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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wohin entwickelt sich das Christentum?



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Provisorium
27.02.2013, 18:32
Liebe Gnadenkinder,

ich denke wir sind uns hier ja weitestgehend einig, dass es DAS Christentum nicht wirklich gibt, also keinen wirklich breiten Konsens bzgl. der Lehrinhalte, dem Verständnis der Schrift, der Gewichtung einzelner Glaubensgrundsätze und ähnlichem.

Nun hatte ich andernorts den Eindruck gewonnen, dass sich viele Christen zwar ganz selbstverständlich der jüdischen Wurzel, aus der sie ja quasi entspringen, bewusst sind, aber dass das Christentum auch ganz wesentlich vom Platonismus, Aristotelismus und nicht zuletzt Neuplatonismus geprägt ist, wird ganz gerne nur nebensächlich betrachtet.

Außerdem habe ich gehört, dass es angeblich so etwas wie einen „Trend“ geben soll, dass wieder verstärkt die jüdische Wurzel des Christentums betont wird. Man macht dies wohl daran fest, dass in Foren auch Christen immer häufiger Jeschuah anstatt Jesus, oder G’tt, anstatt Gott schreiben und verstärkt der Tatsache Rechnung getragen wird, dass Jesus eben Jude war.

Das geht wohl teilweise soweit, dass die „klassisch christlichen Feiertage“ abgelehnt werden, weil sie heidnischen Ursprungs sind und stattdessen z.B. das Laubhüttenfest gefeiert wird. Oder das man sein Geschirr nach für Milch und Fleischspeisen getrennt nutzt usw.

Nun meine Fragen: Beobachtet ihr das auch? Würdet ihr eine solche Entwicklung begrüßen, oder würdet ihr im Gegenteil vielleicht sogar eher gerne den „griechischen Geist“ des Christentums stärker in den Vordergrund rücken sehen? Oder ist das am Ende vielleicht auch völlig egal und das Christentum soll gefälligst so bleiben wie es ist? Muss es sich denn überhaupt verändern und wenn ja, wohin? Habt ihr diesbezüglich vielleicht Erwartungen vom nächsten Papst?

Also meine Stellung dazu ist ja schnell erklärt und ihr kennt das Provisorium ja mittlerweile auch. Ich wünschte der neue Papst würde Eckhart rehabilitieren und es käme zu einer Renaissance seiner christlichen Philosophie und in Folge zu einer religionsübergreifenden Einheit aller Gläubigen auf unserem schönen Erdenrund...

Na ja, wünschen darf man sich das ja;-)

Und ihr? Wie würde euer „ideales Christentum“ aussehen? Lasst uns doch mal träumen...

LG
Provisorium

anonym001
27.02.2013, 19:45
Hallo Provisorium

Danke für deinen Beitrag…

Ja, das beobachte ich auch nun inzwischen einige Jahre. „Jeshuah“ oder gar „Jehoschuah“ (oder vielleicht einfacher Josias?) statt „Jesus“, und schon meint man, dass man dem Juden Jesus und seiner Lehre näher sei.

Vielleicht wäre es ja auch gut, wenn sich Christen da den „vermeintlichen“ Wurzeln bewusst würden und besonders der Entstehung des Christentums oder der chr. Religion in katholisch oder Evangelisch und vielen Gruppierungen.
Aber was bedeutet schon "Wurzeln", wenn etwas fremdes herauswächst?
Vielleicht würden sie dadurch eher einen Konsens finden, und nicht mehr ihre Genialität ihrer Religionsrichtung als das absolut proklamieren.

Ich kenne die Philosophie von Eckhart zu wenig, auf dass ich darüber etwas sagen könnte. Die Frage ist nur, ob „Glauben“ durch Philosophie gleich welchen Ursprung nicht auch wieder zur abstrakten „Religion“ führen wird.


Ist denn EINE (1) Einheit wirklich erwünscht? Leider erlebe ich das nicht so. Von dogmatisch katholischer Seite sehe ich eher eine Einverleibung in ihr System in die allein selig machende Kirche. Evangelikale sind wiederum in der anderen Ecke. Ich denke, da fliesst noch mancher Liter Wasser den Fluss hinunter, bis der Mensch zur besseren Einsicht kommt. Ökkumen ewird sehr verschieden verstanden.


Selber wünsche ich mir nicht in dem Sinn ein „Christentum“. Diese „…tümer“ sind und waren immer problematisch.

Ich frage mich: Wer sagte oder bestimmte, dass wir aus den „Nationen“ jüdisch sein sollen und ihre „Kultur“ übernehmen müssen? Weshalb müssen wir oder die an Jesus gläubige aus den Nationen das „wahre Israel“ sein? Sind nicht schon da in den Ursprüngen gefährliche Gedanken gelegt, ein sich "besser" fühlen, welche sehr wohl neu zu verstehen und zu interpretieren wäre?


So einfach ist das Problem nicht zu lösen….

Provisorium
27.02.2013, 20:13
Hallo Snoopy und danke für Deine Antwort,


Vielleicht würden sie dadurch eher einen Konsens finden, und nicht mehr ihre Genialität ihrer Religionsrichtung als das absolut proklamieren.Wenn dem so wäre, wäre meiner Meinung nach schon mehr geschehen, als ich zu träumen wagte. Das wäre ein Riesenschritt vorwärts! Übrigens und nebenbei, auch aus der Sicht Eckharts;-)


Ich kenne die Philosophie von Eckhart zu wenig, auf dass ich darüber etwas sagen könnte. Die Frage ist nur, ob „Glauben“ durch Philosophie gleich welchen Ursprung nicht auch wieder zur abstrakten „Religion“ führen wird.Meiner Meinung nach würde sie dadurch nicht abstrakter, sondern vielleicht sogar deutlicher, weil sie dann nicht mehr so konträr zu den Erkenntnissen moderner Naturwissenschaft stünde. Aber ich will hier auch gar keinen Exkurs über Eckhart halten. Ich hatte ihn nur genannt, um meinen Standpunkt klar zu machen. Vielmehr interessieren mich eure Träume...


Ist denn EINE (1) Einheit wirklich erwünscht? Leider erlebe ich das nicht so. Von dogmatisch katholischer Seite sehe ich eher eine Einverleibung in ihr System in die allein selig machende Kirche. Evangelikale sind wiederum in der anderen Ecke. Ich denke, da fliesst noch mancher Liter Wasser den Fluss hinunter, bis der Mensch zur besseren Einsicht kommt.Ganz genau! Und gerade deshalb ist es vielleicht auch so dringend notwendig, dass man sich einmal über dieses Thema unterhält. Und da es jetzt ja auch bald einen neuen Papst gibt, ist vielleicht auch jetzt der richtige Zeitpunkt. Denn mir ist die Einheit ein wunderschöner Traum, den ich so gerne verwirklicht sähe...


Ich frage mich: Wer sagte oder bestimmte, dass wir aus den „Nationen“ jüdisch sein sollen und ihre „Kultur“ übernehmen müssen? Weshalb müssen wir oder die an Jesus gläubige aus den Nationen das „wahre Israel“ sein? Sind nicht schon da in den Ursprüngen gefährliche Gedanken gelegt, ein sich "besser" fühlen, welche sehr wohl neu zu verstehen und zu interpretieren wäre?Auf jeden Fall. Ich habe das Gefühl, dass sich das Christentum zurzeit immer mehr in einer Krise befindet, zumindest in Europa. Manche treibt dann offensichtlich die Sehnsucht 'gen Judentum und ja, vielleicht betrachten sich solche tatsächlich, zumindest als einen Teil, des "wahren Israel"? Ich beobachte interessiert diese Entwicklung, aber ich kann sie eben nicht recht einschätzen. Gefährlich kann es in solchen Fragen allerdings immer werden. Nicht zuletzt, weil auch der Islam ein Stückweit im Wandel ist, vermute ich zumindest...

Bin gespannt, was andere noch dazu sagen werden und hoffe inständig auf einen konstruktiven Dialog, ohne Streit und böse Worte.

LG
Provisorium

anonym001
27.02.2013, 20:29
Hallo Provisorium

Danke für deine Bemerkungen. Sicher kann ich da in den Gedanken von Eckhart mich in einigem finden und in anderem weniger. Das ist so bei allen „Philosophen“. Aber wie gesagt, das wäre ein anders Thema.
Das Problem ist nur, dass die Menschheit vorwiegend wohl kaum auf Eckhard hören, sondern auf den Papst….. was ja im Moment ganz aktuell eist.


Ich denke, diese „Messianer“, also diese Christen, welche da jüdisch sein wollen, nicht einen Schritt zurück zur Lehre jenes Juden „Jeshuahs“ machen, sondern einfach die christliche Theologie um spezifisch ausgewähltes und nach eigenen interpretierten Gedanken jüdisches Gut sozusagen erweitern, aber schlussendlich kaum wirkliche Konsequenzen in Glaubenslehre ziehen.

Sicher lässt sich nun durch das Feiern von Passah, Sukot und anderen Festen der spirituelle Horizont erweitern. Die Frage ist natürlich immer, welchen Hintergrund man solchen Festen gibt.


Wie soll deiner Meinung nach eine christliche Einheit aussehen, und welche Konstquenzen würde das für die einzelnen Denominationen haben? Würde zB eine rkK Abstriche hinnehmen?

Provisorium
27.02.2013, 20:52
Ich denke, diese „Messianer“, also diese Christen, welche da jüdisch sein wollen, nicht einen Schritt zurück zur Lehre jenes Juden „Jeshuahs“ machen, sondern einfach die christliche Theologie um spezifisch ausgewähltes und nach eigenen interpretierten Gedanken jüdisches Gut sozusagen erweitern, aber schlussendlich kaum wirkliche Konsequenzen in Glaubenslehre ziehen.Das ist sehr interessant! Wie müsste die Konsequenz aussehen, wenn man dem Juden Jesus folgen wollte? Müsste man dann nicht Jude sein/werden? Vielleicht gibt es deshalb auch eine Entwicklung hin zum Jüdischen?


Sicher lässt sich nun durch das Feiern von Passah, Sukot und anderen Festen der spirituelle Horizont erweitern. Die Frage ist natürlich immer, welchen Hintergrund man solchen Festen gibt.Ich hatte diesbezüglich nur gehört, dass eben immer mehr Christen den heidnischen Ursprüngen der christlichen Feste kritisch gegenüber stehen und da Jesus die jüdischen Feste gefeiert hat, möchten sie nun mitfeiern. Es gibt wohl auch immer mehr Christen, deren großer Traum es ist, Israel zu besuchen, gerade an den Festtagen. Das kann aber auch im Zusammenhang mit der Ablehnung der christlichen Entwicklung, im Rahmen der "katholischen Lehre" oder allgemein des "Katholizismus" stehen, dem man wohl zunehmend misstraut, also auch dem "griechischen Geist".


Wie soll deiner Meinung nach eine christliche Einheit aussehen, und welche Konstquenzen würde das für die einzelnen Denominationen haben? Würde zB eine rkK Abstriche hinnehmen?Die RKK nimmt sicher keine Abstriche hin, aber sie weiß, dass sie zunehmend "bedroht" ist. In vielen Ländern sind wohl charismatische Evangelikale im Vormarsch und das bereitet ihr Sorge!

Um die Einheit, die mir vorschwebt vorzustellen, müsste ich mal ein eigenes Thema eröffnen. Hier nur soviel: Man müsste zur negativen Theologie kommen und weg von den Absolutheitsansprüchen der positiven Theologie. Gott müsste aus unseren individuellen Vorstellungen befreit werden und seine absolute Transzendenz und Unfassbarkeit anerkannt werden. Aber wie gesagt, das ist ein Thema für sich. Aber der Traum hat Berechtigung, er ist kein Wolkenkuckucksheim...;-)

LG
Provisorium

anonym001
27.02.2013, 21:29
Die Konsequenz, jenem Juden Jesus nachfolgen?

Meiner Ansicht nach schon schwierig. Praktisch lässt es sich kaum bewerkstelligen, da lässt sich niemandem hinter her laufen, als seinem subjektiven Bild, welches man sich von Jesus macht, was man selber meint (oder gesagt wird), wie ihm nachzufolgen sei.
Sicher lassen sich einige gute Lebensweisheiten übernehmen, und diese muss man dann in die eigene Situation uminterpretieren. Aber dann wird die Botschaft nicht mehr so "absolut" (Ich bin der Weg...).

Nur, muss man sich fragen, ist Jesus der Gründer der chr. Religion? Nein, da muss man sich nicht wirklich fragen, er war kein Religionsstifter.
Aber kommt man zu diesem Schluss, dann muss man ernüchternd erkennen und bekennen, WER der Gründer ist, und wessen Lehre man/frau nachfolgt. Das sind dann zwei unterschiedliche Paar Schuhe.

Solches Erkennen könnte sehr heilsam sein. Wie gesagt, könnte….

Mit Juden zusammen jüdische Feste feiern, kann sicher eine gute Erfahrung sein. Aber da kann ich nicht mitreden.


Was aber meinte Jesus, wenn er sagte, dass „ihm“ nachzufolgen sei? Es lässt sich nun Philosophisch herleiten, also dass man dem Geiste nach Jesus in seinem Wesen nachfolgt, was wiederum sehr individuell und sehr interpretationswürdig ist (somit fast alles offen lässt), oder aber seine Aussage ganz in das damalige jüdische Verstehen, dass der „Nachfolger“ sozusagen eine „Kopie“ des Meisters wird. Der Schüler folgt seinem Meister, auf dass er ihm in allem gleich werde.

Da wir ja auch vom Papst sprechen, der Stellvertreter Christi sein möchte, muss man sich auch wieder fragen, was ist denn ein „Stellvertreter“ und wie würde sich wirklich ein Stellvertreter von jenem Jude Jesus sich in heutiger Zeit darstellen? Da muss man zuerst einfach mal leer schlucken. Hat der Papst in diser Hinsicht seine Berechtigung?

Wie aber kann eine Einigung zustande kommen, wenn die rkK keine Abstiche hinnimmt?

So können wir nur von einem „liberalen“ (ist nun nicht das richtige Wort) Christum träumen, welches sich nicht extravagant von „seinesgleichen“ sich abheben will.

Sunigol
27.02.2013, 23:19
Außerdem habe ich gehört, dass es angeblich so etwas wie einen „Trend“ geben soll, dass wieder verstärkt die jüdische Wurzel des Christentums betont wird. Man macht dies wohl daran fest, dass in Foren auch Christen immer häufiger Jeschuah anstatt Jesus, oder G’tt, anstatt Gott schreiben und verstärkt der Tatsache Rechnung getragen wird, dass Jesus eben Jude war.

Das geht wohl teilweise soweit, dass die „klassisch christlichen Feiertage“ abgelehnt werden, weil sie heidnischen Ursprungs sind und stattdessen z.B. das Laubhüttenfest gefeiert wird. Oder das man sein Geschirr nach für Milch und Fleischspeisen getrennt nutzt usw.

Nun meine Fragen: Beobachtet ihr das auch?
Ehrlich gesagt, nein. Die Christen, die in einschlägigen Internetforen aktiv sind (damit meine ich: regelmäßig schreiben), sind so verschwindend wenige, dass man daran keine Trends erkennen kann.

Und welche "klassischen christlichen Feste" sind heidnischen Ursprungs? Der Ursprung von Weihnachten ist die Geburt des Messias, der Ursprung von Karfreitag und Ostern sind sein Sterben und seine Auferstehung. Daran kann ich nichts Heidnisches erkennen. Dass sich eine Menge anderer Bräuche in die Feierlichkeiten hineingemischt haben (Weihnachtsbäume, Osterhasen) bestreite ich nicht, aber die haben mit dem Inhalt des christlichen Festes nichts zu tun, und vor allem geben sie ihm keinen heidnischen Ursprung.

Würdet ihr eine solche Entwicklung begrüßen ...
Ich begrüße es nicht, wenn Christen ihre eigenen Festtage ablehnen mit der Begründung, sie seien "heidnisch". Wer das findet, der sollte sich vielleicht mal mit den Grundlagen seiner Religion befassen und damit, warum sie diese Festtage hat. Und er sollte sich fragen, was genau ihm daran heidnisch erscheint und was es damit auf sich hat.

... und in Folge zu einer religionsübergreifenden Einheit aller Gläubigen ...
Das kann ich mir nur schwer vorstellen.

Gruß,
Sunigol

Provisorium
28.02.2013, 05:52
Und welche "klassischen christlichen Feste" sind heidnischen Ursprungs? Der Ursprung von Weihnachten soll wohl das heidnische Lichterfest gewesen sein und der Ursprung von Ostern geht wohl auf eine Feier zum Frühlingserwachen zurück, der sogenannten Tag-Nacht-Gleiche.
Allerdings ist das in der Wissenschaft nicht völlig geklärt und umstritten. Aber aufgrund zumindest dieser Nähe zu ursprünglich heidnischen Festen, gibt es wohl zunehmend Christen, die diese Feste ablehnen, oder ihnen zumindest kritisch gegenüber stehen.


Ich begrüße es nicht, wenn Christen ihre eigenen Festtage ablehnen mit der Begründung, sie seien "heidnisch". Wer das findet, der sollte sich vielleicht mal mit den Grundlagen seiner Religion befassen und damit, warum sie diese Festtage hat. Und er sollte sich fragen, was genau ihm daran heidnisch erscheint und was es damit auf sich hat.
Ich denke man kann das immer auf ganz unterschiedliche Weise sehen. Tatsächlich hört man doch immer wieder klagen, dass z.B. Weihnachten zunehmend seines eigentlichen Inhaltes beraubt und dafür der Kommerz die bestimmende Kraft wird. Bei Ostern ist das ähnlich.
Mich persönlich tangiert das ja auch weniger, denn ich kenne die christliche Bedeutung der Feste und begehe sie auch gerne in diesem Sinne. Aber manche Menschen wissen gar nicht mehr warum man z.B. Pfingsten feiert, oder was Ostern konkret bedeutet. Das ist tatsächlich so.
Vielleicht rührt die Ablehnung mancher Christen diesen Festen gegenüber auch daher, dass sie in der Öffentlichkeit so stark kommerzialisiert und banalisiert werden und bei jüdischen Festen haben sie diesen Eindruck eher nicht? Ich weiß es nicht, aber jedenfalls gibt es solche!


Das kann ich mir nur schwer vorstellen.Ja, vorstellen kann man sich das nur schwer, aber es ist ein frommer Wunsch von mir, dass gläubige Menschen nicht im Widerstreit, sondern gleichgesinnt dem EINEN folgen...

Aber erzähl doch mal was Du Dir vorstellen kannst und was Du im Christentum gerne verändert sehen würdest.

LG
Provisorium

Provisorium
28.02.2013, 07:21
Die Konsequenz, jenem Juden Jesus nachfolgen?
Meiner Ansicht nach schon schwierig. Praktisch lässt es sich kaum bewerkstelligen, da lässt sich niemandem hinter her laufen, als seinem subjektiven Bild, welches man sich von Jesus macht, was man selber meint (oder gesagt wird), wie ihm nachzufolgen sei.
Sicher lassen sich einige gute Lebensweisheiten übernehmen, und diese muss man dann in die eigene Situation uminterpretieren. Aber dann wird die Botschaft nicht mehr so "absolut" (Ich bin der Weg...).Natürlich folgt man immer einem subjektiv gedachten Jesus nach. Das lässt sich ja auch nicht ändern. Ein erzkonservativer Katholik folgt sicher anders, als ein charismatischer Pfingstler. Das ist ja auch immer solange kein Problem, wo sich beide als gleichwertig in ihrer Nachfolge betrachten. Das tun sie aber häufig nicht und ich kenne Christen, die z.B. die RKK grundlegend ablehnen. Das war ja in gewisser Weise schon bei Luther so, der in ihr die "Hure Babylon" zu erkennen glaubte.


Nur, muss man sich fragen, ist Jesus der Gründer der chr. Religion? Nein, da muss man sich nicht wirklich fragen, er war kein Religionsstifter.
Aber kommt man zu diesem Schluss, dann muss man ernüchternd erkennen und bekennen, WER der Gründer ist, und wessen Lehre man/frau nachfolgt. Das sind dann zwei unterschiedliche Paar Schuhe.Meinst Du hier Paulus und in der Folge die katholische Kirche (nicht nur die RKK)? Ich habe mich auch schon oft gefragt, ob manche Christen sich nicht redlicher "Paulianer" nennen sollten, weil er eben eine so stark bestimmende Kraft ist. Da kommt dann eben auch der "griechische Geist" mit ins Spiel. Das Christentum wäre mit Sicherheit nicht so groß geworden, wenn man das "Christusereignis" nicht auch der griechischen Philosophie gemäß hätte deuten können. Der Zeitgeist war nun einmal ganz extrem von der Philosophie durchwoben und auf die Fragen die sie stellte, musste auch das junge Christentum eine Antwort finden.


Was aber meinte Jesus, wenn er sagte, dass „ihm“ nachzufolgen sei?Ich denke das muss jeder Gläubige für sich selbst beantworten. Für mich ist Jesus zunächst einmal das, was er mit Sicherheit war, ein Rabbi, ein Lehrer. Aber darüberhinaus glaube ich, dass Jesus die höchste Erkenntnis Gottes hatte, weshalb er sich dann auch mit Gott in der Einheit begriff. Diesem Erkenntnisweg Jesu folgend, möchte ich meinen persönlichen Glaubensweg gehen und da ist mir persönlich die Philosophie eine große Verständnishilfe. Allein der Begriff der Einheit lässt sich neuplatonisch ganz wunderbar verstehen und kann einem wertvolle Impulse geben. Auch die Aussage Jesu, er sei der Weg, die Wahrheit und das Leben lässt sich aus dem Einheitsgedanken heraus, ganz ohne der gewöhnlich verstandenen Verabsolutierung begreifen.
Also mein persönlicher Glaube ist sehr gereift und auch lebendiger geworden, als ich in Jesus den Lehrer zur Erkenntnis der Einheit Gottes zu sehen begann. Fängst du einmal damit an, begegnet dir plötzlich überall nur noch Gott und göttliches...;-)


Da wir ja auch vom Papst sprechen, der Stellvertreter Christi sein möchte, muss man sich auch wieder fragen, was ist denn ein „Stellvertreter“ und wie würde sich wirklich ein Stellvertreter von jenem Jude Jesus sich in heutiger Zeit darstellen? Da muss man zuerst einfach mal leer schlucken. Hat der Papst in diser Hinsicht seine Berechtigung?Ich denke er hat seine Berechtigung allein aus der Tradition heraus, nicht aber substantiell. Ursprünglich trug der Papst ja diesen Titel um das letzte Wort zu haben und weil er dadurch den Anspruch erhebt, die Einheit der Kirche zu wahren. Aber dem ist und war ja eigentlich noch nie so und es gibt eben keine echte Einheit der Kirche. Und natürlich braucht Jesus auch gar keinen Stellvertreter hier auf Erden. Das sind zuvorderst machtpolitische Gedanken, die da im Vordergrund stehen.


Wie aber kann eine Einigung zustande kommen, wenn die rkK keine Abstiche hinnimmt?Die RKK steht ja bei weitem nicht so fest, wie man annehmen könnte. Auch sie ist im Wandel begriffen, schon allein, weil sie immer wieder neu zu z.B. Erkenntnissen der Wissenschaft Stellung beziehen muss. Die Erde ist nun einmal keine Scheibe und die Sonne dreht sich auch nicht um die Erde usw. Der gute Darwin hat sie dann auch noch ganz schön ins Grübeln gebracht und das geht ja immer weiter. Das heißt, auch die RKK muss Antworten auf "zeitgeistige Fragen" finden und insofern wird sie auch immer Abstriche machen müssen. Darin sehe ich aber auch eine große Chance für die RKK, weil sie in ihrer Tradition eben auch Persönlichkeiten hat, die diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen widerspruchslos folgen können, z.B. Eckhart. Aber dazu müsste er eben rehabilitiert werden und seine Verurteilung aufgehoben. Das ginge dann ganz ohne Abstriche und wäre einfach nur ein großer Wandel mit Rückbesinnung auf eine 700 Jahre alte Philosophie des Christentums.

Wer mag kann ja in folgendem Artikel einmal schauen, wie aktuell und impulsgebend Eckhart z.B. für die moderne Gehirnforschung sein kann: http://www.philosophia-online.de/mafo/diskussion_index.htm Auf der Seite bitte den Artikel "Das einfache Nichts. Der Gottesbegriff bei Meister Eckhart und die aktuelle Gehirnforschung" anklicken.

Aber bitte, ich will hier eigentlich weniger über Eckhart sprechen, als vielmehr über die Vorstellungen und Wünsche der Gnadenkinder bzgl. der Zukunft des Christentums.

LG
Provisorium

Provisorium
28.02.2013, 09:24
@Sunigol,

ich habe hier noch einen Link gefunden, der die These des heidnischen Ursprungs christlicher Feste untermauert http://erezjisrael.wordpress.com/die-wahrheit-uber-die-christlichen-feste/

Und hier noch einen, der dies bestreitet http://www.focus.de/wissen/mensch/religion/christentum/tid-25449/heidnische-braeuche-der-ursprung-von-ostern-_aid_733215.html

Du siehst, dass ist eine kontroverse Geschichte.

LG
Provisorium

PS: Ich bin gebeten worden meine Posts etwas größer zu schreiben, damit man sie besser lesen kann. Der Bitte komme ich selbstverständlich gerne nach! Das Provisorium ist immer für alle Anregungen und auch Kritik offen ;-)

anonym001
28.02.2013, 17:59
Gibt Tradition sich selber die Berechtigung? Eine ganz gefährliche Aussage, finde ich…. Aber ich weiss, dass die rkK hauptsächlich aus der Tradition lehrt und existiert. Deshalb sind Korrekturen auch kaum möglich.


Wie du, Provisorium auch schreibst, unterstützte, respektive verursachte hauptsächlich das hellenistische heidnische Denken die Interpretation von Jesu Wirken und besonders sein Sein in seiner Verbreitung und Akzeptanz. Dazu muss aber ergänzt werden, dass die Macht, oder besser der Machtmissbrauch, die diesem Kirchenstaat besonders zur Gute kam, der Ausbreitung sehr behilflich war.
Kirchengeschichte ist ein spannender „Krimi“.


Wegen den christlichen Festen…
Ich würde es so bezeichnen, dass heidnische Feste und Bräuche sich mit hellenistisch-christlichem Denken vermengt haben. Statt dass nun Christen die heidnischen Feste feierten, benannte man sie um. Es war mitunter die Absicht, etwas einheitliches im römischen Reich zu schaffen.
Man kann es ja so sagen, dass Jesus nicht geboren wurde, als Jesus geboren wurde….. und vieles andere mehr.

Nirgends gab Jesus irgendwelche Anweisungen, wer was zu feiern hatte, sondern lebte seinen jüdischen Glauben in seiner Tradition.


Wohin sich das Christum entwickelt?

Eigentlich ist eine grosse Zersplitterung zu beobachten und die Grossen Kirchen können sich nicht mehr halten.

Provisorium
28.02.2013, 18:47
Gibt Tradition sich selber die Berechtigung? Ich denke es gibt grundlegend keine Berechtigung sich als Stellvertreter Gottes zu bezeichnen, oder sich als solcher zu betrachten. Es ist wie gesagt ein Festhalten an der Vorstellung, man sei die letztbegründende Instanz. Das glaubt heute sowieso kaum noch jemand und wahrscheinlich auch der Vatikan nicht wirklich, aber sie glauben an ihre Tradition. Die war ja auch recht erfolgreich in gewisser Weise. Davon zu lassen wäre meiner Meinung nach sehr weise, aber Tradition kann auch Fesseln anlegen...


Dazu muss aber ergänzt werden, dass die Macht, oder besser der Machtmissbrauch, die diesem Kirchenstaat besonders zur Gute kam, der Ausbreitung sehr behilflich war.Ich weiß nicht, ob ich Dich da richtig verstehe?

Also ich denke eine Interpretation des "Christusereignisses" im Sinne der damals vorherrschenden Philosophie war absolut notwendig, sonst hätte sich das Christentum niemals durchsetzen können und wäre sicher sehr bald wieder verschwunden. Es konnte also nur zur Macht kommen, weil es dem damaligen Zeitgeist nicht völlig widersprach. Aber es gab auch unter den Vertretern der Philosophie leidenschaftliche Christenfeinde und erst als es Rom sinnvoll erschien, das Christentum als Staatsreligion zu etablieren, konnte es wirklich aufblühen. Dabei ging es bestimmt nicht nur um Glaubenswahrheiten, sondern sicher auch um Macht und in der Folge auch um dessen Missbrauch, da hast Du sicher Recht.

Aber die Frage die sich uns heute stellt ist ja vielmehr, ob auf Grundlage der damaligen philosophischen Interpretation, ein lebendiger Glauben geboren werden kann, der dann Gott aus ganzem Herzen, mit ganzer Seele, mit ganzem Verstand und aller Kraft liebt? Ich meine ja!
Ich will es einmal so zu sagen versuchen: Die Auseinandersetzung der jüdischen Wurzel, mit den philosophischen Ästen und dem zeitgeistigen Blattwerk damaliger Weltanschauung, hat meiner Meinung nach das Antlitz Gottes nicht verdunkeln können...


Nirgends gab Jesus irgendwelche Anweisungen, wer was zu feiern hatte, sondern lebte seinen jüdischen Glauben in seiner Tradition.Das stimmt auf jeden Fall und könnte sicher eine der Gründe sein, weshalb manche Christen ihren "eigenen Festen" heute misstrauen...


Wohin sich das Christum entwickelt?
Eigentlich ist eine grosse Zersplitterung zu beobachten und die Grossen Kirchen können sich nicht mehr halten.Das ist doch gut. Dann wird sich nämlich sehr bald erweisen, was sie wirklich hält...

LG
Provisorium

anonym001
28.02.2013, 19:05
Ich weiß nicht, ob ich Dich da richtig verstehe?

Also ich denke eine Interpretation des "Christusereignisses" im Sinne der damals vorherrschenden Philosophie war absolut notwendig, sonst hätte sich das Christentum niemals durchsetzen können und wäre sicher sehr bald wieder verschwunden. Es konnte also nur zur Macht kommen, weil es dem damaligen Zeitgeist nicht völlig widersprach. Aber es gab auch unter den Vertretern der Philosophie leidenschaftliche Christenfeinde und erst als es Rom sinnvoll erschien, das Christentum als Staatsreligion zu etablieren, konnte es wirklich aufblühen. Dabei ging es bestimmt nicht nur um Glaubenswahrheiten, sondern sicher auch um Macht und in der Folge auch um dessen Missbrauch, da hast Du sicher Recht.



Was bedeutet „notwendig“?
War eine „Christentum“ dieser Art notwendig, da es sich vom Prinzip durch jüdisches rechtfertigen wollte? Denn wie oft betont Paulus und andere Schreiber jüdische Quellen, „auf dass erfüllt würde“ oder „wie geschrieben steht“.

Hat man da in gewissen Dingen nicht selbst den Christus verleugnet, den man predigen wollte?

Ein weiterer Grund für die Entstehung war sich er auch, dass die Lehre nicht tolerant ist. Wer nicht Christus hat, geht verloren. Und wer später nicht der rkK angehörte hatte kein Seelenheil. Das geht unter die Knochen, denn da konnte man sich nicht seinen Gott machen.

Provisorium
28.02.2013, 19:27
Was bedeutet „notwendig“?Ich denke Gott, der Vater Jesu, musste über das Judentum hinaus allen Nationen Gott und Vater werden. Dazu war die Auseinandersetzung mit der griechischen Philosophie notwendig. Und dafür trat zunächst zuvorderst eben Paulus ein.


Hat man da in gewissen Dingen nicht selbst den Christus verleugnet, den man predigen wollte?Wenn Jesu Weg als "Erkenntnisweg" zur Einheit aller Menschen mit Gott begriffen wird, denke ich letztlich nein.


Ein weiterer Grund für die Entstehung war sicher auch, dass die Lehre nicht tolerant ist. Wer nicht Christus hat, geht verloren. Und wer später nicht der rkK angehörte hatte kein Seelenheil. Das geht unter die Knochen, denn da konnte man sich nicht seinen Gott machen.Das ist dann aber schon eine überhebliche und nicht mehr "Jesuskonforme" Interpretation seiner Lehre. Die gab und gibt es natürlich, aber gerade die neuplatonisch philosophische Annäherung an das was Jesus wirkte, und die daraus resultierende Lehre, lässt solch eine Absolutheitsdenke gar nicht zu.

LG
Provisorium

anonym001
28.02.2013, 19:58
Nun, ich bin mir nicht so ganz sicher, ob deine Aussagen so ganz jenem Christus, also jenem Rabbi (so nanntest du ihn) gerecht werden.

Wenn nun Gott Israel speziell vor fremden Einfluss, fremder Philosophie und Religion, ob ägyptisch, hellenistisch oder babylonisch bewahren wollte, damit diese die Gottessicht nicht vernebeln, warum sollt er sich dann dessen bedienen?


Was heisst Erkenntnisweg? Es ist speziell in Philosophien und Ideologien, wo von Erkenntnis gesprochen wird, und zwar genau der richtigen Erkenntnis, der dann der Weg und das Heil sein soll. Also es hat schon was abslutes an sich.

Ist es im NT nicht besonders das vom griechischen Denken stark geprägte JoEv, welches diesen Absolutheitsanspruch Jesu geltend macht und betont („niemand kommt zum Vater als durch mich….“)? Im jüdischen gibt es so viel ich weiss nichts dergleichen und Gott ist auch nirgends hinter Türen verschlossen.


Wohin entwickelt sich das Christum? Was sich entwickeln will, muss gute Wurzelnhaben….
Was ist „Jesuskonform“? Und genau daran scheiden sich nun bald 2000 Jahre die Geister….


LG und bis morgen....

Provisorium
28.02.2013, 21:48
Nun, ich bin mir nicht so ganz sicher, ob deine Aussagen so ganz jenem Christus, also jenem Rabbi (so nanntest du ihn) gerecht werden.Das kann ich gut verstehen! Ich bin mir da ja auch nie ganz sicher. Ich könnte mich selbstverständlich auch irren. Aber gleichzeitig könnte ich auch niemals jemand sein, der diesen Jesus nicht aus ganzem Herzen lieben würde!


Wenn nun Gott Israel speziell vor fremden Einfluss, fremder Philosophie und Religion, ob ägyptisch, hellenistisch oder babylonisch bewahren wollte, damit diese die Gottessicht nicht vernebeln, warum sollt er sich dann dessen bedienen?Wenn er sich tatsächlich davor bewahren wollte, dann würde er sich ganz sicher nicht dessen bedienen. Aber warum sollte er das tun? Dann wäre er ja allein im Judentum "verborgen" und nur als Jude hätte man den rechten Blick auf ihn. Das wäre dann aber auch irgendwie sehr absolut und würde viele Menschen, die doch aber alle nach seinem Bild geschaffen sind, ausschließen.



Was heisst Erkenntnisweg?Das hat Jesus selbst ganz wunderbar geschildert. Und zwar im Matthäus-Evangelium, Kapitel 11, die Verse 27-30:

Alles ist mir übergeben worden von meinem Vater; und niemand erkennt den Sohn als nur der Vater, noch erkennt jemand den Vater als nur der Sohn, und der, dem der Sohn ihn offenbaren will.
Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen! Und ich werde euch Ruhe geben.
Nehmt auf euch mein Joch, und lernt von mir! Denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und „ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen“; denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.

