

luxdei
01.09.2011, 17:00
Genügt / sättigt euch geistig-spirituelle Gotteserfahrung wirklich? - Habt ihr niemals Sehnsucht, eurem Schöpfer als Gottmensch auf Augenhöhe gegenüberzustehen und ihn eins zu eins mit allen Sinnen zu erleben?

Erfahrungen in der Meditation oder im tiefen, stillen Gebet, also jenseits von Gedanken, Gefühlen, Konzepten sind "wirklicher" und nachhaltiger. Sinneserfahrungen sind schön, aber vergleichsweise schal. Denn sie sind nur Foge / Effekt von etwas.

choco
01.09.2011, 18:20
Hallo nachdenklicher,

eigentlich sagt man Frauen eher nach, sie trügen eine solcheSehnsucht in sich nach Gefühlen und Begegnung Jaber das glaube ich nicht ausschließlich.
Du fragst, ob wir Menschen noch je eine Chance bekommen, „Gott“oder dem Schöpfer der Welt so greifbar nahe zu sein, dass wir ihn sehen, hörenund fühlen können?
Ob wir Menschen das in heutiger Zeit überhaupt erkennenwürden?

Nein, sagt mein Verstand, denn wir sind heute nicht andersals Menschen aller Zeiten, rennen mehr oder weniger durch die Zeit, den Alltag unddas, was wir erleben. Selbst wenn Wunder geschehen, sind wir ( oder dieMehrzahl der Menschen) mit Recht (?) skeptisch und halten uns lieber an demfest, was wir von Kleinauf gelernt haben. Wie müsste, rein hypothetisch, ein „Gast“in meinem Leben sein, der anders ist, weil er eigentlich der Schöpfer der Weltist und doch von mir , einem ganz normalen vielbeschäftigten, mit Eindrückenvollgestopften Menschen, wahrgenommen würde?
Mein Verstand sagt, selbst wenn der Schöpfer Gott mitten inder Menschenmenge stehen würde, wir würden ihn nicht erkennen, weil derVerstand sagt, davon gab es schon zu viele…
Mein Herz aber weiß es besser und sagt ja.
Vor einiger zeit hatte ich diese Sehnsucht auch noch, diedu, denke ich, versuchst zu beschreiben.
Heute weiß ich, wohin damit J
Der Schöpfer ist bei seinen Geschöpfen und die Seele kann essehen und fühlen.
Damit gebe ich Luxdei recht, es liegt an jedem von uns
denn- nur mit dem Herzen/ der seele sieht man gut

Seleiah
01.09.2011, 19:31
Du fragst, ob wir Menschen noch je eine Chance bekommen, „Gott“oder dem Schöpfer der Welt so greifbar nahe zu sein, dass wir ihn sehen, hörenund fühlen können?

Sehen und hoeren geht doch schon, stichwort Microwave Background Radiation (http://de.wikipedia.org/wiki/Hintergrundstrahlung)

Nachdenklich
01.09.2011, 20:02
Vielen Dank für eure Beiträge, für euer Teilen! Ich möchte wirken lassen, was und wie es ankommen will.

---

Seltsamerweise steigt der Wunsch in mir auf, auch unseren Jungtroll zu vernehmen! - Es wäre schön, wenn auch er mir / dieser Thematik ein paar Worte widmet!
Ich werde sehen... und weiterhin

nachdenklich

meine Sehnsucht hüten.

Nachdenklich
03.09.2011, 22:25
Erfahrungen in der Meditation oder im tiefen, stillen Gebet, also jenseits von Gedanken, Gefühlen, Konzepten sind "wirklicher" und nachhaltiger. Sinneserfahrungen sind schön, aber vergleichsweise schal. Denn sie sind nur Foge / Effekt von etwas.

Pure Sinnenbefriedigung mögen schal sein. - Es ist dennoch seltsam, dass ein Kind völlig in sein eigenes Wesen versunken völlig aufgehen kann in der unmittelbaren Sinneserfahrung. - Sind nicht die Sinnesorgane die Eingangspforte(n) zur menschlichen Seele? - Sollen wir tatsächlich anstreben, uns von Sinneseindrücken zu enthalten, oder sie getrennt vom "wahren Sein" (Meditation / stilles Gebet) zu pflegen?

Ich stelle diese Frage, da ich in der Begegnung mit depressiven und/oder angstbesetzten Menschen, und ganz besonders mit burn-out-betroffenen Menschen die Feststellung mache, dass sie durch Sinneserfahrungen (gezieltes, bewusst Greifen, Sehen, Kosten, Spüren, Hören, Riechen) sehr oft wieder Zugang zu ihrem Wesen, zu ihrer Lebendigkeit finden. - Bewusst gelebte Sinneserfahrungen sind sinn - gebend und sinn - (er)füllend bis in die tiefsten Ebenen. Sie lassen die Seele aufatmen, neues Leben schöpfen etc.

