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Larson
18.04.2008, 11:43
Begräbnis der Freiheit

Als ich aufwachte, begann es, hell zu werden. Es mag so gegen vier Uhr gewesen sein. Die ersten Vögel begannen ihr Morgenkonzert noch etwas zaghaft, die Sonne schob sich langsam und stetig höher. Der heutige Tag würde wieder heiß werden, wie schon die vergangenen Tage. Die vergangenen Wochen.

Dieser Sommer war bisher einer der heißesten, die ich erlebt hatte. Schon gegen neun Uhr stach die Sonne mit einer solchen Intensität vom völlig wolkenlosen Himmel herab, daß man sich überlegte, ob man da draußen etwas zu tun hatte, oder ob man seine Zeit besser zwischen schützenden Mauern verbringen sollte.

Jetzt aber lag ich hier in unserem Schlafzimmer - noch wehte leis ein sacht kühlender Luftzug durch den Raum, eine willkommene Erfrischung in diesen sonst schwülen Nächten. Wieder zu früh aufgewacht. Ich schlief in den letzten Wochen nicht gut, die Hitze und die meistens viel zu warmen Nächte...

Ich war unruhig. Ein Blick auf mein noch im Morgendämmer liegendes Bett verriet mir, daß ich auch recht unruhig geschlafen haben mußte. Neben mir meine Geliebte - sie atmete ruhig und regelmäßig und lag entspannt.

Meine Unruhe wollte nicht weichen. Erinnerungsfetzen eines Traumes taumelten mir durch den Sinn. Ein Friedhof - Grabmale - Begräbnis - dunkle Gestalten -.

Doch ich vermochte die Fetzen nicht zusammenzusetzen zu einem erkennbaren Bild. Zu fern war die geträumte Nachtmär, als daß ich ihrer noch hätte habhaft werden können.

Nur die Unruhe blieb. Die Unruhe blieb.

Die Bilder des vergehenden Traums lösten sich vollends auf und zurück blieb die unbestimmte Erinnerung an etwas Beunruhigendes, Furchteinflößendes.

Ich erhob mich leise aus meinem Bett, um meine Frau nicht zu wecken. Ich würde das Frühstück vorbereiten und so wenigstens dazu beitragen, daß dieser Morgen etwas entspannter und ruhiger verlaufen könnte, als ein gewöhnlicher Morgen.

Auf der Fahrt zur Arbeit schaltete ich das Radio ein und das Gedudel irgendeiner Morgensendung vertrieb allmählich auch die letzte Unruhe der vergangenen Stunden. Ich dachte an die Aufgaben, die heute vor mir liegen würden, konzentrierte mich auf den Verkehr und hatte diesen Traum allmählich endgültig vergessen.

Das heißt - nicht ganz endgültig. Während der einen oder anderen Arbeitspause flammte das unbestimmte Gefühl kurz einmal auf, wurde jedoch von anderen Gedanken oder Gesprächen rasch wieder erstickt.

Im Verlauf der folgenden Tage und Wochen dachte ich kaum noch an jenen Traum, bis ich eines Samstagmorgens verschwitzt und mit heftig pochendem Herzen aufwachte. Sofort erinnerte ich mich wieder: Es war der gleiche Traum wie vor einigen Wochen, der mich aus dem Schlaf gerissen hatte. Die Erinnerungen waren klarer als beim ersten mal. Ich bildete mir ein, einen Friedhof gesehen zu haben, der mir unbestimmt vertraut schien. Früher, vor etlichen Jahren schon als ich noch Junggeselle war, lebte ich weiter westlich. Dort gab es einen alten und verlassenen Waldfriedhof, der in meiner Erinnerung jenem glich, der sich in meinem Traum gezeigt hatte. Damals schon war dieser Friedhof merkwürdig vernachlässigt gewesen. Grabmale waren überwuchert, mit Moosen und Flechten überdeckt und kaum zu lesen. Die Pflanzen hatten sich in ungebremsten Wachstum ausgebreitet. Der schmiedeeiserne Zaun um den Gottesacker war rostig und teilweise so hinfällig gewesen, daß er schon damals seine eigentliche Funktion nicht mehr ausfüllen konnte.

