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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Die zwei Gesalbten



Nachdenklich
03.10.2011, 19:25
In der Vision von Sacharja, im Vers 4,14 ist die Rede von "den beiden Gesalbten, die vor dem Herrn der ganzen Erde stehen."
Wie erklären sich Christen, dass hier von zwei Gesalbten die Rede ist, insbesondere da Jesus als der Messias auch als "Gesalbter" verstanden wird?

Was sagen die Juden dazu?

Welche Assoziationen kommen hierzu Andersgesinnten?

Mich interessiert alles, was in euch aufsteigt. Danke für's Teilen!

Lior
03.10.2011, 23:13
Nun ja, ich bin zwar kein Experte für Bibelexegese, aber ich vermute, dass es sich um zwei von Gott gesandte Propheten und Zeugen Jesu handelt. In meiner Bibel wird auf eine Stelle in der Offenbarung verwiesen, dort wird wieder von den "zwei Ölbäumen" gesprochen und sie werden umschrieben mit "fährt Feuer aus ihrem Mund" und "sie haben die Macht den Himmel zuzuschließen", beides Wunder, die man von Elia kannte, sowie "Macht über Wasser" und "Macht die Erde mit jeglicher Plage zu schlagen", was ein Hinweis auf Moses sein dürfte. Dazu passt die Erwähnung von Moses und Elia in der Geschichte von der Verklärung Jesu im Markusevangelium, in denen von Elias Rolle als Wegbereiter Jesu gesprochen wird.
... Aber wie gesagt.... christliche Exegese ist nicht gerade mein Steckenpferd.....

luxdei
03.10.2011, 23:37
Da gab es dann wohl mehrere Gesalbte ...

ChristaL.
03.10.2011, 23:42
@Nachdenklich

Im alten Testament ist von vielen verschiedenen Gesalbten die Rede. Ich verstehe deine Frage nicht.

absalom
04.10.2011, 00:49
„Diese Beiden sind die Söhne des Öls / Ölsöhne die bei dem Herrn der ganzen Erde stehen.“

Im den äußerst spärlichen Quellen des antiken und spätantiken Judentums (Talmudquellen) wurden die beiden Ölsöhne mit Aaron und Moses verglichen. Ebenso wird die Ansicht vertreten, dass es sich um Aaron und David handelt, weil beide mit Öl gesalbt wurden. Zudem wird erklärt, dass Aaron das Priestertum erhielt hingegen David das Königtum zugesprochen wurde.

Weitere jüdische Quellen Aboth und Midrasch sprechen darüber hinaus wesentlich anonymer und noch spärlicher vom Messias ben Joseph und vom Messias ben Ephraim.

Langläufig war insbesondere vor und zu den Zeiten Jesu (ca. 300 v. Chr. – 300 n.Chr.) kein Kommen eines „Supermessias“ im Judentum bekannt. Vielmehr gab es verschiedene Auslegungstraditionen, die von mehreren Messiassen = Gesalbten ausgingen. Insbesondere von einem Königmessias und einem Priestermessias – ganz im Sinne der Altisraeltischen Gesellschaftsordnung - wurde ausgegangen. In der jüdisch apokalyptischen Bewegung setzte sich dann die Gestalten Elija und Moses durch oder Henoch und Moses.

In Offenbarung 11/4 werden die beiden Zeugen als Elija und Moses beschrieben, was ganz der Tradition jüdisch apokalyptischer Kreise um ca. 100 n. Chr. entspricht.

Eine zentrale Erlösergestalt außer Gott selbst kennt das gängige antike und spätantike Judentum nicht – eine eingeschränkte Ausnahme bilden hier die Essener.

Die Quellenlage läst deutlich erkennen, dass das antike Judentum diesen Textstellen kaum besondere Gewichtung beigemessen hat, sondern viel mehr diese in einem historischen Kontext sah – dazu unten mehr.

Nun zur theologischen / christlichen Wertung:

Besonderes theologisches Interesse hat bei den Exegeten Sach 4 gefunden: Zumeist wird vermutet, dass sich hinter den beiden Ölbäumen Serubbabel, der im Auftrag der Perser für Repatriierung zuständige Davidide, sowie der Hohepriester Josua als messianische Gestalten verbergen. Da die Salbung mit Öl vom Ölbaum vorgenommen wird, werde hier eine Dyarchie von weltlichem und geistlichem Herrscheramt begründet. Die Redaktionen des Sacharjabuchs scheinen das Bild jedenfalls so verstanden zu haben, denn sie fügen die Vision von der Amtseinführung Josuas (Sach 3,1-7) und die Verheißung an Serubbabel (Sach 4,6a-10a) vermutlich bewusst im Kontext dieser Stelle ein. Allerdings wird die messianische Deutung gelegentlich in Frage gestellt, weil etwa eine Gleichberechtigung eines weltlichen und eines geistlichen Führers in der frühnachexilischen Zeit kaum vorstellbar ist (Beuken, 1967) oder der Begriff für Öl hier ein anderer ist als für Salböl (יצהר jṢhr statt שׁמן šmn) und üblicherweise gebraucht wird, um Hoffnung auf gnädige Gewährung von Gaben des Landes durch JHWH zu wecken (vgl. Dtn 11,14; 2 Kön 18,32 u.a.; dazu Delkurt, 2000).