Kinder sind uns - von Jesus Christus - zum Vorbild gesetzt. Es heisst nicht, die Kinder sollen werden wie die Erwachsenen, sondern die Erwachsenen sollen werden wie die Kinder. Neigen Kinder dazu, fern von Sinneseindrücken zu meditieren? - Meine eigenen Kinder haben mich nach langer Durststrecke zum Leben / zur Lebendigkeit zurückgeführt, indem ich sie mir zum Vorbild nahm. Sie können in der Wahrnehmung eines Steinchens, einer Blume, im Gespräch mit einem Gegenüber, in einer Berührung, in ihrer leichtfüssigen erdverbundenheit völlig aufgehen. Sie haben - wie ich es einschätze - die seltene Gabe, in meditativem Zustand zu sein, während sie sinnlich wahrnehmen und begegnen.

Aus meiner Sicht muss also Sinnenbefriedigung absolut nicht schal sein. Das kommt da ganz auf die Hingabe und Haltung an, die dahinter steht oder einem zugrunde liegt. - Sind wir nicht etwas voreingenommen, wenn wir glauben die inneren Höhenflüge (abgehoben von unserer Körperlichkeit) seien das Erstrebenswerteste? - Ich bin mir da je länger je mehr nicht mehr so sicher.

Nachdenklich
03.09.2011, 22:41
Hallo nachdenklicher,

Ob wir Menschen das in heutiger Zeit überhaupt erkennenwürden?


Ja, das ist auch meine angelegentlichste Besorgnis! - Bei all meiner Sehnsucht / Hoffnung / freudigen Ahnung, dass der sterbliche Mensch dazu bestimmt ist, vor der "Bekleidung mit Unvergänglichkeit und Unsterblichkeit" noch auf dieser Erde zu sagen: "Nun lässt Du, Herr, Deinen Knecht, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen..." (Lukas 2,29 + 30)



Vor einiger zeit hatte ich diese Sehnsucht auch noch, diedu, denke ich, versuchst zu beschreiben.

Heute weiß ich, wohin damit J


Schön, dass du dich gemeldet hast. Ich fühle mich ein wenig "gesehen" und "verstanden". - Das fühlt sich wohltuend an. Danke! - Eigentlich möchte ich die Sehnsucht nicht loswerden, aber ihre Kraft nutzen, so dass sie mich zum Ziele bringt, dahin sie mich bringen will. - Wohin hast du sie denn "verfrachtet", oder wie gehst du heute damit um? Magst du mir davon erzählen?

Nachdenklich
03.09.2011, 22:49
@Selejah

Vielen Dank für den interessanten Link :-)

Mir schwebt aber schon eher eine Begegnung vor "von Angesicht zu Angesicht", denn als Mikrobe am Elefanten zu kratzen ;-). Nun ja, halt sprechen können, begegnen können von Mensch zu Mensch, nur dass sich im Gegenüber der lebendige Gott zu mir herunterlässt, auf meine Augenhöhe. - Das ist gewiss eine Anmassung, aber ich kann mich ja nicht (so einfach) zu Ihm erheben, und kann auch nix für meine Sehnsucht; die ist einfach da!

Vielen Dank auch dir, und gute Nacht an alle...

Seleiah
04.09.2011, 17:15
Ich verstehe nie wieso ein allmaechtiger gott all sowas tun sollte, oder wieso er sich fuer sowas interessieren sollte

Nachdenklich
04.09.2011, 19:07
Ich verstehe nie wieso ein allmaechtiger gott all sowas tun sollte, oder wieso er sich fuer sowas interessieren sollte

Wieso sollte ein allmächtiger Gott sich nicht für das Leben interessieren? - Wir interessieren uns ja auch für das, was uns umgibt, und erst recht für das, was unsere "kleine Schöpferkraft" geschaffen hat. Haben wir nicht alle einen Forscherdrang schon von klein auf? - Ist unsere Neugierde, der menschliche Wissensdurst nicht das Erbe des Schöpfers, da diese Anlage dem Leben innewohnt? - Sind wir Menschen als "gesund an Leib und Seele" nicht von Natur aus voreingenommen für das Leben, selbst wenn sich diese Voreingenommenheit bei einigen Menschen "nur" auf ihr engstes Umfeld und auf eine ziemlich oberflächliche und eigennützige Ebene beschränken mag? - Was spricht dagegen, dass ein allmächtiger Gott Sich für das interessiert, was aus ihm hervorgegangen ist? - Wäre Er ohne Anteilnahme und Interesse an Seiner Schöpfung / an seinen Kindern überhaupt ein lebendiger Gott? - Könnten aus so einem Gott liebesfähige und bewusste Geschöpfe hervorgehen? - Da ich mich für meine Kinder und ihr (Wohl-)Ergehen interessiere, wäre es da nicht seltsam (abwegig), dass der Schöpfer des Lebens sich für das Seine / die Seinen nicht interessieren sollte?