Das ist die "Lehre des Lassens", die auch die neuplatonische Philosophie vermittelt.
Durch das Lassen alles Kreatürlichen und Geschaffenen verschwindet die Mühsal und das Beladensein. Die wunderbare Liebe Jesu kommt hier in Gänze zum Ausdruck.
Er weist uns den Weg zur "Vatererkenntnis" durch das Lernen von ihm. Sein Joch ist sanft, weil es uns lehrt alles zu lassen und dadurch werden wir gelassen und unsere Seele wird Ruhe/Frieden finden.
Er lädt uns ein uns alles abzunehmen, auch unsere individuelle Vorstellung von Gott, denn er allein erkennt den Vater. Ach so wunderschön! Und meiner Meinung nach ein ganz klarer Hinweis auf die negative Theologie, die später dann in der (neuplatonischen) Philosophie Eckharts zu einem Höhepunkt kam...Und es ist eine Einladung an alle Menschen, also keinerlei "Absolutheitsdenke" nur für bestimmte Auserwählte. Die "Sohnerkenntnis" vom Vater steht allen offen!


Es ist speziell in Philosophien und Ideologien, wo von Erkenntnis gesprochen wird, und zwar genau der richtigen Erkenntnis, der dann der Weg und das Heil sein soll. Also es hat schon was abslutes an sich.Ja, es gibt solche absolut gesetzten Denkweisen. Aber es gibt sie z.B. nicht in der Philosophie Eckharts. Da ist ausnahmslos in jedem Menschen der göttliche Funken.
Aber ob Du diesem gewahr werden willst und quasi zu brennen beginnst, liegt allein an Deiner freien Entscheidung. Das hat Jesus auch gelehrt. "Das Reich Gottes ist inwendig in euch" (Lukas 17,21)...


Ist es im NT nicht besonders das vom griechischen Denken stark geprägte JoEv, welches diesen Absolutheitsanspruch Jesu geltend macht und betont („niemand kommt zum Vater als durch mich….“)? Im Jüdischen gibt es so viel ich weiss nichts dergleichen und Gott ist auch nirgends hinter Türen verschlossen.Das "niemand kommt zu dem Vater als nur durch mich" solltest Du vielleicht aus dem Blickwinkel der substantiellen Einheit jedes Menschen mit Gott heraus verstehen.

Jesus begriff sich als diese Einheit und wenn wir Menschen alle tatsächlich auch substantiell in dieser Einheit sein sollten und das nur noch nicht recht verstanden/ergriffen haben, weil wir uns in den weltlichen Strukturen immer nur als getrennt von Gott begreifen können und also noch nicht zur "Sohnerkenntnis", zur Gottesgeburt im Seelengrund (würde Eckhart sagen) gekommen sind, dann sollten wir vielleicht tatsächlich noch zu der Erkenntnis kommen, zu der Jesus einst kam und dann kämen wir schließlich auch zum Vater, wie er zum Vater kam. Und das würde bedeuten, dass dann schlussendlich eben tatsächlich niemand zum Vater käme, als nur durch ihn allein...

Das ist keine Absolutsetzung im Sinne von "das muss jetzt so sein, sonst gehst du verloren", sondern das ist eine Frage, ob Du den Erkenntnisweg vollständig gehen magst. Du musst das aber nicht, weil es nichts an Deiner substantiellen Einheit mit Gott ändert, aber es wäre Dir der allergrößte Segen in diesem Leben, weil Dir dann alles Gott würde...



Wohin entwickelt sich das Christum? Was sich entwickeln will, muss gute Wurzelnhaben….
Was ist „Jesuskonform“? Und genau daran scheiden sich nun bald 2000 Jahre die Geister….Ja , bitte bitte teilt euch alle diesbezüglich doch mal mit. Ihr müsst doch auch Vorstellungen haben, Träume, Sehnsüchte. Die dürfen, nein, müssen doch auch sein!
Wie kann, wie wird es sich entwickeln, das, was sich Christentum nennt und sich auf diesen Jesus beruft?
Ich würde mich sehr über noch weitere Gedanken dazu freuen!

LG
Provisorium

Sunigol
28.02.2013, 22:06
Der Ursprung von Weihnachten soll wohl das heidnische Lichterfest gewesen sein und der Ursprung von Ostern geht wohl auf eine Feier zum Frühlingserwachen zurück, der sogenannten Tag-Nacht-Gleiche.
Ja, diese Behauptungen kenne ich auch. Ich halte aber zumindest diese Formulierung (Ursprung ...) für Quatsch. Weihnachten ist für Christen die lange verheißene Ankunft des Messias auf der Erde, und Ostern ist die Feier seiner Auferstehung. Beides sind ausgesprochen gute Anlässe zum Feiern. Auf welches Kalenderdatum das gelegt wurde, ist letztlich unwichtig. Mit Wintersonnenwende bzw. Frühlingserwachen steht es auch nur auf der Nordhalbkugel im Zusammenhang - frag danach doch mal einen Australier oder einen Feuerländer.


Aber aufgrund zumindest dieser Nähe zu ursprünglich heidnischen Festen, gibt es wohl zunehmend Christen, die diese Feste ablehnen, oder ihnen zumindest kritisch gegenüber stehen.
Und ich denke, das ist häufig nur ein Vorwand. Für wahrscheinlicher halte ich, dass der wahre Grund ist: Keine Lust auf Familienfeier oder Ablehnung von allem, was mit Kirche zu tun hat.

Oder man ist 100 % bibeltreu und lehnt alles als unbiblisch ab, was nicht wörtlich da drin steht. Das wäre dann richtig, wenn die Bibel eine Sammlung von Vorschriften wäre, die genauestens zu befolgen sind, und alles andere hat zu unterbleiben. Das ist aber meiner Meinung nach nicht der Fall.


Ich denke man kann das immer auf ganz unterschiedliche Weise sehen. Tatsächlich hört man doch immer wieder klagen, dass z.B. Weihnachten zunehmend seines eigentlichen Inhaltes beraubt und dafür der Kommerz die bestimmende Kraft wird. Bei Ostern ist das ähnlich.
Es steht jedem frei, Weihnachten und Ostern so zu feiern, wie es dem eigentlichen Inhalt entspricht. Niemand muss bei diesem Kommerz mitmachen. Die christlichen Feste zu canceln und stattdessen andere Anlässe zu feiern ist meiner Meinung nach die falsche Konsequenz. Es sei denn, derjenige ist eh gerade dabei, zum Judentum zu konvertieren.

Ich glaube, wenn ich Jude wäre, würde ich die Christen fragen, was ihnen eigentlich einfällt, aus einer Unzufriedenheit mit ihrer eigenen Tradition heraus einfach mal irgendein jüdisches Fest zu kapern. Ich würde wissen wollen, ob sie überhaupt verstanden haben, was Laubhüttenfest bedeutet.


Aber erzähl doch mal was Du Dir vorstellen kannst und was Du im Christentum gerne verändert sehen würdest.
Ganz allgemein gesprochen wünsche ich mir, dass die Christen damit aufhören, ihre eigene Glaubensrichtung als die einzig wahre anzusehen, und zwar sowohl die verschiedenen christlichen Bekenntnisse untereinander als auch gegenüber Nichtchristen. Ich wäre schon zufrieden, wenn man sich freundlich und wohlwollend begegnet und dem anderen zugesteht, dass auch er sich auf einem Weg befindet, der zu Gott führen kann.

Gruß,
Sunigol

Provisorium
01.03.2013, 08:47
Ja, diese Behauptungen kenne ich auch. Ich halte aber zumindest diese Formulierung (Ursprung ...) für Quatsch. Weihnachten ist für Christen die lange verheißene Ankunft des Messias auf der Erde, und Ostern ist die Feier seiner Auferstehung. Beides sind ausgesprochen gute Anlässe zum Feiern. Auf welches Kalenderdatum das gelegt wurde, ist letztlich unwichtig. Mit Wintersonnenwende bzw. Frühlingserwachen steht es auch nur auf der Nordhalbkugel im Zusammenhang - frag danach doch mal einen Australier oder einen Feuerländer.Ich verstehe schon was Du meinst. Letztlich ist es ja schließlich auch beim Feiern die Herzenshaltung in der man das Fest begeht das Entscheidende.



Und ich denke, das ist häufig nur ein Vorwand. Für wahrscheinlicher halte ich, dass der wahre Grund ist: Keine Lust auf Familienfeier oder Ablehnung von allem, was mit Kirche zu tun hat.
Oder man ist 100 % bibeltreu und lehnt alles als unbiblisch ab, was nicht wörtlich da drin steht. Das wäre dann richtig, wenn die Bibel eine Sammlung von Vorschriften wäre, die genauestens zu befolgen sind, und alles andere hat zu unterbleiben. Das ist aber meiner Meinung nach nicht der Fall.So sehe ich das auch. Es gibt da ein grundlegendes Misstrauen gegen alles was sich christlich nennt, aber nicht zu 100% biblischen Ursprungs ist. Darin drückt sich immer auch Kirchenkritik aus. Allerdings müsste man dann auch einmal so konsequent sein und fragen, ob denn der biblische Kanon denn überhaupt so 100% in Ordnung ist. Der wurde ja schließlich auch erst im Laufe der Zeit festgelegt...


Es steht jedem frei, Weihnachten und Ostern so zu feiern, wie es dem eigentlichen Inhalt entspricht. Niemand muss bei diesem Kommerz mitmachen. Die christlichen Feste zu canceln und stattdessen andere Anlässe zu feiern ist meiner Meinung nach die falsche Konsequenz. Es sei denn, derjenige ist eh gerade dabei, zum Judentum zu konvertieren.
Ich glaube, wenn ich Jude wäre, würde ich die Christen fragen, was ihnen eigentlich einfällt, aus einer Unzufriedenheit mit ihrer eigenen Tradition heraus einfach mal irgendein jüdisches Fest zu kapern. Ich würde wissen wollen, ob sie überhaupt verstanden haben, was Laubhüttenfest bedeutet.Das ist es ja, was ich Eingangs mit "Trend" meinte. Es ist wohl mancherorts, und das sind häufig freikirchliche (ursprünglich evangelische) Gruppierungen, eine Bewegung hin zur jüdischen Wurzel zu beobachten und das drückt sich eben auch in der "Feiermentalität" aus. Ich finde das zumindest interessant und frage mich eben woran das liegen könnte.


Ganz allgemein gesprochen wünsche ich mir, dass die Christen damit aufhören, ihre eigene Glaubensrichtung als die einzig wahre anzusehen, und zwar sowohl die verschiedenen christlichen Bekenntnisse untereinander als auch gegenüber Nichtchristen. Ich wäre schon zufrieden, wenn man sich freundlich und wohlwollend begegnet und dem anderen zugesteht, dass auch er sich auf einem Weg befindet, der zu Gott führen kann.Solange das "niemand kommt zum Vater als nur durch mich" nicht als Erkenntnisweg verstanden und negativ theologisch interpretiert wird, sondern weiterhin absolutgesetzt, eben dieses spezielle Bekenntnis zu Christus für unbedingt notwendig erachtet wird, in dessen Folge dann auf fast schon magische Art und Weise, von außen kommend ein neuer Mensch in den Gläubigen hineingeboren wird, ist das meiner festen Überzeugung nach unmöglich.
Man muss sich dann weiterhin als auserwählt betrachten und andere Wege eben ablehnen. Das heißt aber nicht, dass man gegenüber anderen Wegen nicht tolerant sein könnte, das kann man schon. Aber diese Wege führen dann in letzter Konsequenz eben direkt in die Hölle. Toleranz wäre hier also sogar ein Stückweit grausam, wenn es tatsächlich nur diesen einen Weg geben sollte, dann muss, muss, muss auch unbedingt dieser Weg gegangen werden. Das ist in jeder positiven Theologie letztlich so, weil Gott und das was Gott will nur sehr eingeschränkt diskutiert werden darf.

LG
Provisorium

Provisorium
01.03.2013, 09:34
Ich möchte gerne nochmal die Stelle aus Johannes 14,6 näher beleuchten, damit klar wird, was ich in diesem Zusammenhang mit Erkenntnisweg meine.

Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater als nur durch mich!

Dieser Bibelvers scheint sehr eindeutig und wird daher gerne in die Richtung interpretiert, dass man allein durch das Bekenntnis zu Jesus den Weg zu Gott gehen kann. Und für gewöhnlich dient er dann auch als „Totschlagargument“ gegen alle anderen Gläubigen, die dergleichen nicht glauben wollen.

Jetzt befreie ich mal den Bibelvers aus seiner Isolation und betrachte ihn in einem größeren Zusammenhang. Jesus hat von sich behauptet er sei Gottes Sohn. Er sagt weiter (Johannes 14,7-10):

Hättet ihr mich erkannt, so würdet ihr auch meinen Vater kennen; und von nun an kennet ihr ihn und habt ihn gesehen. Philippus spricht zu ihm: Herr, zeige uns den Vater, so genügt es uns! Spricht Jesus zu ihm: So lange Zeit bin ich bei euch, und du kennst mich noch nicht? Philippus, wer mich gesehen hat, der hat den Vater gesehen! Wie kannst du sagen: Zeige uns den Vater? Glaubst du nicht, daß ich im Vater bin und der Vater in mir ist? Die Worte, die ich zu euch rede, rede ich nicht von mir selbst, sondern der Vater, der in mir wohnt, tut die Werke...

Hier erklärt Jesus dem Phillipus, dass er mit Gott eins ist. Er hatte also die Erfahrung oder das Erlebnis gehabt, dass er substantiell mit Gott in der Einheit ist und das versucht er nun den Menschen um sich herum bewusst zu machen.
Aber der arme Phillipus kann das nur sehr schwer begreifen, denn er sieht ja einfach nur Jesus vor sich und nicht den Vater. Augenscheinlich ist das "im Vater sein" nicht zu erkennen, es muss also etwas mit der "Ichvorstellung", dem "Selbst" Jesu zu tun haben.

Das "Ich", das "Selbst" das wir alle sind, das sind wir in unserem ersten Grund nicht selbst, als so oder so geartetes Individuum, sondern das sind wir als Söhne und Töchter Gottes.
Von ihm kommen wir, zu ihm gehen wir wieder zurück und hier auf Erden ziehen wir sozusagen nur ein kreatürliches und geschaffenes Kleid an, das aber irgendwann einmal vergehen wird, vergehen muss.
Das ist meine "Ichvorstellung" in der ich mich getrennt von allem anderen begreife, begreifen muss. Die Welt des gewöhnlichen Dualismus.

Aber in Gott, da gibt es keinen Gegensatz, nichts ist Gott entgegengesetzt, da ist Stille, Einheit, Selbstgenuss. Gut und Böse sind nur Vorstellungen in den geschaffenen, weltlichen, kreatürlichen Strukturen. Lässt du diese, lädst du deine Mühsal und Trübnis ab, dann kommst du zurück zur Einheit, denn substantiell bist du immer mit ihr verbunden und nie wirklich aus ihr herausgetreten - du bist die Einheit.

Dieser Gedanke ist übrigens der Kern Eckhartscher Philosophie und er kann noch sehr viel mehr darüber berichten... http://www.tabularasa-jena.de/artikel/artikel_391/

Aber kommt aus dieser Einheitserkenntnis die Jesus hatte, vielleicht auch seine Liebe zu allen Menschen, weil er sich eben zutiefst verbunden weiß mit allen Menschen, die alle ebenso substantiell mit Gott eins sind? Könnte man also selbst und das ohne Vermittlung Jesu die Erfahrung machen, dass man substantiell mit Gott eins ist und wenn man die Erfahrung gemacht hat, ist man dann nicht ebenso wie Jesus Weg, Wahrheit und Leben? Darf man den Bibelvers so auslegen?

Ich weiß nicht ob man es darf, aber man kann es. Es kommt allein auf das wahrnehmende Bewusstsein an. Für die einen ist Jesus die absolute Notwendigkeit, um zu Gott gelangen zu können, für andere ist er ein zutiefst erleuchteter Mensch gewesen, der die Erfahrung machen durfte, dass er substantiell mit Gott eins ist und sich deshalb mit Recht als Gottes Sohn bezeichnete und als Weg, Wahrheit und Leben. Das „niemand kommt zum Vater als nur durch mich“, wäre dann ein Hinweis darauf, dass man sich selbst dieser Einheit bewusst werden müsse, dass man sich bewusst werden müsse, dass man selbst substantiell Gottes Sohn/Tochter ist.

Man muss die Verse nicht so auslegen, man kann es aber. Die Bibel ist weit weniger eindeutig, als auf den ersten und zweiten Blick hin angenommen. Deshalb verliert sie aber nicht ihren Sinn. Im Gegenteil, dadurch wird sie nur noch reicher...

Der Gott der Bibel hat eine bemerkenswerte Evolution hinter sich. Vom Genozid-befehlenden, zornigen und eifersüchtigen Gott, hin zum Gott der völkerübergreifenden Liebe. Man kann deshalb mit Hilfe der Bibel alles und nichts in diesen Gott hineininterpretieren und deshalb ist die Wahrheit auch nicht in Gänze zwischen den beiden Buchdeckeln zu finden, sondern letztlich allein in deinem Herz. Und wir alle sind dazu eingeladen dieses zu erkunden...

LG
Provisorium

Sunigol
01.03.2013, 11:38
Man muss sich dann weiterhin als auserwählt betrachten und andere Wege eben ablehnen. Das heißt aber nicht, dass man gegenüber anderen Wegen nicht tolerant sein könnte, das kann man schon. Aber diese Wege führen dann in letzter Konsequenz eben direkt in die Hölle. Toleranz wäre hier also sogar ein Stückweit grausam, wenn es tatsächlich nur diesen einen Weg geben sollte, dann muss, muss, muss auch unbedingt dieser Weg gegangen werden.
Aber eben das können wir nicht wissen. Wir wissen weder, ob es genau einen Weg durch Jesus zu Gott gibt oder ob es auch mehrere sein können, noch wissen wir, ob wir selbst auf einem dieser Wege sind (und daher anderen entgegenschleudern könnten, sie seien auf dem falschen) oder ob wir auch das nur glauben.

Manche hätten wohl gern schon zu Lebzeiten die amtliche Zusage, dass ihre Einweisung in den Himmel nur noch eine Formsache ist, und malen sich aus, wie das Regelwerk dazu aussehen könnte. Das kann man machen, solange es nur einen selbst betrifft. Der Fehler ist, diese Regeln (die immer von einem persönlichen Standpunkt ausgehen) 1:1 auf andere zu übertragen. Man muss immer die Möglichkeit berücksichtigen, dass Gott mit dir was anderes vorhat als mit mir und dass ich daher nicht verlangen darf, dass du dein Leben nach meinen Maßstäben ausrichtest. Diese Entscheidung (welchen Weg wähle ich, was gibt meinem Leben die Richtung?) trifft jeder Mensch selbst und niemand für einen anderen.

Toleranz ist also nicht grausam, sondern notwendig, damit jeder die für ihn richtige Entscheidung treffen kann.

Dein anderes Posting, Provisorium (#19) muss ich erst noch genauer lesen.

Gruß,
Sunigol

Provisorium
01.03.2013, 12:23
Toleranz ist also nicht grausam, sondern notwendig, damit jeder die für ihn richtige Entscheidung treffen kann.lDas ist ja völlig richtig und ich unterstütze völlig Deine Ansichten. Ich meinte nur, dass Toleranz in dem speziellen Fall grausam wäre, wenn ich zur hundertprozentigen Sicherheit gekommen wäre, DEN Weg zu Gott entdeckt zu haben und gleichzeitig wüsste, dass es eben keinen anderen Weg als nur diesen einen geben kann.
Und das ist nun einmal für gewöhnlich die Lesart, in der das Christentum seinen Glaubensweg beschreibt und sich selbst definiert.

Ich weiß nicht wie Du Christen kennengelernt hast, aber ich kenne einige Christen die sich ganz sicher sind, dass z.B. den Weg, den Moslems, Hindus, oder Buddhisten gehen, nicht der Weg zu Gott sein kann und sie sind deshalb auch davon überzeugt, dass diese Gläubigen schlussendlich in die Hölle kommen, denn so lesen sie es aus der Bibel heraus.
Das ist dann häufig auch Hauptantrieb für Mission.

Natürlich ist das Christentum eine eher tolerante Religion, denn sie gründet sich ja auf dem Gebot der "Nächstenliebe", aber in ihrer Konsequenz, was den Weg zu Gott betrifft, ist es letztlich nicht wirklich tolerant. Da ist die Pforte und der Weg zu Gott sehr eng und nur wenige werden ihn finden und bis zu Ende gehen.
Dahinter steht zunächst einmal eine ganz bestimmte Form der Bibelinterpretation und das für gewöhnlich daraus resultierende Verständnis, ist letztlich nicht tolerant. Da gibt es nur "schwarz oder weiß" und ich kenne viele Gläubige die dieser "Schwarzweißdenke" folgen.

LG
Provisorium

anonym001
01.03.2013, 18:38
Hallo Provisorium

Warum sollte man nur als „Jude“ den rechten „Blick“ auf Gott haben? Oder warum wollte Gott diese heidnischen Einflüsse im Judentum nicht? Und, worauf ich weiter unten nochmals darauf hinweisen werde, weshalb soll nun genau nur das Christum oder die daraus entstandene Philosophien, Theosophien, die Gnosis den richtigen Blick zu Gott geben?


Juden: Da muss man auf die Überlieferungen zurückgreifen.
Da war Abraham, der nur dem einen einzigen Gott dienen wollte, entgegen der „philosophischen Welt“, deshalb von zu Hause wegzog und im Prinzip einen „einfachen“ Glauben hatte, der nicht auf Ideologien, Religionen oder Philosophien vertraute und beruhte. Wer kann denn Gott erfassen? Er handelte nach seinem Gewissen in diesem Vertrauen an Gott.
Die anderen Völker wollten das nie, sie schufen sich ihre Götter und die Wege dorthin, und deshalb schloss Gott einen Bund mit Abraham. Sicher war das alles andere als einfach für Gott, sich mit diesem Volk abzugeben, war doch die Verführung der umliegenden Nationen immer gross.

Damit will ich nicht sagen, dass wir als Nicht-Juden nicht auch eine Beziehung zu Gott haben können. Sicher kann „Philosophie“ die Spiritualität beflügeln und wir empfinden das Empfundene für Gottes Nähe. Es kann uns im Alltag helfen und beflügeln.
Aber die Gefahr ist die Lehre, welche da herauswachsen kann. Und die Schreiber vom NT waren davor nicht gefeit, was man gut merken kann.

So ist es subjektiv und entsprechend einer Ideologie, was nun der „Erkenntnisweg“ sein soll auf dass der Mensch selig würde. Du nimmst dazu Mt 11, andere nehmen anders.

Ist das nun Erkenntnis, wenn Jesus hier behauptet, dass nur gerade jene den Vater erkennen, denen er es offenbaren will? Hast du nicht weiter oben genau dies dem Judentum ein Stück vorgeworfen, warum nur sie die Erkenntnis haben sollten? Selber würde ich diesen Vers weniger als Erkenntnisweg bezeichnen.
Hat uns Gott nicht dieses Geschaffene gegeben, nicht um es zu lassen, sondern es zu gebrauchen und zu bewahren?

Auch wenn nun Jesus „Einheit“ darstellen soll, so stellt er sich trotzdem als den Wesentlichen hin, nicht diese Einheit, die symbolisch dargestellt wird, sondern er selber meint, dass „ohne ihn“ nichts geht. Der Vers reiht sich ja gut an den von Mt11.
Sicher nehme ich diese Verse auch eher in einen übertragenen Sinn, aber der Besitzanspruch auf seine Person ist konkret. Eigentlich ein Widerspruch zum jüdischem oder dem AT, ja dem Glauben Abrahams, denn Gott wollte nirgends einen Menschen als Mittler.


Zu welcher Erkenntnis kam dann Jesus? Es steht, dass Jesus an Erkenntnis zunahm, aber wir hören nirgends von einem Klick „Heureka“.

Vielleicht müsste man genauer untersuchen, was „Erkenntnis“ in jeweiliger Religion (jede rühmt sich der richtigen Erkenntnis) bedeutete und wie es heute verstanden wird.

anonym002
01.03.2013, 19:04
Der Gott der Bibel hat eine bemerkenswerte Evolution hinter sich. Vom Genozid-befehlenden, zornigen und eifersüchtigen Gott, hin zum Gott der völkerübergreifenden Liebe. Man kann deshalb mit Hilfe der Bibel alles und nichts in diesen Gott hineininterpretieren und deshalb ist die Wahrheit auch nicht in Gänze zwischen den beiden Buchdeckeln zu finden, sondern letztlich allein in deinem Herz. Und wir alle sind dazu eingeladen dieses zu erkunden...

LG
Provisorium


Sorry Provisorium, auch wenn ich in deinen Gedanken mich in vielem auch sehe, so denke ich, ob du hier "Gott der Bibel hat eine bemerkenswerte Evolution" nicht selbst über dein "Man kann deshalb mit Hilfe der Bibel alles und nichts in diesen Gott hineininterpretieren" gestolpert bist. Der Gott des NT's ist da in nichts anderst, was Jesus in den Gleichnissen auch sehr "brutal" darstellt, bis hin zur Apokalypse.

Dagegen trifft gut: "sondern letztlich allein in deinem Herz" und dazu wäre auch diese (Einheits-)Philosophie über Jesus nicht notwendig.

anonym002
01.03.2013, 19:28
Ich möchte da auch noch etwas zum Glauben Abraham sagen oder ergänzen. Folgend ein Zitat, welches es irgendwie treffend aussagt (aber nicht etwa, weil Abraham weniger betucht gewesen sein soll, sondern um den Kotrast zur Philosophie darzustellen):


Der Glaube ist keine (Geistes-)Wissenschaft, sondern eine Tugend. Er kann kein Produkt unserer Erkenntnis sein, weil nicht alle Menschen an Geisteskraft gleich befähigt sind. Darum hat der Schöpfer unserer Seele den Glauben geknüpft an den guten Willen, weil jeder Mensch einen guten Willen haben kann.

Heinrich Hansjakob (1837 - 1916),

luxdei
01.03.2013, 22:36
dass sich viele Christen zwar ganz selbstverständlich der jüdischen Wurzel, aus der sie ja quasi entspringen, bewusst sind
Was sind denn die "jüdischen" Wurzeln? Ist "das" Judentum ein homogener Block, der einst vom Himmel fiel? Oder ist "das" Judentum nicht vielmehr auch heterogen und auf und aus den Boden anderer Religionen und Kulte hervorgegangen?
Von welcher Art Wurzel ist da die Rede?


aber dass das Christentum auch ganz wesentlich vom Platonismus, Aristotelismus und nicht zuletzt Neuplatonismus geprägt ist, wird ganz gerne nur nebensächlich betrachtet.
Eben dies scheint mir typisch für Religionen und Kulte zu sein. Für das Christentum, das Judentum, den Islam. Nicht anders als für Hinduismus, Buddhismus, Jainismus. Oder all die neopaganen Bewegungen.


Nun meine Fragen: Beobachtet ihr das auch? Würdet ihr eine solche Entwicklung begrüßen, oder würdet ihr im Gegenteil vielleicht sogar eher gerne den „griechischen Geist“ des Christentums stärker in den Vordergrund rücken sehen? Oder ist das am Ende vielleicht auch völlig egal und das Christentum soll gefälligst so bleiben wie es ist? Muss es sich denn überhaupt verändern und wenn ja, wohin? Habt ihr diesbezüglich vielleicht Erwartungen vom nächsten Papst?

Sofern ich mit Christen zu tun habe, kann ich nur sagen, dass der Umgang mit ihrer Reigion in den letzten zehn(?) Jahren offener und offensichtlicher geworden ist. Ob sie nun jüdischer werden wollen ... keine Ahnung. Auffällig finde ich die steigende Anzahl an Autoaufklebern, die einen evangelikalen, fraglich fundamentalistischen Hintergrund vermuten lassen.


Und ihr? Wie würde euer „ideales Christentum“ aussehen? Lasst uns doch mal träumen...

Es liegt mir fern Christen sagen zu wollen, wie ihre Religion aussehen sollte. Ein jeder möge nach seiner Fasson leben.

luxdei
01.03.2013, 23:12
Liebes Provisorium,

Deine Erläuterungen zu Johannes 14,6 hören sich sehr nach yogischer Sichtweise an. Hat Eckhart diese Stelle auch in dieser Weise ausgelegt?

Gruß
LD

Provisorium
02.03.2013, 00:11
Warum sollte man nur als „Jude“ den rechten „Blick“ auf Gott haben? Oder warum wollte Gott diese heidnischen Einflüsse im Judentum nicht? Und, worauf ich weiter unten nochmals darauf hinweisen werde, weshalb soll nun genau nur das Christum oder die daraus entstandene Philosophien, Theosophien, die Gnosis den richtigen Blick zu Gott geben?Also ich persönlich denke nicht, dass man nur als Jude den "rechten Blick" auf Gott hat. Ich denke der "rechte Blick" auf Gott ist zunächst einmal völlig unabhängig von der jeweiligen religiösen Tradition, eben eine Frage der Herzenshaltung und Herzensbildung. Darum kann diesen Blick auf Gott auch keine Philososophie, Theosophie oder die Gnosis (eieiei, ich hoffe, ich komme hier nicht als Gnostiker rüber...:-)) verdecken und deshalb braucht sich Gott meiner Meinung nach auch nicht um irgendwelche Einflüsse in den einzelnen Religionen besorgen. Ich denke, das lässt ihn völlig unberührt was wir Menschen uns jetzt im einzelnen für ein Bild von ihm machen. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass man ihn nur bildlos erkennen kann, aber religiöse Tradition ist sehr nützlich um seine Liebe und Verbundenheit zu Gott gemeinschaftlich zum Ausdruck bringen zu können.


Damit will ich nicht sagen, dass wir als Nicht-Juden nicht auch eine Beziehung zu Gott haben können. Sicher kann „Philosophie“ die Spiritualität beflügeln und wir empfinden das Empfundene für Gottes Nähe. Es kann uns im Alltag helfen und beflügeln.
Aber die Gefahr ist die Lehre, welche da herauswachsen kann. Und die Schreiber vom NT waren davor nicht gefeit, was man gut merken kann.Bitte verzeih mir, dass jetzt etwas in mir danach verlangt Deinen Glauben "zu verorten", denn ich bin eigentlich kein Freund von Schubladendenken und will Dich deshalb auch ganz bestimmt nicht in eine solche stecken, aber glaubst Du dem Gott Abrahams wurde in der weiteren Entwicklung der Menschheit irgendeine Form von Gewalt angetan und "schlechte Lehre" hat sich da in die religiöse Anschauung hineingemischt? Lehnst Du das Christentum ist seiner gewöhnlichen Überlieferung eher ab? Ich verurteile das nicht, wenn dem so wäre. Ich bin nur daran interessiert, wie Du Dir eine lebendige Gottesgemeinschaft vorstellst.

Wir Menschen haben ja nun einmal das Bedürfnis unserer Liebe und Verbundenheit Ausdruck zu verleihen und nicht jeder hat einen so direkten Draht zu Gott, wie Abraham ihn nach biblischer Überlieferung hatte. Da braucht es meiner Meinung nach dann schon Lehre und Rituale und ganz allgemein eben Gottesdienst. Und so etwas entwickelt sich und wächst doch immer nur im Rahmen einer gewissen "Philosophie" und auf Grundlage eines bestimmten Gottesbildes, dem man dann seine Liebe und Verbundenheit zum Ausdruck bringen möchte. Abraham selbst war ja auch ein großer "Lasser". Er hätte sein allerliebstes gelassen und geopfert, wenn Gott es wollte. Darin ist er mir ein großes Vorbild und ein geliebter Vorgänger...


So ist es subjektiv und entsprechend einer Ideologie, was nun der „Erkenntnisweg“ sein soll auf dass der Mensch selig würde. Du nimmst dazu Mt 11, andere nehmen anders.
Ist das nun Erkenntnis, wenn Jesus hier behauptet, dass nur gerade jene den Vater erkennen, denen er es offenbaren will? Hast du nicht weiter oben genau dies dem Judentum ein Stück vorgeworfen, warum nur sie die Erkenntnis haben sollten? Selber würde ich diesen Vers weniger als Erkenntnisweg bezeichnen.
Hat uns Gott nicht dieses Geschaffene gegeben, nicht um es zu lassen, sondern es zu gebrauchen und zu bewahren?Hier muss man differenzieren. In meiner philosophischen Spekulation (und mehr ist es ja auch zunächst nicht) ist nicht so sehr Jesus als Person das Entscheidende, wie er es im "gewöhnlichen Christentum" ist, sondern er ist Ausdruck der höchsten Erkenntnis Gottes. Nämlich das wir alle substantiell mit ihm eins sind.

Das Christentum in "traditioneller Form" hat nun eine Beziehung zu diesem Jesus für unabdingbar gemacht, um überhaupt eine Beziehung zu Gott haben zu können. Das sehe ich nicht so, sondern in meiner Vorstellung sind wir substantiell mit Gott verbunden und wissen das nur nicht mehr so richtig. Jesus weißt uns nun einen Weg (einen Erkenntnisweg) zurück zu Gott und der Gewissheit, dass wir mit ihm substantiell eins sind. Eckhart hat das einmal so ausgedrückt: Er meinte (sinngemäß), dass es ihm nichts nützen würde, wenn da ein Jesus einst selig geworden sei, wenn er nicht ebenso selig werden könnte. Und damit meinte er nicht irgendeine religiöse Nachfolge, sondern er wollte genau wie Jesus auch die Erfahrung machen, dass er substantiell mit Gott in der Einheit ist, er wollte das Gott in ihn hinein geboren wird, wie er in Jesus hinein geboren wurde. Er sagt, da ist kein Unterschied zwischen Jesu "Sohnsein" und unserem "Sohnsein". Das ist sehr viel mehr als religiöse Nachfolge, das ist lebendiges selbst erleben...


Zu welcher Erkenntnis kam dann Jesus? Es steht, dass Jesus an Erkenntnis zunahm, aber wir hören nirgends von einem Klick „Heureka“.Ein "Klick" hören wir nicht, aber dieser Mann hat behauptet, er sei mit Gott eins und das war seine Erkenntnis. Andere haben auch diese Einheitserfahrung gemacht. Da ist es doch gut möglich, dass Jesus uns einen Weg zu dieser Einheit aufzeigen kann, er ist ihn ja gegangen. Das Provisorium folgt ihm da von Herzen gerne...

LG
Provisorium

Provisorium
02.03.2013, 00:15
Deine Erläuterungen zu Johannes 14,6 hören sich sehr nach yogischer Sichtweise an. Hat Eckhart diese Stelle auch in dieser Weise ausgelegt?Du, dass kann ich Dir nicht sagen. Mir ist nicht bewusst, das Eckhart sich speziell zu Johannes 14, 6 geäußert hätte.