Besonders die Unterscheidung zwischen Salböl und einfachen Öl hat in der rabbinischen Literatur letztlich dazu geführt diesen Texten zwar einen historischen Inhalt beizumessen jedoch keinen messianischen (besonders gesalbten) Charakter, da es sich eben nur um ungesalbtes (unmessianisches Öl) handelt. Insofern stimmt die heutige israelitische - exegetische Wissenschaft dem christlichen Exegeten zu, dass es sich hier um ein historisches Geschehen handelt, dass in einer Art Vorschau von Sacharja gesehen wird und auch so stattfand.

Ich hoffe, es hat etwas Licht in die Angelegenheit gebracht

Absalom

Nachdenklich
04.10.2011, 10:06
@Christal
Ich spreche von der fünften Vision des Propheten Sacharja, Kapitel 4. Das geläufigste Wort daraus lautet: "Nicht durch Macht, nicht durch Kraft, allein durch Meinen Geist! - spricht der Herr der Heere." Am Schluss des Kapitels, Vers 11 - 13: "Ich fragte ihn (den Engel) weiter: 'Was bedeuten die zwei Ölbäume auf der rechten und auf der linken Seite des Leuchters?' Und weiter fragte ich ihn: 'Was bedeuten die zwei Büschel von Olivenzweigen bei den beiden goldenen Röhren, durch die das goldene Öl herabfliesst?' Er sagte zu mir: 'Weisst du nicht, was sie bedeuten?' Ich erwiderte: 'Nein Herr.' Er sagte: 'Das sind die beiden Gesalbten, die vor dem Herrn der ganzen Erde stehen.' "

Vielleicht magst du etwas dazu schreiben? - Ich würde es schätzen.

@Kasper, luxdei und Absalom
Vielen Dank für eure Resonanz! Ich freue mich sehr.
Ein ganz besonderes Dankeschön für den Wissenschatz aus der Hand Absaloms, darin ich mich etwas länger vertiefen will. Ob und wann mir in dieser Sache aber "ein Licht aufgeht", das muss sich erst noch zeigen. - Manchmal dauert es Jahre, bis der Nebel sich lüftet ;-)

Zeuge
05.10.2011, 17:49
@Nachdenklich

Wenn dich meine Sicht der Dinge interresiert, dann besuch meinen Tread "Der Segen".

Nachdenklich
05.10.2011, 20:58
Danke für den Hinweis, Zeuge.
Ich werde mich damit befassen.

Gute Nacht!

Nachdenklich
08.10.2011, 17:38
Wenn dich meine Sicht der Dinge interresiert, dann besuch meinen Tread "Der Segen".

Ich habe mich heute ein wenig eingelesen. Äusserst anregend, sehr interessant... Bin in Zwiesprache darüber mit Jesus. Wurde zum Buch Mormon geführt, obwohl ich diese Schrift zu lesen bisher niemals den Impuls verspürte. Meine Hände griffen das 5. Kapitel aus JAKOB: "Das Gleichnis vom edlen und vom wilden Ölbaum, - Israeliten und Nichtisraeliten." - Vielleicht ist es auch für dich lohnend, dies nachzulesen?

Hattest du nicht gesagt, im Buch Mormon stehe nichts Neues? - Ich habe den Eindruck, dass Vieles, das du im "Segen" angesprochen hast, auf andere Weise im Gleichnis von den zwei Ölbäumen im Buch Mormon auch angedeutet und zu finden ist. Habe aber noch längst nicht alles durch-"dacht". - Es scheint mir wichtig zu betonen: Vergessen wir niemals die Liebe, trotz und bei allem Erwerb von "Wissen". Liebe ist vor Weisheit, und Lieben geht dem Lehren voraus und sollte jeglichem Lehren und Lernen zugrunde liegen. ... Wir gehören alle zusammen, wir ergänzen einander, wir brauchen einander, wir sind eine Menschheit vor Gott! - Wenn ein Teil der Menschheit sündigt vor Gott, kann nicht ein anderer Teil sich schuldfrei glauben / fühlen. Zur Hand, die eine Untat begeht, gehören auch die Füsse und der ganze übrige Mensch, und alle Glieder werden vom Zentrum der Liebe gesteuert und hängen vom selben Willen ab... - Dies nur als Randbemerkung...

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Im übrigen bin ich von Innen her im Zusammenhang mit Sacharjas Kap. 4 auf "Serubabels Schlussstein" aufmerksam gemacht geworden: "Er holt den Schlussstein hervor, und man ruft: 'Wie schön ist er, wie schön!' " (Vers 7), und zugleich auch auf den Vers aus Jesaja 28,16 über den Grundstein: "Seht her, Ich lege einen Grundstein in Zion, einen harten und kostbaren Eckstein, ein Fundament, das sicher und fest ist; Wer glaubt, der braucht nicht zu fliehen." In mir ist die Ahnung, dass die beiden "Steine" mit den zwei Ölbäumen in engem Zusammenhang stehen. --- Aber das ist noch alles sehr vage in mir. --- Auch Absaloms Ausführungen habe ich noch längst nicht ausgeschöpft und einbezogen. - Wie schon gesagt: Klärung und Bewusstwerdung dauert bei mir meist etwas länger...- und ist nie so ganz endgültig abgeschlossen... Für den Moment fühle ich mich von allen Seiten sehr beschenkt!

Danke für deinen wertvollen Hinweis, Zeuge. Sei gesegnet!