Da also eine Voreingenommenheit für das Leben allenthalben zu beobachten ist; spricht sich darin nicht die Liebe zum Leben aus? - Wo Liebe ist, da ist auch Interesse vorhanden...

Seleiah
04.09.2011, 19:44
Hast du schonmal Star trek gesehen? In TNG und Voyager hat man die Rasse der Q eingefuehrt, eine Allmaechtige Ausserirdische spezies. Diese wiederum lebt in einem "Q-Kontinuum", als diese in einer Voyager folge behandelt wurde wurde diese als eine einfache strasse dargestellt, mit einem haesuchen einem hund, und ein paar leute die da rumsassen. Einer dieser Allmaechtigen formulierte es so dass jeder von ihnen schonmal der Hund war, oder Kaktus hinter dem Hund, oder das Haeuschen, oder die strasse selber welche endlos war. Obwohl ich Star trek im grossen und ganzen nicht mag hat man damit ganz gut gezeigt wie die vorstellung alleine fuer uns menschen der allmaechtigkeit wahrscheinlich der realitaet am nahesten ist wenn man bedenkt, dass man als allmaechtiges wesen bereits alles ist und war was je existiert hat und existieren wird, und dementsprechend wird ein allmaechtiges wesen kein interesse an Leben, Menschen, oder sonstwas besitzen koennen es sei denn es hat tatsaechlich langeweile, aber das liesse sich nur aendern wenn dieses wesen seine Allmacht nutzt um dinge zu provozieren, die gegen die eigene Allmacht wiederspraechen

luxdei
04.09.2011, 21:12
@ Nachdenklich

Ach ja, das babylonische Sprachgewirr. Ich meine mit Seele nicht die Psyche. Also nicht das denkende, fühlende, Konzepte beherbergende Etwas. Dies würde ich als Gemüt bezeichnen. Die Seele, wie ich das Wort verstehe, ist frei von alle dem. Sie ist reines, bewußtes Sein; eigenschaftlos, formlos – der Gottesfunke in uns.
Kinder können vollkommen in ihren Sinneswahrnehmungen aufgehen. In einer Geschichte, einem Film, in einer Blume. Stimmt. Und ich habe auch nichts gegen Sinnesfreuden gesagt(!). Ich sagte nur, das es etwas gibt, wo gegen Sinnesfreuden schal zu sein scheinen. Ich halte es für wichtig zu differenzieren: Unser Körper braucht ein gewisses Mass an Schlaf und Nahrung. Ebenso braucht unser Gemüt ein gewisses Mass an Sinneseindrücken. Beides ist wichtig für eine harmonische, gesunde Funktionsweise. Allerdings sind Sinnesfreuden ein zwieschneigiges Ding; zuviel schafft Verdruss. Mehr, schneller, weiter. Unsere Konsumgesellschaft spricht da Bände. (Und trotzdem steigt die Anzahl der depressiven Erkrankungen.) Wir wollen immer mehr, bis wir irgendwann von dem einen übersättigt sind, und das nächste verlangen. Und so pendeln wir immer irgendwie zwischen Appetit und Aversion. Die Zauberkraft der Maja ;-)
Wenn Du Gott „auf Augenhöhe gegenüberzustehen und ihn eins zu eins mit allen Sinnen zu erleben“ möchtest, so scheint mir dies unmöglich, da das, was wir mit unseren Sinnen erfassen können, immer durch Form und Eigenschaft beschränkt ist. Gott kommt in allen, durch alles und als alles zum Ausdruck. Wie das Meer in jeder einzelnen Welle zum Ausdruck kommt. Das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass eine einzelne Welle das Meer wäre oder sein könnte.
Wenn Du mit mir einen Schritt zurück gehen magst. In der Interpretation des Prologs des Johhanesevangeliums, die ich oben gab, schrieb ich:
„Durch die fortschreitende Schöpfung (von einer immateriellen Schöpfung bis hin zu grober Materie) nahm die "Reinheit" dieses urprünglichen Seins ab. Es entstand die Illusion einer eigenständig existierenden Schöpfung und unabhängig voneinander existierender Dinge und Wesen. Quasi die Leugnung oder das Nicht-Erkennen der Einheit "hinter" der Vielheit. In der yogischen Philosophie nennt man diese Zauberkraft Maya.“
Der Zauber der Sinneswahrnehmung ist der Zauber der Maja. Wollen wir zu Gott, müssen wir zur Quelle zurück.
Aber niemand muss meine Ansichten teilen. Und es liegt mir fern, andere missionieren zu wollen. Weshalb ich eigentlich auch nie viel über diese Philosophie schreibe.
Deshalb, liebe(r) Nachdenklich, folge dem Weg, der Deine Liebe zu Gott vertieft. Mehr oder anderes könnte ich kaum raten :-)