Aber achte bitte eher auf ihn, als auf mich. Ich bin sehr viel provisorischer und bei weitem nicht so beseelt wie der Meister...;-)

LG
Provisorium

Provisorium
02.03.2013, 00:26
Sorry Provisorium, auch wenn ich in deinen Gedanken mich in vielem auch sehe, so denke ich, ob du hier "Gott der Bibel hat eine bemerkenswerte Evolution" nicht selbst über dein "Man kann deshalb mit Hilfe der Bibel alles und nichts in diesen Gott hineininterpretieren" gestolpert bist. Der Gott des NT's ist da in nichts anderst, was Jesus in den Gleichnissen auch sehr "brutal" darstellt, bis hin zur Apokalypse.Lieber Alef, ich halte die Bibel quasi für ein großes "Bilderbuch", in der Menschen ihre individuellen Vorstellungen von Gott festgehalten haben. Die evolutionäre Entwicklung ist deshalb allein der Menschen und nicht Gottes. Und mit Jesus sollte sie meiner Meinung nach noch nicht abgeschlossen sein...

Mit anderen Worten: Ich will hier nicht das AT gegen das NT ausspielen und eine jeweils unterschiedliche Wertung abgeben. Überall beschreiben Menschen ihre Verbundenheit und Liebe zu Gott. Da ist das eine nicht besser oder schlechter als das andere. Aber ich persönlich glaube daran, eine Evolution erkannt zu haben. Sie wäre mir auch angesichts der natürlichen Welt nur folgerichtig.


Dagegen trifft gut: "sondern letztlich allein in deinem Herz" und dazu wäre auch diese (Einheits-)Philosophie über Jesus nicht notwendig.Ich denke im Kern werden wir uns wahrscheinlich immer einig sein! Das Drumherum beruht lediglich auf individuelle Erfahrungen. Oder Gnade...
Das ist eigentlich doch schön!

LG
Provisorium

Provisorium
02.03.2013, 00:45
Der Glaube ist keine (Geistes-)Wissenschaft, sondern eine Tugend. Er kann kein Produkt unserer Erkenntnis sein, weil nicht alle Menschen an Geisteskraft gleich befähigt sind. Darum hat der Schöpfer unserer Seele den Glauben geknüpft an den guten Willen, weil jeder Mensch einen guten Willen haben kann.Da triffst Du bei mir als Pflegekraft natürlich voll einen Nerv. Der Weg zu Gott sollte tatsächlich nicht in philosophischen Spekulationen liegen, die nur dann verständlich werden, wenn man sich über Jahre intensiv damit beschäftigt hat. Das ist elitäres Denken, dass viele Menschen ausschließt.

Aber was mich betrifft, hat mich meine philosophische Spekulation eben zu der Einsicht geführt, dass nichts in Gott verloren gehen kann und wir alle substantiell mit Gott verbunden sind. Nicht als das, was wir geschaffen und kreatürlich sind. Das Provisorium kommt nicht als Provisorium zu Gott. Aber im Provisorium ist der göttliche Funken der niemals erlischt und dieser ist eins mit dem Feuer Gottes. Und das ist bei allen Menschen so und ich wünschte, dass alle dem gewahr werden würden, weil wir dann ganz anders einander begegnen würden und unsere Liebe weniger auf uns, als auf den Nächsten gerichtet wäre.

Aber überall da, wo die Liebe von allem Selbstischen, Kreatürlichen und Geschaffenen lässt, da kommt sie zu sich selbst und das ist ganz sicher keine Frage der Philosophie und Erkenntnis, das ist eben allein eine Frage der Herzenshaltung...

LG
Provisorium

Provisorium
02.03.2013, 01:20
Was sind denn die "jüdischen" Wurzeln? Ist "das" Judentum ein homogener Block, der einst vom Himmel fiel? Oder ist "das" Judentum nicht vielmehr auch heterogen und auf und aus den Boden anderer Religionen und Kulte hervorgegangen?
Von welcher Art Wurzel ist da die Rede?Das wird sicher jeder Gläubige anders sehen. Jesus kam nun einmal als Jude zur Erkenntnis, dass er mit Gott eins ist, da ist es nicht weiter verwunderlich, dass er seine Einheit mit Gott eben auch auf Grundlage der jüdischen Tradition interpretierte. Solche Erfahrungen interpretiert man immer auf Grundlage des zeitgeistigen oder religiösen "Mainstreams" (schlechtes Wort dafür! Weiß gerade kein besseres. Ist schon spät...).

Aber natürlich hat auch das Judentum seine Geschichte. Der Schöpfungsbericht geht auf die alten Sumerer zurück, die Geschichte Nohas kennt man auch schon aus dem Gilgamesch Epos... Wir sind alle Kinder unserer Eltern...


Eben dies scheint mir typisch für Religionen und Kulte zu sein. Für das Christentum, das Judentum, den Islam. Nicht anders als für Hinduismus, Buddhismus, Jainismus. Oder all die neopaganen Bewegungen.Absolut! Überall stellt sich der Mensch in Beziehung zu einem Größeren, zu Gott. Auch wenn er es nicht immer Gott nennt...


Sofern ich mit Christen zu tun habe, kann ich nur sagen, dass der Umgang mit ihrer Religion in den letzten zehn(?) Jahren offener und offensichtlicher geworden ist. Ob sie nun jüdischer werden wollen ... keine Ahnung. Auffällig finde ich die steigende Anzahl an Autoaufklebern, die einen evangelikalen, fraglich fundamentalistischen Hintergrund vermuten lassen.
Es liegt mir fern Christen sagen zu wollen, wie ihre Religion aussehen sollte. Ein jeder möge nach seiner Fasson leben.Das ist schön! Mich treibt nur die Sorge, dass der Glaube eben fundamentalistischer, radikaler werden könnte und in der Folge auch intoleranter und gewalttätiger.

LG
Provisorium

Jamie
02.03.2013, 08:35
IST er das nicht, Prov? Intolerant (im positiven Sinne, meine ich)?

Wenn da unser Herr kommt und ganz kla rund unmissverständlich sagt: "ICH bin der Weg, die Wahrheit und das Leben und NIEMAND kommt zum Vater außer durch MICH" - kann es eine größere "Intoleranz" geben (nenne ich es nun einmal so, wie ich se empfinde: Komposmisslosigkeit)?

Nur die Gewalttätigkeit - die gehört nicht zu Jesus, denn auch wenn er von Spaltungen in Familien sprach, so hat er selbst doch Gewaltlosigkeit gepredigt und gelebt. Und DAS sollten wir uns zu eigen machen - das wie aber eben auch diese Kompromisslosigkeit (die NICHTS mit "Intoleranz" zu tun hat! Ich habe eine muslimische Schwiegertochter und liebe sie sehr und wir achten einander trotz unserer Glaubensunterschiede) , dass es für Christen nur diesen EINEN Weg geben kann:

Jesus Christus.

LG

Jamie

Padma
02.03.2013, 10:40
Ja , bitte bitte teilt euch alle diesbezüglich doch mal mit. Ihr müsst doch auch Vorstellungen haben, Träume, Sehnsüchte. Die dürfen, nein, müssen doch auch sein!
Wie kann, wie wird es sich entwickeln, das, was sich Christentum nennt und sich auf diesen Jesus beruft?
Ich würde mich sehr über noch weitere Gedanken dazu freuen!

Meine Gedanken dazu:
Was mir im Christentum, in der Form wie es heute gelebt wir, fehlt, ist das konkrete Durchdenken und zu Ende Denken bestimmter Fragestellungen, die sich bei jedem Menschen im Leben irgendwann auftun, zB die Sinnfrage oder der Umgang mit erlebter Negativität.

Was ich da von christlicher Seite erlebe und was mir 'sauer aufstösst', ist, dass zwar einerseits die Problemstellungen sehr ernst genommen werden, ein grosses Problembewusstsein da ist - dann aber 'die Lösung' einfach ohne Bezug irrational und unreflektiert dazu 'gesetzt' wird in einer 'religiösen' symbolbeladenen Sprache, irgendwie nach dem Motto: "friss oder stirb", "das musst du halt nun mal so glauben".
Als ob das Weiterdenken ein Tabu wäre , der menschliche Verstand beim Glauben ausgeschaltet werden müsste, weil er einen letztlich nur in die Irre führen kann.

Ich würde mir da mehr Offenheit wünschen und ein Vertrauen darauf, dass es viel mehr Dinge und Zusammenhänge gibt, die auch mit unserem Verstand begreifbar sind, und den Mut, diese auch zu durchdenken - bis zu den Grenzen, an denen der menschliche Versand dann doch 'kapituliert' und sich in seiner eigenen Begrenztheit erkennt. Das führt dann in ein noch grösseres Staunen angesichts dem Hauch einer Ahnung von der Grösse Gottes, die mit dem Verstand eben nicht zu fassen ist und deshalb in so paradoxe Aussagen mündet, wie sie in der christlichen Mystik geläufig sind: also Gott als "überseiendes Nichts' oder Überhelles Dunkel' zu bezeichnen. Dabei wird versucht, bei aller 'Annäherung', gleichzeitig auch immer die grundsätzliche Differenz mit zu reflektieren und so das Gesagte in seiner Relativität bewusst zu halten.

Und man sollte sich selbst - als den Reflektierenden - auch in seiner Relativität stets bewusst halten. Dass man mit dieser Reflexion zwar dem eigenen dringenden Bedürfnis nach "mehr Verstehen" folgt, aber im Grunde eigentlich auch nicht 'weiter' gelangt, als jemand, der einen ganz einfachen, kindlichen Glauben uneingeschränkt von Herzen leben kann. Denn gerade die geistigen Höhen, in die uns der Verstand führen kann, verleiten uns auch allzu leicht zu einer Arroganz; und wenn dann die 'Relativität' aller menschlichen Erkenntnis mehr und mehr aus dem Bewusstsein schwindet, entfernt man sich von der Wahrheit und von Gott.

Provisorium
02.03.2013, 10:42
Hat uns Gott nicht dieses Geschaffene gegeben, nicht um es zu lassen, sondern es zu gebrauchen und zu bewahren?Uii, ich merke gerade, dass ich auf diese Bemerkung noch gar nicht richtig eingegangen bin und dabei ist das natürlich eine ganz entscheidende Frage. Deshalb einige Gedanken dazu.

Wie Eckhart, glaube auch ich, dass die Welt nicht in einem einmaligen Akt zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt geschaffen wurde, sondern Gott schafft sie weiterhin und ohne Unterlass in einem ewigen "Nun". Man könnte auch sagen er hält sie im Sein oder verleiht ihr Sein, ganz wie man mag und man sich das am besten vorstellen kann. Jedenfalls ist Gott dieser Welt und der weltlichen Strukturen völlig transzendent, er hat in dieser Welt kein Sein, er ist darüber.

Das richtig zu verstehen ist ganz außerordentlich wichtig, weil daraus folgt, dass diese Welt, das, was wir als real betrachten (betrachten müssen) nicht in der Form real ist, dass es in sich selbst Substanz hätte, die in einem Realismus nun aber einmal absolut nötig ist. Die Substanz liegt aber in Eckharts philosophischer Spekulation nicht in der Welt, sie hat hier kein Sein, denn Sein und Substanz hat allein der zeitlose Gott, der Rest ist nur geschaffen, kreatürlich und vergänglich (das Vergänglich zumindest ist ja auch augenscheinlich).

Der Gedanke ist allerdings nur sehr schwer auszuhalten, weil er letztlich besagt, dass das, was wir hier auf Erden erleben gar nicht wirklich real ist, sondern vielmehr so etwas wie ein Abbild (der Witz dabei ist, dass die String Theorie und Erkenntnisse der Quantenphysik das durchaus auch Nahe legen). Plotin, der als erster gelehrt hatte, dass die Seele auch die Materie erst hervorbringt, hat es übrigens deshalb zeitlebens abgelehnt, gemalt, oder in Stein gemeißelt zu werden. Er meinte es sei lächerlich ein Abbild vom Abbild zu machen. Das nur nebenbei und weil ich es echt witzig finde...;-)

Zurück zum Thema: Eckhart meint also, Gott erschafft die Welt in einem ewigen "Nun", sie geht sozusagen aus seinem Seelengrund hervor. Weil dieser Seelengrund (Eckhart nennt es manchmal auch den Abgrund Gottes) aber dieser Welt in Gänze transzendent ist, können wir diesen nicht erkennen (deshalb auch negative Theologie). Aber sollte die Welt tatsächlich so beschaffen sein, also quasi geistig und die Seele bringt tatsächlich diese ganze Welt hervor, dann ist die Welt also im Erkennen geschaffen und dann müsste dieser innerste, geistige, seelische Prozess zum Aussetzen gebracht werden können.

Das ist das Ziel des "Lassens". Das bildlose erkennen Gottes durch das Lassen aller Bilder und dem vollständigen Zunichtewerden aller Erkenntnisstrukturen. Das Lassen bezieht sich also nicht in dem Sinne auf diese Welt, dass wir sie nicht gebrauchen, gestalten und bewahren sollten, das müssen wir sogar, es ist ja schließlich das Bild in das uns Gott hineinversetzt hat und nur in diesem Bild hat unser kreatürliches Sein sein Sein. Aber dieses kreatürliche Sein ist eben nur geschaffen und vergänglich. Eckhart will uns davor bewahren uns darin zu verstricken, indem wir daran mit aller Macht festhalten. Es wäre ihm nur haschen nach Wind (hat das nicht Salomon so ausgedrückt?).

Unser substantielles Sein ist nicht in dieser Welt, sondern allein in Gott. Die geschaffenen, weltlichen Strukturen (in denen wir leben müssen, ganz klar!) versperren uns sozusagen den Blick auf Gott, wenn wir sie absolut setzen. Die Welt des Dualismus ist nur Abbild, eigentlich ist sie nicht real. Das substantielle Sein ist allein in der Einheit Gottes und dem können wir gewahrer werden, wenn wir mit Jesus lernen von allem Kreatürlichen und Geschaffenen zu lassen und unser Leben vom Tod heraus begreifen (dahingehend hatte ich an anderer Stelle ja mal ein Gleichnis Jesu ausgelegt).

Mir persönlich sind diese Gedanken allergrößte Süßigkeit und Trost. Denn ich darf in einer Welt leben, in der der Schmerz und das Leid vorübergehen wird und also sagte auch Jesus "seid Vorübergehende" (Thomasevangelium Logie 42 - iiiihhhh Gnosis...;-)). Ich fühle mich durch diese Gedanken dazu befreit anderen Menschen wirklich ein Segen sein zu können, denn ich kann ihnen ja wirklich gut tun, ihnen Freude bereiten und Lächeln in ihre Gesichter zaubern und da, wo das Leid sich festgesetzt hat, wird es sich schlussendlich doch lösen müssen, denn substantiell in Gott hat es kein Sein.

So darf ich, solange ich in diesen weltlichen Strukturen wandle, helfen die Welt ein bisschen schöner zu machen, ohne an ihr hängen zu müssen und das ist es, was Gott meinte, als er uns die Erde untertan machte und uns mit ihrer Bewahrung beauftragte...

LG
Provisorium

Provisorium
02.03.2013, 10:47
IST er das nicht, Prov? Intolerant (im positiven Sinne, meine ich)?

Wenn da unser Herr kommt und ganz kla rund unmissverständlich sagt: "ICH bin der Weg, die Wahrheit und das Leben und NIEMAND kommt zum Vater außer durch MICH" - kann es eine größere "Intoleranz" geben (nenne ich es nun einmal so, wie ich se empfinde: Komposmisslosigkeit)?Ja Jamie, ich verstehe was Du meinst und so wie Du es ausdrückst, drücken es auch die meisten Christen aus, die ich kenne. Sie haben etwas für sich gefunden, das die absolute Wahrheit sein muss. Sie erleben und erfahren das so und also tragen sie es auch als Lehre in die Welt...

LG
Provisorium

PS: Hab' Dich und die Losungen gestern vermisst...:-)

anonym001
02.03.2013, 10:53
Hallo Provisorium

Lol, das mit der Gnosis hatte ich nur geschrieben, weil wir von „Erkenntnis“ sprachen.

Die „Herzenshaltung und Herzensbildung“ ist natürlich auch etwas sehr individuelles, und auch extrem der Erziehung, Kultur, Tradition und Religion unterworfen. Schon da merkt man, dass das Herz geprägt ist, und es fragt sich, WIE man nun den rechten Blick zu Gott hat.
So meint selbst ein Terrorist, der sich und andere zB für Allah in die Luft sprengt, ebenso die rechte Herzenshaltung zu haben, und will dann Allah mit seiner Tat ehren.
Also es muss da schon etwas konkreter sein, und das hat Gott ja irgendwie mit dem jüdischen Volke und den seinen Geboten Leitplanken gegeben.

So denke ich nicht, dass es Gott unberührt lässt, was der Mensch sich für ein „Bild“, oder besser gesagt Vorstellung von ihm macht, da er ja eine Beziehung zum Menschen als Individuum will und diese Vorstellung von ihm auch sehr prägend für das Miteinander runter uns Menschen ist.

Mein Glaube… also wenn ich so ein biblischer chr. Fundamentalist wäre, könnte ich hier bei den Gnadenkindern nicht Admin sein, würde ich auch von hier weggehen. Und so gibt es nicht in dem Sinn DAS Christentum. Extremen bin ich meist skeptisch eingestellt, wie eben auch zu solchen Aussagen über Jesus, dass nur er gerade er der Weg sein soll und ohne ihn nichts gehen würde. Der Mensch neigt nun mal dazu, immer etwas zu Verglorifizieren und dadurch zu entstellen, ob in Kirche oder auch schon die damaligen Schreiber.
Wenn ich dich so lese, passt du ja auch nicht so sehr in das Schema des Christentums.


Als Juden Jesus vorwarfen, dass er sich mit der Bezeichnung „Gottessohn“ (was ja in heutiger Zeit auch wieder anders verstanden wird, als dazumal), so relativierte er diese mit der Aussage und dem Zitat aus einem Psalm, dass der Mensch selber ein Sohn des Höchsten sei, ja selbst sogar ein „Gott“ sei. Darin sehe ich die starke Aussage Jesu, im Bewusstwerden der Stellung des Menschen vor und mit Gott (nb. so wird es auch im Judentum gelehrt, und wenn Christen zurück zu den „Wurzeln“ wollen, merkt man, dass so manch christliches im Wege steht). Leider ist es aber genau die Kirche mit all ihren Lehren, die dies dem Menschen so mehr oder weniger wieder aberkennt (das wäre auch das Thema).
Wenn nun das Christentum es als unabdingbar gemacht hat, nur gemäss ihrer Lehre eine mögliche Gottesbeziehung zu bekommen, so hat es sich selbst einen Weg gelegt, um andere aus einer Gottesbeziehung auszuschliessen, sich eine Exklusivität gegeben, was wohl kaum der Lehre jenes Juden Jesus entspricht, dem man dabei folgen will.


Mit Gott „eins“ sein, wie geht das wirklich? (Wie viele Fernsehprediger, Bischöfe usw behaupten das von sich? Wäre auch ein Thema lol )
„Eins sein“ bedeutet für mich Harmonie, Gemeinschaft, Übereinstimmung, Friede usw, aber nicht Gleichartigkeit. Ich bin mit meiner Frau „eins“, aber nicht gleich im Sein. Das Christentum hat nun aber Jesus zum gleichartigen Gottes gemacht und ins Zentrum gestellt. Ein Weg ist für mich nicht das Ziel.
Dieses „Eins Sein“ wird dann wiederum individuell (je nach Prägung). So kann ich mich mit Gott eins fühlen, ob ich nun in der Bibel lese, ein gutes Zitat sonst wo entdecke, oder mit Menschen ein gutes Gespräch habe, oder, was ich sehnlichst wieder herbei wünsche, im Garten so kleine Setzlinge stecke und einfach über all das staune, wie es wieder wird usw (auch wenn der Hagel ab und zu alles wieder vernichtet). Da brauche ich keine Worte.
So würde ich mich nicht substantiell vereint fühlen (weder mit Gott noch Jesus noch einem „Leib Christi“, was ja alles nur Schlagworte sind), sondern empfinde viel mehr die individuelle Liebe Gottes mit mir oder zu anderen, ein Nahesein, eine Geborgenheit.


Aber nun mal genug geschrieben…

Padma
02.03.2013, 11:05
Ja , bitte bitte teilt euch alle diesbezüglich doch mal mit. Ihr müsst doch auch Vorstellungen haben, Träume, Sehnsüchte. Die dürfen, nein, müssen doch auch sein!
Wie kann, wie wird es sich entwickeln, das, was sich Christentum nennt und sich auf diesen Jesus beruft?
Ich würde mich sehr über noch weitere Gedanken dazu freuen!
Und ich hatte das als ernst meinte Frage verstanden.
Sorry, wollte die Diskussion nicht stören ....

anonym001
02.03.2013, 11:13
Sorry, wollte die Diskussion nicht stören ....

Du hast doch nicht gestört, sondern zum "Reichtum" beigetragen...

Provisorium
02.03.2013, 11:25
Und ich hatte das als ernst meinte Frage verstanden.
Sorry, wollte die Diskussion nicht stören ....Die Frage ist auch ganz ernst gemeint.
Du musst bitte entschuldigen, wir sind nur kurz vom Thema abgewichen, weil es mir immer so schwer fällt meinen Standpunkt in wenigen Sätzen klar zu formulieren...

Aber das Thema ist ganz klar "wohin entwickelt sich das Christentum und was würden wir uns diesbezüglich wünschen".

Ich werde sehr bald auch gerne auf Deinen Beitrag eingehen, den ich übrigens super finde. Aber jetzt geht es leider gerade nicht. Werde gerade abgeschleppt...

Bis bald
Provisorium

&emanze

bonnie
02.03.2013, 11:29
Wie kann, wie wird es sich entwickeln, das, was sich Christentum nennt und sich auf diesen Jesus beruft?

ich persönlich weiß es nicht, aber man wirds erleben- das wäre mal so eine erste spontane Antwort von mir gewesen... :-)

Scherz beiseite...

Da ich persönlich etwas "anders" ticke, fällt es mir schwer, mir vorzustellen, was mit einer Religion sein könnte, die "nur einen Weg" kennt.
In allen Gesprächen oder Diskussionen erkenne ich immer wieder, dass es meist bei dieser Zweiteilung in den Köpfen bleibt.
Das meine ich nicht etwa "böse", sondern es ist leider mein Erleben. Mit Zweiteilung meine ich das "Einsortieren" von Menschen in (ich hoffe, ich kann das nun so formulieren, dass sich keiner daran stößt) "Bekehrte, Wiedergeborene..." und "die anderen".

Es gibt unglaublich viele Fasetten von "Christen", das ist mir bewußt, doch "Heimat" habe ich nicht darin.
Mir ist das Leben zu farbenfroh und zu vielseitig, um nur "einen Weg" überhaupt als "richtig" zu sehen. Ich höre lieber von allen Menschen und Geschöpfen auf gleicher Augenhöhe.

Mir fehlt meist hinter sehr vielen "Lehrsätzen" im christlichen der "Tiefgang".

schönen Tag
lg bonnie

Jamie
02.03.2013, 12:16
Ok. Es ist MEINE zugegeben primitiv-kindliche Wahrnehmung und Wiedergabe. Und damit auch schon beendet, die intelligenten Diskussionen überlasse ich dann anderen.....
Wer damit weiterkommt, weiß nur Gott......&weißnicht

Jamie

Padma
02.03.2013, 12:45
2 (http://www.zeno.org/Literatur/M/Luther,+Martin/Luther-Bibel+1545/Das+Neue+Testament/Das+Matthäusevangelium/Matthäus+18#1545_2)Jesus rief ein Kind zu sich und stellte das mitten unter sie 3 (http://www.zeno.org/Literatur/M/Luther,+Martin/Luther-Bibel+1545/Das+Neue+Testament/Das+Matthäusevangelium/Matthäus+18#1545_3)und sprach: Wahrlich ich sage euch: Es sei denn, daß ihr umkehret und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.
4 (http://www.zeno.org/Literatur/M/Luther,+Martin/Luther-Bibel+1545/Das+Neue+Testament/Das+Matthäusevangelium/Matthäus+18#1545_4)Wer nun sich selbst erniedrigt wie dies Kind, der ist der Größte im Himmelreich.
5 (http://www.zeno.org/Literatur/M/Luther,+Martin/Luther-Bibel+1545/Das+Neue+Testament/Das+Matthäusevangelium/Matthäus+18#1545_5)Und wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf.
6 (http://www.zeno.org/Literatur/M/Luther,+Martin/Luther-Bibel+1545/Das+Neue+Testament/Das+Matthäusevangelium/Matthäus+18#1545_6)Wer aber ärgert dieser Geringsten einen, die an mich glauben, dem wäre es besser, daß ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er ersäuft werde im Meer, da es am tiefsten ist.


http://www.zeno.org/Literatur/M/Luther,+Martin/Luther-Bibel+1912/Das+Neue+Testament/Das+Matthäusevangelium/Matthäus+18

Dennoch hat Gott uns auch einen Verstand geschenkt und den dürfen wir auch gebrauchen, denn:


Alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, was mit Danksagung empfangen wird; denn es wird geheiligt durch das Wort Gottes und Gebet. (http://www.reformiert-schuettorf.de/index.php/andachten/29-alles-was-gott-geschaffen-hat-ist-gut-und-nichts-ist-verwerflich-was-mit-danksagung-empfangen-wird-denn-es-wird-geheiligt-durch-das-wort-gottes-und-gebet)


1. Timotheus 4,4


Ausserdem ist uns verheissen:


Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.
Joh 8,32

Und dabei bleibt doch stets zu beachten:


Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunkeln Wort; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich's stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin.
1.Korinther 13:12

anonym002
02.03.2013, 16:07
War vorhin das Thema, Griechen und Juden…


Der Opferdienst im Kriege

Zu der Zeit, da das Haus der Hasmonäer seinen Bruderkrieg führte, war Hyrkanos drinnen in Jerusalem und Aristobulos draußen. Tag um Tag ließen die Belagerten einen Korb voller Denare zu den Belagerern herab, und diese gaben ihnen dafür auf demselben Wege Opfertiere für das immerwährende Opfer hinauf.

Da war im Heere des Aristobulos ein Greis, der in der Weisheit der Griechen unterrichtet war; der sprach zu den Soldaten: Solange die da oben den Opferdienst beobachten können, werdet ihr sie nicht bezwingen. Als nun die Belagerten am nächsten Tage, wie gewohnt, den Korb mit den Denaren herunterließen, taten die Belagerer einen Eber hinein und ließen sie diesen hinaufziehen.

Auf der halben Höhe aber des Walles angelangt, stieß das Tier seine Klauen in das Mauerwerk, und das ganze Land Israel, vierhundert Meilen im Geviert, erbebte.

In dieser Stunde wurden zwei Sätze angeordnet: Verflucht, wer da Schweine großzieht! Verflucht, wer seinen Sohn die Weisheit der Griechen lehrt!

(Talmud) b. Baba Kama 82b; Sota 49b; Menachot 64b

Provisorium
02.03.2013, 16:52
In dieser Stunde wurden zwei Sätze angeordnet: Verflucht, wer da Schweine großzieht! Verflucht, wer seinen Sohn die Weisheit der Griechen lehrt!Das ist interessant. Böse griechische Weisheit...;-)

Aber irgendwie erinnert mich das auch ein bisschen an die Bulle, die Papst Johannes XXII im Inquisitionsverfahren gegen Eckhart veröffentlichte. Er warf Eckhart darin vor, dass er mehr hätte wissen wollen, als nötig war und dadurch Teufelsaat auf dem Acker des Herrn gesät hätte. Schädliche Disteln und Giftpflanzen seien deshalb darauf gewachsen...

Aber ich kann das schon verstehen. Man sollte sich dafür hüten zu klug sein zu wollen. Letztlich muss man sowieso auch alle Klug- und Weisheit lassen...

LG
Provisorium

Provisorium
02.03.2013, 17:21
Was mir im Christentum, in der Form wie es heute gelebt wir, fehlt, ist das konkrete Durchdenken und zu Ende Denken bestimmter Fragestellungen, die sich bei jedem Menschen im Leben irgendwann auftun, zB die Sinnfrage oder der Umgang mit erlebter Negativität.
Was ich da von christlicher Seite erlebe und was mir 'sauer aufstösst', ist, dass zwar einerseits die Problemstellungen sehr ernst genommen werden, ein grosses Problembewusstsein da ist - dann aber 'die Lösung' einfach ohne Bezug irrational und unreflektiert dazu 'gesetzt' wird in einer 'religiösen' symbolbeladenen Sprache, irgendwie nach dem Motto: "friss oder stirb", "das musst du halt nun mal so glauben".
Als ob das Weiterdenken ein Tabu wäre , der menschliche Verstand beim Glauben ausgeschaltet werden müsste, weil er einen letztlich nur in die Irre führen kann.Es gibt da eine interessante Stelle in der Bibel. Bei Paulus, im Römerbrief 1, 19+20 heißt es:

"...weil das von Gott Erkennbare unter ihnen offenbar ist, da Gott es ihnen offenbar gemacht hat; denn sein unsichtbares Wesen, nämlich seine ewige Kraft und Gottheit, wird seit Erschaffung der Welt an den Werken durch Nachdenken wahrgenommen, so daß sie keine Entschuldigung haben."

Das war für viele Theologen und Philosophen der Grund anzunehmen, dass Gott durch Nachdenken (durch forschen und philosophieren) aus der Natur heraus wahrgenommen werden kann. Ich will jetzt nicht schon wieder mit Meister Eckhart anfangen, aber es passt gerade so gut, deshalb nur ganz kurz: Eckhart hatte sich auch genau das vorgenommen. Er sagte, er wolle die Heilige Schrift beider Testamente mit den natürlichen Gründen der Philosophie (also sozusagen der damaligen Wissenschaft) auslegen. Auch der Jude Philon von Alexandria versuchte ähnliches bereits zuvor. Er verschmolz seinen jüdischen Glauben mit dem zur damaligen Zeit als höchste Philosophie und Wahrheit angesehenen Platonismus der Griechen und das wohl aus dem einfachen Grund, weil eine objektiv wahre Religion nicht mit anderen objektiven Wahrheiten im Widerspruch stehen kann.

Und deshalb kann ich Dich sehr gut verstehen. "Friss oder stirb" ist keine angemessene Herangehensweise und auch mit dem Hinweis darauf, dass alles Verstehen nur Stückwerk sei, sollte man nicht zu voreilig kommen. Was gar nicht geht ist, dass Wahrheit sich gegenseitig widerspricht. Das habe ich in meinem Glaubenswegen auch nie gut aushalten können.


Ich würde mir da mehr Offenheit wünschen und ein Vertrauen darauf, dass es viel mehr Dinge und Zusammenhänge gibt, die auch mit unserem Verstand begreifbar sind, und den Mut, diese auch zu durchdenken - bis zu den Grenzen, an denen der menschliche Versand dann doch 'kapituliert' und sich in seiner eigenen Begrenztheit erkennt. Das führt dann in ein noch grösseres Staunen angesichts dem Hauch einer Ahnung von der Grösse Gottes, die mit dem Verstand eben nicht zu fassen ist und deshalb in so paradoxe Aussagen mündet, wie sie in der christlichen Mystik geläufig sind: also Gott als "überseiendes Nichts' oder Überhelles Dunkel' zu bezeichnen. Dabei wird versucht, bei aller 'Annäherung', gleichzeitig auch immer die grundsätzliche Differenz mit zu reflektieren und so das Gesagte in seiner Relativität bewusst zu halten.Genau! Die Mystiker von denen Du hier sprichst waren alle negative Theologen. Sie betonen Gottes absolute Transzendenz und Unfassbarkeit und halten ihn in ihren Spekulationen von allen Bestimmungen fern. Deshalb kommt es bei ihnen zu solch paradoxen Aussagen. Aber auch die sogenannte Allmacht Gottes ist für unseren Verstand ja paradox. Denn Gott könnte keinen Kreis schaffen, für den nicht die Kreisgesetze gelten und kein rechtwinkliges Dreieck, für das nicht der Satz des Pythagoras gelten würde. Man kennt ja diese Gedankenspiele bzgl. der Allmacht...


Und man sollte sich selbst - als den Reflektierenden - auch in seiner Relativität stets bewusst halten. Dass man mit dieser Reflexion zwar dem eigenen dringenden Bedürfnis nach "mehr Verstehen" folgt, aber im Grunde eigentlich auch nicht 'weiter' gelangt, als jemand, der einen ganz einfachen, kindlichen Glauben uneingeschränkt von Herzen leben kann. Denn gerade die geistigen Höhen, in die uns der Verstand führen kann, verleiten uns auch allzu leicht zu einer Arroganz; und wenn dann die 'Relativität' aller menschlichen Erkenntnis mehr und mehr aus dem Bewusstsein schwindet, entfernt man sich von der Wahrheit und von Gott.Das ist ein ganz wesentlicher Punkt! Auch hier muss ich nochmal kurz Meister Eckhart zu Wort kommen lassen: Er meinte, wenn man sich in mystischer Verzückung befinden würde, wie einst der Heilige Paulus, als er in den dritten Himmel entrückt ward, und man wüsste aber gleichzeitig vor der Tür einen Kranken, der eines Tellers Suppe bedarf, dann soll man sofort von der Verzückung lassen und dem Kranken mit ganzer Liebe dienen! Ich denke, das ist die rechte Herzenshaltung...

LG
Provisorium

anonym002
02.03.2013, 17:22
Naja, die Griechen waren damals alles andere als lieb mit dem Volke Israel…

Aber eigentlich wollte ich eine Geschichte einstellen (was ich inzwischen auch getan habe), bin da aber über dieses Talmudzitat gestolpert.

Provisorium
02.03.2013, 17:24
Ok. Es ist MEINE zugegeben primitiv-kindliche Wahrnehmung und Wiedergabe.Ich finde das weder primitiv, noch besonders kindlich. Es ist einfach das, was gelehrt wird. Punkt :-)

LG
Provisorium

Provisorium
02.03.2013, 17:34
Naja, die Griechen waren damals alles andere als lieb mit dem Volke Israel…Das ist ja gerade das große Problem! Was haben die Juden schon leiden müssen! Und dann wird auch noch ihre religiöse Identität von mancher Seite als minderwertig gegenüber der christlichen hingestellt und schamlos die Tora und das, was man dann AT nannte, umgedeutet...

Jetzt hat sich aktuell der türkische Ministerpräsident wieder eine bodenlose Unverschämtheit herausgenommen. Es ist himmelschreiend...

Aber ich bin mir auch sicher, dass ER es hört! Das wird sein Ende finden!

LG
Provisorium

anonym002
02.03.2013, 17:42
Philo von Alexandria war nur einer unter vielen, und auch eher nur am „Ende“ diese jüdischen hellenistischen Epoche, welche ja viel früher schon begonnen hatte und deshalb auch schon in Palästina bekannt war.

Sie hatte haben keinen Bestand.
Er versuchte, den jüdischen Gott JHWH auf Griechisch zu erklären, machte aber vorher den Gott JHWH griechisch also er machte ihn zuerst mal handlungsunfähig, da Gott so gross sei, ausserhalb der Schöpfung (so dass ERr nicht mal der Schöpfer wäre, sondern der Logos), dass er praktisch Handlungsunfähig war, und deshalb alles in den Logos setzte, den Gottessohn, wobei Philon diesen Gottessohn nicht physisch sah, sondern eher als „Kraft“.