Obschon ich mich jetzt recht deutlich an jenen Friedhof erinnerte, war mir durchaus nicht klar, wieso ich jetzt, Jahre nachdem ich aus jener Gegend fortgegangen war, wieder mit solcher Intensität an diesen Friedhof denken mußte - und wie er Eingang in meine Traumwelt gefunden hatte. Jetzt fiel mir auch der Name wieder ein, mit dem dieser Friedhof in seiner näheren Umgebung bezeichnet wurde: „Judenfriedhof“. Richtig, irgendjemand hatte mir einmal erzählt, daß das in der Tat ein alter jüdischer Friedhof war.

Langsam regte sich meine Frau und wurde auch wach.

Nachdem wir ausgiebig gefrühstückt hatten, berichtete ich meiner Frau von meinen beiden Träumen und jenem Friedhof. „Spricht etwas dagegen, wenn wir uns diesen Friedhof einmal ansehen? Das Wetter ist gut und es ist nicht weit. Mich interessiert, was in den Jahren daraus geworden ist.“
Sie war einverstanden und so machten wir uns auf die etwa einstündige Fahrt. Es war nicht mehr so glühend heiß, so ließ die Fahrt sich angenehm an. Am Zielort angelangt stellten wir den Wagen auf einem Seitenweg im Wald ab. Ich wußte nicht mehr genau, wo dieser Friedhof zu suchen wäre, viel hatte sich in der näheren Umgegend verändert. Doch nach knapp vierzig Minuten Fußweg mit einigen falschen Anläufen gelangten wir an den Rand des gesuchten Friedhofes.

Er war noch verwilderter, als ich ihn in Erinnerung hatte Von dem damals zumindest noch erkennbaren Zaun zeugten nur noch einige verrostete, schiefstehende und teilweise verbogene Stangen. Einige lagen auf dem Boden und streckten ihre Spitzen gefährlich nach oben. Wir suchten, was einmal der Eingang dieses kleinen Friedhofes gewesen hätte sein können und betraten den Gottesacker.
Der Bereich mochte vielleicht 120 Meter breit und in etwa ebenso lang sein. Die teils verwitterten, teils noch recht gut erhaltenen Grabmale waren genau in Reihen und Kolonnen aufgestellt, Spuren von Vandalismus, wie man sie zuweilen sehen kann, entdeckten wir nicht. Doch auch sonst schien dieser Friedhof seit vielen Jahren unberührt. Warum er mir zweimal im Traum vorgekommen war, konnte ich mir nicht erklären. Allerdings erkannte ich ihn so wieder, wie er jetzt hier vor uns lag. Nicht, wie ich ihn vor etlichen Jahren zuletzt gesehen hatte - als der Zaun noch weitgehend intakt, wenn auch schief und krumm gewesen war. Das machte mir die beiden Träume noch rätselvoller.

Auf dem Weg nach Hause besprach ich mich darüber mit meiner Frau. Da auch sie keine Erklärung finden konnte, beschloß ich abzuwarten, was weiter geschehen würde.

Wieder gingen einige Tage und Wochen ins Land, während denen die Erinnerung an besagten Traum wieder verblaßten.

Eines Nachts - ich hatte einen anstrengenden Arbeitstag hinter mir - geschah es wieder. Schweißgebadet erwachte ich, wie von einem Schuß geweckt. Kerzengerade richtete ich mich in meinem Bett auf. Mir zitterten die Hände. Viele Bilder waren mir noch deutlich im Gedächtnis. Eben jener bewußte Judenfriedhof - auf ihm und darum herum eine Anzahl Menschen - schwarz oder doch dunkel gekleidet. Schwere, tragische Musik mit tiefen Baßtönen. Dort erhob sich ein Arm, in der Faust etwas, das ich nicht erkennen könnte. Der Arm fuhr herab - ein scharfer Knall - vorbei. Das Bild verschwand.