Nachdenklich
05.09.2011, 16:00
Hast du schonmal Star trek gesehen? In TNG und Voyager hat man die Rasse der Q eingefuehrt, eine Allmaechtige Ausserirdische spezies. Diese wiederum lebt in einem "Q-Kontinuum", als diese in einer Voyager folge behandelt wurde wurde diese als eine einfache strasse dargestellt, mit einem haesuchen einem hund, und ein paar leute die da rumsassen. Einer dieser Allmaechtigen formulierte es so dass jeder von ihnen schonmal der Hund war, oder Kaktus hinter dem Hund, oder das Haeuschen, oder die strasse selber welche endlos war. Obwohl ich Star trek im grossen und ganzen nicht mag hat man damit ganz gut gezeigt wie die vorstellung alleine fuer uns menschen der allmaechtigkeit wahrscheinlich der realitaet am nahesten ist wenn man bedenkt, dass man als allmaechtiges wesen bereits alles ist und war was je existiert hat und existieren wird, und dementsprechend wird ein allmaechtiges wesen kein interesse an Leben, Menschen, oder sonstwas besitzen koennen es sei denn es hat tatsaechlich langeweile, aber das liesse sich nur aendern wenn dieses wesen seine Allmacht nutzt um dinge zu provozieren, die gegen die eigene Allmacht wiederspraechen

Nein, Star trek kenne ich nicht! Dein Antwort ist dennoch inspirierend. Ein wenig schmunzeln muss ich, bei der Vorstellung nämlich, dass da eine Menge allmächtige Götter nebeneinander sitzen und sich furchtbar langweilen... Ja, ich finde es durchaus schlüssig, dass Allmächtigkeit langweilig ist, wenn man sie hat.

--- Ich habe nach dem Lesen deines Beitrag hauptsächlich nach der Bedeutung der Allmacht innerhalb der Göttlichkeit, des Absoluten, gefragt. Gott ist in jeder Beziehung absolut, unübertrefflich, vollkommen, weshalb es für ihn gewiss todlangweilig sein müsste, z.B. in einem Hund ein sehr beschränktes und überaus begrenztes Dasein zu fristen. Warum sollte er sich so etwas antun? Seiner Allwissenheit wird doch diese Erfahrung längst bekannt sein? - Was auch immer dieses Absolute, also Gott, erschaffen mag, es ödet ihn doch in etwa so an, als wenn ein Kind immer nur mit Puppen Umgang pflegt, die genau das, und ausschliesslich das tun und sagen, was das Kind sich zuvor in seinen Gedanken zurechtlegt hat und ihren Puppen dann in die Glieder und in den Mund legt.

Das kann ja zur Abwechslung mal hinhalten - aber eine Ewigkeit um die andere? - Das wäre doch zum Haareausreissen, um so mehr noch, da es ja nicht einmal jemanden gibt, der sich wenigstens im Zuschauen an solchem Marionettenspiel ergötzen möchte.

Aber wenn das Absolute, das Alles-seiende Bewusstsein, also Gott, neben sich statt einer Ihm hörigen Puppe, ein ihm ähnliches, mit völlig freiem Willen begabtes Wesen hätte, dann müsste doch eine gewisse Spannung selbst für den Allmächtigen aufkommen, da er dann dieses Wesen völlig Ihm ebenbürtig mit Bewusstsein ausstatten müsste, und natürlich auch auf dieses Wesen bezogen seine Allmacht völlig zurückziehen müsste, ansonsten dieses Wesen ja niemals unbeeinflusst von seinem Schöpfer den freien Willen benutzen könnte und sich - zur Freude des Schöpfers - ganz als ein ihm ebenbürtiges Wesen sich neben ihm gebärdete, und wenn alles gut gehen würde, auch mit ihm Umgang und Kurzweil pflegte.

Aber wie würde ein solches wahrhaft lebendiges Geschöpf sich wirklich verhalten? - Das Absolute muss sämtliche Möglichkeiten bereits kennen, und wissen um alle Varianten, die das freigesetzte Geschöpf wählen könnte / würde, ansonsten das Absolute nicht Gott und also auch nicht allwissend wäre. Aber was das Absolute, das Alles-seiende-Bewusstsein nicht (zum voraus) weiss / wissen will, ist die Variante, die das Geschöpf tatsächlich wählen würde. - Mit Interesse verfolgt der Schöpfer sein Geschöpf und beobachtet gewiss mit grosser Freude, wenn sein Ebenbild sich erstmals ganz aus eigenem Willen regt und sich dem Schöpfer gegenüber als ein ihm ebenbürtiges, aber freies, unabhängiges Wesen gebärdet.