Vom jüdischen Verständnis ist das natürlich „Unsinn“, da JHWH ebenso hier gegenwärtig und voll handlungsfähig ist, wie es die Tenach an so vielen Stellen bezeugt.

Genau dieses Denken, welches aber schon älter als Philon ist, floss nun in die Texte des Johannes, welcher dann diese selbst auf Jesus personifiziert.


Also hat nicht immer alles die gleiche „Wahrheit“, und man kann nicht immer alles miteinander verbinden. Gott auf griechisch zu erklären ist was anderes, als den Ewigen einzigen Gott JHWH gemäss der Tenach zu verstehen.

anonym002
02.03.2013, 17:44
Ah, die Griechen…

Also es um die Flotilla ging, war Griechenland übrigens eines der wenigen Länder Europas, welches da einen Riegel vorschob und zu Israel hielt…..


Aber kehren wir wieder zum Thema zurück....

Wohin entwickelt sich das Christentum?

Provisorium
02.03.2013, 18:29
Philo von Alexandria war nur einer unter vielen, und auch eher nur am „Ende“ diese jüdischen hellenistischen Epoche, welche ja viel früher schon begonnen hatte und deshalb auch schon in Palästina bekannt war.
Sie hatte aber keinen Bestand.In Alexandria war ja damals sowas wie die erste Uni im modernen Sinn und das Zentrum des Hellenismus. Die Bibliothek muss gigantisch gewesen sein. Viele bahnbrechende Erfindungen und Erkenntnisse wurden mit dem modernen Ansatz gemacht, die Welt aus sich selbst, also rational zu erklären und damit von Einflussnahmen der Götter abzusehen. In Alexandria lehrte etwa der Mathematiker Euklid, Eratosthenes berechnete den genauen Umfang der Erde und Aristarch von Samos nahm schon das heliozentrische Weltbild vorweg, das in der Wiederentdeckung durch Kopernikus über eineinhalb Jahrtausende später in Europa den Beginn der modernen Naturwissenschaft markieren sollte. Da war also so richtig was los und sicher konnte sich weder Philon noch sonst jemand diesem Einfluss entziehen.

Ich denke auch die Religion muss Stellung zum jeweiligen Zeitgeist beziehen. Natürlich ist sie aber auch darin frei, diese Erkenntnisse rundheraus abzulehnen, oder alternative Thesen aufzustellen. Wir müssen uns ja auch heute noch damit begnügen noch immer kein einheitliches Weltbild festgemacht zu haben und arbeiten deshalb ja auch recht unbeschwert mit Hypothesen und Theorien. Da begreife ich persönlich die Religionen eher als Bereicherung, obwohl sie sicher auch lange Zeit ein Hemmschuh war.

Ich hoffe jedenfalls, dass keine Religion und keine Naturwissenschaft der jeweils anderen Disziplin noch einmal die Daseinsberechtigung abschreiben wird...

LG
Provisorium

anonym002
02.03.2013, 19:49
Ja, wirklich schade um diesen Verlust der Bibliothek. Da sind wertvolle Schätze verloren gegangen.


Aber zurück zum Christentum, das gab es damals noch nicht, und es fragt bekanntlich weniger nach seinen Wurzeln.

Da keimt die Frage wieder auf, welche vor einigen Wochen im Raume stand: Wie christlich ist das Christentum?

Aber um mal aktuell zu werden: Welche Berechtigung (in Bezug auf den Katholizismus und Papst) hat ein solches Christentum in heutiger Zeit, welches an seinen eigenen Dogmen klebt?

Provisorium
02.03.2013, 19:59
Die „Herzenshaltung und Herzensbildung“ ist natürlich auch etwas sehr individuelles, und auch extrem der Erziehung, Kultur, Tradition und Religion unterworfen. Schon da merkt man, dass das Herz geprägt ist, und es fragt sich, WIE man nun den rechten Blick zu Gott hat.
So meint selbst ein Terrorist, der sich und andere zB für Allah in die Luft sprengt, ebenso die rechte Herzenshaltung zu haben, und will dann Allah mit seiner Tat ehren.
Also es muss da schon etwas konkreter sein, und das hat Gott ja irgendwie mit dem jüdischen Volke und den seinen Geboten Leitplanken gegeben.Das ist ein ganz wichtiges Thema. Wenn ich den Terroristen aus Deinem Beispiel nehme, dann nehme ich da eine Herzenshaltung wahr, die glaubt den Willen seines Gottes tun zu müssen und also tut er ihn. Wahrscheinlich wird sein Blick auch auf die Belohnung gerichtet sein, z.B. weil er für seine Tat das Himmelreich zu erben begehrt und ihm dort was weiß ich alles begegnet.

Aber ich sage, dass überall dort, wo der Mensch noch den Willen hat den Willen Gottes zu tun, keine rechte Herzenshaltung zu finden ist. Denn solch ein Mensch hat noch einen Willen, mit dem er Gott gefallen will und das ist in meiner Vorstellung nach letztlich Eigensucht und der Versuch bei Gott sowas wie Pluspunkte zu sammeln und ich habe Gott nicht als einen Gott kennengelernt, der sich von sowas abhängig machen würde - das ist mir persönlich zu anthropozentrisch und eine vermenschlichende Vorstellung von Gott. Ich weiß, das Provisorium begibt sich hier auf sehr dünnes Eis und ich will auch niemandem damit zu Nahe treten, aber meine Erfahrung ist nun einmal, dass man den Willen Gottes nicht tun kann, auf dass sich niemand etwas auf sich einbilde...

Darum ist in meiner Vorstellung die rechte Herzenshaltung gerade andersherum. Gerade wenn ich keinen Willen mehr habe, also gar keinen, dann kenne ich auch keinen Eigennutz, weder zum moralischen Guten noch Bösem. Dann weiß und will ich gar nichts mehr und das ist wieder das Absehen und lassen alles Kreatürlichen und Geschaffenen und dadurch komme ich zur Einheitserfahrung mit Gott (ich hoffe das glaubt mir hier jetzt endlich mal jemand..., menno...;-)).

Aus dieser Einheitserfahrung heraus erwächst dann die Liebe und Verbundenheit die nichts tut, weil sie glaubt ein Gott verlange es von ihr, sondern sie tut alles ohne warum. Das Leben ist Selbstzweck, es ist das Leben in das Gott mich gestellt hat, es ist leben um des Lebens willen. Da darf ich niemandem dieses Leben nehmen. Da muss ich das Leben lieben und fördern und soweit es an mir liegt verschönern und bereichern, für jeden. Aber als Pflegekraft weiß ich natürlich auch, dass es nicht der Sinn sein kann dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr leben...
Das ist für mich spirituelles Leben, leben aus der Einheit. Es ist das, was Eckhart als Leben "sunder warumbe" bezeichnete: Das Leben ist ohne Warum...


So denke ich nicht, dass es Gott unberührt lässt, was der Mensch sich für ein „Bild“, oder besser gesagt Vorstellung von ihm macht, da er ja eine Beziehung zum Menschen als Individuum will und diese Vorstellung von ihm auch sehr prägend für das Miteinander runter uns Menschen ist.Das sehe ich nun anders, ohne aber Deine Sicht als falsch bezeichnen zu wollen. Sie ist deshalb nicht falsch, weil sie danach trachtet mit Gott in eine Beziehung treten zu wollen, aber ich sehe es anders, weil ich glaube das es nicht möglich ist mit Gott in Beziehung zu treten. Jedenfalls nicht mehr oder weniger, als Du ohnehin schon mit ihm in Beziehung stehst. So mag es zwar möglich sein seinen Blick auf ihn zu richten, oder ihn zu ignorieren, aber egal was Du tust wird es nichts an Deiner Bezogenheit zu Gott ändern. Sicher, es wird Dich betreffen, es ist ein fundamentaler Unterschied, ob Du Deinen Blick auf ihn richtest oder nicht, aber eben nur allein für Dich, nicht für Gott, ihn lässt das unberührt, er ist so oder so der alleinige Grund für Dein Sein, ob Du es merkst oder nicht. Und deshalb bleibt er auch von dem individuellen Bild, das Du Dir von ihm machst unberührt. Das betrifft und verändert nur Dich allein...


Mein Glaube… also wenn ich so ein biblischer chr. Fundamentalist wäre, könnte ich hier bei den Gnadenkindern nicht Admin sein, würde ich auch von hier weggehen. Und so gibt es nicht in dem Sinn DAS Christentum. Extremen bin ich meist skeptisch eingestellt, wie eben auch zu solchen Aussagen über Jesus, dass nur er gerade er der Weg sein soll und ohne ihn nichts gehen würde. Der Mensch neigt nun mal dazu, immer etwas zu Verglorifizieren und dadurch zu entstellen, ob in Kirche oder auch schon die damaligen Schreiber.Ich bin froh und dankbar, dass ausgerechnet Du hier Admin bist!


Wenn ich dich so lese, passt du ja auch nicht so sehr in das Schema des Christentums.Oh, vor wenigen hundert Jahren hätte das Provisorium auf dem Scheiterhaufen gebrannt - ganz sicher. Oder es wäre später im KZ gemordet worden! Provisorien brauchen gemäßigte Zeiten, um ihre "radikalen Ansichten" vertreten zu dürfen...;-)


Wenn nun das Christentum es als unabdingbar gemacht hat, nur gemäss ihrer Lehre eine mögliche Gottesbeziehung zu bekommen, so hat es sich selbst einen Weg gelegt, um andere aus einer Gottesbeziehung auszuschliessen, sich eine Exklusivität gegeben, was wohl kaum der Lehre jenes Juden Jesus entspricht, dem man dabei folgen will.Es ist wie bei Asterix: Ein kleiner Haufen negativ theologisch Gottesgläubiger hört nicht auf dem Eindringling Widerstand zu leisten...;-)



Mit Gott „eins“ sein, wie geht das wirklich?Es geht nicht Snoopy, es ist. Bei allen Menschen, ohne Ausnahme. Es weiß nur nicht jeder und vielen ist es auch völlig egal. Gott hat uns frei gelassen, als wir frei sein wollten und uns das Fernweh hinaustrieb. Jetzt müssen wir sehen, wie wir zurecht kommen mit unserer Freiheit und unserem Heimweh...

LG
Provisorium

luxdei
02.03.2013, 23:10
Aber achte bitte eher auf ihn, als auf mich. Ich bin sehr viel provisorischer und bei weitem nicht so beseelt wie der Meister...;-)

Ach, Provisorium, was soll der gute, "alte" Eckhart mir bringen? Ich denke: Ein jeder folge seinem Stern.

Nebenbei gesagt, glaube ich nicht, dass Konzeptionen einem das Göttliche letztlich näher bringen - seien sie nun positiv oder negativ. Denn auch der Theologicus negativus ist und bleibt Dualist ;-)

Grüße LD

Provisorium
02.03.2013, 23:26
@Luxdei


Ach, Provisorium, was soll der gute, "alte" Eckhart mir bringen? Ich denke: Ein jeder folge seinem Stern.Er bringt gar nichts. Er nimmt Dir aber vielleicht etwas...


Nebenbei gesagt, glaube ich nicht, dass Konzeptionen einem das Göttliche letztlich näher bringen - seien sie nun positiv oder negativ. Denn auch der Theologicus negativus ist und bleibt Dualist ;-)Sicher, aber er glaubt eben auch nicht daran und setzt es deswegen auch nicht absolut...

LG
Provisorium

luxdei
02.03.2013, 23:34
Er nimmt Dir aber vielleicht etwas...

Und was?

Provisorium
02.03.2013, 23:37
Und was?Die Angst nicht daheim zu sein, oder nicht nach Hause zu kommen...

LG
Provisorium

luxdei
02.03.2013, 23:40
Die Angst nicht daheim zu sein, oder nicht nach Hause zu kommen...

Und diese Angst habe ich?

Liebe(r) Provisorium, Dein "Missions"eifer trägt seltsame Blüten ;-)

Provisorium
02.03.2013, 23:50
Und diese Angst habe ich?Das weißt Du ganz genau...!
Aber niemand braucht jemanden, der einem etwas nimmt, wenn man es nicht hat...
Ich wünschte Dir nur Frieden!


Liebe(r) Provisorium, Dein "Missions"eifer trägt seltsame Blüten ;-)Ich sage hier nur wohin sich das Christentum meiner Meinung nach entwickeln sollte. Das ist kein Missionseifer, sondern vielmehr Sehnsucht, Wunsch und Liebe zu der Religion, in der ich zum Glauben gefunden habe.

Niemand nehme das Provisiorium zum Anlass, um sich gedrängt zu sehen... Die Blüte meines Glaubens ist etwas woran man sich erfreuen soll, jeder der sie sehen mag. Aber man muss sie nicht für sich haben wollen...!

LG
Provisorium

anonym001
03.03.2013, 09:31
Guten Morgen Provisorium

Warum gehen deine Darlegungen irgendwie nicht auf? Da will Jesus „eins sein“ mit Gott, nein, er will es nicht nur, er sagt dass er es sei und es ist dir ein Vorbild, aber gleichzeitig sagst du, dass solches nicht geht? Wenn es bei allen Menschen so ist, dann auch bei Jesus nicht, dann hat er was vorgemacht. Da sprichst du vom Leben aus der Einheit, und meinst gleichzeitig, dass solches nicht geht.

Dasselbe mit der Beziehung. Hatte Abraham keine Gottesbeziehung? Da kommt mir noch in den Sinn, Abraham glaubte nicht nur, dass er seinen Sohn „opfern“ sollte, sondern da war auch die Beschneidung als Bundeszeichen und und und … , was ebenso zum Glauben Abrahams gehörte. Hatte David keine Gottesbeziehung? Usw. So wollte Abraham den Willen Gottes erfüllen….. hatte er keine rechte Herzenshaltung deswegen, wie es so darstellst?

So müsste man vielleicht mal überlegen, was der einzelne unter „Gottesbeziehung“ versteht.

Wo beginnt denn „Eigennutz“? Auch der Philosoph, der meint, dass er seinen Willen abgibt, um in Einheit zu leben, macht das aus Eigennutz. Oder bleiben wir mal etwas praktisch, Abraham, hat er das nun aus Eigennutz getan oder nicht, all seine verschiedenen Glaubenstaten? Wer gegenüber Gott gehorsam ist, seinen Willen, hat immer auch einen Eigennutz.
Dass wir durch unser handeln, unser willentliches handeln deshalb nicht von Gott Lohn fordern können, ist eine alte Wahrheit, die Jesus auch betont.

Aber, so frage ich mich, warum müssen wir im Andersdenkenden meist das so sehen, dass sein Handeln falsche Beweggründe hat, weil es nicht der eigenen idealisierten philosophischen Vorstellung entspricht?
Dasselbe trifft auch genau auf das Christum zu, es macht sich zum Massstab für andere.
Und so ist Philosophie in etwa mit „Religion“ gleichzusetzen.


Sicher mag unser Verständnis über Gott sehr begrenzt sein, und schlussendlich können wir nicht etwas fassen, was wir nicht mal in der Lage sind zu beweisen. Aber genau daran scheitern auch die Religionen und Philosophen.

Müssen wir schlussendlich nicht einfach vor Gott kapitulieren? Selbst mit unserem philosophischen Denken, ja selbst mit unserer Religion oder gar mit unserem Glauben, in welchem sich der Mensch sozusagen in seinem Denken hochschaukelt?

Sicher bedarf Gott unserer nicht, aber er WILL unser, und deshalb lässt es ihn nicht unberührt, weil er uns liebt.

Aber so durch alles hindurch denken wir doch ähnlich, bezeichnen und gewichten wir einiges verschieden.

Letzthin las ich ein Zitat, das in etwa so lautete, dass sich die Philosophie selbst die Fallen stellt, in die sie hineintappt.



Aber vielleicht können wir wieder zum eigentlichen Thema zurück? Die Papstwahl lässt dazu ja zu weiteren Spekulationen leiten, wie es danach weiter gehen könnte…..

Provisorium
03.03.2013, 11:51
Aber vielleicht können wir wieder zum eigentlichen Thema zurück? Die Papstwahl lässt dazu ja zu weiteren Spekulationen leiten, wie es danach weiter gehen könnte…..Das ist auch mein Wunsch.

Vielleicht ist es ja möglich meine Ausführungen unter genau diesem Aspekt zu betrachten. Jeder gläubige Mensch hat seine Vorstellungen und Wünsche, wie er seinen Glauben ausgestaltet sehen möchte und das auch im Hinblick auf die gesamte religiöse Entwicklung.

Das hat in den "Schriftreligionen" dann natürlich zunächst auch einmal sehr viel mit dem individuellen Verständnis der Heiligen Schriften zu tun und den dort beschriebenen Wegen, die die Menschen gegangen sind, um eine Gottesbeziehung zu haben. Dabei weiß ich natürlich auch, das mein persönliches Verständnis der Schrift nicht "mehrheitsfähig" ist und es auch nie war. Aber, und das ist eben mein Wunsch für die Entwicklung des Christentums, ich wünschte, man würde sich verstärkt mit dieser Perspektive auseinandersetzen - sie hat auch eine lange Tradition.

Die meisten Menschen definieren ihre Beziehung zu Gott aber eben eher über die Moralität, als über ein lassen und ledigwerden. Sie wollen anständige Menschen sein und ein gottgefälliges Leben führen. Daran habe ich auch gar nichts auszusetzen und auch ich selbst habe genau in diesem Sinne meine ersten Glaubensschritte getan. Mir kommt deshalb ganz bestimmt nicht in den Sinn diesen Weg als falsch bezeichnen zu wollen, denn er ist aus dem Blickwinkel der substantiellen Einheit heraus auch nicht falsch, er ist ein möglicher Weg und alle die ihn so gehen mögen wünsche ich Segen und Frieden auf ihren Wegen!

Aber ich persönlich bin nach Jahren damit in eine Sackgasse geraten und die Mauer, vor der ich stand, konnte ich vermöge der Moralität nicht bezwingen. Deshalb bin ich unendlich dankbar, dass ich lernen durfte auch von meiner Moralität zu lassen und von allen Dogmen und aller Anstrengung, ein gottgefälliges Leben führen zu müssen und von allem Gut und allem Böse...

Ich denke es gibt viele gläubige Menschen die vor solchen Mauern stehen und im schlimmsten Fall versuchen sie sich durch sie hindurch zu sprengen, egal wer noch dabei drauf geht...

Ich nehme ganz allgemein wahr, das wir Menschen über unsere weltlichen, materialistischen Bedürfnisse hinaus, weitere Bedürfnisse haben. Vielleicht kennst Du die Bedürfnispyramide nach Maslow? Da steht in der Spitze, als zuletzt zu befriedigendes Bedürfnis die Transzendenz. Ich erlebe das nun irgendwie andersherum. Aber natürlich bin ich in dieser Welt ein ganz normaler Mensch. Ich muss essen, muss mich kleiden, brauche ein Dach über dem Kopf, Beziehung zu den Menschen um mich herum, meiner Familie, Freunde, Arbeitskollegen. Wenn ich nach einem langen und anstregenden Dienst nach Hause komme habe ich Rückenschmerzen, ich bin mal traurig und mal froh, aber all das erlebe ich als Wesen, dass sich transzendent in Gott geborgen weiß, möge mein Leben mir bescheren was es mag, ich bin in Gott.

Ich glaube das ist es, was uns dieser Jesus sagen wollte und wenn ich die Bibel zur Hand nehme und darin lese, dann lese ich sie aus dieser Perspektive heraus und so komme ich dann zu den "Einsichten", die ich in diesem Thread auf Nachfrage etwas ausführlicher dargestellt habe.


Warum gehen deine Darlegungen irgendwie nicht auf? Da will Jesus „eins sein“ mit Gott, nein, er will es nicht nur, er sagt dass er es sei und es ist dir ein Vorbild, aber gleichzeitig sagst du, dass solches nicht geht? Wenn es bei allen Menschen so ist, dann auch bei Jesus nicht, dann hat er was vorgemacht. Da sprichst du vom Leben aus der Einheit, und meinst gleichzeitig, dass solches nicht geht.Es gibt zwei Perspektiven. Eine substantielle (Reale), die ist in Gott. Eine geschaffene, kreatürliche (die nennen wir Realität, aber sie ist es nicht wirklich), die ist in dieser Welt.

Jesus ist sich in meiner Vorstellung auch in dieser Welt dieser substantiellen Einheit bewusst gewesen und also hat er sie gelehrt. Er weist uns einen Erkenntnisweg hin zur substantiellen Einheit durch radikales ledigwerden. Willentlich ist dieser Weg nicht zu gehen, denn am Ende, wenn Du alles gelassen hättest, aber Dein Wille stände noch zwischen Dir und Gott, dann musst Du auch Deinen Willen lassen. Geschieht das und Du hast Dich auf die unterste Stufe gelassen, dann geht Gott mit allem worin er Gott ist in Dich ein, da ist kein Unterschied mehr, da ist alles eins. Denn Gott schafft aus dem Nichts heraus etwas und soll Gott etwas in Dir schaffen, dann musst Du zuvor zu nichts geworden sein.

Man muss diese Erfahrung nicht machen, aber ich wünschte sie allen Menschen. Auf den Stufen zuvor kommst Du zur Gelassenheit und Stück für Stück zieht stärker werdend Frieden in Dich ein. Davon kann ich Zeugnis geben und ich wünschte, dass das Christentum insgesamt dafür Zeugnis wäre.


Dasselbe mit der Beziehung. Hatte Abraham keine Gottesbeziehung?Selbstverständlich hatte er die und für ihn war das auch von ganz entscheidender Bedeutung. Ich hatte ja gesagt, dass es einen fundamentalen Unterschied macht, ob man eine Beziehung zu Gott hat oder nicht, aber eben nur für den Menschen, nicht für Gott. Gott bleibt davon unberührt. Ich glaube nicht an einen Gott der traurig sein kann, oder zornig, egal wie oft die Bibel ihn in diesem Bild auch beschreiben mag. Für mich ist das nur ein Bild und nichts weiter. Gott ist der unbewegte Beweger, wir mögen zu ihm stehen wie wir wollen, ihn tangiert das nicht. So wünsche ich mir für alle Menschen eine ganz wunderbare Beziehung zu Gott, aber diese Beziehung wird und soll nur uns verändern und nicht Gott.


Wo beginnt denn „Eigennutz“? Auch der Philosoph, der meint, dass er seinen Willen abgibt, um in Einheit zu leben, macht das aus Eigennutz.Eigennutz beginnt überall dort, wo ich etwas für mich will. Das muss auch so sein und daran ist nichts verwerfliches. Ich muss in dieser Welt Ziele verfolgen, Bedürfnisse befriedigen und also muss ich auch an meinen eigenen Nutzen denken.

Aber es gibt über den weltlichen und materiellen Weg hinaus auch noch einen spirituellen Weg. Der weltliche Weg ist eher der Weg nach außen und in Bezug dazu und der spirituelle Weg ist der Weg nach innen und in Bezug dazu. Wenn Du den spirituellen Weg zunächst aus Eigennutz gehen magst, prima! Dann beginne ihn so. Aber dann wirst Du über kurz oder lang die Erfahrung machen, dass eben dieser Eigennutz Dir Steine auf Deinen spirituellen Weg vor die Füsse stellt, die Du aus eigener Kraft nicht aus dem Weg räumen kannst und Du wirst zur Einsicht(!) kommen, dass der Stein sofort verschwindet, lässt Du auf Deinem spirituellen Weg den Eigennutz sein.

Das dieser Weg im Christentum wieder häufiger erklärt und gelehrt würde, ist ein weiterer Wunsch von mir!


Aber, so frage ich mich, warum müssen wir im Andersdenkenden meist das so sehen, dass sein Handeln falsche Beweggründe hat, weil es nicht der eigenen idealisierten philosophischen Vorstellung entspricht?
Dasselbe trifft auch genau auf das Christum zu, es macht sich zum Massstab für andere.
Und so ist Philosophie in etwa mit „Religion“ gleichzusetzen.Ich rede nicht von falschen Beweggründen. Ich gebe nur Zeugnis von meinen persönlichen Beweggründen und Ansichten, die aber niemand teilen muss und ich habe auch kein Problem damit, wenn man das alles komplett anders sieht, erlebt und entsprechend praktiziert. Ich formuliere hier keine Maßstäbe aus an denen man sich gefälligst zu orientieren hätte. Und ich wünschte, dass würde das Christentum und alle andere Religion auch mal besser lassen.


Müssen wir schlussendlich nicht einfach vor Gott kapitulieren?Aber was ist denn der spirituelle Weg des radikalen ledigwerdens anderes, als totale Kapitulation?

Also ich habe jetzt doch mal sehr ausführlich meine Sicht und Wünsche dargestellt. Das Provisorium steht sozusagen mit runtergelassenen Hosen da. Jetzt seit ihr mal dran, hopp, hopp ;-)

LG
Provisorium

Provisorium
03.03.2013, 12:52
Aber um mal aktuell zu werden: Welche Berechtigung (in Bezug auf den Katholizismus und Papst) hat ein solches Christentum in heutiger Zeit, welches an seinen eigenen Dogmen klebt?Solange es an seinen eigenen Dogmen klebt, klebt es an sich selbst und das ist nicht das, was Jesus lehrte. Gerade die katholische Kirche weiß das auch! Sie haben aber leider in unschöner Regelmäßigkeit alle Leute aus ihren Reihen entfernt, die darauf aufmerksam gemacht haben. Und das tut sie noch bis heute und entzieht dann ganz gerne mal die Lehrerlaubnis. So gräbt sie sich ihr eigenes Grab. Aber vielleicht muss es dann eben auf diesem Weg sein, dass sie lernt sich selbst zu lassen...

LG
Provisorium

luxdei
03.03.2013, 14:32
Das weißt Du ganz genau...!
Aber niemand braucht jemanden, der einem etwas nimmt, wenn man es nicht hat...
Ich wünschte Dir nur Frieden!

Sorry, aber mit dieser Aussage kann ich nichts anfangen. Haben wir aneinander vorbei geredet?!?

Provisorium
03.03.2013, 15:38
Sorry, aber mit dieser Aussage kann ich nichts anfangen. Haben wir aneinander vorbei geredet?!?Wir kamen doch ins Plaudern über Eckhart und Du fragtest was er schon bringen könne und ich meinte gar nichts, aber vielleicht kann er Dir ja was nehmen. Und dann sprachen wir kurz über Ängste und Du fragtest, ob Du solche hättest und darauf bezieht sich meine Aussage "das weißt Du ganz genau". Ich kann es auch anders sagen, dann sage ich, das musst Du doch selbst wissen!

Jedenfalls braucht aber niemand jemanden (natürlich auch keinen Eckhart) wenn er einem nichts bringen und auch nichts nehmen kann. Mit anderen Worten, man muss sich damit kein bisschen auseinandersetzen wenn man es nicht möchte und da wo man ist, gerne ist. Und ganz egal wer oder wo Du bist und mit was auch immer Du Dich in Deinem Leben noch auseinandersetzen magst und musst, wünsche ich Dir Frieden.

Nebenbei: Ich bin ja Altenpfleger und es ist für mich geradezu erschreckend festzustellen, dass es zwei ganz klare Hauptprobleme bei alten Menschen gibt. Das ist übrigens auch wissenschaftlich erforscht und dient also nicht "der Angstmache", sondern der sachlichen Information.
Die zwei Hauptprobleme sind Angst und Schmerzen. Gegen die Schmerzen gibt es feine Sachen, aber gegen die Angst stehen wir fast völlig hilflos da.
Sowas kann sehr schlimm werden und ich wünschte mir sehr, dass die Menschen vorzeitig jemanden oder etwas gefunden hätten, was ihnen die Angst nimmt.
Wir müssen alle einmal sterben, dass lernen wir schon sehr früh im Leben, aber irgendwie verdrängen wir es nur, dass wir eines Tages ganz bestimmt einmal alles lassen müssen...

LG
Provisorium

anonym001
03.03.2013, 16:23
....
Gott bleibt davon unberührt. Ich glaube nicht an einen Gott der traurig sein kann, oder zornig, egal wie oft die Bibel ihn in diesem Bild auch beschreiben mag. Für mich ist das nur ein Bild und nichts weiter. Gott ist der unbewegte Beweger, wir mögen zu ihm stehen wie wir wollen, ihn tangiert das nicht. So wünsche ich mir für alle Menschen eine ganz wunderbare Beziehung zu Gott, aber diese Beziehung wird und soll nur uns verändern und nicht Gott.


Nur noch etwas zu diesem Zitat, das andere lasse ich mal beiseite, da wir sonst im Kreise reden, was so im philosophischen Alltag wohl üblich ist.

Es ist schon klar, dass der Mensch verändert wird, durch und in der lebendigen Beziehung zu Gott. Aber der Schöpfer hat mehr drauf, als nur ein „unbewegter Beweger“ zu sein, als einer, der ausserhalb seiner Schöpfung sich befindet.

Sicher ist er immer der Gleiche, er steht zu seinem „Wort“ (was der Mensch auch immer als sein Wort betrachtet). Aber da ist Liebe, Barmherzigkeit und ohne „Gefühl“ (soweit man bei Gott von Gefühl sprechen kann) gibt es keine Liebe, keine Barmherzigkeit keine Wärme.

anonym001
03.03.2013, 16:24
Also was für ein Papst muss her, damit sich das Christentum, zumindest das katholische in welche Richtung geht?


????

luxdei
03.03.2013, 17:52
@ Provisorium

Oh, ok. Dann kam das zwischen den Zeilen nicht über, was ich meinte.

Provisorium
03.03.2013, 17:56
Es ist schon klar, dass der Mensch verändert wird, durch und in der lebendigen Beziehung zu Gott. Aber der Schöpfer hat mehr drauf, als nur ein „unbewegter Beweger“ zu sein, als einer, der ausserhalb seiner Schöpfung sich befindet.Er ist ein unbewegter Beweger indem er unbewegt, in einem ewigen Schaffensprozess, diese ganze Welt mit allem was dazu gehört (also auch Dich und mich) schafft. Und würde er auch nur einen winzig kleinen Moment damit aufhören, dann wär's das gewesen, dann gehen alle Lichter aus. Ich denke noch näher kann Gott uns also gar nicht sein.

Eine andere Frage ist die, wie wir das dann mit den uns gegeben Erkenntnisstrukturen wahrnehmen (müssen). Und da nehmen wir eben stark vereinfacht ausgedrückt, eine Evolution wahr, in der sich alles aus der Einheit heraus entwickelt hat. Also noch mehr Hinweise kann Gott jetzt doch wirklich nicht geben, die Einheit betreffend ;-) Und dann der Tod, was sagt uns denn der Tod? Er sagt, "Du musst alles lassen, wenn ich Dich hole". Hier haben wir schon die beiden Pole innerhalb dessen sich der von mir angesprochene spirituelle Weg vollzieht.

Jetzt muss ich gerade an die vielen Statements denken, die hier schon von so vielen Usern gepostet wurden und in denen sie übereinstimmend meinen, dass man nur mal mit offenen Augen durch die Natur schreiten muss und dann kann man Gott schon sehr Nahe sein. Ich kann das verstehen, ich weiß was damit gemeint ist, aber Gott ist doch keine schöne Blumenwiese, oder eine majestätische Berglandschaft. Er drückt sich nur darin aus, wenn wir dafür offen sind. Aber glaube mir bitte, kein Moment Deines Lebens ist weniger oder mehr geeignet, um diese Erfahrung zu machen und sich Gott ganz nah zu fühlen. Es ist allein unsere Emotionalität, die die jeweiligen Situationen unterschiedlich bewerten, aber Gott ist immer gleich und immer gleich nah da, da bewegt sich bei ihm nichts...


Sicher ist er immer der Gleiche, er steht zu seinem „Wort“ (was der Mensch auch immer als sein Wort betrachtet). Aber da ist Liebe, Barmherzigkeit und ohne „Gefühl“ (soweit man bei Gott von Gefühl sprechen kann) gibt es keine Liebe, keine Barmherzigkeit keine Wärme.Stell Dir doch einmal vor, da ist jemand der Dich von ganzem Herzen liebt. An wem liegt es nun, ob Du dieser Liebe gewahr wirst, oder nicht? Es wird immer und ausnahmslos allein an Dir liegen. Da kann sich der Jemand noch soviel Mühe geben und seine Liebe zu Dir zum Ausdruck bringen, wenn Du das nicht wahrnimmst, oder ablehnst, dann spürst Du eben keine Liebe. Wenn Du aber liebst und den Dingen die Du liebst zugewandt bist, dann braucht Dich doch beispielsweise der Sonntagsbraten nicht zu lieben und Du liebst ihn aber trotzdem. Oder die schöne Natur: meinst Du sie liebt Dich? Warum kann sie dann aber solche Emotionen in Dir hervorrufen? Natürlich kann man sich auch peu a peu verlieben und steter Tropfen höhlt den Stein, aber es gibt eben auch keinen steteren Tropfen als Gott, der für Dein und alles Sein der Schöpfer und Ursprung ist. Die Emotionalität trägst aber immer allein Du in diese Beziehung hinein.

Ja, ich weiß schon, wir lassen nicht gerne ab von solchen Bildern, dass Gott sich jetzt gerade freut, weil ich was toll gemacht habe, oder traurig ist, weil ich gesündigt habe, aber das sind doch alles nur allein unsere Verständnisbilder. Ich könnte auch sagen, dass ich morgens, wenn ich erwache, erstmal mit Gott Frühstücke und dann Zähne putzen gehe und wenn ich abends dann wieder ins Bett gehe, dann deckt er mich liebevoll zu und drückt mir noch einen zärtlichen Kuss auf die Stirn. Wenn Du das auch so erlebst und empfindest, dann bitteschön, dann sag' es eben auch so. Aber Du musst doch zugeben, dass das alles allein nur Deine Bilder sind und Dein Empfinden. Es liegt allein an Deiner Gottesbeziehung und Verbundenheit.

Natürlich ist Gott als Dein Ursprung und Schöpfer auch Ursprung und Schöpfer Deiner Emotionalität, aber dazu muss er doch nicht selbst emotional sein und mit Milliarden Menschen mitfühlen. Dieser Gedanke ist Wunschdenken der Menschen, die sich Gott wie einen Talisman um den Hals hängen möchten und häufig wenig auf ihn achten, wenn sie glücklich sind, ihn aber anflehen sie wieder glücklich zu machen, wenn sie traurig sind...

Außerdem hat ein mitfühlender; emotionaler Gott noch einen großen Nachteil: solch ein Gott ist dem einen mehr und dem anderen weniger zugewandt. Und daraus ensteht die menschliche Überheblichkeit sich im Namen Gottes über andere zu erheben. Das kannst Du auf unserem schönen Erdenrund tagtäglich beobachten.

LG
Provisorium

anonym001
03.03.2013, 18:18
Hallo Provisorium

Bitte bitte, komm mal runter.
Ich empfinde solches Aussagen wie: „unbewegter Beweger indem er unbewegt...“ eher als Phrasen und Floskeln. Nicht etwa, dass ich dich nicht verstanden habe. Ist denn Gott ein Sonntagsbraten? Ok, wenn das deine Meinung ist, meine ist sie nicht, obwohl in gewissen anderen Dingen wir durchaus ähnliche Gedanken haben. Und ja, Pflanzen scheinen Liebe zu mögen......