Mich schauderte. Wieder und wieder vergegenwärtigte ich mir die Bilder bis ich mir sicher sein konnte, sie nicht mehr zu vergessen.

Ich berichtete meiner Frau, sie saß ratlos. Was hätte sie tun oder sagen sollen.
Nun wurde es ernst für mich. Die Träume kamen immer häufiger, mal erschrak ich heftig, ein andermal etwas weniger, doch ich wurde sie nicht mehr los. Sie wirkten in meinen Alltag hinein, auf meine Arbeit, auf unser gemeinsames Leben. Mehrere Nächte hintereinander, ein, zwei Nächte Pause - dann wieder von neuem.

Allmählich begann sich in meinem Kopf ein Gedanke zu formen. „Du mußt eine Nacht auf diesen Judenfriedhof zubringen und sehen, ob sich da etwas tut...“

Zuerst wies ich den Gedanken von mir. Doch er kehrte wieder. Mit der Beharrlichkeit eines unerschütterlich treuen Tieres, welches sich in seiner Treue auch von den heftigsten Ausbrüchen seines Auserkorenen nicht fortweisen läßt, stellte sich dieser Gedanke immer wieder ein.
Irgendwann sprach ich mit meiner Frau darüber.

„Und du glaubst, dann kommst du dahinter, was es mit deinen Träumen auf sich hat?“ „Ich kann es nicht sagen, aber ich hoffe es. Wenn das nicht hilft - “, ich ließ den Satz unvollendet. Wir wußten beide, daß ich spätestens dann zu einem Facharzt würde gehen müssen. Wer gesteht sich schon gerne ein, daß er verrückt zu werden beginnt - oder es gar schon ist?

Ich hatte den - mir selbst logisch erscheinenden - Gedanken, daß meine Träume in irgendeinem direkten Zusammenhang mit Ereignissen um oder auf diesem Friedhof stehen mußten.
Ich wartete den nächsten Freitagabend ab. Nervös, und als ob ich eine lange Reise planen würde, wickelte ich mir ein paar belegte Scheiben Brot ein, bereitete eine Thermosflasche starken Kaffees zu und nahm noch zwei oder drei Flaschen Tafelwasser mit. Die unerträglich heißen Tage waren einem milden Spätsommer gewichen mit goldenen Tagen und noch milden Nächten. So nahm ich nur eine leichte Jacke mit mir.

Larson
18.04.2008, 11:44
Begräbnis der Freiheit 2 Teil

Etwa eine Stunde vor Anbruch der Dunkelheit machte ich mich auf den Weg. Unterwegs konnte ich beinahe von Minute zu Minute spüren, wie meine innere Spannung wuchs. Fast wäre ich über bei rot über eine Kreuzung gefahren.

Als die Sonne sich schon senkte, stellte ich den Wagen auf dem kleinen Seitenweg ab, auf dem er schon stand, als ich vor einiger Zeit mit meiner Frau zusammen hier gewesen war. Nun kannte ich den Weg wieder recht genau, nachdem meine Frau und ich den Friedhof gesucht und dann gefunden hatten. Ich nahm meinen Rucksack, schwang ihn mir über die Schulter und ging los. Auf direktem Wege würde ich kaum zwanzig Minuten zum Friedhof benötigen und dort noch Zeit haben, mir ein verborgenes Plätzchen zu suchen.

Als ich dort angekommen war, suchte ich im verbleibendem Licht nach etwa vorhandenen Spuren. Ich fand keine.

Ein grasbewachsener Platz hinter einem hohen Grabmal lud mich zum Bleiben ein. Dort war der Boden etwas erhöht und bot einen guten Überblick über den Friedhof mit seinen alten und ehrwürdigen Grabmalen. Als ich dort anlangte und mich umsah, fuhr ich erschrocken zusammen. Das war genau die Perspektive, die sich mir in meinen Träumen darstellte - haargenau. Ich mußte eine aufsteigende Panik niederkämpfen, als ich mich eingerichtet hatte. Häßliche und gemeine Angst machte mir das Atmen schwer. Ich bemühte mich ruhig zu bleiben, doch es gelang mir nur unvollkommen.