Selaiah, ich weiss nicht, ob es so war, aber dein Beitrag hat mich zu diesen Gedanken angeregt, und ich "spinne" den Faden sogar noch weiter und ziehe einfach mal den (vorläufigen) Schluss, dass wir Vielen das Bewusstsein dieses ersten geschaffenen Wesens sind, inzwischen ziemlich zerstritten, voneinander getrennt und "aus der Einheit" gefallen, welche Einheit die Göttlichkeit als Absolutes eben voraussetzt. Und in diese Einheit zurückkehren können wir wohl nur, wenn wir in / mit Liebe wieder "kitten", was zusammengehört. Wenn die Einzelteile wieder vernetzt sind und in Harmonie miteinander funktionieren / zusammenarbeiten, dann stehen uns wohl die ursprünglichen Eigenschaften wieder vollumfänglich zur Verfügung, die uns als vollkommenes, göttliches Abbild einst zu eigen waren.

- Von daher habe ich auch das Gefühl, dass sich der Allmächtige in der Tat wenig für seine Allmacht interessiert, aber dass er sich sehr für unser (Wohl-)Ergehen interessiert, denn trotz aller Neigung unseres Bewusstseins zur Selbstzerstörung hat der Schöpfer bis heute einen Weg gefunden, uns relativ frei und unabhängig ausleben zu lassen, um Erfahrungen zu sammeln und Erkenntnisse für's Leben zu gewinnen. So gesehen ist die Materie vielleicht unser Laufgitter, das den Rahmen der Bewegungsfreiheit markiert, damit unsere persönliche (All-)Macht uns als Geistwesen nicht gefährdet? - Wenn wir einmal die Ordnung des Schöpfers (die Lebensordnung, welche in die Materie eingepflanzt ist) aus - teils bitteren - Erfahrungen gelernt und verinnerlicht haben, dann können wir auch wieder über unser gemeinsames Grösseres gesetzt werden. Dass wir aber aus Schmerz und Leid lernen (müssen), kommt wohl von daher, dass wir einst vor Urzeiten uns von unserem Gegenüber abwandten und in unserem eigenen, vom Schöpfer ererbten Allmachtsgefühl (S)einen Rat und (S)eine Führung nicht annehmen wollten.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Absolute gezielt provozierte, dass sein Abbild, sein eigenständiges Wesen sich von der Lebensordnung strickte abwenden würde. Denn sein eigenes Geschöpf ist ja nicht derart unabhängig von ihm, dass er nicht doch auch Teil seines Wesens wäre. Also wird der Schöpfer auch Schmerz und Leid seines geschaffenen Wesens "mit abbekommen". Aber ich bin überzeugt, dass das Absolute diese Möglichkeit kannte und Vorsehungen traf, um sein Geschöpf dennoch mit der Weile "auf die Linie" zu bringen. Da der Schöpfer sichtlich keine Mühe scheute bis heute - also Milliarden Jahre -, so lege ich seinem Handeln eine endlose Geduld, ein nie nachlassendes Interesse und unvorstellbare Ernsthaftigkeit und Liebe zu seinem Geschöpf als Motiv zu Grunde. - Möglicherweise weist diese, meine Gedankenkette Lücken und Fehlschlüsse auf, die nicht zu schliessen sind. Aber sie fühlt sich für mich stimmig an, und ich lasse sie einfach stehen neben deinem Wahrscheinlichkeitsschluss, dass ein allmächtiges Wesen keinerlei Interesse an Leben, Menschen oder sonstwas haben könne.

---

Danke für deinen Beitrag, für deinen Filmtip! Vielleicht werde ich mich mal in der Filmwelt umsehen und mir Star trek ansehen, obwohl ich bis jetzt stets das Gefühl hatte, als gäbe es nichts spannenderes als das reale Leben. Inspiration / Anregung ist gewiss auch in den Filmen reich vorhanden, denn schliesslich sind sie das Produkt von Kreativität und Wissen, und entstammen menschlichem Bewusstsein, zu dem ich mich hingezogen fühle: Die Filmwelt als offenes Feld, um weitere Teile meines Selbst zu erforschen und mich mit noch Unbekanntem / Unbewusstem vertraut zu machen, mich darauf einzulassen... und zu entdecken, was reif ist um erkannt zu werden.

Nachdenklich
05.09.2011, 16:47
@luxdei
Dein Beitrag arbeitet noch mit mir! - Ich möchte gerne darauf eingehen, doch zuerst müssen sich die Einzelheiten herauskristallisieren. Du erweckst übrigens bei mir keineswegs den Eindruck, als wollest du missionieren. - Es ist doch bereichernd, miteinander zu teilen. Es steht ja jedem frei, ob und was er zu seinem Eigenen hinzufügen kann und mag.

Bis später mal! - Und danke sehr für deine Mühe.

Nachdenklich
07.09.2011, 11:25
Ach ja, das babylonische Sprachgewirr. Ich meine mit Seele nicht die Psyche. Also nicht das denkende, fühlende, Konzepte beherbergende Etwas. Dies würde ich als Gemüt bezeichnen. Die Seele, wie ich das Wort verstehe, ist frei von alle dem. Sie ist reines, bewußtes Sein; eigenschaftlos, formlos – der Gottesfunke in uns.