Warum willst du Gott, wenn er gefühlsvoll ist, Parteilichkeit zuschreiben? Warum machst du Ihn so zum Menschen? So presst du genau so dein Bild gemäss deiner Philosophie auf Gott hin. Ist das nicht genau so ein Fallstrick der Philosophie, andere in das eigene Denkschema zu setzen?
Seine Zuwendung gilt allen Menschen gleich.

Wie gesagt, für mich ist Gott dynamisch, lebendig, liebend. Und er schuf den Menschen IHM ähnlich, somit auch mit Gefühlen (nur dass er sich da besser beherrschen kann, und sich nicht davon in die Irre leiten lässt), Wärme und selbst ein Eingreifen in das Leben.

Das ist doch da grossartige an Gott, dass er liebt, dass er um uns wirbt (im AT ist ja Israel die Braut…), also da ist ein Begehren vom Schöpfer zum Geschöpf.
Der Tod ist für mich kein Wesen, der da was sagt, wennschon ruft da dann der Schöpfer mich zu sich.




Aber wie schon mal gesagt…. Was ist mit dem Papst?

Provisorium
03.03.2013, 18:37
Bitte bitte, komm mal runter.Ich empfinde solches Aussagen wie: „unbewegter Beweger indem er unbewegt...“ eher als Phrasen und Floskeln. Nicht etwa, dass ich dich nicht verstanden habe. Ist denn Gott ein Sonntagsbraten? Ok, wenn das deine Meinung ist, meine ist sie nicht, obwohl in gewissen anderen Dingen wir durchaus ähnliche Gedanken haben. Und ja, Pflanzen scheinen Liebe zu mögen......
Bitte ärgere Dich doch nicht an dem was ich hier sage. Ich will mich nur genauso mitteilen und meine Ansichten zum Ausdruck bringen, wie Du es tust. Da ist von meiner Seite keine Wertung drin nach dem Motto "besser und schlechter". Ich komme halt eher aus der philosophischen Ecke. Aber nochmal, das muss man nicht !


Warum willst du Gott, wenn er gefühlsvoll ist, Parteilichkeit zuschreiben? Warum machst du Ihn so zum Menschen? So presst du genau so dein Bild gemäss deiner Philosophie auf Gott hin. Ist das nicht genau so ein Fallstrick der Philosophie, andere in das eigene Denkschema zu setzen?Seine Zuwendung gilt allen Menschen gleich.
Das hast Du falsch verstanden. Ich sagte, dass ein gefühvoller Gott von den Menschen so interpretiert werden muss, dass er dem einen mehr und dem anderen weniger stark zugewandt ist. Damit mache ich ihn nicht zum Menschen, sondern ich ziehe nur die Schlussfolgerung, die schon seit jeher in solch einer menschlichen Denkweise verborgen liegt.


Wie gesagt, für mich ist Gott dynamisch, lebendig, liebend. Und er schuf den Menschen IHM ähnlich, somit auch mit Gefühlen (nur dass er sich da besser beherrschen kann, und sich nicht davon in die Irre leiten lässt), Wärme und selbst ein Eingreifen in das Leben.
Und natürlich darf das auch so sein! Ich will Dir Deine Bilder nicht nehmen. Ich habe und brauche sie doch auch immer wieder, selbst wenn ich persönlich eben davon überzeugt bin, dass man ihn nur bildlos erkennen kann.


Aber wie schon mal gesagt…. Was ist mit dem Papst?
Ich kenn' mich da ehrlich gesagt nicht aus und weiß auch gar nicht wer da jetzt zur Wahl steht. Ne' schwarze lesbische Frau ist wohl nicht dabei, oder...? ;-)

LG
Provisorium

Sunigol
03.03.2013, 19:00
Aber wie schon mal gesagt…. Was ist mit dem Papst?
Was soll mit ihm sein? Die Kardinäle, die den neuen Papst wählen werden, sind von seinen Vorgängern bestimmt worden. Ein solches System neigt nicht gerade zu großer Dynamik.

Provisorium
03.03.2013, 19:07
Was soll mit ihm sein? Die Kardinäle, die den neuen Papst wählen werden, sind von seinen Vorgängern bestimmt worden. Ein solches System neigt nicht gerade zu großer Dynamik.Ja richtig. Da müsste sich schon ein Schelm unter den zur Wahl Stehenden finden, der mal frech das Selbe nochmal anders machen wollte. Gab es das schon einmal? Ich fürchte nicht.

LG
Provisorium

Provisorium
03.03.2013, 19:11
@ Provisorium

Oh, ok. Dann kam das zwischen den Zeilen nicht über, was ich meinte.Sorry luxdei, was meintest Du denn? Ich hab es dann tatsächlich nicht begriffen.

LG
Provisorium

Provisorium
04.03.2013, 08:26
ich persönlich weiß es nicht, aber man wirds erleben- das wäre mal so eine erste spontane Antwort von mir gewesen... :-)Uii, die hatte ich ja völlig überlesen. Und tatsächlich, stimmt ja. So wird's sicher sein...Du bist jetzt mein Gnadenkinder-Orakel...:-)


Da ich persönlich etwas "anders" ticke, fällt es mir schwer, mir vorzustellen, was mit einer Religion sein könnte, die "nur einen Weg" kennt.
In allen Gesprächen oder Diskussionen erkenne ich immer wieder, dass es meist bei dieser Zweiteilung in den Köpfen bleibt.
Das meine ich nicht etwa "böse", sondern es ist leider mein Erleben. Mit Zweiteilung meine ich das "Einsortieren" von Menschen in (ich hoffe, ich kann das nun so formulieren, dass sich keiner daran stößt) "Bekehrte, Wiedergeborene..." und "die anderen".Gläubig-Ungläubig, oder noch besser Rechtgläubig - und verirrt. Dann kann man sich auch innerhalb ein- und derselben Religion noch abheben! Mit der Heiligkeit hätte man dann schon eine Exklusivität erreicht, die eigentlich nicht zu toppen ist, oder gibt es unter Heiligen auch noch Abstufungen?

Aber man darf auch nicht unfair werden. So Gegensatzpaare und Exklusivitätsansprüche begegnen uns ja nicht nur in der Religion. Da verhält sich die Religion nur weltlich, oder die Welt religiös - ganz wie man will. Oh, und wieder ein wunderschönes Gegensatzpaar gefunden...;-)


Es gibt unglaublich viele Fasetten von "Christen", das ist mir bewußt, doch "Heimat" habe ich nicht darin.
Mir ist das Leben zu farbenfroh und zu vielseitig, um nur "einen Weg" überhaupt als "richtig" zu sehen. Ich höre lieber von allen Menschen und Geschöpfen auf gleicher Augenhöhe.Ja, die elendige "Schwarzweißdenke"...


Mir fehlt meist hinter sehr vielen "Lehrsätzen" im christlichen der "Tiefgang".Das ist ja interessant. Wie könnte sie denn tiefgängiger werden?

LG
Provisorium

Padma
04.03.2013, 10:48
Wie ich schon schrieb, fehlt mir das auch in der gängigen christlichen Verkündigung:
Die mit dem 'normalen Verstand' konkret nachvollziehbare Verbindung zwischen der Lebensrealität und den Glaubenswahrheiten.

Sehr oft werden bestimmte Aussagen einfach 'gesetzt', irgendwie irrational und wenn man anfängt, darüber nach zu denken, sträubt sich einem der Verstand und sagt "Das kann doch nicht sein."
Besonders in Situationen seelischer Not. Solange alles 'in Butter' ist, fällt es mir nicht so schwer, Dinge, die ich nicht begreifen kann, einfach so stehen zu lassen. Aber in mir empört sich alles dagegen, wenn ich beispielsweise höre, wenn Eltern, die um ihr Kind trauern, zum Trost gesagt wird: "Gott hat das nicht gewollt, aber er hat das zugelassen."

Was soll man denn in einer Situation, in der einem der Boden unter den Füssen wegbricht, mit einem Glauben an einen Gott anfangen, der die Katastophe, in der ich mich gerade befinde, nicht will, sie aber doch zulässt? Woran soll ich mich denn da halten? Komme ich mir denn da nicht total hilflos ausgeliefert vor wie "ein Gefäss seines Zorns" wie in Römer 9:
"20 Ja, lieber Mensch, wer bist du denn, dass du mit Gott rechten willst? Spricht auch ein Werk zu seinem Meister: Warum machst du mich so? 21 Hat nicht ein Töpfer Macht über den Ton, aus demselben Klumpen ein Gefäß zu ehrenvollem und ein anderes zu nicht ehrenvollem Gebrauch zu machen?
22 Da Gott seinen Zorn erzeigen und seine Macht kundtun wollte, hat er mit großer Geduld ertragen die Gefäße des Zorns, die zum Verderben bestimmt waren,
23 damit er den Reichtum seiner Herrlichkeit kundtue an den Gefäßen der Barmherzigkeit, die er zuvor bereitet hatte zur Herrlichkeit."

Und auch bei mir selbst stelle ich fest, je weniger ich meinen Verstand an meinem Glauben beteilige und mir gestatte, bestimmte Dinge bis zum Ende zu durchdenken, um so mehr klafft meine Lebensrealität auseinander, zerfällt in einen Teil 'Glaubensleben' und in ein Teil 'weltliche Existenz', - und diesen Zwiespalt spüre ich mal mehr, mal weniger deutlich.


Aber für mich ist es wichtig, mir auch über meine Beweggründe und Ziele dabei im Klaren zu sein.
Wenn man mit der Motivation daran geht, alles ergründen und verstehen zu wollen, um es dann nicht mehr 'nötig' zu haben, 'einfach' zu glauben - dann kann das zu einem Hindernis werden. Denn das 'Verstehen' - so weit es mit unserem menschlichen Verstand überhaupt möglich ist - kann den Glauben nicht 'ersetzen', dieser Schritt wird nur 'verlagert.

Das richtige Erkennen führt eigentlich immer nur in die Selbsterkenntnis im Angesicht Gottes, in die Erkenntnis, der eigenen 'Nacktheit', wie schon Adam und Eva, nachdem sie vom Apfel der Erkenntnis gegessen hatten, ihre Nacktheit erkannten und sich vor Gott zu verbergen versuchten.Und der Versuch, diese 'Blösse' zu bedecken, führt in die Trennung von Gott. Dahinter steht der Wunsch die Einsicht in die eigene menschliche Unvollkommenheit nicht ertragen zu wollen und die Angewiesenheit und Abhängigkeit als Geschöpf von seinem Schöpfer, in dem der Ursprung, das Ziel und der Sinn des Lebens begründet liegen.

Aber auch der Verstand kann in dieser falschen Weise eingesetzt werden, wenn man Gotteserkenntnis sucht, um sich über eigene 'niedrige Kreatürlichkeit' zu erheben und über den 'göttlichen Funken' der Erkenntnis zur 'Erleuchtung zu kommen und darin dann Gott gleich zu sein. So weit über dem Schmutz des Irdischen und auch des eigenen weltlichen Tuns erhaben zu sein, dass man der Vergebung nicht mehr bedarf, Gottes ausgestreckte Hand nicht mehr benötigt, weil man selbst schon die höchsten Höhen erklommen hat.

Ganz ehrlich gebraucht führt der Verstand aber dazu, dass man sich selbst nicht nur in seiner 'Nacktheit vor Gott' erkennt, sondern auch in der Sünde, mit der man versucht, diese 'Schwäche' auszubügeln, womit wir diese Blösse bedeckt haben:
"Nun aber legt alles ab von euch: Zorn, Grimm, Bosheit, Lästerung, schandbare Worte aus eurem Munde; 9 belügt einander nicht; denn ihr habt den alten Menschen mit seinen Werken ausgezogen
10 und den neuen angezogen, der erneuert wird zur Erkenntnis nach dem Ebenbild dessen, der ihn geschaffen hat.
11 Da ist nicht mehr Grieche oder Jude, Beschnittener oder Unbeschnittener, Nichtgrieche, Skythe, Sklave, Freier, sondern alles und in allen Christus.
12 So zieht nun an als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld;
13 und ertrage einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!
14 Über alles aber zieht an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit." Kolosser 3

Mit dieser Aufforderung ist aber jeder Mensch schlichtweg überfordert - das sagt uns auch unser Verstand (und unsere Erfahrung), das geht wiederum nur aus dem Glauben und wird auch hier so begründet:
" 3 Denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott."
Das ist die Grundlage unserer Identität als Christen und über das "Leben, das mit Christus verborgen ist in Gott" kann auch unser Verstand nicht 'verfügen', er kann auch nur immer wieder in die Selbsterkenntnis führen und damit zum bewusst entschiedenen Glauben.

Provisorium
04.03.2013, 11:50
Was soll man denn in einer Situation, in der einem der Boden unter den Füssen wegbricht, mit einem Glauben an einen Gott anfangen, der die Katastophe, in der ich mich gerade befinde, nicht will, sie aber doch zulässt? Woran soll ich mich denn da halten? Komme ich mir denn da nicht total hilflos ausgeliefert vor wie "ein Gefäss seines Zorns"Ja, das berührt insgesamt die Frage nach der Theodizee. Die könnte tatsächlich im Christentum auch anders behandelt werden. Ich sag' da jetzt mal nix weiter zu, aber wer mag kann sich ja diesbezüglich mal folgenden Artikel durchlesen. Im Christentum gibt und gab es nämlich schon länger eine Sichtweise, die vielleicht eine befriedigendere Antwort auf die Theodizeefrage gefunden hat: http://www.tabularasa-jena.de/artikel/artikel_1933/


Und auch bei mir selbst stelle ich fest, je weniger ich meinen Verstand an meinem Glauben beteilige und mir gestatte, bestimmte Dinge bis zum Ende zu durchdenken, um so mehr klafft meine Lebensrealität auseinander, zerfällt in einen Teil 'Glaubensleben' und in ein Teil 'weltliche Existenz', - und diesen Zwiespalt spüre ich mal mehr, mal weniger deutlich.Da kann ich Dich sehr gut verstehen. Ich kann das auch nicht haben, wenn mein Verstand und mein Glauben nicht zumindest Hand in Hand gehen können.


Aber für mich ist es wichtig, mir auch über meine Beweggründe und Ziele dabei im Klaren zu sein.
Wenn man mit der Motivation daran geht, alles ergründen und verstehen zu wollen, um es dann nicht mehr 'nötig' zu haben, 'einfach' zu glauben - dann kann das zu einem Hindernis werden. Denn das 'Verstehen' - so weit es mit unserem menschlichen Verstand überhaupt möglich ist - kann den Glauben nicht 'ersetzen', dieser Schritt wird nur 'verlagert.Deswegen meinte ich, sie sollten Hand in Hand miteinander gehen können.


Das richtige Erkennen führt eigentlich immer nur in die Selbsterkenntnis im Angesicht Gottes, in die Erkenntnis, der eigenen 'Nacktheit', wie schon Adam und Eva...Aber kam die Erkenntnis der Nacktheit nicht erst nach dem Sündenfall und ist das dann das richtige Erkennen?


Aber auch der Verstand kann in dieser falschen Weise eingesetzt werden, wenn man Gotteserkenntnis sucht, um sich über eigene 'niedrige Kreatürlichkeit' zu erheben und über den 'göttlichen Funken' der Erkenntnis zur 'Erleuchtung zu kommen und darin dann Gott gleich zu sein. So weit über dem Schmutz des Irdischen und auch des eigenen weltlichen Tuns erhaben zu sein, dass man der Vergebung nicht mehr bedarf, Gottes ausgestreckte Hand nicht mehr benötigt, weil man selbst schon die höchsten Höhen erklommen hat.Gottes ausgestreckte Hand liegt ja in der Vergebung und in der Einladung alle Mühsal, Sünde und Trübsal bei ihm zu lassen und dadurch frei zu werden. Natürlich macht dann letztlich er allein davon frei, aber ich muss nun einmal auch bereit sein, es frei zu lassen und auf diese Weise ergreife ich dann seine Hand...

Aber sicher, solche Überheblichkeiten mag es geben.

LG
Provisorium

Padma
04.03.2013, 12:29
Aber kam die Erkenntnis der Nacktheit nicht erst nach dem Sündenfall und ist das dann das richtige Erkennen?


Das Erkennen von 'gut' und 'böse' durch den 'Apfel der Erkenntnis' führte zur Erkenntnis der eigenen Nacktheit und dem Wunsch, diese zu bedecken und sie und sich vor Gott zu verbergen:
"Da wurden ihnen beiden die Augen aufgetan und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren, und flochten Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze.
...
Ich hörte dich im Garten und fürchtete mich; denn ich bin nackt, darum versteckte ich mich."

- Sie führte also in die Tennung von Gott, und die anschliessende 'Vertreibung aus dem Paradies' ist letzendlich nur die logische Konsequenz daraus.

Provisorium
04.03.2013, 12:36
Das Erkennen von 'gut' und 'böse' durch den 'Apfel der Erkenntnis' führte zur Erkenntnis der eigenen Nacktheit und dem Wunsch, diese zu bedecken und sie und sich vor Gott zu verbergen:
"Da wurden ihnen beiden die Augen aufgetan und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren, und flochten Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze.Ja, das meinte ich ja. Die Erkenntnis der Nacktheit kam nach dem Sündenfall. Im Augenblick des Essens von der verbotenen Frucht wurden ihnen die Augen aufgetan und sie mussten dann z.B. zwischen gut und böse unterscheiden, lebten also verstandesmäßig plötzlich in einem Dualismus. Das war wohl zuvor nicht so und darum sehe ich persönlich darin einen Hinweis, dass die "richtige Erkenntnis Gottes" eben nicht im Dualismus, sondern in der Einheit mit ihm liegt.

Aber natürlich muss man das nicht so sehen.

LG
Provisorium

Padma
04.03.2013, 12:55
darum sehe ich persönlich darin einen Hinweis, dass die "richtige Erkenntnis Gottes" eben nicht im Dualismus, sondern in der Einheit mit ihm liegt.

Ja, das sehe ich auch so.
Aber diese Einheit kommt nicht dadurch zustande, dass 'unser göttliche Funke' sich seiner 'Göttlichkeit' bewusst wird und auf diese Weise den 'irdischen Teil' seiner Existenz hinter sich lassen kann. Der menschliche Verstand kann trotz allem nicht über seine Begrenztheit hinaus, unser Erkennen bleibt zeitlebens Stückwerk und sobald es 'verabsolutiert' wird, wird die erkannte Wahrheit verfälscht.
Schon allein der Versuch, sich etwas vorzustellen, das jenseits der Grenzen von Raum und Zeit liegt, überfordert unseren Verstand, der gerade dieser Begrenzung auch unterworfen ist. Deshalb gibt es Erkenntnis des Göttlichen immer nur in der 'Relativität', nie in der 'Absolutheit'.

Provisorium
04.03.2013, 13:04
Der menschliche Verstand kann trotz allem nicht über seine Begrenztheit hinaus, unser Erkennen bleibt zeitlebens Stückwerk und sobald es 'verabsolutiert' wird, wird die erkannte Wahrheit verfälscht.Erkenntnis gibt es immer nur den weltlichen Strukturen und insofern ist sie dann tatsächlich auch nur Stückwerk. In der Einheit selbst kann nichts erkannt werden, aber das Erkennen setzt ja in einem lebendigen Sein immer wieder ein, es geht ja gar nicht anders. Das führt dann eben zu der Erkenntnis, dass auch die höchste Erkenntnis nur kreatürlich und geschaffen ist und man auch von ihr wieder lassen muss, um in die Einheit genommen zu werden. Das ist der Erkenntnisprozess, den Eckhart "Sohnerkenntnis" nannte. Hier ist das bei Interesse nochmal ausführlicher erläutert: http://www.tabularasa-jena.de/artikel/artikel_391/

LG
Provisorium

Padma
04.03.2013, 13:29
Das führt dann eben zu der Erkenntnis, dass auch die höchste Erkenntnis nur kreatürlich und geschaffen ist und man auch von ihr wieder lassen muss, um in die Einheit genommen zu werden. Das ist der Erkenntnisprozess, den Eckhart "Sohnerkenntnis" nannte.

Ja, genau darum ging es mir. Dass die verstandesmässige Erkenntnis nur bis an ihre eigenen Grenzen heranführt und dann über sich hinausweist - und der dann folgende Schritt ist ein Schritt des Glaubens im Vetrauen auf die Überwindung dieser Grenze von Gott her. Ein "Lassen" der Erkennentnis, um ('nackt') "in die Einheit genommen werden" zu können.

(Ich muss doch mal wieder Meister Eckhart lesen, ist ja schon sooo lange her, seit ich micht mit ihm beschäftigt habe)

Provisorium
04.03.2013, 14:58
(Ich muss doch mal wieder Meister Eckhart lesen, ist ja schon sooo lange her, seit ich micht mit ihm beschäftigt habe)Ich finde er liefert halt eine sehr schlüssige und auch schöne Philosophie des Christentums. Mehr ist es ja nicht. Aber es ist halt so anders, wie man für gewöhnlich über den christlichen Glauben philosophiert und nachdenkt und das finde ich persönlich sehr bereichernd.

Ich weiß ja nicht wie Du literarisch ausgestattet bist, aber unter folgendem Link kannst Du alle Deutschen Predigten und Traktate von Eckhart lesen. Auch die einführenden Worte finde ich sehr lesenswert: http://de.scribd.com/doc/33299537/Meister-Eckhart-Deutsche-Predigten-und-Traktate

LG
Provisorium

Padma
04.03.2013, 15:30
Danke für den link!

Provisorium
04.03.2013, 15:45
Danke für den link!Sehr gerne!

Provisorium
04.03.2013, 15:51
Aber ich würde jetzt gerne mal weg von Eckhart und habe hier einen Link gefunden, der in den Kreisen, die gerne die jüdische Wurzel des Christentums wieder stärker in den Vordergrund gerückt sehen würden, "heiß" diskutiert wird: http://firstfruits.de/

Vielleicht habt ihr mal Lust da kurz reinzuschauen (Alef vielleicht...? Deine Meinung würde mich insbesondere sehr interessieren) und was dazu sagen.

LG
Provisorium

anonym002
04.03.2013, 19:54
Shalom Provisorium

Was willst du darüber diskutieren?
Solche Messianer gibt es verschiedene, und mit etwas jüdischem Tradition und Wissen werden Christen beeindruckt. Es wird sich aber schnell abflachen, lässt sich der Europäer wohl weniger solcher Tradition verpflichten.
Die Palette reicht von christlich kopierten Lehren und Dogmen (also eher evangelikaler Art, nicht katholischer), wo man selbst Pessach „christlich“ feiert, bis hin zu jenen, die zumindest auch im NT dieses heidnische (hellenistische) Denken (was in der Tenach keinen Platz hat), kritisieren, und aus dem Moschiach zumindest keinen Gott machen.

Komisch ist, dass die oben Erstgenannten auch klar betonen, dass nichts von der Schrift anders gelehrt werden darf… und trotzdem tun sie es, wenn sie da Jesus als gottgewolltes stellvertretendes Sündopfer betrachten, das hinwegnehmen soll ALLE Sünden der Welt….


Was soll man davon halten oder dazu sagen? Jedem wie er meint Glauben zu müssen.

Aber ich denke nicht, dass dies die Richtung sein wird, in die sich das Christentum entwickelt. Die „Charismatiker“ haben da weit mehr bewirkt, und werden es mithin weiter tun. Das ist weit „emotioneller“ und spricht den Menschen an, da der Mensch im Allgemeinen nicht so gerne denkt (sorry) und lieber Rednern nachläuft…..naja.

Provisorium
05.03.2013, 05:17
Was willst du darüber diskutieren?Mich interessiert daran, ob das Christentum innerlich durch seine Genese vielleicht schon derart gespalten ist, dass es gar nicht so richtig weiß, wohin es sich letztlich orientieren soll. Die Spaltung die ich meine kommt wohl am deutlichsten bei Paulus, im Römerbrief Kapitel 7 und Kapitel 8 zum Ausdruck.

Du hast darauf ja auch schon geantwortet und siehst in der weiteren Entwicklung eher die charismatische Richtung im Wachstum und sicher stimmt das auch und diese "hochemotionale Herangehensweise" mag ja tatsächlich auch recht erfolgreich sein, um Menschen mit dem Glauben bekannt zu machen, aber im weiteren Verlauf, das ist eben meine Beobachtung, stößt man sich früher oder später an der Frage bzgl. der Verbindlichkeit des Gesetzes und ob es nicht vielleicht doch notwendig sein könnte, diese Gesetze zu befolgen, um ein gottgefälliges Leben zu führen. Meist kommt dann so eine Art "Gesetze-Light-Version" dabei heraus, z.B. ohne die Speisevorschriften, aber dieses "Gespaltensein" drückt sich darin schon sehr schön aus.

Paulus hatte ja geschrieben: "das Gesetz des Geistes, das in Christus Jesus lebendig macht, hat euch befreit vom Gesetz der Sünde und des Todes". Soweit so gut, aber natürlich sündigen Christen weiterhin und sterben müssen sie auch alle, was ist das also für eine Freiheit? Dann die Geschichte mit dem Fleisch, dass mit dem (wiedergeborenen) Geist im Streit liegt und das man abtöten muss. Das hat für nicht wenige Christen zur Konsequenz sich eben doch wieder stärker an den Gesetzen zu orientieren (wie gesagt, eher in einer "Light-Version").

Gerade in "charismatischen Kreisen" gewinnt man dann mitunter den Eindruck, dass es da im Gläubigen ein beständiges Hin und Her zwischen alten Menschen im Fleisch und neuen Menschen im Geist gibt und darin drückt sich dann unter anderem dieses "Gespaltensein" aus, was dann sein Heil in den Gesetzen sucht, weil ja schließlich Jesus diese Gesetze nicht für ungültig erklärte.

Natürlich tangiert das eher die Christen, die fleißig in der Bibel lesen und unbeschwert von kirchlichen Dogmen, sich selbst einen Reim auf ihren Glauben machen wollen. Das meine ich übrigens völlig wertfrei, ohne dieses Verhalten nun als besser oder schlechter betrachtet zu wissen. Aber muss nicht gerade da, wo man bibeltreu (also AT und NT gemäß) seinen Glauben gestalten möchte, fast automatisch diese Spaltung entstehen, weil sich beides abgeschlossen in sich eben gar nicht wirklich vereinbaren lässt?

Und hat eine Religion, die mit solch einer Widersprüchlichkeit geschlagen ist, denn überhaupt eine Zukunft? Ich meine das lässt sich ja z.B. auch in der katholischen Kirche beobachten, in der Anspruch und Wirklichkeit auch ganz gerne mal weit auseinander driften und die deshalb zurecht von vielen Menschen als bigott wahrgenommen wird.

Das sind halt so die Fragen, die mich beschäftigen, wenn ich über die Entwicklung des Christentums nachdenke.

LG
Provisorium

anonym002
05.03.2013, 19:00
Das sind halt so die Fragen, die mich beschäftigen, wenn ich über die Entwicklung des Christentums nachdenke.


.... die wohl kaum jemand wirklich beantworten kann. Optimisten träumen von weltweiter Erweckung, Pessimisten vom Niedergang, und der "Realist" zuckt mit den Achseln.

Provisorium
05.03.2013, 19:02
.... die wohl kaum jemand wirklich beantworten kann. Optimisten träumen von weltweiter Erweckung, Pessimisten vom Niedergang, und der "Realist" zuckt mit den Achseln.Gut gesagt! Lass uns mit den Achseln zucken!

LG
Provisorium

Provisorium
06.03.2013, 08:42
Da wir jetzt beim Achselzucken angelangt sind und sich sozusagen "bonnies Prophetie" jeden Tag aufs Neue bestätigt, (nämlich das man nicht wissen kann wohin sich das Christentum entwickelt, wir es aber sehen werden) nehme ich an, dass man hier an dieser Stelle keine weiteren Träume, Wünsche und Sehnsüchte für die Entwicklung des Christentums hat, oder?

Dann darf ich mal versuchen zusammenzufassen:

-Das Christentum hat unglaublich viele Facetten, wobei sich die charismatische Bewegung aber wohl noch am ehesten ausdehnen wird.

-Im Katholizismus wird sich wahrscheinlich nicht allzu viel verändern, trotz neuen Papstes, weil das System nicht zur Dynamik neigt und nach eigenem Bekenntnis in Jahrhunderten, oder sogar Jahrtausenden "denkt".

-Die jüdische Wurzel des Christentums wird wohl eher nicht stärker in den Mittelpunkt des Interesses geraten und eine Randerscheinung bleiben.

-Eine ausgeprägtere Auseinandersetzung mit dem philosophischen Gehalt des Christentums stößt hier und da vielleicht auf Interesse, wäre sicher auch dazu in der Lage mehr Tiefgang bzgl. der Lehrsätze zu bieten, ist aber insgesamt zu speziell und zu weit weg von den Alltagserfahrungen der Menschen.

-Der Absolutheitsanspruch des Christentums müsste aber gleichzeitig überwunden werden, damit jeder Gläubige nach seiner eigenen Fasson glücklich werden kann und als gleichwertig betrachtet wird. Das "Schwarzweißdenken" als Folge dieses Absolutheitsanspruches ist angesichts der Vielfalt und Buntheit in dieser Welt nicht "zeitgemäß", schafft unnötige Gegensatzpaare und verhindert eine Begegnung auf Augenhöhe.

-Der Rest ist Achselzucken...

Ist das so richtig? Hab' ich was vergessen?

LG
Provisorium

anonym002
06.03.2013, 18:56
-Der Absolutheitsanspruch des Christentums müsste aber gleichzeitig überwunden werden, damit jeder Gläubige nach seiner eigenen Fasson glücklich werden kann und als gleichwertig betrachtet wird. Das "Schwarzweißdenken" als Folge dieses Absolutheitsanspruches ist angesichts der Vielfalt und Buntheit in dieser Welt nicht "zeitgemäß", schafft unnötige Gegensatzpaare und verhindert eine Begegnung auf Augenhöhe.



Eigentlich wäre das der Todesstoss des „Christentums“, sofern „jeder Gläubige“ sich nicht nur auf das Christentum bezieht und jeder so nach seinem Glauben selig würde.. Ebenso müsst sich die Kirche verleugnen und verliert ihre Glaubwürdigkeit (das bisschen, was sie noch hat).

Provisorium
06.03.2013, 19:05
Eigentlich wäre das der Todesstoss des „Christentums“...Aber das dürfte ja eigentlich kein größeres Problem sein, denn schließlich glauben wir ja an Wiederauferstehung...
Und dann vielleicht ein neues Leben, nicht nur mit echter Glaubwürdigkeit, sondern auch dogmenloser Wahrhaftigkeit, die beständig neue Liebe und Frieden gebiert...

LG
Provisorium

anonym002
06.03.2013, 19:17
gg

Ich sprach vom „Christentum“ und nicht vom Christen, der das sterben würde...

Provisorium
06.03.2013, 19:23
Ich sprach vom „Christentum“ und nicht vom Christen, der das sterben würde...Aber ich doch auch. Und danach eben so eine Art Christentum 2.0, oder das Selbe nochmal anders...

LG
Provisorium

anonym002
06.03.2013, 19:25
Aha, Beta Version 707643.11

Provisorium
06.03.2013, 19:27
Aha, Beta Version 707643.11Cool, wir machen erst eine Beta-Version und alle Gläubigen können dann zunächst die Fehler melden. Kannst Du vielleicht die App dazu entwickeln?

anonym002
06.03.2013, 19:34
PRD (product requirements document) ?

Wer erstellt es?

Provisorium
06.03.2013, 19:36
PRD (product requirements document) ?

Wer erstellt es?Jetzt überforderst Du mich ein wenig. Aber ich schlage als Basis eine Entwicklung durch Gnadenkinder.de vor!

anonym002
06.03.2013, 19:39
Lol, dann wird es keine Apps brauchen, die kommen auch „unprogrammiert“ durchs Leben…

Provisorium
06.03.2013, 19:42
Lol, dann wird es keine Apps brauchen, die kommen auch „unprogrammiert“ durchs Leben…Nur für die Fehlermeldungen ist die App gedacht...

anonym002
06.03.2013, 19:46
Hmm, und da will mir jemand in einem anderen Forum tatsächlich verklinkern, dass in Jes 7.14 die Alma ausschliesslich „Jungfrau“ bedeuten soll…. Dabei geht der Mann seinen Weg mit der Almah, und dann wird sie wohl kaum mehr Jungfrau sein… wogegen Betulah wirklich jene ist, die von keinem Manne weiss…, aber dieses Wort steht nicht dort im Text...

Ich weiss nicht, ob das Christentum umprogrammierbar wäre…. das muss irgendwie eingebrannt sein… da nützt eine App wenig, da muss man vielleicht eher mit dem Trennschleifer dahinter...

Provisorium
06.03.2013, 19:50
da muss man vielleicht eher mit dem Trennschleifer dahinter...Deswegen muss es ja auch zuvor sterben, oder besser, sich überleben, so wie sich z.B. die DDR überlebt hat. Na ja, so ähnlich jedenfalls und dann ist Raum für neues...

LG
Provisorium

anonym002
06.03.2013, 19:57
Aus Alt mach Neu?
Oder lieber: Fort mit Schaden? Lieber was neues her?

Grübel grübel…. Dann hatte es nicht viel an „Wert“ (also das so hoch gepriesene Christentum)…..


nee, ich will da niemanden vergraulen....

Provisorium
06.03.2013, 20:07
nee, ich will da niemanden vergraulen.... Ich ja auch nicht. Aber hier ist ja der Thread in dem man träumen darf. Und zwar jeder wie er möchte. Also ist es auch legitim über den bisherigen Wert nachzudenken und da hat halt jeder seine eigene Meinung dazu.
Aber ohne Christentum würden wir uns an dieser Stelle jetzt wohl eher nicht miteinander unterhalten und schon allein unter diesem Aspekt ist es mir wirklich wertvoll geworden...

Sei gesegnet Alef, mich ruft die Pflicht. Schönen Abend noch!

LG
Provisorium

Jamie
07.03.2013, 08:30
Manchmal bin ich echt froh über meine "Naivität" und vielleicht ja auch gegenüber den anderen, die hier posten, mangelnde Intelligenz....

Es scheint, als mache es das Glauben an den Einen, den DREIeinigen Gott leichter....

"Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder und glaubt wie sie" - es sagte schon unser Herr.

Ich tus - und fahre gut damit.

Eure euch lieb habende und naive und simpel gestrickte Jamie http://smilie-land.de/t/w-z/zwinker/zwinker0012.gif

Padma
07.03.2013, 10:07
Lass dich nicht draus bringen, Jamie - so ist's genau richtig.
Mit je leereren Händen wir vor Gott stehen, um so mehr kann er uns beschenken!
(es heisst ja nicht umsonst, dass leichter ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als ein Reicher in das Reich Gottes - er geht lieber traurig von dannen, denn er hat viele Güter...)