Während ich hier saß und wartete - inzwischen hatte die Nacht die Herrschaft übernommen - gingen mir Gedanken mit den unterschiedlichsten Deutungen der erlebten Träume durch den Kopf. Doch alle mußte ich verwerfen, denn keine einziger der Gedankenfäden ließ sich zu einem Ende spinnen.
Mitternacht war wohl schon vergangen, als die Spannung dann doch wieder von mir abgefallen war. Ich mochte leicht eingedöst sein, als ein kurzes, scharf knackendes Geräusch mich zusammenzucken ließ. Ich blickte auf. Nichts zu sehen. Oder ...

Ich richtete mich aus dem Sitzen auf, um einen besseren Überblick zu erhalten.

Doch! Dort drüben, da, wo sich ursprünglich der Durchgang durch den Eisenzaun befunden hatte, schien sich etwas zu bewegen. Was ich zunächst nicht bemerkte, was mich bald darauf jedoch beunruhigte war, daß das Dunkel der Nacht einer fahlen Helligkeit zu weichen begann, ähnlich dem Licht des Vollmondes. Nur, daß dieser bereits längst wieder hinter dem Horizont verschwunden war.
Inzwischen konnte ich sich bewegende Gestalten erkennen. Menschen kamen da den kaum kenntlichen Weg heraufgegangen, doch sie schienen genau zu wissen, wohin sie wollten. In ihrer Mitte trugen sie ein mit dunklen Tüchern verhängtes, sänftenartiges Gestell, welches nicht schwer zu sein schien. Zwei Männer genügten, diese Sänfte zu tragen. Jetzt konnte ich etwa dreißig, oder vierzig Personen unterscheiden, doch es war unbegreiflich: Zwar konnte ich ihre Anzahl schätzen, zählen indessen konnte ich sie nicht. Wann immer ich ein Gesicht fixierte, wurden dutzende darumherum sichtbar. Mir wurde beinahe schwindlig. Es hätten hunderte oder Zigtausende Menschen sein können - es war eigenartig - unbegreiflich und unwirklich.

Jetzt hielten sie an, keine zwanzig Meter von mir entfernt. Die Sänftenträger stellten ihr Gestell ab. Einer schlug den Vorhang zurück. Eine herrische Bewegung des Armes hieß einen ... ein Kind! ... das war ja ein Kind, das aus der Sänfte stieg.

Fragen über Fragen steilten sich in meinem Innern auf. Gebannt beobachtete ich die unwirkliche Szene.

Das Kind - ob Junge oder Mädchen konnte ich nicht erkennen - stieg aus. Ein schlankes Kind, vielleicht um die zwölf Jahre alt, stand vor den Menschen dort mit hängenden Schultern und gesenktem Gesicht.
„Das ist ja ...“, entfuhr es mir, „Das ist ja - die Freiheit. Da steht die Freiheit. Um alles in der Welt - was geht hier vor?“ Ich rief diese Frage mehr, als daß ich sie flüsterte - doch es schien mich niemand zu hören.

Wenn ich diese Zeilen heute lese, wie ich sie schon viele Male zuvor las, wird mir immer wieder bewußt, wie verrückt, wie verrückt und vollkommen absurd diese Vermutung war - und doch wußte ich in jenen Stunden unverbrüchlich sicher, daß das da, dieses Kind da neben der Sänfte, die Freiheit war.
Dennoch begriff ich nichts von dem, was sich da vor meinen Augen ereignete. Als ich erneut versuchte, einzelne Personen zu fixieren, bemerkte ich, daß viele Gesichter dabei waren, die ich schon irgendwo gesehen hatte. Im Fernsehen, in unserer Stadt, in Kinofilmen, in Zeitschriften. Ja, ich kannte einige sogar bei ihrem Namen. Doch immer, wenn ich ein Gesicht zu fixieren versuchte, ging es mir verloren und es schob sich ein anderes in meinen Blick.