Da haben wir tatsächlich eine Abweichung in der Definition von Worten, denn die Seele ist in meinem Verständnis nicht identisch mit dem Gottesfunken, soll aber vom Gottesfunken einst ganz ausgefüllt und durchdrungen werden. Darum sind die Sinne aus meiner Sicht so wichtig als (Eingangspforte/n) der Seele (für den Geist oder Gottesfunken).


Kinder können vollkommen in ihren Sinneswahrnehmungen aufgehen. In einer Geschichte, einem Film, in einer Blume. Stimmt. Und ich habe auch nichts gegen Sinnesfreuden gesagt(!). Ich sagte nur, das es etwas gibt, wo gegen Sinnesfreuden schal zu sein scheinen. Ich halte es für wichtig zu differenzieren: Unser Körper braucht ein gewisses Mass an Schlaf und Nahrung. Ebenso braucht unser Gemüt ein gewisses Mass an Sinneseindrücken. Beides ist wichtig für eine harmonische, gesunde Funktionsweise.

Ich bin froh, dass du das (auch) so siehst / erlebst. :-)


Allerdings sind Sinnesfreuden ein zwieschneigiges Ding; zuviel schafft Verdruss. Mehr, schneller, weiter. Unsere Konsumgesellschaft spricht da Bände. (Und trotzdem steigt die Anzahl der depressiven Erkrankungen.) Wir wollen immer mehr, bis wir irgendwann von dem einen übersättigt sind, und das nächste verlangen. Und so pendeln wir immer irgendwie zwischen Appetit und Aversion.

Ob das so sein muss? - Kommen die Exzesse nicht von daher, dass der (Gottesfunke im) Mensch Bedürfnisse / Sehnsüchte anmeldet, die der Mensch oberflächlich ersatzbefriedigt? - Um ein überspitztes Beispiel zu geben: Wenn Mensch sich nach Liebe und Geborgenheit sehnt, und er greift getrieben von dieser Sehnsucht zu Nahrungsmitteln, dann wird er viel essen müssen, ohne dass er wirklich je gesättigt würde. Wenn er solches mehrmals tut, dann assoziiert Mensch unbewusst seine Liebessehnsucht mit "Hunger oder Lust auf Nahrungsmittel". Da hat dann das Übel schon seinen Anfang genommen.

Oder: Wenn Mensch Durst hat, und er greift aber zu einer Schlaftablette, dann wird das Durstgefühl zwar für einige Zeit "vergessen", aber nach dem Schlafe wird der Durst ihn umso heftiger übermannen. Die folge wird sein: Masslosigkeit im Stillen eines (ursprünglich gesunden) Bedürfnisses.


Die Zauberkraft der Maja ;-)

Ich bin ein Mensch, der sich nicht einfach so an eine Lehre hält oder sich mit einer Lehre / einem Lehrsatz zufrieden gibt, indem ich blind daran glaube, was ein Meister (des Lebens) empfiehlt. Beobachtend will ich erfahren und bestätigt finden, welche Auswirkungen bei mir die praktische Anwendung bewirkt. Was sich dann als Wahrheit zeigt und sich für mich und mein Leben als tauglich erweist, das nehme ich an, und alles andere weise ich (vorerst) zurück, weil es sich (bei mir noch) nicht bewährt. Darum erlaube ich hier zum Begriff Maya etwas anzufügen, das sich mir als sehr wichtiges Detail gezeigt hat:
Nach der buddhistischen Lehre (z.B. im Zen) ist es nicht etwa eine Illusion oder Täuschung (Maya), die äussere Welt als wirklich anzusehen; Maya besteht vielmehr darin, die Welt der Phänomene für das Unwandelbare und die einzige Wirklichkeit zu halten und sich dadurch die Sicht für das Wahre / Essentielle zu verstellen. Im Grunde sind das Relative und das Absolute eins und identisch. Wer aus der Einheit heraus betrachtet, betrachtet die Einheit. Die Welt ist ein Spiegelbild meines eigenen inneren Zustandes. Wenn ich ganz aufgegangen bin im Gottesfunken, dann muss das Göttliche mir auch im Spiegelbild der Welt entgegen kommen.

Wenn ich aber alles Äussere als eine Illusion oder Täuschung verwerfe und den äusseren Erscheinlichkeiten keine oder zu wenig Bedeutung zumesse, dann bin ich in Gefahr, mich meiner Verantwortung zu entziehen und am Wesentlichen achtlos vorüberzugehen. Bei solcher Lebensweise wäre es tatsächlich eine Unmöglichkeit, das Göttliche im Spiegel der Welt (irgendwann) wiederzufinden. Ein Erkennen Gottes von Angesicht zu Angesicht bliebe da tatsächlich eine Unmöglichkeit.