Weisheit und Erkenntnis ist sowieso nicht das Wichtigste:
"Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönend Erz oder eine klingende Schelle. 2 Und wenn ich weissagen könnte und wüßte alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, also daß ich Berge versetzte, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts. 3 Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib brennen, und hätte der Liebe nicht, so wäre mir's nichts nütze.
1. Kor 13

Provisorium
07.03.2013, 12:30
Manchmal bin ich echt froh über meine "Naivität" und vielleicht ja auch gegenüber den anderen, die hier posten, mangelnde Intelligenz....Der Paulus hatte ja in der von Padma genannten Bibelstelle einmal gemeint, dass am Ende nur Glaube, Liebe und Hoffnung bleiben. Und die sind selbstverständlich alle drei keine Frage von Intelligenz.

Aber ich denke auch nicht das es Dir an Intelligenz mangelt, sondern Du vielleicht nur nicht soviel Spaß am philosophieren und haschen nach Wind findest, wie ich z.B. habe. Ein weiser Mann hat mal gesagt: "Möchte man alles wissen, könnte man auch versuchen, den Wind zu fangen. (http://www.gratis-spruch.de/spruch/anzeigen/id/21740/themen/Interesse,Intelligenz,Klugheit,Wissen)"

Und deshalb steh' ich hier in meinem Leben und um mich herum brausen die Gedankenstürme und ich versuche zu fangen und zu haschen und obwohl ich die Böen und Winde nicht halten kann und sie mir letztlich alle entweichen, freue ich mich daran wie ein kleines Kind.

Und das ist meine Art Kind zu sein und zum Kind zu werden...


"Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder und glaubt wie sie" - es sagte schon unser Herr.Und ich hoffe mal, dass er damit auch die Kleinen, die gerne mit dem Wind spielen mögen und dabei ins Tanzen kommen, gemeint hat...

LG
Provisorium

luxdei
07.03.2013, 17:52
Welche Fehlermeldung????????

Provisorium
07.03.2013, 18:27
Welche Fehlermeldung????????Na ja, wenn ich mal versuche in diesem (humoristischen) Bild zu bleiben, dann könnte ich mir vorstellen, das die Betaversion vielleicht beständig einfrieren (kaltherzig werden?) könnte, oder man eben nicht flüssig (zukunftsorientiert?) damit arbeiten kann, oder eventuell doch nicht jeder damit zurecht kommt (weil sich manche nicht mitgenommen fühlen?)...

Aber vielleicht stürzt sie ja auch beständig ab, oder die Updates kommen zu träge und nicht regelmäßig genug nach? Es gibt sicher viele Gründe, weshalb meldenswerte Fehler entstehen könnten. Das war ja auch in der "Urversion" so. Und am Ende ist sie vielleicht mit viel zu wenig "Peripheriegeräten" kompatibel?

Oder aber die "Apfelfirma" (die besteht ja angeblich auch aus Jüngern) hat zwischenzeitlich das attraktivere und für viele Menschen kultigere Produkt entwickelt und die Betaversion wäre ohnehin eine Totgeburt gewesen?

&weißnicht

LG
Provisorium

Effi
09.03.2013, 17:49
Und ihr? Wie würde euer „ideales Christentum“ aussehen? Lasst uns doch mal träumen...

Ich hätte gerne ein "Menschentum", das den Menschen individuelle Glaubensfreiheit lässt und somit unnötige Religionskonflikte und Kriege verhindert.

Effi
09.03.2013, 18:03
Weisheit und Erkenntnis ist sowieso nicht das Wichtigste:
"Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönend Erz oder eine klingende Schelle. 2 Und wenn ich weissagen könnte und wüßte alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, also daß ich Berge versetzte, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts. 3 Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib brennen, und hätte der Liebe nicht, so wäre mir's nichts nütze 1. Kor 13

Die Liebe ist wichtig, gewiss, aber deshalb ist Weisheit und Erkenntnis nicht unwichtig. Was einem gerade bedeutsamer ist, entscheidet jeder in seinen persönlichen Situationen auf genau dieselbige abgestimmt für sich selbst. So in diese Richtung denke ich :-)).

Provisorium
09.03.2013, 18:30
Ich hätte gerne ein "Menschentum", das den Menschen individuelle Glaubensfreiheit lässt und somit unnötige Religionskonflikte und Kriege verhindert.Danke für Deinen Beitrag, Effi. Ich glaube festgestellt zu haben, dass sich hier ganz viele Gnadenkinder Deinem Wunsch anschließen wollten.
Aber gleichzeitig ist es auch ein bisschen wie bei einer Misswahl und alle zur Wahl stehenden Damen antworten übereinstimmend auf die Frage nach ihrem Lebenstraum, dass sie sich den "Weltfrieden" wünschen würden. Daran ist natürlich alles richtig und der Applaus und die Gunst des Publikums wird einem sicher sein, aber was bedeutet das denn nun konkret? Hat man denn überhaupt noch Wünsche, Vorstellungen und Träume, oder hat man das alles eigentlich schon längst begraben und glaubt eigentlich auch nicht mehr so richtig dran? Ich meine wir leben hier ja auch in einer konkreten Welt, mit konkreten Ansprüchen und eigentlich wissen wir doch auch "wie der Hase läuft".

Wenn ich mich also beispielsweise z.B. an dem erhobenen Absolutheitsanspruch des Christentums stoße, was kann man dann machen, dass dieser Anspruch relativiert oder gewandelt wird? Glaubt man, wünscht man sich denn überhaupt noch, dass sich da was bewegt und wenn ja, wie könnte das dann aussehen? Ist denn der Glaube, die Kirche in einer modernen Gesellschaft überhaupt noch nötig und zeitgemäß? Das waren so die Intentionen, in denen ich diesen Thread eröffnete und ich glaube auch, dass man sich da sachlich drüber unterhlaten kann, aber irgendwie habe ich jetzt das Gefühl bekommen, dass man eigentlich gar keine Träume mehr hat, oder sie im vorhinein für sinnlos, oder nicht umsetzbar hält. Dabei geht es mir in erster Linie aber gar nicht so sehr um die tatsächliche Umsetzbarkeit, sondern eben um die Träume der Menschen ihres Glaubens betreffend.

Ich habe mich hier an dieser Stelle ja auch ein wenig ausführlicher geäußert, aber irgendwie stehe ich damit ziemlich allein. Ansonsten kommt hier und da ein bisschen Kritik und Relativierung, aber das war es dann eigentlich auch schon. Ich habe natürlich nichts gegen nüchterne und sachliche Betrachtungsweise, aber wenn man keine Lust mehr hat am Träumen, dann hat man eigentlich doch auch keine Kraft mehr zum Kämpfen...
Na ja, vielleicht sagt aber auch gerade das etwas über die weitere Entwicklung des Christentums aus?

LG
Provisorium

anonym001
09.03.2013, 18:59
So lange der Mensch diese –tümer und –ismen in den Vordergrund stell, sich darin Exklusivität für das Selenheil gibt, und das wesentliche, nämlich das Mensch (Effi nannte es Menschentum) sein vergisst, ist wohl wenig „Friede“ in der Welt zu erhoffen.

Aber womit soll das ersetzt werden, damit der Mensch doch einen Halt im Leben findet? Der Halt des Menschen besteht in der Überzeugung, dass sein Glaube richtig ist (und daraus folgernd der des anderen falsch, ansonsten könnte er ja auch anders glauben).

So sagte mal ein kath. Theologe, der sich da einigen grundlegenden falschen Lehren in der Kirche bewusst ist, dass man diese um des Menschen willen nicht berichtigen könnte, da der Mensch sonst den Boden unter den Füssen verliert…. Aber lässt sich die Masse also entsprechend „manipulieren? Es sind ja nicht alle Menschen so tiefsinnig (das nicht als Vorwurf).

Da wurde vorhin noch 1. Kor 13,13 erwähnt. So aus dem Kontext gelöst könnte man sogar selbst soweit gehen, dass selbst Glaube und Hoffnung niedriger als die Liebe sind (in der Ewigkeit müssen wir nicht mehr glauben und hoffen, die Frage ist, können wir dann lieben?), denn das grösste sei die Liebe. Aus dem Kontext des Schreibers und seines Eifers ist aber klar, dass dieser Glaube, dies Hoffnung und die Liebe nicht losgelöst von seiner Lehre sind, sondern mit bestimmten Inhalten verknüpft sind (wie auch das sein wie ein Kind aus dem Ev).

Aus dem Kontext gerissen sind solche Zitate sozusagen religionsüberschreitend. Innerhalb von Religionen aber mit Leitplanken versehen.

Effi
09.03.2013, 19:09
Danke für Deinen Beitrag, Effi. Ich glaube festgestellt zu haben, dass sich hier ganz viele Gnadenkinder Deinem Wunsch anschließen wollten.
Aber gleichzeitig ist es auch ein bisschen wie bei einer Misswahl und alle zur Wahl stehenden Damen antworten übereinstimmend auf die Frage nach ihrem Lebenstraum, dass sie sich den "Weltfrieden" wünschen würden. Daran ist natürlich alles richtig und der Applaus und die Gunst des Publikums wird einem sicher sein, aber was bedeutet das denn nun konkret? Hat man denn überhaupt noch Wünsche, Vorstellungen und Träume, oder hat man das alles eigentlich schon längst begraben und glaubt eigentlich auch nicht mehr so richtig dran? Ich meine wir leben hier ja auch in einer konkreten Welt, mit konkreten Ansprüchen und eigentlich wissen wir doch auch "wie der Hase läuft".

*lach*, dein Miss-Wahl-Vergleich ist nett ;-)).

Allerdings wollte ich mit meiner Aussage gar nicht alles richtig machen. Hinter dieser meiner Wunschvorstellung steckt kein niedriger Anspruch. Toleranz für Individualität ist eine anspruchsvolle Herausforderung, ebenso wie Absolutheitsansprüche abzubauen. Das Leben nicht mehr nach religiösen Richtungen und Kategorien auszurichten, sondern es feinsinnig und achtsam mit praxiserprobten, gut durchdachten, auch neu entwickelten und kontinuierlich hinterfragten Werten / Haltungen selbstverantwortlich zu gestalten wäre mehr als Wunsch nach guten Zielen, bedeutete vielmehr einen anspruchsvollen Weg mit Herausforderungen zu beschreiten.

Provisorium
09.03.2013, 19:22
So lange der Mensch diese –tümer und –ismen in den Vordergrund stell, sich darin Exklusivität für das Selenheil gibt, und das wesentliche, nämlich das Mensch (Effi nannte es Menschentum) sein vergisst, ist wohl wenig „Friede“ in der Welt zu erhoffen.Irgendwie sind doch bisher alle Versuche das Menschsein miteinander friedlich und in Freiheit zu gestalten gescheitert. Das war ja z.B. auch im atheistischen Kommunismus so.Generell scheinen also Ideologien problematisch, aber gerade daran hängt das Herz vieler Menschen wohl sehr stark und es bleibt die Frage, wie man ohne Ideologie, die Ideologie überwinden könnte?
Und daraus resultiert dann Deine Frage:


Aber womit soll das ersetzt werden, damit der Mensch doch einen Halt im Leben findet? Der Halt des Menschen besteht in der Überzeugung, dass sein Glaube richtig ist (und daraus folgernd der des anderen falsch, ansonsten könnte er ja auch anders glauben).Meine Antwort auf die Frage lautet, dass man sich substantiell miteinander verbunden weiß/glaubt, dass man weiß, dass man ein bisschen wie ein Ökosystem ist, also eingebunden in ein Ganzes, in dem jeder Teil wichtig und bedeutsam ist und jeder Verantwortung trägt für das Fortkommen und die Entwicklung des Ganzen.

LG
Provisorium

anonym001
09.03.2013, 19:33
Meine Antwort auf die Frage lautet, dass man sich substantiell miteinander verbunden weiß/glaubt, dass man weiß, dass man ein bisschen wie ein Ökosystem ist, also eingebunden in ein Ganzes, in dem jeder Teil wichtig und bedeutsam ist und jeder Verantwortung trägt für das Fortkommen und die Entwicklung des Ganzen.


Hallo Provisorium

Und genau daraus entwickelt sich wieder ein –ismus, wie der Mensch zu ticken hat. Denn was ist "Entwicklung im Ganzen usw...."? Vorweg doch nur mal ein Schlagwort (wie bei der Misswahl, denn wie soll Friede sein? Ein Muslim sieht da anders als ein Christ), welches wieder zu definieren gibt. usw Will der Mensch im "Ganzen" global denken? Da wird der Mensch zum Nichts.... je nachdem, wie er da zu denken hat, auf dass er "im Ganzen" denkt....


So bevorzuge ich lieber eine Vielheit, auch wenn ich vieles daran kritisch betrachte, dann kann ich wählen und frei denken...

Provisorium
09.03.2013, 19:47
Und genau daraus entwickelt sich wieder ein –ismus, wie der Mensch zu ticken hat. Denn was ist "Entwicklung im Ganzen usw...."?Das sehe ich bisschen anders. Die Entwicklung im Ganzen betrifft einfach nur die Tatsache, dass wir verantwortlich sind für das was wir tun und das was wir nicht tun. Die Welt selbst stellt uns dann auch ihre Aufgaben, auf die wir reagieren müssen, aber auch schon vernunftbasiert agieren können.
Natürlich liegt dem die Einsicht zu Grunde, dass man "das Ganze" nicht wirklich erkennen und überblicken, definieren kann (eben negative Theologie), aber gleichzeitig ist man eben auch mit dem Ganzen konfrontiert und diesbezüglich sollte auch der Verstand und die Vernunft zu Ehren kommen. Ich traue das den Menschen schon zu, aber eben nur, wenn sie sich nicht abgehoben von anderen Menschen wähnen, sondern substantiel in Gott eins. Aus dieser Einsicht heraus, sollte sich dann auch die weltliche Struktur menschenwürdig und friedlich gestalten lassen.

LG
Provisorium

luxdei
09.03.2013, 19:54
Wenn ich So Deinen Post #115 lese, Provisorium, scheint es mir als wollte da jemand den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. "Wissen" und "glauben" versus Ideologie ... Das kann nicht funktionieren.
Snoopys Vielfalt scheint mir da verlockender - sinnhafter. Wozu etwas vorgeben, wenn sich im Menschen solche Vielfalt offenbart? Und ist genau diese Vielfalt nicht die Antwort des Einzelnen auf das Rufen des Absoluten?

Effi
09.03.2013, 19:57
So lange der Mensch diese –tümer und –ismen in den Vordergrund stell, sich darin Exklusivität für das Selenheil gibt, und das wesentliche, nämlich das Mensch (Effi nannte es Menschentum) sein vergisst, ist wohl wenig „Friede“ in der Welt zu erhoffen.

Ja, Snoopy, ja, genau deshalb setzte ich "Menschentum" auch in Anführungszeichen, wegen des "tums". Du bringst hier auf den Punkt, was ich auch schon häufiger dachte. Diese -tümer und -ismen, die stiften mir zu viel Unfrieden, die lenken zu sehr vom menschlichen Miteinander ab.
Ein bisschen (oder vielleicht auch ein bisschen mehr als ein bisschen ;-)) kennt ihr ja meinen Sozialisationshintergrund, der von Absolutheitsansprüchen sehr geprägt war. Irgendwas in mir wehrte sich dagegen. Ich wollte nicht zur angeblichen Elite Gottes gehören, nein, ich wollte mich lieber mit meinen Mitmenschen praktisch auseinandersetzen. Fairness praktisch leben, Konfliktfähigkeit üben und Dankbarkeit spüren, wenn man Konflikte gut gelöst bekam / bekommt. Deshalb kann man natürlich trotzdem glauben, aber eben ohne zu denken man sei im Besitz des besten Glaubens.


Aber womit soll das ersetzt werden, damit der Mensch doch einen Halt im Leben findet? Der Halt des Menschen besteht in der Überzeugung, dass sein Glaube richtig ist (und daraus folgernd der des anderen falsch, ansonsten könnte er ja auch anders glauben).

Ich meine ja, dass in der Kindheit so wenig wie möglich indoktriniert werden sollte, damit Heranwachsende die Gelegenheit bekommen, ihren Weg zu finden (spannende Aufgabe). Um zu hinterfragen, zu recherchieren, sich umfassend zu informieren, sich selbst zu befragen usw. ... braucht es einfach ein gewisses Alter und eine gewisse Reife. Deshalb bin ich natürlich dennoch Vorbild auf meinem Weg. Ich kann anbieten, aber auch stehen lassen. Indem ich für mich Rituale lebe kann ich inspirieren, aber eben ohne Druck und Zwang, so werden unter freien Bedingungen Erfahrungen gesammelt, die irgendwann zu gegebener Zeit auch verändert oder erweitert werden können. So in die Richtung eben. Ich kann es gerade nicht besser beschreiben, sorry.

Im Kontrast zu früher stelle ich mir Gott liebend, eher leise und auch bescheiden vor. Er hat es nicht nötig mit seiner Macht zu prahlen oder zu spielen. Er lässt uns machen und so dürfen wir aus Fehlern lernen. Es ist so ein prakisches Begleiten, kein abstrakter Glaube mehr. Ich erwarte keine Wunder von ihm und schiebe ihm auch nicht die Verantwortung für Katastrophen oder dergleichen zu. Ich versuche mit dem Leben und seinen Herausforderungen umzugehen, natürlich möglichst gut :-). Das ist weder eintönig, noch langweilig ;-)). Ich wünschte mir mehr Gelassenheit bezüglich des Glaubens.


So sagte mal ein kath. Theologe, der sich da einigen grundlegenden falschen Lehren in der Kirche bewusst ist, dass man diese um des Menschen willen nicht berichtigen könnte, da der Mensch sonst den Boden unter den Füssen verliert….

Solche Aussagen empfinde ich als anmaßend und unfair. Es kommt auf die praktische Art der Berichtigung an. Sie müsste einfühlsam und behutsam geschehen, aber nicht einfach nicht und das mit dieser Begründung.

anonym001
09.03.2013, 20:22
Hallo Provisorium

In jedem System ist der Mensch selber verantwortlich, für sein Tun und Nicht-Tun, auch wenn im von „Oben“ eine Ideologie für sein Handeln vorgegeben wird.

Aber, was ist denn „Verantwortung“? Die muss man auch zuerst mal definieren und in jene System, ob Diktatur oder Demokratie, ob Christentum oder anderer Religion, immer wider dem Menschen vorgegeben, was die Verantwortung sein soll, ja selbst, womit ich im Winter meint Haus heizen soll ist „Verantwortung“, und wenn man Erdöl dazu benutz, hat man in heutiger zeit schon ein schlechtes Gewissen.

Ich will damit aufzeigen, dass das alles sehr Gummi-Begriffe sind, denn, was ist Vernunft? Das Leben besteht wenig aus „Vernunft“, sondern aus Interessenkompromissen, was meist die schlechtere Lösung ist als gar keine. Es beschert und unnötige Vorschriften und sind kosten viel Geld, und nützen nur wenigen etwas.

Die „Einsicht“ bleibt nun mal eine Ideologie und nicht das Absolute.
Letztes Jahr habe ich mich mal mit „Bahai“ auseinander gesetzt. Sozusagen eine Weltreligion wo alle Religionen ihr zu Hause haben sollten… weltoffen, frei, und doch will man die andren Religionen in das eigene System zwingen. Es klappt einfach nicht, gefangen in der eigenen Gottes- und Weltanschauung.

Es ist lapidar: wenn alle so wären wie ich (meine Religion, meine Ideologie), gäbe es den Weltfrieden. Nur, warum ums Himmels willen muss der andere so ticken wie ich selber?


Also, was ist nun Vernunft? Was die Einsicht? Was ist Erkenntnis? Was ist das „Ganze“? Das alles ist so subjektiv, dass es bitte nicht zu zementieren ist.

Nein, sicher bist du nicht der einzige, der von einer heilen Welt träumt. Und gerade Religionen und Ideologien haben das stark, dass IHR Messias, IHR Führer das dann schon richten wird. Und genau das hat der Welt schon Millionen von Opfern gefordert.


So halt eich Ideologien sehr gefährlich, denn wer nicht hineinpasst wird eliminiert.

anonym001
09.03.2013, 20:36
Hallo Effi


Im Kontrast zu früher stelle ich mir Gott liebend, eher leise und auch bescheiden vor. Er hat es nicht nötig mit seiner Macht zu prahlen oder zu spielen. Er lässt uns machen und so dürfen wir aus Fehlern lernen. Es ist so ein prakisches Begleiten, kein abstrakter Glaube mehr. Ich erwarte keine Wunder von ihm und schiebe ihm auch nicht die Verantwortung für Katastrophen oder dergleichen zu. Ich versuche mit dem Leben und seinen Herausforderungen umzugehen, natürlich möglichst gut :-). Das ist weder eintönig, noch langweilig ;-)). Ich wünschte mir mehr Gelassenheit bezüglich des Glaubens.


Ja, ich verstehe das gut, wobei ein wenig mehr „Wunder“ würde ich gerne erwarten, aber ich fordere sie nicht…
Das Leben ist ein Lernen aus Erfolg und Misserfolg, aus Gelingen und Fehlern.

So geht es, denke ich mal, Gott weniger dafür, dass der Mensch ein perfektes Leben führen muss oder soll, sondern eher darum, ob der Mensch die ihm von Gott gegebene Fähigkeit gebracht, nämlich das beurteilen des eigenen (und des anderen) Tuns um daraus zu lernen, täglich neu.


So bleibt das Schiff im Wasser und lässt sich lenken und sitzt nicht im Trockenen, unbeweglich, starr. (ja, sicher muss ein Schiff auch mal überholt werden, aber um es wieder auf die See zu bringen….)

Provisorium
09.03.2013, 21:38
Wenn ich So Deinen Post #115 lese, Provisorium, scheint es mir als wollte da jemand den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. "Wissen" und "glauben" versus Ideologie ... Das kann nicht funktionieren.Sorry, aber das verstehe ich nicht so richtig. Es ging doch um die Frage, wie sich –tümer, -ismen und in der Folge eben auch Ideologien, möglichst ohne Ideologie, überwinden lassen könnten. Wie man also miteinander umgehen soll, damit sich die Menschen wahrhaft auf Augenhöhe begegnen können und dies auch im religiösen/spirituellen Bereich sichtbar wird. Die Antwort die ich dann darauf gegeben habe ist doch weniger eine Frage von „Wissen und „Glauben“ versus Ideologie, als vielmehr eine Frage nach dem Wesen des Menschen und seinem Selbstverständnis. Das Selbstverständnis des Menschen ist ja auch nicht selten Grund für grausamste Ideologien gewesen.

Hier soll von meiner Seite aus also nichts ausgetrieben werden, sondern konstruktiv und möglichst gleichgesinnt auf ein gemeinsames Ziel hin gerichtet, die Welt gestaltet werden. Denn die Welt wird so oder so gestaltet werden und meine Frage ist einfach nur, ob Ideologien oder auch Religionen in der Vergangenheit ihrer Gestaltungsverantwortung, im Sinne aller Menschen, möglichst gut nachgekommen sind und falls nein, was sich vielleicht verändern müsste und könnte.

Wenn man sich dann als substantielle Einheit begreift bedeutet das doch nicht das Ende, oder die Einschränkung von Vielfalt. Kannst Du mir das bitte mal erklären, wo genau Du in meiner Argumentation diese Einschränkung wahrzunehmen glaubst? Ich kann sie nämlich nicht sehen. Wenn ich mal in dem Bild des Ökosystems bleibe, dann definiert sich ja gerade dieses System aus der Vielfalt heraus, aber es bildet eben gleichzeitig auch die Einheit. Das Ganze ist immer auch die Summe seiner Teile und sogar noch mehr. Nur wird eben nicht in jeder Betrachtensweise den einzelnen Teilen der gleiche Wert zugesprochen. Dadurch entstehen dann die gefährlichen Unterschiede. Aber in meiner Vorstellung ist eben jedes einzelne Teil in seine Wertigkeit unterschiedslos in Gott und substantiell mit ihm eins. Nur in der weltlichen Struktur hat es unterschiedenes Sein und je nach dem (in unsere Vorstellung) eben auch Wert. Aber das ist alles eine Frage der Perspektive. Und der Mensch ist dazu in der Lage unterschiedlichste Perspektiven einzunehmen, die dann nicht zuletzt eben auch seine Herzenshaltung beeinflussen. Und ich halte die Perspektive der Einheit in Gott für den besten Weg zum Frieden. Und selbstverständlich negiert sie hier auf Erden nicht im Geringsten die Vielfalt, weil „jedes Stück Vielfalt“ transzendent in Gott eben wieder in der Einheit ist. Da braucht man hier auf Erden keine „Gleichmacherei“, sondern man freut sich an der Vielfalt die aus der Einheit kommt. Wie gesagt, vielleicht kann man es am ehesten als eine Art Ökosystem verstehen.

LG
Provisorium

Provisorium
09.03.2013, 22:33
Nur, warum ums Himmels willen muss der andere so ticken wie ich selber?
Selbstverständlich muss der Andere nicht so ticken wie ich. Glaubst Du das aus meinen Beiträgen herauslesen zu können? Dann verstehst Du mich leider nicht richtig, was aber nicht zwangsweise an Dir liegen muss. Aber bitte sag' mir doch mal, wo Du das zu erkennen glaubst.


Die „Einsicht“ bleibt nun mal eine Ideologie und nicht das Absolute.
Also, was ist nun Vernunft? Was die Einsicht? Was ist Erkenntnis? Was ist das „Ganze“? Das alles ist so subjektiv, dass es bitte nicht zu zementieren ist.Es gibt uns Menschen vorgegebene Erkenntnisstrukturen, also die Art wie wir Denken müssen und woraus z.B. folgt, das 1+1=2 ist. Das ist aber keine Ideologie, sondern eben einfach nur die uns vorgegebene Art Dinge zu begreifen und zu verstehen. Vernunft ist nun quasi der Raum, innerhalb dessen sich dieses Denken vollzieht (vollziehen sollte). Das wir dabei letztlich an der Subjektivität hängen bleiben ist ja gerade für mich kein Mangel, sondern eben eine der zentralen Gründe, warum ich der negativen Theologie anhänge und Gott in keinem Bild gefasst sehen wünschte. Aber trotzdem gibt es doch im Rahmen der uns vorgegebenen Erkenntnisstrukturen so etwas wie Wahrheit. Begriffe, Dinge, Worte sind genau definiert, sonst könnten wir uns ja gar nicht verstehen. Subjektivität ist deshalb doch kein Mangel, sondern einfach nur das Bild in das ich versetzt bin. Und aus dieser Position heraus kann ich aber doch trotzdem über die Welt nachdenken.

Wenn Du nun also nach dem Absoluten fragst, kann ich dazu natürlich letztlich keine objektive Stellung einnehmen, aber ich kann mich doch trotzdem aus meiner gegebenen subjektiven Sicht heraus zum Absoluten gedanklich "aufschwingen". Genau das macht dann der Philosoph und dafür ist die Philosophie nützlich und schafft (subjektive) Erkenntnis. Ist sie deshalb wertlos? Ich finde nicht.

Auch auf die Gefahr hin jetzt für völlig durchgedreht erklärt zu werden, will ich trotzdem einmal über das Absolute und das was wir davon erkennen können, ja sogar vermöge unseres Erkenntnisapparates müssen, nachdenken und philosophieren.

Was also ist das Absolute?

Einheit ist die grundlegendste Bedingung für das Sein und die Denkbarkeit von allem. Diese Einsicht lässt sich vernünftigerweise nicht bestreiten, denn was auch immer wir als seiend denken, denken wir eben damit schon als eine Einheit. Wir können nämlich überhaupt nur solches denken, was in irgendeiner Weise Einheit ist, was in keiner Weise Einheit ist, ist für das Denken nichts. Was nicht Eines ist, ist nichts. Also ist alles, was ist, für unser Denken notwendig auch Eines, und zwar in der Weise, dass es eben darum ist, weil es Eines ist. Dass etwas ist, gründet darin, dass es Eines ist: Einheit ist also der Grund des Seins, der Existenz für alles Seiende, aus der Perspektive unseres vernunftbasierten Denkens heraus. Aber nicht nur das.

Auch was etwas ist, verdankt es seinem Charakter als Einheit. Denn wäre es nicht Eines, so wäre es nicht mehr das, was es jeweils ist. Es besitzt seine Bestimmtheit immer als einheitliche Bestimmtheit. Ohne Einheitscharakter wäre es unbestimmt; und das ganz und gar Unbestimmte ist weder etwas, noch ist es überhaupt, noch kann es gedacht werden. Einheit ist darum der Grund des Seins nicht nur im Sinne der Existenz, sondern zugleich auch im Sinne des Wasseins, des Wesens oder der Bestimmtheit für jedes bestimmte Seiende. Und das gilt für alle denkbaren Bestimmungen schlechthin. Denn Bestimmtheit ist überhaupt nur als Einheit denkbar. Darum ist Einheit drittens auch der Grund der Denkbarkeit aller Bestimmungen und des kraft seiner Bestimmtheit denkbaren Seienden.

Weil Einheit der Grund alles überhaupt Denkbaren ist, darum ist auch das scheinbare Gegenteil des Einen, das Viele, sofern es gedacht werden kann, selber noch durch das Eine bedingt: Denn wenn es nicht zur Einheit geworden ist, auch wenn es aus Vielem besteht, kann man auf keine Weise von ihm sagen, dass es ist. Wir denken das Viele immer schon und notwendig als Einheit, nämlich als eine geeinte Vielheit, und das bedeutet, als einheitliches Ganzes, das aus vielen elementaren Einheiten aufgebaut ist, so das der Gedanke des Vielen in doppelter Weise Einheit voraussetzt, nämlich sowohl die Einheit des Ganzen einer Vielheit als auch die Einheit jedes einzelnen ihrer Bestandteile.

Dem Einen kann somit nichts entgegengesetzt werden, weil auch die Vielheit selber nur als Einheit denkbar ist, das Eine also immer schon voraussetzt. Als Grund der Denkbarkeit und Bestimmtheit von allem, auch der Vielheit, ist das Eine also gegensatzlos oder übergegensätzlich. Als das aus jedem Gegensatz Herausgenommene ist es schließlich das Absolute...

Sorry, aber in diesen Erkenntnisrahmen hat uns Gott nun einmal gesetzt. So muss man in der weltlichen Struktur doch denken, wenn man vernünftig denken will. Täte man es nicht, würde man es relativieren und dann wäre am Ende 1+1 auch nicht mehr 2. Hat Gott uns Gewalt angetan, als er uns die Vernunft gab, als er uns in diese dualistische Welt und in diese Gedankenperspektive versetzte? Es stimmt ja auch, die Gedanken sind frei, aber sie folgen doch trotzdem einer vorgegebenen Ordnung. Wenn dies nicht mehr gewährleistet wäre und man es als Angriff auf die Individualität und Vielfalt verstände, dann wäre nur noch Chaos und Nihilismus.

LG
Provisorium

Effi
09.03.2013, 23:18
Hallo Provisorium,
vorhin antwortete ich dir auf Teil 1, jetzt folgt Teil 2 ;-))




Wenn ich mich also beispielsweise z.B. an dem erhobenen Absolutheitsanspruch des Christentums stoße, was kann man dann machen, dass dieser Anspruch relativiert oder gewandelt wird? Glaubt man, wünscht man sich denn überhaupt noch, dass sich da was bewegt und wenn ja, wie könnte das dann aussehen?

Diese deine Gedanken finde ich interessant. Ich möchte mit meinem Verhalten dazu beitragen, dass Bewegung in Richtung mehr Toleranz, Bescheidenheit und Gelassenheit kommt. Ich mag elitäres und arrogantes Denken und Handeln überhaupt gar nicht. In der Auseinandersetzung mit anderen Menschen möchte ich mit meinen Haltungen inspirieren, aber mich auch inspirieren lassen, um mich mit den Haltungen anderer auseinanderzusetzen.



Ist denn der Glaube, die Kirche in einer modernen Gesellschaft überhaupt noch nötig und zeitgemäß?

Das ist eine gute Frage, über die es sich nachzudenken lohnt. Zunächst würde ich Glaube und Kirche trennen, denn letzteres ist für ersteres nicht unbedingt wichtig.
Nötig und zeitgemäß sind nicht unbedingt die Kritereien unter denen ich Glaube und Kirche hinterfrage, denn schließlich können viele Menschen ohne beides ebenso gut leben wie viele mit beidem. Glaube und Kirche hat mit persönlichem Zugang zu tun, mit ganz persönlichen Erfahrungen und Entscheidungen. Für manche Menschen mag Religion zeitgemäß sein für andere nicht. Manche sympathisieren mit monotheisischen Religionen, andere mit polytheistischen. Dabei spielen viele Faktoren, Entwicklungen und Erfahrungen eine Rolle.

Mein Wunsch oder Traum ist in der Tat der, dass die starren Kategorisierungen, Richtungen und Systeme, die es bisher so gibt, sich in ihrer Starrheit auflösten, auf dass jeder Mensch sich auf seinen eigenen Weg begeben möge. Nicht so vorgefertigten und einseitigen Programmen folgt, sondern mehr selbst zusammenstellt, auf die eigene Persönlichkeit abgestimmt.


Das waren so die Intentionen, in denen ich diesen Thread eröffnete und ich glaube auch, dass man sich da sachlich drüber unterhlaten kann, aber irgendwie habe ich jetzt das Gefühl bekommen, dass man eigentlich gar keine Träume mehr hat, oder sie im vorhinein für sinnlos, oder nicht umsetzbar hält. Dabei geht es mir in erster Linie aber gar nicht so sehr um die tatsächliche Umsetzbarkeit, sondern eben um die Träume der Menschen ihres Glaubens betreffend.

Als ich anfing zu träumen kamst du mit dem Miss-Wahl-Weltfrieden-Beispiel ;-)).


Ich habe mich hier an dieser Stelle ja auch ein wenig ausführlicher geäußert, aber irgendwie stehe ich damit ziemlich allein. Ansonsten kommt hier und da ein bisschen Kritik und Relativierung, aber das war es dann eigentlich auch schon. Ich habe natürlich nichts gegen nüchterne und sachliche Betrachtungsweise, aber wenn man keine Lust mehr hat am Träumen, dann hat man eigentlich doch auch keine Kraft mehr zum Kämpfen...
Na ja, vielleicht sagt aber auch gerade das etwas über die weitere Entwicklung des Christentums aus?
Wenn ich schreibe, dass ich eher von einem "Menschentum" als Christentum träume, dann ist das dennoch geträumt, auch wenn ich kein Interesse habe ein Christentum weiterzuträumen ;-).

anonym001
10.03.2013, 08:40
Hallo Provisorium

Warum hört sich dass alles so als „schöne“ Ideologie an? Du meinst, der andere muss nicht so ticken wie man selber, aber trotzdem stellst du deine Ansicht, dein Erkenntnis dein „Absolutes“ irgendwie darüber, als Massstab für die Menschheit, wie der Mensch denkt, wie er zu sein hat. Stellst deine Ansicht von Begriffen als Erkenntnis eines Absoluten dar.

Was sind „vorgegebene“ Erkenntnisstrukturen? Ja, da wäre so etwas, wie eben die Erkenntnis, wenn man sie wahrnehmen will, dass globales Denken, ein globales Einssein eben nicht funktioniert, da jeder Mensch anders ist.