Jetzt begann eine Musik zu erklingen - genau, wie ich sie in vielen der Träume gehört hatte. Woher sie kam, konnte ich nicht erkennen. Düster, in dunklen Akkorden, sakral getragen und doch irgendwie nicht von hier, nicht aus dem Diesseits.

Eine Armbewegung - die Musik verstummte augenblicklich. Wieder versuchte ich, Gesichter zu fixieren, doch es erging mir, wie schon zuvor. Das vollkommene Schweigen ließ die Szene noch unheimlicher wirken. Von der unwirklichen Musik abgesehen, und dem Rascheln vieler Füße in Laub und Gras war kein Laut zu hören. Kein Wort wurde gesprochen.

Die Gesichter wandten sich jetz dem Kinde zu. Es stand dort in einer Art, die sich schwer beschreiben läßt. Nicht unterwürfig ergeben und ängstlich, wie es vielleicht ein Kind getan hätte, dennoch scheinbar seiner Situation bewußt. Jetzt hatte es den Kopf erhoben und sah in die Runde. Feindselige Gesichter warfen Haß in seine Richtung. Dennoch faßte es ein Gesicht nach dem anderen ruhig ins Auge, bevor es sich zum nächsten wandte. Die Gesichter derer, die von dem Kind direkt angesehen wurden, wandten sich ab. So, als könten sie seinem Blick nicht standhalten. Als das Kind in meine Richtung sah, konnte ich sein Gesicht deutlicher erkennen. Auch ich konnte ihm nicht standhalten. Ich kannte es. Ich hatte es schon oft gesehen. Ein friedvolles Gesicht, mit ruhigen und tiefgrundigen Augen - wieso konnte ich jetzt dieses Gesicht so genau erkennen? Es war doch eben so weit von mir entfernt gewesen, daß ich nicht einmal erkennen konnte, ob es ein Knabe oder ein Mädchen war. Ein Schauer überlief mich bei dieser Feststellung und eiskaltes Entsetzen überfiel mich, als ich mich plötzlich da hinten neben dem Grabmal als Gestalt stehen sah - ich konnte mein Gesicht erkennen - halb gebückt, wie in Lauerstellung, und genau beobachtend, was hier zwischen uns vor sich ging.

Plötzlich sah ich, wie sich ein starker Arm in der Menge erhob, ganz in der Nähe des Kindes. Ein dicker, überdimensionaler Knüppel schwang in dessen Hand und im fürchterlichen herniedersausenden Schlag traf der Knüppel.

Ein durchdringend scharfer Knall!

Bestürzt, ja entsetzt, beobachtete ich, wie das Kind zusammenbrach. Alle Gesichter, die ich zuvor beobachtet und zum Teil sogar erkannt hatte, waren abgewandt. In mir mischten sich Ohnmacht und grausige Angst zu einer nie gekannten Empfindung.

Rasch ergriffen zwei Gestalten den Körper des Kindes. Sie betteten den Körper des Kindes in eine Grube und legten deren Abdeckplatte wieder sorgsam darauf. Ich hatte nicht einmal bemerkt, daß die Platte zuvor entfernt worden war.

Eine kleine Glocke, welche ich jedoch nicht sehen konnte, begann zu läuten. Sie läutete und läutete - unaufhörlich, unaufhörlich. Niemand schien sie zu hören und auch meine Ohren vernahmen das Geräusch dieser Glocke irgendwann nicht mehr.

„Sie haben die Freiheit - begraben - haben sie getötet und begraben...“, ging es mir pausenlos durch den Kopf, als ich den Weg nach Hause wieder unter die Räder meines Wagens nahm. Wie ein wild gewordenes Räderwerk ratterte es in meinem Kopf: „Das Begräbnis der Freiheit.“

Seit jener Nacht träume ich diese Träume nicht mehr.

Doch eine tiefe Traurigkeit und ein nicht zu unterdrückendes Gefühl von Verlorenheit bestimmen seit jener Nacht mein Leben.

Und ganz von ferne - fast unhörbar leise - vernehme ich in ganz stillen und gedankenverlorenen Stunden das feine Läuten einer kleinen Glocke.


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