Wenn Du Gott „auf Augenhöhe gegenüberzustehen und ihn eins zu eins mit allen Sinnen zu erleben“ möchtest, so scheint mir dies unmöglich, da das, was wir mit unseren Sinnen erfassen können, immer durch Form und Eigenschaft beschränkt ist. Gott kommt in allen, durch alles und als alles zum Ausdruck. Wie das Meer in jeder einzelnen Welle zum Ausdruck kommt. Das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass eine einzelne Welle das Meer wäre oder sein könnte.

Du hast mir bereits ähnliche Hinweise gegeben in einem anderen T. Dass menschliches Erkennen beschränkt ist und bleibt auf die Beschränktheit unserer Sinne und Bewusstseinsinhalte. Da setze ich die Frage: Bleibt nicht auch die Erkenntnis durch die innere (z.B. meditative) Erfahrung immer nur eine beschränkte? - Stückweise erfahren wir, stückweise erkennen wir, stückweise wachsen wir - und: Der Weg ist das Ziel!

Ganzheitliches Erleben, Erfahren und Erkennen, also mit Geist, Seele und Leib, ist in meinem bisherigen Verständnis die alleine wirklich befriedigende Art zu Sein und zu leben. Findet nicht gerade dann lustvoll Transformation der Materie statt, wenn alle Ebenen mit einbezogen sind in unser Dasein? Ist es nicht eine blosse Behelfsübung, wenn wir uns aus der Umgebung zurückziehen, um uns mit dem Gottesfunken wieder neu zu verbinden? Ist das Ziel dieser Behelfsübung nicht, dass wir den Gottesfunken hineintragen in unser leibhaftiges Dasein? - Zu Beginn unserer Bemührungen ist die Gefahr gross, dass der Gottesfunke untergeht im Lärm der Welt, dass wir ihm entgleiten, oder er uns. Darum müssen wir uns immer wieder aus dem Getriebe herausnehmen und gezielt nach dem Lebens- / Gottesfunken suchen und uns mit ihm bewusst verbinden, wenn wir uns nicht völlig blind und orientierungslos im Getümmel verlieren wollen. - Aber sollen wir deswegen die äussere Welt für immer gering achten? Wartet sie nicht auf uns, damit wir Ordnung und Schönheit hineintragen und sie erlösen aus dem bisherigen (kranken) Zustand?

An dem wir achtlos vorübergehen, weil wir es für Täuschung / Maya halten, das bleibt auch unberührt von unserer Liebe / vom Licht und Feuer unseres Gottesfunken. Wo aber der Gottesfunke nichts (oder nur weniges) berühren kann / darf, da findet er auch keine oder wenig Nahrung. Sollte er nicht zur Flamme werden in uns, zu einem läuternden Feuer, das im eigenen Inneren alles Lebensfeindliche verzehrt und auch noch die unbewussten Winkel ausleuchtet und an den Tag bringt? Sollte der Gottesfunke, sollten wir nicht durch und durch selber zu einem Feuerbrand der Liebe werden, der alles transformiert, was ihm unterkommt?


Wenn Du mit mir einen Schritt zurück gehen magst. In der Interpretation des Prologs des Johhanesevangeliums, die ich oben gab, schrieb ich:
„Durch die fortschreitende Schöpfung (von einer immateriellen Schöpfung bis hin zu grober Materie) nahm die "Reinheit" dieses urprünglichen Seins ab. Es entstand die Illusion einer eigenständig existierenden Schöpfung und unabhängig voneinander existierender Dinge und Wesen. Quasi die Leugnung oder das Nicht-Erkennen der Einheit "hinter" der Vielheit. In der yogischen Philosophie nennt man diese Zauberkraft Maya.“
Der Zauber der Sinneswahrnehmung ist der Zauber der Maja. Wollen wir zu Gott, müssen wir zur Quelle zurück.


Was ist die Quelle? Ist es der Ursprung von Allem, dort, wo alles eine harmonierende, lebendige Einheit ist? Wo ist diese Quelle? Liegt sie nicht in uns? Wenn wir in uns zur Quelle zurückgefunden haben, ziehen wir da nicht ein ins Reich der Einheit und der Liebe, wo es keine Illusion der Trennung und Feindschaft mehr gibt, aber sehr wohl weiterhin die Vielfalt in der Einheit, und die Einheit in der Vielfalt? Ist es darum der Geburtsort des Lebens in Fülle?