Was nützt dem Menschen ein globales Denken, oder das „Denken der oder in der Einheit“, wenn er nicht mal mit seinem Lebenspartner, seiner Familie, also in der kleinsten Zelle, oder gar mit sich selber nicht klarkommt? Ja, sicher wird dem Menschen Einheit sozusagen diktiert, ob von Politik, Religion oder Ideologie, „auf dass sie alle eins seinen“, wie Jesus es auch meinte, aber von Einheit ist da nicht die Rede, denn was ist Einheit wirklich? Der Mensch verliert seine Identität in solchem Denken, handelt nicht aus eigenem Denken und Verantwortung, sondern aus dem, was ihm vorgegeben ist, wie er zu denken hat. Er fühlt sich einen Staat, einem Führer, einer Ideologie gegenüber verpflichtet.


Einheit, ein höchst gefährliches Wort, ein Volk, eine Nation, ein Glaube, ein Führer… nein, viel zu gefährlich, das ist Selbstvernichtung. Für Christen sozusagen der Antichrist…. ohne den es nichts zu kaufen oder verkaufen gibt.

In welchen Erkenntnisrahmen hat uns Gott wirklich gesetzt? Jener einer Ideologie oder der Philosophie? Irgendwie beisst sich so die Katze in den eignen Schwanz, dem sie im Kreise herum nachjagt. Die Einsicht der Einheit, auch eine Ideologie… Wie umfassend ist „Einheit“?


Das Christentum (es geht ja hier um die Entwicklung des Christentums), es will DIE Erkenntnis für sich gepachtet haben, ja selbst vom göttlichen durchdrungen sein, Wiedergeboren zu neuem Leben. Der Sünde abgestorben um in Liebe zu leben und von Gott selbst gelehrt zu sein, geleitet und geführt vom Geiste Gottes. Sozusagen das Höchste vom Höchsten will es sein…

Aber was ist Sache? Es jagt einer Ideologie nach, welche nicht zu erhaschen ist, wähnt sich darin „vollkommen“ um nicht besser zu handeln als die übrige Welt. Und noch schlimmer, wie viele Seelen gingen dabei zugrunde, weil sie nicht das leben konnten, was ihnen da vorgegeben wurde, wie man leben soll, weil das mit der Einheit und diesem Denken nicht so funktioniert?

Das haben Religionen, Philosophien und Ideologien so an sich, je absoluter sie sich geben, wie etwas sein muss, um so dramatischer wird der Ausgang sein.

luxdei
10.03.2013, 11:13
Hallo Provisorium,

Du schriebst:

Meine Antwort auf die Frage lautet, dass man sich substantiell miteinander verbunden weiß/glaubt, dass man weiß, dass man ein bisschen wie ein Ökosystem ist, also eingebunden in ein Ganzes, in dem jeder Teil wichtig und bedeutsam ist und jeder Verantwortung trägt für das Fortkommen und die Entwicklung des Ganzen. (Hervorhebung durch mich - LD.)
Solche Wissens- und Glaubensmodelle sind eben der Kern, das Fundament von Ideologien. Auch solche Wissens- und Glaubensmodelle schaffen eine Unterscheidung (Trennung) entlang des Parameters "wahr versus unwahr". Deshalb mein Eindruck, man wolle den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Es ist Dualismus nur in einem etwas anderen Gewand.
So liegt Deinen Ausführungen beispielsweise die Trennung zwischen negativer und positiver Theologie zu Grunde. Ebenso zwischen "substantiell" und "weltlich".

Die denkende und fühlende Instanz in uns ist Teil der Schöpfung, deren Wesen Dualität ist. Aus ihr kann kein schlüssiges monistisches Konzept erwachsen. Oder um Eckhart aufzugreifen: Man kann sich nicht aller Bilder entledigen, indem man sich neue schafft.

Gruß
LD

Provisorium
10.03.2013, 17:28
Es ist Dualismus nur in einem etwas anderen Gewand.
So liegt Deinen Ausführungen beispielsweise die Trennung zwischen negativer und positiver Theologie zu Grunde. Ebenso zwischen "substantiell" und "weltlich"...
Die denkende und fühlende Instanz in uns ist Teil der Schöpfung, deren Wesen Dualität ist. Aus ihr kann kein schlüssiges monistisches Konzept erwachsen. Oder um Eckhart aufzugreifen: Man kann sich nicht aller Bilder entledigen, indem man sich neue schafft.Aber darum geht es doch auch gar nicht.
Natürlich kann niemand in den weltlichen Strukturen ein schlüssiges, hier auf Erden tatsächlich verwirklichtes monistisches Konzept erwarten, weil es nun einmal völlig der Alltagserfahrung zuwider ist und sich darin nicht leben lässt, wie wir leben müssen. Wir sind ja im Dualismus und das lässt sich nicht ändern. Muss es auch nicht.
Ich behaupte ja auch nicht das der Dualismus etwas schlechtes oder gar böses sei und unbedingt hier in der Welt überwunden werden muss.

Aber spirituelle und religiöse Fragen gehen doch immer und ausnahmslos über die Welt hinaus und versuchen Bezug zu nehmen zur Transzendenz, zu einem Höheren. Das liegt doch im Wesen alles Religiösen verborgen und da wäre es schon reichlich unfair, wenn nun ausgerechnet meine Wünsche bzgl der Entwicklung des Christentums, der Entwicklung der Spiritualität und Religiösität darauf keinen Bezug nehmen dürfte. Der Gläubige sucht doch immer innerhalb der weltlichen Strukturen nach etwas, was diese weltlichen Strukturen durchbricht und über sie hinausweist. Das ist kein Mangel "meines Konzeptes", sondern das Wesen und Herz aller lebendigen Beziehung zwischen Mensch und Gott.

Die Gegensatzpaare "positive Theologie" und "negative Theologie", "substantiell" und "weltlich" habe ja auch nicht ich erfunden, sondern sie sind ganz einfach Teil dieser Welt und ich versuche sie lediglich genauer zu bestimmen und sozusagen mit Sinn zu füllen. Darin eine Wertung sehen zu wollen, nach dem Motto "besser und schlechter" wird ja dem Thema nicht gerecht, weil sich nun mal in dieser Welt jeder Begriff auch durch sein Gegenteil definiert. Das ist doch ganz normale a priori vorgegebene Art denken und sich erklären zu müssen. Das kann ich in meinen Ausführungen ja nicht unberücksichtigt lassen, sonst müsste ich mit euch ja in Zungen reden , oder sowas...;-)

Nein, ich glaube das Problem, dass Du und vielleicht auch Snoopy mit meinen Ausführungen habt ist ein anderes. Ich vermute ihr stört euch an der Aussage, dass man sich in dieser Welt als ganz bestimmte, also so und nicht anders zu verstehende substantielle Einheit begreifen sollte. Wahrscheinlich seht ihr euch in dieser Aussage gedrängt und es gehen die Warnlichter an und ihr denkt euch: "Jetzt aber mal langsam, liebes Provisorium".

Ich habe tatsächlich länger darüber nachgesinnt, was konkret an meiner Darstellung nun solch einen Widerspruch hervorrufen sollte, wo doch gerade hier bei den Gnadenkindern soviel Wert auf Toleranz gelegt wird. Und plötzlich, da kam es mir.

Jeder Mensch macht ja ganz eigene Erfahrungen in seinem Leben und die sind ihm natürlich lieb und teuer und da sich jeder Mensch in seinem Leben auch so allerhand Gedanken macht, ist es vielleicht schon allein deshalb eine Zumutung, wenn da einer kommt und etwas für unbedingt sinnvoll oder sogar als den besten Weg zu einer spirituellen Erfahrung und Gottbezogenheit hält, von dem ich selbst noch nie etwas gehört habe und worüber ich mir auch noch nie Gedanken gemacht habe. Instinktiv weiß man dann, dass dies nicht sein kann, denn tatsächlich hat man ja selbst eine lebendige Beziehung zu diesem Gott und da spielen Begriffe wie "substantielle Einheit" und dieser komische Meister Eckhart überhaupt keine Rolle. Das was der uns also erzählen will, kann ja gar nicht sein und in dieser Intention liest man dann auch die Posts vom Provisorium und sucht (mehr oder minder) unbewusst nach dem Fehler im System.

An dieser Stelle und falls dem tatsächlich so sein sollte, kann ich volle Entwarnung geben! In meiner Vorstellung ist nichts, aber auch rein gar nichts besser oder schlechter, richtiger oder falscher, gottgefälliger oder sündhafter an eurem Weg, als an meinem! Und das meine ich wirklich so. Ich kann a) aus meiner subjektiven Positionen heraus sowieso keinerlei gültige Aussage über die "Qualität" eurer individuellen Gottesbeziehung und eurem spirituellen Weg treffen. Und b) bin ich aufgrund meines individuellen Glaubens der festen Überzeugung, dass aus der Perspektive Gottes heraus kein Weg besser oder schlechter ist und er von unseren Wegen völlig und in Gänze unberrührt bleibt!
Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, fast schon ein Dogma meines Glaubens als Vertreter der negativen Theologie. Mir steht also nicht nur kein Urteil über andere Gläubige zu, ich glaube auch tatsächlich nicht daran, das Gott dem einen Menschen näher und dem anderen ferner steht.

Allerdings, und da schießt sich dann der Kreis, ist für den Gläubigen selbst und für die Menschen um ihn herum, für seine Nächsten also und die ganze Welt in der wir leben, seine individuelle Beziehung zu Gott und der Weg den er persönlich geht, für die "Qualität" seiner Gottesbeziehung von herausragender Bedeutung. Da reicht die Spannweite vom völlig überzeugten Atheisten oder Antichristen, über den Agnostiker, bis hin zum Heiligen. Jeder Mensch erlebt seine Gottbezogenheit also anders und geht seinen eigenen Weg und das hat Auswirkungen in der Welt, wie ja überall zu sehen ist.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, was das bedeutet und wie man das bewerten muss. Für uns Menschen, nicht für Gott, macht es einen fundamentalen Unterschied, wenn ein Gläubiger zur Überzeugung gelangt, er müsste sich, um ein gottgefälliges Leben zu führen, in einer Menschenansammlung in die Luft sprengen, oder er muss jedem armen Menschen etwas Gutes tun. Angesichts dieser Unterschiede ist man versucht sehr schnell sich anzumaßen, man könnte diese unterschiedlichen Verhaltensweisen aus der Sicht Gottes beurteilen; aber das können wir nicht. Wir haben keinen blassen Schimmer was Gott darüber "denkt".
Aber instinktiv wissen wir, oder glauben zu wissen, dass der Terrorist nicht im Willen Gottes gehandelt hat. Das ist auch ok, aber woher kommt dieses "Wissen"? Die einen werden auf die Bibel hinweisen und sagen, dass es dort heißt, dass man nicht töten soll. Ein anderer würde vielleicht sagen, dass Gott das Lebenfördernde ist und lehnen deshalb den Terroristen ab. Beide haben Recht, aber sie können eben nur aus ihrer individuellen Sicht heraus argumentieren und diese soll man ja gerade nicht absolut setzen.

Deshalb bin ich zur Überzeugung gelangt, dass man sich von Gott kein Bild machen soll und das hat für meinen Glauben eben zur Folge, was ich hier bereits ausführlich erläutert habe. Jetzt könnte man natürlich fragen, ob dadurch nicht alles egal würde. Ich sage nein, denn auch wenn wir nicht dazu in der Lage sind aus der Sicht Gottes heraus zu argumentieren, können wir eben doch aus unserer Sicht argumentieren. Man gibt durch sein Leben ein Beispiel und bestimmt auf diese Weise ganz maßgeblich, wohin sich diese Welt entwickeln wird. Jesus z.B. hat in meiner Vorstellung zu einem spirituellen Weg eingeladen und dieser Weg wird einen verändern. Das tut er aber nicht eindeutig und immer auf die gleiche Weise, weil unterschiedliche Verstehensweisen diesen Weg betreffend, zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Es liegt also an uns, an allen, wie wir seiner Einladung folgen wollen.

Wenn dieser Jesus nun sagt, dass man seinen Nächsten lieben soll wie sich selbst, dann drückt sich darin eine Aufforderung aus, dem Nächsten Gutes zu tun. In uns ist ein Antrieb uns selbst und unsere Familie zu schützen und zu bewahren. Instinktiv suchen wir die Nähe zu anderen Menschen. Staaten wurden gegründet um das Zusammenleben zu organisieren und zu fördern. Eine lebenserhaltende und -bewahrende Kraft ist da am Werk, die sich die Welt untertan machen möchte und in alle Bereiche der Welt eindringen will. Wir leben und wir leben nicht nur für uns allein. Da ist es unsere Aufgabe das Leben zu fördern, das Fortkommen unserer Kinder zu sichern und Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Um dieses Streben zu entwickeln, brauche ich nicht einmal einen Glauben, das ist in uns drin, das muss so sein.

Nicht zuletzt der Glaube dient in diesem Sinne dem Fortkommen der Gesellschaft, der Befriedigung unserer Bedürfnisse. Auch der Glaube ist für den Menschen da und zwar für alle! Inwieweit und auf welche Weise ich dem Glauben nun aber Raum in meinem Leben gebe und was er dann mit mir und in der Folge auch mit meinem Nächsten macht, ist ganz alleine Sache des Einzelnen, in Reaktion und Interaktion mit seinen Nächsten. Wir Menschen gestalten das und tragen diesbezüglich Verantwortung füreinander.

Den Weg, den dieser Jesus beschrieb, mag ich ja auch unterschiedlichste Weise verstehen können, aber er wird immer ein Weg bleiben, den ich in der Auseinandersetzung mit meinem Nächsten beschreite und deshalb meinte Christus auch, dass die Gebote nicht für Gott, sondern für den Menschen gemacht sind. Es ist deshalb ganz und gar nicht egal, wie man seinen Glaubensweg gehen möchte, da es immer Auswirkungen in dieser Welt hat und wir alle an dieser Welt bauen, partizipieren und über ihr Schicksal mitentscheiden. Und nur aus dieser Einsicht heraus halte ich es persönlich für wünschenswert, dass sich der Mensch als substantielle Einheit in Gott versteht. Es ist das "lebensförderlichste Konzept" das ich kenne und in diesem Sinne verstehe ich auch die Einladung dieses Jesus.

LG
Provisorium

luxdei
10.03.2013, 18:26
Nein, ich glaube das Problem, dass Du und vielleicht auch Snoopy mit meinen Ausführungen habt ist ein anderes. Ich vermute ihr stört euch an der Aussage, dass man sich in dieser Welt als ganz bestimmte, also so und nicht anders zu verstehende substantielle Einheit begreifen sollte. Wahrscheinlich seht ihr euch in dieser Aussage gedrängt und es gehen die Warnlichter an und ihr denkt euch: "Jetzt aber mal langsam, liebes Provisorium".

Ich habe tatsächlich länger darüber nachgesinnt, was konkret an meiner Darstellung nun solch einen Widerspruch hervorrufen sollte, wo doch gerade hier bei den Gnadenkindern soviel Wert auf Toleranz gelegt wird. Und plötzlich, da kam es mir.

Provisorium, nur weil man Deine Meinung nicht teilt oder Deine Argumentation für zu kurz gegriffen hält, heißt das noch lange nicht, dass man ein Problem habe oder intolerant sei. Auf ein solch rabulistisches Niveau habe ich wenig Lust.

Wenn Du über sachbezogen weiterdiskutieren möchtest, lass es mich wissen.

Gruß
LD

Provisorium
10.03.2013, 18:29
Warum hört sich dass alles so als „schöne“ Ideologie an?Ganz ehrlich? Weil ich vermute, dass Du instinktiv danach suchst und nicht bereit bist, zwischen den beiden Perspektiven die ich hier beschreibe, zu unterscheiden. Es gibt eine menschliche Perspektive und eine göttliche. Wir können aber immer nur aus der menschlichen Perspektive heraus urteilen und nicht aus der göttlichen. Genau das mache ich und in diesem Sinne spreche ich dann z.B. über das Absolute. Das ist völlig legitim und auch folgerichtig.
Du hingegen glaubst Aussagen über Gott treffen zu können und aus seiner Sicht urteilen zu können, deshalb fasst Du ihn in einem Bild, in dem er z.B. sowas ähnliches wie Gefühle hat und dem einen mehr und dem anderen weniger stark zugewandt ist, oder wie soll ich so eine Aussage beurteilen?


Wie gesagt, für mich ist Gott dynamisch, lebendig, liebend. Und er schuf den Menschen IHM ähnlich, somit auch mit Gefühlen (nur dass er sich da besser beherrschen kann, und sich nicht davon in die Irre leiten lässt), Wärme und selbst ein Eingreifen in das Leben.
Diese Art zu denken trägt den Keim der Ideologie in sich und nicht meine Ausführungen. Das lässt sich auch daran erkennen, dass ich Deinen Glauben vorbehaltlos so stehen lassen kann wie er ist, Du mich aber leider immer wieder angehst, weil ich philosophisch argumentiere und Du der Philosophie wohl sehr kritisch gegenüber stehst. Du störst Dich nur an Begrifflichkeiten wie "Einheit", ohne einmal konkret argumentativ sagen zu können was daran falsch oder schlecht sein soll.

Es ist nicht möglich den Wert und Gehalt meiner argumentativen Ausführungen richtig einschätzen zu können, wenn man diesen gegenüber nicht offen ist und sich beständig an einzelnen Worten und Formulierungen stößt. Natürlich bleibt Dir das selbst überlassen, aber in diesem speziellen Fall halte ich es mittlerweile tatsächlich für sinnvoll, mal den Balken im eigenen Auge zu suchen, als den Splitter in meinem.

Lies doch mal bitte den Post, den ich an luxdei geschrieben habe, dann wird Dir vielleicht klar, dass mein Glaube jede Form von Ideologie unmöglich macht und tatsächlich jeder, so wie er will, seinen Glauben leben kann und darf und aus der Sicht Gottes, der eine nicht besser oder schlecht ist als der andere. Das ist echte Toleranz und Gleichwertigkeit. Und jeder Glaube wird sich in der Interaktion der Gläubigen und Menschen untereinander, irgendwann einmal automatisch in seinem Wesenskern offenbaren - früher oder später.

An dem Wesenskern meines persönlichen Glaubens aber etwas ideologisches erkennen zu wollen zeigt nur, dass man den Wesenskern nicht verstanden hat und vielleicht auch nicht verstehen möchte. Das ist ok, auch wenn ich eigentlich erwartet hätte, dass ein Mensch, der nach eigenen Aussagen jeglichen Extremismus ablehnt erkennt, dass in jeder positiven Theologie der Keim des Extremismus steckt. Natürlich kann man erfolgreich verhindern, dass er Wurzeln schlägt und wächst, aber mein Traum ist es eben, dass er erst gar nicht gesät würde. In diesem Sinne formuliere ich hier meinen Glauben aus, als einziger, während ansonsten niemand so richtig seine Vorstellungen und Wünsche preisgeben möchte. Das ist auch ok, aber mich jetzt dafür beständig zu verurteilen und darauf zu drängen, dass ich einer Ideologie folgen würde, ist einfach lächerlich und unfair.

Jeder Mensch sollte seinen Glauben vor Gott verantworten, aber andere Menschen mit seinen Absolutsetzungen in Ruhe lassen. Genau das tue ich. Das ist wesentlicher Bestandteil meines Glaubens. Trotzdem werde ich und gerade wohl in diesem Thread hier, von meinem Glauben Zeugnis geben dürfen und meine individuellen Vorstellungen offen legen. Das man das nicht wirklich akzeptieren kann zeigt nur, dass man selbst nicht so wirklich tolerant ist und instinktiv nach Fehlern schaut, die man dem anderen dann vorhalten kann. Das finde ich sehr traurig. Auch weil ich wirklich gehofft hatte, dass wir hier sachlich miteinander ins Gespräch kommen. Wenn man aber aus der Begrifflichkeit der Einheit dann sowas konstruiert:


Was nützt dem Menschen ein globales Denken, oder das „Denken der oder in der Einheit“, wenn er nicht mal mit seinem Lebenspartner, seiner Familie, also in der kleinsten Zelle, oder gar mit sich selber nicht klarkommt? Ja, sicher wird dem Menschen Einheit sozusagen diktiert, ob von Politik, Religion oder Ideologie, „auf dass sie alle eins seinen“, wie Jesus es auch meinte, aber von Einheit ist da nicht die Rede, denn was ist Einheit wirklich? Der Mensch verliert seine Identität in solchem Denken, handelt nicht aus eigenem Denken und Verantwortung, sondern aus dem, was ihm vorgegeben ist, wie er zu denken hat. Er fühlt sich einen Staat, einem Führer, einer Ideologie gegenüber verpflichtet.dann schafft man sich seine eigene Ideologie und verlässt den Boden der sachlichen Auseinandersetzung. Denn mein Einheitsbegriff hat nichts, aber rein gar nichts mit Ideologie, Staat, Führerschaft, Militär, "Gleichschritt Marsch", oder was weiß ich noch was zu tun. Ich sprach von einer Art Ökosystem, einer gemeinsamen Wurzel, Liebe, echte Verbundenheit...
Aber Du produzierst da Bilder hinein, die nicht von mir kommen.

Schade!

LG
Provisorium

Provisorium
10.03.2013, 18:34
Wenn Du über sachbezogen weiterdiskutieren möchtest, lass es mich wissen.Sehr gerne. Was ist denn jetzt konkret Dein Problem? Das ich mir Gedanken gemacht habe, warum ich beständig den Eindruck gewinne, dass man mich nicht verstehen will? Was ist denn konkret zu kurz gegriffen? Wo werfe ich Dir Intoleranz vor? Und das Du ein Problem mit meinen Ausführungen hast ist ja wohl offensichtlich, sonst würdest Du wohl kaum beständig meine Sichtweise kritisieren, z.B. als zu kurz gegriffen.

LG
Provisorium

Provisorium
10.03.2013, 19:01
Hallo Provisorium,
vorhin antwortete ich dir auf Teil 1, jetzt folgt Teil 2 ;-))Das ist super nett von Dir! Aber heute komme ich leider nicht mehr dazu darauf einzugehen. Das mach' ich aber noch!

Schönen Abend
Provisorium

anonym001
10.03.2013, 19:31
Wenn nun unterstellt wird, dass man, respektive ich nicht bereit sei zu unterscheiden, dann befinden wir uns in einer sehr subjektiven Betrachtung, besonders wenn dann die eine Seite meint, dass sie die göttliche Perspektive vertrete.

Und voll sind wir mitten in der Ideologie, wie etwas zu verstehen sei.


Es mag deine, Provisorium, Sichtweise über göttliches sein, aber es muss deshalb noch lange nicht das Göttliche sein. Und wenn man deine Sichtweise nicht teilt, so versteht man sie etwa nicht?

Dass Gott „Gefühl“ hat, ein Herz (wobei es mir vollkommen klar ist, dass das auch nur ein Bild ist, wie ich es in jenem Beitrag schon hinwies) dem Menschen zugeneigt, sagte ich, dass es meine Sicht sei, mein Glaube sei, welche ich nicht als Ideologie hingestellt habe, um sie als eine Lösung für das Menschenproblem noch für das der Christenheit, wohin es tendieren will oder soll, zu propagieren.

Du gibst dir selber vor, dass deine Art von Glauben oder deiner Darlegung hier keine Ideologie sei, aber betrachte doch deine Aussagen mal selbst, es ist eben deine Glaubensvorstellung, wie der Welt geholfen werden könnte und somit eben doch Thesen, Ideologie um dieses Wort einmal mehr zu gebrauchen. Es sind Abstrakte Gedankengebilde, die gewisses Voraussetzen, wie es zu sein hat. Und du willst mir weiss machen, dass solches frei von Ideologie sein soll?

Du forderst, dass andere Menschen mit der „Absolutsetzung“ in Ruhe gelassen werden sollte, selber aber verkündest du sie nach deiner Welt- und Gottesanschauung. Du sprichst von Begrifflichkeiten, von einer von dir selbst definierten Einheit, aus ideologischer Sicht. Was ist daran falsch, wenn ich auf die Realität hinweise? Da ist sehr sachlich, im Gegensatz zu hypothetischen Begriffsfüllungen, wie das Göttliche sein soll.

Deshalb sind Ideologien gefährlich, und ich habe auf die Gefährlichkeit schon verschiedentlich hingewiesen.

Worum geht es dir nun? Wohin sich das Christum entwickeln kann, könnte oder sollte, oder um deine Vorstellung, deine philosophische Ausführung, wohin es, das Christentum oder gar die Menschheit sich zu entwickeln hat?


Ja, und ich wehre mich gegen Ideologisierung ob nun in Politik, Wirtschaft oder auch in der Religion (auch Philosophie ist Religion). Es ist ein gefährlicher Weg, welcher der Menschheit einfach schon zuviel Schaden zuführte. Man schaue doch nur mal selbst das Christentum an, wohin hat es geführt? Zersplitterung… Aber es mag jeder in seinem Kämmerlein seinem Idol anhängen.


Und da kommt mir noch eine biblische Geschichte in den Sinn (es geht ja ums Christentum, und nicht um eine dem Christentum entfernte Lehre), der Turmbau zu Babel, ein Volk, eine Sprache, ein Führer, man/frau wollte den Himmel erreichen und setzte dazu alle Weisheit und alle Kraft ein.

Aber was tat Gott? Er zersplitterte das ganze, so dass keiner mehr den anderen verstand und sich die Menschheit zerstreute, und das ist bis heute so. Aber der Mensch hat es nicht begriffen, dass er nicht für solche „Einheit“ „geschaffen“ ist, da ihm solches Denken immer wieder in den Kopf gestiegen ist.

Provisorium
10.03.2013, 19:39
Wenn nun unterstellt wird, dass man, respektive ich nicht bereit sei zu unterscheiden, dann befinden wir uns in einer sehr subjektiven Betrachtung, besonders wenn dann die eine Seite meint, dass sie die göttliche Perspektive vertrete.

Und voll sind wir mitten in der Ideologie, wie etwas zu verstehen sei.Nur ganz kurz: Ich habe eindeutig gesagt und das ist mein fester Glaube, dass man als Mensch niemals aus der göttlichen Perspektive heraus argumentieren kann. All meine Ausführungen sagen genau das aus und genau das ist es auch, was ich vermitteln möchte. Und jetzt wirfst Du mir vor, ich würde genau dies tun und aus der göttlichen Perspektive heraus argumentieren wollen. Du stellst meine Aussage und Herleitung mal so eben auf den Kopf und sagst dann, dass wäre Ideologie. Ganz ehrlich, ich verstehe die Welt nicht mehr!

LG
Provisorium

anonym001
10.03.2013, 19:51
Weißt du, ich "verstehe" die Welt schon lange nicht mehr….

also nimm es gelassen....

Provisorium
10.03.2013, 22:52
Diese deine Gedanken finde ich interessant. Ich möchte mit meinem Verhalten dazu beitragen, dass Bewegung in Richtung mehr Toleranz, Bescheidenheit und Gelassenheit kommt. Ich mag elitäres und arrogantes Denken und Handeln überhaupt gar nicht. In der Auseinandersetzung mit anderen Menschen möchte ich mit meinen Haltungen inspirieren, aber mich auch inspirieren lassen, um mich mit den Haltungen anderer auseinanderzusetzen.Ich denke die von Dir genannten Werte, wie Bescheidenheit und Gelassenheit, kann man nicht wirklich von außen, sozusagen per Dekret, vermittels von Geboten und "Du sollst's", den Menschen überstülpen und dann mit erhobenen Zeigefinger ermahnen und kritisieren, wenn man nicht dazu in der Lage ist, diese Gebote einzuhalten. Sowas muss von innen kommen, aus der Einsicht, dass nur wesenhaftes Handeln wirklich Integrität schafft. Jesus hat das ja auch immer wieder betont und die Wichtigkeit der Herzenshaltung und Gesinnung hervorgehoben und betont.

Aber es ist nicht ganz einfach und durchaus anspruchsvoll in der Auseinandersetzung mit anderen Menschen wirklich offen zu sein, weil es eben unserer Gesinnung und Herzenshaltung entsprechend, ein mehr oder minder starkes Bedürfnis in allen Menschen gibt, zu kategorisieren, einzuordnen und ein Stückweit in Schubladen zu denken. Ich denke davon kann man auch nicht in Gänze frei sein, weil uns diese Schubladen eben ein Stückweit unsere Welt erklären und auch unserer Neigung entsprechen, es sich ein bisschen bequemer zu machen. Die Welt wird ja insgesamt eher komplizierter und komplexer und nicht selten sehnt man sich dann nach dem Einfachen, wo der Mensch einfach nur Mensch sein darf.

Das ist auch ein häufig genannter Grund, den Religionswissenschaftler angeben, weshalb Menschen überhaupt religiös werden. Sie erwerben sich dadurch nämlich nicht selten ein Weltbild, das in sich abgeschlossen ist und kaum eine Frage offen lässt. Der Preis dafür ist zwar nicht selten eine Art von "Schwarzweißdenke", aber die kann einen ja trotzdem gut durch's Leben tragen.

Trotzdem liegt aber auch hier der Keim der Intoleranz und Abwertung gegenüber anderen Glaubens- oder Lebenswegen verborgen, wenn das eigene Welt- und vor allem Gottesbild, absolutgesetzt, so und nicht anders verstanden werden darf. Deshalb ist es vielleicht auch wichtig, (und gerade in diesen komplexen Zeiten) es sich nicht allzu bequem zu machen und wahrhaft offen zu bleiben.


Das ist eine gute Frage, über die es sich nachzudenken lohnt. Zunächst würde ich Glaube und Kirche trennen, denn letzteres ist für ersteres nicht unbedingt wichtig.Das halte ich auch für ganz wichtig und wesentlich. Man kann Glauben, wie gesagt, sowieso nicht verordnen und deshalb sollte man ihn auch meiner Meinung nach nicht mit staatlichen Angelegenheiten vermengen. Ein Staat sollte sich generell säkular mitteilen, auch wenn natürlich jeder Politiker und Staatsbediensteter gläubig sein darf.


Nötig und zeitgemäß sind nicht unbedingt die Kritereien unter denen ich Glaube und Kirche hinterfrage, denn schließlich können viele Menschen ohne beides ebenso gut leben wie viele mit beidem. Glaube und Kirche hat mit persönlichem Zugang zu tun, mit ganz persönlichen Erfahrungen und Entscheidungen. Für manche Menschen mag Religion zeitgemäß sein für andere nicht. Manche sympathisieren mit monotheisischen Religionen, andere mit polytheistischen. Dabei spielen viele Faktoren, Entwicklungen und Erfahrungen eine Rolle.Natürlich. Wobei ich allerdings schon glaube, dass es im Menschen ein Bedürfnis nach Transzendenz und Spiritualität gibt und man über sein Sein hinaus Fragen hat. Die Menschheit hat jedenfalls schon immer solche Fragen gestellt und die Kirchen haben sich ja nicht zuletzt deshalb entwickelt, weil man glaubte Antworten gefunden zu haben, die man dann in Gemeinschaft bekennt und seine Schlüsse daraus zieht.

Deshalb denke ich, dass es immer so etwas wie Kirche und Gemeinschaft von Gläubigen geben wird, jeweils mit ihren ganz eigenen Ritualen und Antworten. Wichtig wäre mir persönlich nur, dass man nicht im Widerstreit und Gegnerschaft, seine spirituellen Bedürfnisse auf Kosten anderer auslebt. Und da gibt es leider noch recht große Defizite. Dabei ist das grundlegende Bedürfnis des Menschen immer das Gleiche und je nachdem in welcher Tradition man groß wird und eingebunden ist, folgt man dann eben auch unterschiedlichen Herangehensweisen und Ritualen. Das individuelle Bild das man sich dabei von Gott macht, ist aber letztlich immer ein gedachter Gott und sollte deshalb meiner Meinung nach, auch nicht absolut gesetzt und verbindlich gemacht werden.


Mein Wunsch oder Traum ist in der Tat der, dass die starren Kategorisierungen, Richtungen und Systeme, die es bisher so gibt, sich in ihrer Starrheit auflösten, auf dass jeder Mensch sich auf seinen eigenen Weg begeben möge. Nicht so vorgefertigten und einseitigen Programmen folgt, sondern mehr selbst zusammenstellt, auf die eigene Persönlichkeit abgestimmt.Ich denke so, wie man im Laufe seines Lebens auch seine Persönlichkeit entdeckt und entwickelt, sollte sich auch der Glauben entwickeln dürfen.
Aber leider wurden viele spirituelle Wege, die andere Menschen vor uns gegangen sind, absolutgesetzt und anstatt sich nun frei zu fühlen, der Einladung zu folgen und auf seinem individuellen Weg der Nachfolge eigene Erfahrung zu sammeln, hält man lieber Ausschau, was, wie, sein muss oder sein müsste und versucht das dann auch irgendwie zu erreichen.

Das heißt, der Blick ist eher nach außen gerichtet auf ein Ideal hin (im "klassischen Christentum" vor allem auf die Moralität), als nach innen, auf das Wesen des Menschseins. Mich wundert nicht, dass dann jemand wie Paulus zu der eher deprimierenden Erfahrung kam, dass sein Geist zwar willig, aber sein Fleisch leider schwach sei.

Ich denke wenn wir zuvorderst moralische Wesen sein sollten, dann benötigten wir eigentlich gar nicht so unbedingt einen Glauben. Ich kenne viele hochanständige Atheisten, die ein großes Engagement für den Nächsten zeigen, obwohl sie sich nicht für Spiritualität interessieren. Ich persönlich möchte auf meinem spirituellen Weg aber zuvorderst in Kontakt mit meinem Urgrund (also mit Gott) kommen und daraus erwächst dann natürlich auch meine Moralität.

Die Frage ist doch, ob wir tatsächlich Geschöpfe eines Gottes sind, oder eher ein rein zufälliges Produkt aus Sternenstaub. Die Antwort auf diese Frage liegt deshalb für mich weniger in Büchern verborgen, als in meinem Wesen. Bin ich wesenhaft ein Sohn, ein Kind Gottes, dann müsste ich doch mit meinem Vater verbunden sein und ein spiritueller Weg, ist ein Weg dies herauszufinden und sich dessen bewusst zu werden.


Wenn ich schreibe, dass ich eher von einem "Menschentum" als Christentum träume, dann ist das dennoch geträumt, auch wenn ich kein Interesse habe ein Christentum weiterzuträumen ;-).Das steht Dir natürlich völlig frei. Aber egal ob wir als Teil eines Menschentums, oder (wie auch immer gearteten) Christentums unser Dasein fristen, Träume brauchen wir glaube ich alle. Schließlich muss man das Leben ja irgendwie meistern und unseren schönen Planeten lebenswert und hoffentlich friedlich gestalten.

LG
Provisorium

Provisorium
11.03.2013, 02:12
Entschuldige bitte Effi, aber ich habe gerade bemerkt, dass ich auf eine Aussage von Dir, im falschen Zusammenhang geantwortet hatte. Nämlich auf diese:

Das ist eine gute Frage, über die es sich nachzudenken lohnt. Zunächst würde ich Glaube und Kirche trennen, denn letzteres ist für ersteres nicht unbedingt wichtig.Ich habe da versehentlich den Staat mit der Kirche verwechselt und geantwortet:

Das halte ich auch für ganz wichtig und wesentlich. Man kann Glauben, wie gesagt, sowieso nicht verordnen und deshalb sollte man ihn auch meiner Meinung nach nicht mit staatlichen Angelegenheiten vermengen. Ein Staat sollte sich generell säkular mitteilen, auch wenn natürlich jeder Politiker und Staatsbediensteter gläubig sein darf.
Jetzt also nochmal richtig: Tatsächlich braucht man natürlich keine Kirche, um gläubig zu sein, und Glauben zu haben. Aber die Kirche braucht natürlich gläubige Menschen, um lebendig zu sein und echte Zukunft zu haben.