Wenn ich in mir ganz eins geworden bin und erkenne, dass alle und alles in mir ist, muss mir diese Einheit nicht auch gespiegelt werden? - Möglich dass mein Spiegel nicht rein ist und ich darum in der Begegnung mit meinem Nächsten nicht erkenne DEN, aus dem ich unversehrt hervorgegangen bin. - Aber ist darum meine Sehnsucht "verkehrt", "illusorisch", eine Utopie? - Oder ist die Sehnsucht, die ich spüre, die Sehnsucht Gottes nach mir / nach den Menschen, welche dem Gottesfunken entspringt und mir verheisst, was von IHM her ins Dasein drängt und sich früher oder später manifestieren will und muss, weil es immer schon so vorgesehen war? - Und manchmal frage ich mich, wenn ich die Welt als mein Spiegelbild betrachte: Wo finde ich hier den Meister gespiegelt, der mich von innen so klar und deutlich anleitet und mich sicher durch die Stürme geleitet? - Da ich Ihn in mir habe, müsste er da nicht auch "draussen" ersichtlich werden?



Aber niemand muss meine Ansichten teilen. Und es liegt mir fern, andere missionieren zu wollen.

Da gehts mir ganz wie dir! :-)



Deshalb, liebe(r) Nachdenklich, folge dem Weg, der Deine Liebe zu Gott vertieft. Mehr oder anderes könnte ich kaum raten :-)
Danke sehr, diese Grosszügigkeit will ich auch halten einem jeden Menschen gegenüber. - Auch wenn andere etwas anderes verstehen mögen unter "Liebe" und "Gott". Wir gehören doch alle zusammen! :-)

luxdei
11.09.2011, 09:27
Ich bin ein Mensch, der sich nicht einfach so an eine Lehre hält oder sich mit einer Lehre / einem Lehrsatz zufrieden gibt, indem ich blind daran glaube, was ein Meister (des Lebens) empfiehlt.
Es wäre auch äußerst unklug, an philosophische oder religiöse Lehren oder Teile von ihr zu glauben, ohne sie in Laboratorium des eigenen Lebens zu prüfen. Das sehe ich auch so.


Nach der buddhistischen Lehre (z.B. im Zen) ist es nicht etwa eine Illusion oder Täuschung (Maya), die äussere Welt als wirklich anzusehen; Maya besteht vielmehr darin, die Welt der Phänomene für das Unwandelbare und die einzige Wirklichkeit zu halten und sich dadurch die Sicht für das Wahre / Essentielle zu verstellen.
Im Prinzip stoßen wir hier auf einen Punkt, der im Deutschen schwer ausdrückbar ist, ja sogar widersinnig erscheint. Die Welt von Zeit und Raum ist real, aber nicht wirklich. Dass sie real ist, kann jeder selbst über prüfen, indem er sich mit Schwung einen Hammer auf den Daumennagel schlägt. Das Ergebnis wird ihn überzeugen ;-)
Diese Welt ist nicht wirklich in dem Sinne, dass sie nicht aus sich selbst exzistiert, sondern von einer subtileren Wirklichkeit erhalten wird. Unser Umgang mit unseren Sinnen, unsere Zu- und Abneigungen binden uns an diese vermeintliche Wirklichkeit (Täuschung). Ebendies ist die Kraft der Maya.*


Im Grunde sind das Relative und das Absolute eins und identisch. Wer aus der Einheit heraus betrachtet, betrachtet die Einheit.
Aber dieses Erkennen ist kein intellektuelles. Gerade der Zen-Buddhismus steht intellektuellen Konzepten ablehnend gegenüber. Denn der Intellekt arbeitet letztlich immer nur auf Basis der Sinneswahrnehmungen. Zwar gibt es Konzepte, Überlegungen zu Moral etc., aber es wird stets die Priorität der Selbstwesensschau herausgestellt; also das Überwinden der Maya.


Da setze ich die Frage: Bleibt nicht auch die Erkenntnis durch die innere (z.B. meditative) Erfahrung immer nur eine beschränkte?
Meditation geht in Bereiche jenseits des Intellekts.


Der Weg ist das Ziel!
Ist so sicherlich nicht gemeint ;-)


Gruß
LD


* (Hier tut sich eine schöne Parallele zwischen dieser buddhstisch/yogischen Philosophie und der Physik auf: Materie erscheint uns wirklich und stabil bzw wirklich weil stabil. Die Quantenphysik sagt uns aber, dass Materie eben nicht so wirklich und stabil ist. Sondern die kleinsten Teilchen (Quanten) sind in ihren Eigenschaften nicht wirklich bestimmbar.)

Nachdenklich
11.09.2011, 12:04
Danke luxdei
Ich nehm mir das mal zur Brust!

mediotutissimusibis
29.09.2011, 19:56
Gott "nähert" sich uns ständig, die Frage ist nur ob wir Ihm entgegengehen oder lieber die Augen und Ohren zuhalten. Liebe Grüsse, http://kindskopf.wordpress.com

Seleiah
29.09.2011, 21:35
mediotutissimusibis, wie waers wenn du deinen bloglink einfach in die signatur packst?

mediotutissimusibis
30.09.2011, 13:13
mediotutissimusibis, wie waers wenn du deinen bloglink einfach in die signatur packst?

Danke Seleiah für den Tipp. Ist wesentlich einfacher so. ;-)