Aber wie ich oben schon im Zusammenhang zwischen Glaube und Staat meinte, kann man Glauben eben nicht verordnen und ich denke das eine Kirche, die lediglich an ihren Dogmen klebt und diese für ihre Mitglieder verbindlich macht, noch lange keine "wesenhaften Gläubigen produziert". Ein lebendiger Glauben ist meiner persönlichen Meinung nach eben doch etwas anderes, als nur das Befolgen von Regeln und die Orientierung an kirchlichen Lehrsätzen.

Vielleicht ist es ein bisschen wie in der Liebe zwischen zwei Menschen.
Die Liebe kann auch lebendig sein, ohne das man als Zeichen der Liebe unbedingt verheiratet sein müsste. Genauso kann der Glaube eines Menschen auch lebendig sein, ohne einer Kirche anzugehören.
Und andersherum kann man obwohl man verheiratet ist, trotzdem keine Liebe mehr spüren und die Beziehung erkaltet sein und so ähnlich ist es auch mit dem Glauben, der, obwohl man in die Kirche geht und ihre Lehrsätze befolgt, keine wirkliche Bedeutung und Relevanz mehr hat.
Das muss dann aber jeder für sich selbst wissen und kann nicht von einem anderen beurteilt werden. Der Glaube spricht einen Menschen immer persönlich an und das ganz unabhängig von kirchlichen Institutionen.

LG
Provisorium

Provisorium
11.03.2013, 04:18
also nimm es gelassen....Kein Problem. dann möchte ich gerne mal in aller Gelassenheit noch bisschen was zu Deinen Ausführungen sage.


Es mag deine, Provisorium, Sichtweise über göttliches sein, aber es muss deshalb noch lange nicht das Göttliche sein. Und wenn man deine Sichtweise nicht teilt, so versteht man sie etwa nicht?Sag mir doch bitte mal konkret, wo ich behauptet habe, dass man meine Sichtweise teilen muss, oder wo ich verlange, dass meine Sichtweise des Göttlichen, dass Göttliche sein muss. Das Du sie aber nicht verstanden hast und sie völlig verdreht darstellst ist offensichtlich, sonst wüsstest Du, dass ich das Göttliche ohne Bild zu erkennen trachte. Da wir uns hier aber über Gott und das Göttliche unterhalten wollen, muss ich eben zwangsläufig Worte dazu nutzen. Wie ich bereits luxdei sagte, kann ich ja nicht mit euch in Zungen über Gott sprechen ;-)


Dass Gott „Gefühl“ hat, ein Herz (wobei es mir vollkommen klar ist, dass das auch nur ein Bild ist, wie ich es in jenem Beitrag schon hinwies) dem Menschen zugeneigt, sagte ich, dass es meine Sicht sei, mein Glaube sei, welche ich nicht als Ideologie hingestellt habe, um sie als eine Lösung für das Menschenproblem noch für das der Christenheit, wohin es tendieren will oder soll, zu propagieren.Ich habe auch nirgends behauptet, dass Du damit eine Ideologie propagieren willst, sondern das in dieser Sichtweise lediglich der Keim einer Ideologie steckt. Das ist doch schon immer so gewesen, dass die Menschen glaubten ein "gefühlvoller" Gott sei dem einen mehr als dem anderen zugeneigt und irgendwann wurde das dann zum Anlass genommen in Gottes Namen zu morden, oder sich über andere zu erheben. Schließlich war man ja fest davon überzeugt, dass Gott auf der eigenen Seite steht und weil er zornig auf die andere Seite ist, diese bestraft werden muss.

Das Du persönlich solche Konsequenzen niemals ziehen würdest, glaube ich Dir sofort, aber andere haben aus der Vorstellung eines "fühlenden" Gottes eben solche Konsequenzen gezogen.


Du gibst dir selber vor, dass deine Art von Glauben oder deiner Darlegung hier keine Ideologie sei, aber betrachte doch deine Aussagen mal selbst, es ist eben deine Glaubensvorstellung, wie der Welt geholfen werden könnte und somit eben doch Thesen, Ideologie um dieses Wort einmal mehr zu gebrauchen. Es sind Abstrakte Gedankengebilde, die gewisses Voraussetzen, wie es zu sein hat. Und du willst mir weiss machen, dass solches frei von Ideologie sein soll?Eine Ideologie, so wie wir sie wohl beide verstehen, macht die eigene Sichtweise und Einstellung für andere verbindlich. Sprich, man behauptet, man müsse das jetzt so sehen. Sag mir bitte wo ich das geschrieben hätte. Meine Glaubensvorstellung macht nicht nur jede Verbindlichkeit unmöglich, sie erklärt auch, warum es keine Verbindlichkeit geben kann. Eben weil man immer nur aus seiner subjektiven Position heraus argumentieren kann und niemals aus der göttlichen.


Du forderst, dass andere Menschen mit der „Absolutsetzung“ in Ruhe gelassen werden sollte, selber aber verkündest du sie nach deiner Welt- und Gottesanschauung. Wo bitte verkünde ich eine Absolutsetzung? Zitiere doch bitte mal.


Du sprichst von Begrifflichkeiten, von einer von dir selbst definierten Einheit, aus ideologischer Sicht.Das ich aus einer ideologischen Sicht heraus argumentiere behauptest Du zwar immer wieder, aber dann belege doch bitte mal konkret woran Du das festmachst. Wo vertrete ich hier eine Ideologie und wie sieht sie aus?


Was ist daran falsch, wenn ich auf die Realität hinweise? Da ist sehr sachlich, im Gegensatz zu hypothetischen Begriffsfüllungen, wie das Göttliche sein soll.Es wäre überhaupt nichts daran falsch, wenn Du tatsächlich die Realität darstellen würdest, aber das tust Du ja nicht, sondern verdrehst nur meine Aussagen, bis sie für Dich zur Ideologie geworden sind.


Deshalb sind Ideologien gefährlich, und ich habe auf die Gefährlichkeit schon verschiedentlich hingewiesen.Sehr richtig, Ideologien halte ich auch für gefährlich. Genauso wie die Behauptung jemand wäre Ideologe, der aber gar keiner ist. Das ist falsch Zeugnis reden wider den Nächsten.


Worum geht es dir nun? Wohin sich das Christum entwickeln kann, könnte oder sollte, oder um deine Vorstellung, deine philosophische Ausführung, wohin es, das Christentum oder gar die Menschheit sich zu entwickeln hat?Bitte lies aufmerksam meine Beiträge, dann wirst Du bemerken, dass sich die Menschheit und auch das Christentum sich aus meiner Überzeugung heraus nirgendwo hin zu entwickeln hat, ich aber natürlich Wünsche und Vorstellungen habe, wohin sie sich entwickeln könnten und wie ich persönlich die Entwicklung sehen würde. Du hast ja schließlich auch Deine Vorstellungen und wünschst und sehnst Dich nach einem Christentum ohne Ideologie. Das unterstütze ich völlig!


Ja, und ich wehre mich gegen Ideologisierung ob nun in Politik, Wirtschaft oder auch in der Religion (auch Philosophie ist Religion). Es ist ein gefährlicher Weg, welcher der Menschheit einfach schon zuviel Schaden zuführte. Man schaue doch nur mal selbst das Christentum an, wohin hat es geführt? Zersplitterung… Aber es mag jeder in seinem Kämmerlein seinem Idol anhängen.Ich setze mich auch argumentativ gegen Ideologien zur Wehr. Schaden entsteht aber nicht allein nur durch Ideologien, sondern auch dadurch, dass die Menschen sich nicht mehr unvoreingenommen und vorurteilsfrei begegnen. Schnell sieht man dann nur noch das, was man sehen will, egal ob es wirklich zu sehen ist. Irgendwie ist das dann auch eine Art Ideologie, weil man dann die Dinge so dreht, wie man sie haben möchte.


Aber der Mensch hat es nicht begriffen, dass er nicht für solche „Einheit“ „geschaffen“ ist, da ihm solches Denken immer wieder in den Kopf gestiegen ist.Ich weiß zwar nicht was meine Posts hier mit dem Turmbau zu Babel zu tun haben sollen, aber Dein Beispiel zeigt mir zumindest einmal mehr auf, dass Deine Vorstellung von Einheit nichts mit meiner Vorstellung zu tun hat. Und da Du ja offensichtlich keine Lust hast auf mein Beispiel, in dem ich die Einheit als eine Art Ökosystem beschrieb, einzugehen und mich stattdessen lieber in der Ideologenecke verortet sehen möchtest, frage ich mich ehrlich, was Du nicht begriffen hast. Aber vielleicht klärst Du mich dann doch noch konkret auf?

LG
Provisorium

anonym001
11.03.2013, 19:44
Hallo Provisorium

Nun, wenn ich sage, dass das, was du so vorbringst, mit Einheit und Absoluten (du hast darüber gesprochen) usw für den menschlichen und göttlichen (Wunsch-, resp. Ideal-) Massstab eine Ideologie ist (daraus resultiert nun mal eine Ideologie, auch wenn du das nicht annehmen willst), und ich solches als bestimmendes nicht gutheisse, was ist daran falsch?

Nein, du hat nicht gesagt, dass man deine Sichtweise teilen muss, aber dann akzeptiere auch den Widerspruch, dass man es eben nicht teilt (und unterstelle nicht, dass man es nicht verstehen würde, was du darlegst), und solche Ideologien eben wie schon gesagt gefährlich sein können, was die Geschichte ja auch immer wider aufzeigt.

Ich bitte dich, lass doch solche Aussagen: „Das ist falsch Zeugnis reden wider den Nächsten.“, denn spätestens bei solchen Aussagen hören für mich Diskussionen auf.

Effi
11.03.2013, 19:53
Ihr streitet ... ;-))

Effi
11.03.2013, 19:59
Aber wie ich oben schon im Zusammenhang zwischen Glaube und Staat meinte, kann man Glauben eben nicht verordnen und ich denke das eine Kirche, die lediglich an ihren Dogmen klebt und diese für ihre Mitglieder verbindlich macht, noch lange keine "wesenhaften Gläubigen produziert". Ein lebendiger Glauben ist meiner persönlichen Meinung nach eben doch etwas anderes, als nur das Befolgen von Regeln und die Orientierung an kirchlichen Lehrsätzen.

Vielleicht ist es ein bisschen wie in der Liebe zwischen zwei Menschen.
Die Liebe kann auch lebendig sein, ohne das man als Zeichen der Liebe unbedingt verheiratet sein müsste. Genauso kann der Glaube eines Menschen auch lebendig sein, ohne einer Kirche anzugehören.
Und andersherum kann man obwohl man verheiratet ist, trotzdem keine Liebe mehr spüren und die Beziehung erkaltet sein und so ähnlich ist es auch mit dem Glauben, der, obwohl man in die Kirche geht und ihre Lehrsätze befolgt, keine wirkliche Bedeutung und Relevanz mehr hat.
Das muss dann aber jeder für sich selbst wissen und kann nicht von einem anderen beurteilt werden. Der Glaube spricht einen Menschen immer persönlich an und das ganz unabhängig von kirchlichen Institutionen.

LG
Provisorium

Über diesen Beitrag möchte und kann ich nicht mit dir streiten, da ich dir schlicht und einfach zustimmen möchte :-).

Provisorium
11.03.2013, 21:52
Nun, wenn ich sage, dass das, was du so vorbringst, mit Einheit und Absoluten (du hast darüber gesprochen) usw für den menschlichen und göttlichen (Wunsch-, resp. Ideal-) Massstab eine Ideologie ist (daraus resultiert nun mal eine Ideologie, auch wenn du das nicht annehmen willst), und ich solches als bestimmendes nicht gutheisse, was ist daran falsch?Weißt Du Snoopy, Du darfst das sehen wie Du möchtest, aber wenn Du jemandem vorwirfst, er würde eine Ideologie verbreiten, oder dieser anhängen, dann sollte es Dir doch eigentlich ein leichtes sein anhand dessen was ich hier auf Nachfrage geschrieben habe, (nebenbei, ich habe hier zuerst den Begriff Ideologie ins Spiel gebracht und mich ganz klar und eindeutig dagegen ausgesprochen) das mal genauer zu erläutern, was Du konkret meinst. Das tust Du aber nicht, sondern drehst mir die Worte nach eigenem Gusto um und konstruierst so eine Ideologie, die ich aber faktisch gar nicht propagiert habe.

Als ich über das Absolute geschrieben habe, habe ich über unsere menschliche Art zu denken geschrieben. Es ist das gleiche Denken, wie das Denken aus dem folgt das 1+1=2 ist. Ist das eine Ideologie? Nein, es ist nur ganz sachlich unsere menschliche Art zu denken und das tun wir in jedem Augenblick unseres Lebens. Das ist uns so vorgegeben und entsprechend neutral. Ich habe z.B. die Mathematik auch nicht gerne gehabt zu Schulzeiten, aber mir wäre es nie in den Sinn gekommen sie als Ideologie abzutun. Aber anscheinend löst schon der Begriff "das Absolute" sofort instinktiv Protestreaktionen aus, wenn man versucht sich diesem verstandesmäßig zu nähern. Das verstehe ich einfach nicht.

Hier werden dann Dinge aus dem Sinnzusammenhang gerissen, umgedeutet und sich an einzelnen Begriffen hochgezogen, so dass meine eigentliche Aussage ad absurdum geführt wird. Das finde ich sehr unfair, zudem ich immer auf jede einzelne Frage von euch ausführlich eingegangen bin, mir meine konkreten Rückfragen aber nicht beantwortet wurden.

Das ist es was mich daran so ärgert. Ich bin gerne bereit Kritik anzunehmen, bin offen für Einsicht in mein "zu kurz Denken", wie es luxdei meinte und auch soweit scheuklappenfrei, dass ich andere Ansichten akzeptieren kann. Ich habe schon oft aus meinen Fehlern gelernt und will es auch weiterhin tun, aber das ganze muss auf einer redlichen und konstruktiven Ebene geschehen. Und das vermisse ich hier total.

Was ist denn das für eine seltsame Diskussionskultur, in der mir zuerst Fragen gestellt werden und wenn ich dann aus meiner Sicht (was ich hier immer betont habe) etwas dazu sage, ich anschließend Ideologie vorgeworfen bekomme, ohne das dann aber mal genauer zu begründen?

Natürlich habe ich meine Werte, Vorstellungen und Wünsche. Wir unterhalten uns hier ja schließlich über die Frage, wohin sich das Christentum entwickeln könnte/sollte. Aber ich dränge diese Vorstellungen doch niemanden auf und wende mich in meiner Argumentation sogar gegen jede Art von Aufdrängung in Glaubensfragen. Ist es das, was dann als Ideologie wahrgenommen wird?

Wenn es das ist, was hat man dann für Alternativen anzubieten? Auch dafür wäre ich offen. Das ist schließlich auch Thema dieses Threads. Wie will man die Gräben zwischen den einzelnen Religionen überwinden, muss man es denn überhaupt, oder reicht es aus immer wieder auf Toleranz zu pochen? In der Vergangenheit haben diese Gräben immer wieder zu blutigen Auseinandersetzungen im Namen Gottes geführt. Kann das heute nicht mehr geschehen? Ich weiß es ja nicht, aber ich mache mir eben meine Gedanken darüber und ich dachte für solche Fragen wäre ein Forum wie dieses da, damit man nicht zuletzt voneinander lernen kann. Und mehr will ich auch gar nicht. Ich habe keinen Missionseifer und kein ausgeprägtes Sendungsbewusstsein, aber in die Ideologenecke lasse ich mich nicht einfach mal so schieben.

LG
Provisorium

Provisorium
11.03.2013, 22:00
Ihr streitet ... ;-))Ja leider! Aber ich hör' jetzt damit auf. Ich wollte mir nur nicht meine eigentlichen Aussagen verdrehen lassen. Sowas ist gemein.


Über diesen Beitrag möchte und kann ich nicht mit dir streiten, da ich dir schlicht und einfach zustimmen möchte :-).Ich will auch nicht streiten und bin dankbar für die Zustimmung. Die Zeit bleibt ja nicht stehen. Alles ist beständig im Wandel und deshalb natürlich auch der Glaube und die dazugehörigen Institutionen. Ich bin gespannt wohin die Reise geht und wünschte mir, dass gerade auch Menschen mit einem Glauben ihren Beitrag leisten werden, um diesen Planeten zu einem lebenswerten, friedlichen und für alle segensreichen Ort zu gestalten. Denn uns Menschen (auch die ohne Glauben) ist die Gestaltung nun einmal hauptsächlich überantwortet worden.

LG
Provisorium

luxdei
11.03.2013, 22:03
Ihr streitet ... ;-))

Sicher. Aber wie könnte es auch anders sein, wenn so unterschiedliche Sichtweisen wie hier bei den Gnadenkindern aufeinander treffen?!

Effi
11.03.2013, 22:05
Aber es ist nicht ganz einfach und durchaus anspruchsvoll in der Auseinandersetzung mit anderen Menschen wirklich offen zu sein, weil es eben unserer Gesinnung und Herzenshaltung entsprechend, ein mehr oder minder starkes Bedürfnis in allen Menschen gibt, zu kategorisieren, einzuordnen...

Ja, die Fähigkeit zur Herstellung von Ordnung ist in der Tat allen Menschen ein Stück weit bereits angeboren, denn erst durch Ordnen der Sinneseindrücke wird Wahrnehmung ermöglicht.

Was das Ordnen, Sortieren oder Abstrahieren angeht sind wir uns mehr oder weniger ähnlich, also müssten wir uns diesbezüglich gut verstehen und verständigen können. Das sich verständigen in Form von Interaktion scheint mir besonders bedeutsam. Damit kann Missverständnissen vorgebeugt oder können bestehende aufgelöst werden. Durch kommunikative Interaktion können wir uns austauschen über unsere Art des Denkens, Fühlens, über Erfahrungen, Eindrücke, Lernprozesse oder sonst was. Auch über unsere Art des Klassifizierens und Kategorisierens. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Menschen es schwer miteinander haben, weil sie zu wenig miteinander reden, sie erklären sich ihre Empfindungs-, Denk- und Handlungsweisen nicht ausreichend oder (hinter)fragen nicht genug.

Das Bedürfnis zu ordnen und zu sortieren dürfte einer gegenseitigen Offenheit eigentlich nicht im Wege stehen.

Liebes/r Provisorium,
ich kann heute wieder nur einen Teil kommentieren, Fortsetzung folgt ;-)).

LG, Effi

Effi
11.03.2013, 22:17
Ja leider! Aber ich hör' jetzt damit auf. Ich wollte mir nur nicht meine eigentlichen Aussagen verdrehen lassen. Sowas ist gemein.

Dazu doch noch kurz: Ich setzte doch extra smilies ;-). Ich fand euer "Streiten" dennoch interessant.

Effi
11.03.2013, 22:25
Sicher. Aber wie könnte es auch anders sein, wenn so unterschiedliche Sichtweisen wie hier bei den Gnadenkindern aufeinander treffen?!

Stimmt und das macht die Diskussionen ja auch spannend und interessant. Sie stritten ja dennoch überwiegend sachlich :-). Meine Feststellung "ihr streitet" war schmunzelnd dahin geschrieben, nicht von tiefem Ernst getragen... siehe smilie :-).

luxdei
11.03.2013, 22:26
Provisorium, manchmal gelingt Kommunikation so, wie sie gedacht ist. Snoopy und ich haben Dir gespiegelt, wie das, was Du schreibst auf uns wirkt. Und ich denke, wir haben unsere Meinung begründet. Snoopy aus seiner Sicht, ich aus meiner.
Dass Du Dich da missverstanden fühlst, ist bedauerlich.

Was auf mich z.B. missionarisch wirkt, ist, dass Du meinst, Eckhart könne mir etwas nehmen (Posts #54ff), ohne mich oder mein Weltbild zu kennen. Vielleicht meinst es nicht so, aber es kommt so an. Ebenso das "Ideologische". Es hat nichts damit zu tun, dass Snoopy oder ich Dir Deine Aussagen verdrehen wollten.

Provisorium
12.03.2013, 02:01
Provisorium, manchmal gelingt Kommunikation so, wie sie gedacht ist. Snoopy und ich haben Dir gespiegelt, wie das, was Du schreibst auf uns wirkt. Und ich denke, wir haben unsere Meinung begründet. Snoopy aus seiner Sicht, ich aus meiner.Ich fürchte dann haben wir eine unterschiedliche Auffassung bzgl. dessen, was spiegeln bedeutet. Bei mir bleibt jetzt an dieser Stelle das Gefühl zurück, dass man mich nicht verstanden hat und schlussendlich sogar einen Ideologen heißt. Wenn ihr mir also einen Spiegel vorgehalten haben solltet, hätte ich euch an irgendeiner Stelle dieser Diskussion das Gefühl vermittelt, ich würde euch nicht verstehen und der Ideologie bezichtigen. Jetzt weiß ich natürlich nicht, ob ihr wirklich das Gefühl habt missverstanden worden zu sein, aber zumindest den Ideologievorwurf betreffend habe ich mich klar geäußert. Nein, ich denke nicht das ihr Ideologen seit, solltet ihr Gott in einem Bild fassen und dementsprechend der positiven Theologie "anhängen". Ich halte euch oder euren Glauben für gleichwertig und maße mir auch ansonsten keinerlei Urteil über euch an!

Das ihr eure Meinungen/Spieglungen aber ausreichend begründet hättet, sehe ich anders. Bis jetzt bleibt bei mir nur der Eindruck zurück, dass ihr euch an den Begriffen "Einheit" und "das Absolute" gestoßen habt. Auf die Begründungen, die ich diesbezüglich sehr ausführlich dargestellt habe seit ihr aber leider nicht eingegangen. Viele meiner Beispiele wurden einfach ignoriert, oder es wurde ihnen keine Beachtung geschenkt, so wie z.B. beim Beispiel des Ökosystems als Bild für Einheit.

Ich habe mich aber trotzdem immer wieder zu erklären versucht und auch die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass ich tatsächlich auf dem Holzweg bin und dieses aber vor lauter Betriebsblindheit nicht erkenne. Deshalb habe ich auch immer wieder konkret nachgefragt, aber leider nie eine ebenso konkrete Antwort erhalten. Was soll ich denn dann anderes denken, als dass man mich nicht versteht, oder verstehen möchte?

Ich stelle deshalb die Fragen, die ich an Dich hatte, die Du mir aber leider unbeantwortet ließt nochmal hier ein:

Sorry luxdei, was meintest Du denn? Ich hab es dann tatsächlich nicht begriffen.


Wenn man sich dann als substantielle Einheit begreift bedeutet das doch nicht das Ende, oder die Einschränkung von Vielfalt. Kannst Du mir das bitte mal erklären, wo genau Du in meiner Argumentation diese Einschränkung wahrzunehmen glaubst?


Sehr gerne. Was ist denn jetzt konkret Dein Problem? Das ich mir Gedanken gemacht habe, warum ich beständig den Eindruck gewinne, dass man mich nicht verstehen will? Was ist denn konkret zu kurz gegriffen? Wo werfe ich Dir Intoleranz vor?Ich denke Missverständnisse ließen sich im Ansatz schon recht gut verhindern, wenn man demjenigen, dem man Fragen stellt und dann auch Antworten erhält, ebenso auf seine Fragen antwortet. Ich bin der Meinung darin drückt sich auch Wertschätzung aus und ist in einem Forum ein Gebot der Fairness.


Dass Du Dich da missverstanden fühlst, ist bedauerlich.Ich denke wenn so viele Fragen unbeantwortet und also offen bleiben, dann ist es kein Wunder, dass man sich am Ende missverstanden fühlt. Dann sieht man irgendwie nur noch Fragezeichen ;-) Das hatte ich versucht zu vermitteln, als ich meinte, ich verstehe gerade die Welt nicht mehr.


Was auf mich z.B. missionarisch wirkt, ist, dass Du meinst, Eckhart könne mir etwas nehmen (Posts #54ff), ohne mich oder mein Weltbild zu kennen. Vielleicht meinst es nicht so, aber es kommt so an.Ich meinte es tatsächlich nicht so. Aber schauen wir uns doch noch einmal die von Dir genannte Unterhaltung an. Du hattest mich also gefragt, was Dir Eckhart bringen solle und ich habe dann darauf geantwortet:


Er bringt gar nichts. Er nimmt Dir aber vielleicht etwas...
Hört sich so ein Missionar an? Würde ein Missionar an dieser Stelle nicht viel eher in höchsten Tönen von seinem Idol schwärmen und vielleicht sogar die These aufstellen, dass Du ohne diesen Eckhart quasi Dein Leben verpennst? Gerade christliche Missionare habe ich nicht selten so kennen gelernt, dass sie zwischen den Zeilen zu vermitteln versuchen, dass das Leben erst dann ein richtiges Leben ist, wenn man so glaubt wie sie glauben.

Ich habe in zwei kleine Sätzchen auf Deine Frage geantwortet und dabei sogar eingeräumt, dass er Dir gar nichts bringt. Später hatte ich dies sogar noch erweitert und Eckhart völlig relativiert und quasi für unnötig erklärt. Wie hätte ich denn auf Deine Frage an mich antworten sollen, dass Du Dich nicht missioniert gefühlt hättest? Entschuldige bitte, aber da bekomme ich ja schon fast den Eindruck, dass dies eine Art Fangfrage war.

Aber wenn jemand eine solche Frage an mich stellt, dann denke ich eigentlich immer, dass er konkret etwas über Eckhart erfahren möchte. Ich sehe ja auch ein, dass ich Eckhart recht häufig zitiere, oder von ihm erzähle, aber genauso relativiere ich ihn auch immer wieder. Auch in diesem Thread habe ich sogar geschrieben, dass ich die Diskussion nun gerne einmal von Eckhart weg lenken wolle. Tut das ein Missionar?

Die Intention mit der ich damals schrieb, dass er vielleicht etwas nehmen könnte, rührt einfach daher (und das hatte ich Dir in einem späteren Post auch genauer erläutert), dass die Philosophie, die Theologie, das Gottesbild Eckharts dazu in der Lage ist, dem Menschen Angst zu nehmen, weil man (nur ganz kurz) nicht aus Gott herausfallen kann.

Ich musste einfach in diesem Augenblick, als ich meine Antwort an Dich schrieb an die vielen Menschen denken, die ich im Rahmen einer Sterbebegleitung betreute und die voller Ängste waren, weil sie befürchteten, sie kämen nun in die Hölle, hätten nicht gut und anständig genug gelebt, oder nicht ausreichend um Vergebung gebeten und würden deshalb nun sehr bald dafür bestraft werden.

Daran musste ich halt gerade denken, als Du mich fragtest, was Eckhart bringen könnte. Aber das tat ich ohne Missionseifer und ich wollte mir damit auch kein Urteil über Dich erlauben. Ich wollte Dir lediglich eine Antwort auf Deine Frage geben, das ist alles.

Ich denke am Ende bin doch eher ich derjenige, über den man urteilt ohne meine Person oder mein Weltbild zu kennen. Schließlich werde ich hier doch als Ideologe hingestellt.


Ebenso das "Ideologische". Es hat nichts damit zu tun, dass Snoopy oder ich Dir Deine Aussagen verdrehen wollten.Da haben wir es doch schon wieder, wenn auch diesmal wenigstens in Anführungszeichen. Und das ihr so über mich denkt, hat sehr wohl etwas damit zu tun, dass ihr meine Aussagen verdreht darstellt. So hat Snoopy etwa behauptet, ich würde aus der göttlichen Perspektive heraus argumentieren. Nicht nur, dass das nicht stimmt, ich rede hier seitenweise über nichts anderes, als das ich es für unmöglich halte, das der Mensch aus dieser Perspektive heraus argumentieren kann. Das machen nur Gläubige mit positivem Gottesbild. Und wenn man meine Ausführungen schon diesbezüglich verdreht darstellt, muss ich letztlich doch den Eindruck gewinnen, dass man mich nicht richtig verstanden hat.

Ein letzter Versuch das klarzustellen: Ich nutze nochmal das Bild des Ökosystems. In einem Ökosystem gibt es mannigfache völlig unterschiedliche Seinsformen. Kein Baum ist wie der andere, die Insekten auf dem Waldboden, die Pilze mit ihren Flechten, das Leben unter der Rinde des Baumes, die Vögel im Astwerk, dazu die Jahreszeiten, der Wind, das Wetter, der lebendige Austausch von CO2 und Sauerstoff, all das und noch so viel mehr, macht das Ökosystem z.B. eines Waldes aus. Da gibt es keine Gleichschalterei, sondern überbordende Vielfalt. Und das ist wichtig und sollte sich weitestgehend im Gleichgewicht halten. Jede Form von Extremismus wäre schädlich und lebensfeindlich, könnte potentiell das ganze System zum kippen bringen. Es reguliert sich auch ein Stückweit selbst, man braucht gar keine Ideologie um es am Leben und wachsen zu halten. Aber es braucht sich gegenseitig. Die einzelnen Teile überleben längerfristig nur als System und als System bilden sie eben eine Einheit (nebenbei: in diesem Sinne interpretiere ich z.B. auch das Bibelwort "Liebe deinen Nächsten wie Dich selbst).

So, oder so ähnlich stelle ich mir Einheit vor und das eben substantiell geborgen in Gott. Das heißt auch, dass die selbstregulierenden Kräfte, das Lebensfördernde nicht verloren gehen kann, wenn wir uns nicht aktiv dagegenstellen und es unterdrücken.

Wenn ich Gott in einem Bild fassen muss, damit ich über ihn reden kann und mich mit anderen austauschen, dann nutze ich eben gerne dieses Bild der Einheit. Jesus hat das ähnlich getan und in allen monotheistischen Religionen wird Gott auch gerne in dem Bild der EINE gefasst. Ich halte dies für eine sehr vorsichtige und niemand und nichts ausschließende Annäherung. Und das hat nichts, aber auch gar nichts mit einer Ideologie zu tun. Denn wenn man in diesem System lieber Baum, oder Insekt, oder Pilz, oder Reh, oder ganz einfach nur Laub sein möchte, dann ist das gut und wichtig und wertvoll für das ganze System, das in meiner Vorstellung in der Einheit Gottes geborgen und eins ist.

LG
Provisorium

luxdei
12.03.2013, 08:39
Hm ... Denkst Du, dass ich Anhänger einer positiven Theologie bin?

Mag sein, dass mein Standpunkt nicht klar geworden ist und deshalb Kommunikationsprobleme auftreten. Beispielsweise kann Eckhart mir
die Angst nicht daheim zu sein, oder nicht nach Hause zu kommen nicht nehmen, weil ich sie nicht habe. Wie könnte ein Wesen denn "nicht daheim" sein?

Und wenn ich schreibe
Nebenbei gesagt, glaube ich nicht, dass Konzeptionen einem das Göttliche letztlich näher bringen - seien sie nun positiv oder negativ. Denn auch der Theologicus negativus ist und bleibt Dualist ;-)
ist das durchaus der Kernpunkt meiner Kritik an Deinen Ausführungen.

Provisorium
12.03.2013, 15:06
Hm ... Denkst Du, dass ich Anhänger einer positiven Theologie bin?Das weiß ich nicht, luxdei und das spielt für mich auch keine Rolle. Ob positiv oder negativ, das ist ganz allein Deine Sache!


Mag sein, dass mein Standpunkt nicht klar geworden ist und deshalb Kommunikationsprobleme auftreten. Beispielsweise kann Eckhart mir nicht nehmen, weil ich sie nicht habe. Wie könnte ein Wesen denn "nicht daheim" sein?
Und wenn ich schreibe "Nebenbei gesagt, glaube ich nicht, dass Konzeptionen einem das Göttliche letztlich näher bringen - seien sie nun positiv oder negativ. Denn auch der Theologicus negativus ist und bleibt Dualist ;-)" ist das durchaus der Kernpunkt meiner Kritik an Deinen Ausführungen.Das ist sehr nett das Du in Betracht ziehst, dass die Kommunikationsprobleme beidseitig sein könnten.

Das ein Wesen nicht wirklich nicht daheim sein könnte, versuchte ich mit den Worten, dass man nicht aus Gott herausfallen kann zu verdeutlichen. Auch wenn ich behaupte das man den Willen Gottes nicht wirklich tun kann, er uns immer auf gleiche Weise zugewandt ist und unsere Beziehung, unser Blick und individueller Glaube nur Bedeutung und verändernd für uns und unsere Nächsten ist, aber Gott unberührt lässt, sagt genau dies aus! Man muss nichts dafür tun, dass man substantiell mit Gott verbunden ist, man ist es. Das glaube ich.

Geichzeitig lässt sich aber nur schwerlich leugnen, dass so ein Glaube nicht unmittelbar einleuchtend ist. Wir Menschen haben ein Ichbewusstsein und das erlebt sich getrennt von den Dingen. Das "Ich" ist sozusagen "aktives Sichheraushalten". Es entspricht nicht unserer Alltagserfahrung, dass das, was dem bösen Nachbarn sein Sein verleiht identisch ist mit dem, was mir mein Sein verleiht. Aber ich glaube, dass das Sein des frisch gefallenen Schnees vor meinem Fenster (wie war das nochmal mit Frühling?) in Gott dasselbe Sein hat wie mein und alles Sein.

Wir glauben aber hier auf Erden in aller Regel erst mal an unser "Ich" und an den Unterschied und das Getrenntsein. Und das kann meiner Erfahrung nach durchaus bedeuten, dass man sich in den weltlichen Strukturen ängstigt, einsam, nicht zu Hause fühlt. Da ist eine Sehnsucht in uns, die nach Vereinigung und Heimat strebt, ein Bedürfnis nach Ruhe, Geborgenheit und Eingebundensein. Und nicht immer erleben und erfahren das die Menschen hier auf Erden auch und werden dann z.B. einsam, oder betrübt. Das muss natürlich nicht so sein, aber es kann.

Und gesetzt den Fall es wäre so, dann kann man dies meiner Meinung nach im Glauben, auf spirituellen Wegen (und das muss gar nicht meiner Vorstellung von Glauben, oder meiner Vorstellung eines spirituellen Weges entsprechen!!!) überwinden. Nicht nur die Gebote sind nach Jesu Aussage für den Menschen da, sondern eben auch der Glaube. Er kann und wird den Gläubigen und seine "Umgebung" verändern, aber eben nicht die Bezogenheit Gottes zum Menschen. Die ist in meiner Vorstellung eben immer gleich, er kann Dir nicht näher kommen, weil er sozusagen schon Dein Innerstes ist.

Ich habe deshalb auch nirgendwo gesagt das Du diese Ängste hast, oder das Du nicht daheim seist, aber falls Du sie haben und Dich nicht daheim fühlen solltest, bestände die Möglichkeit im Glauben (und nochmal, dass muss nicht der Glaube meiner individuellen Vorstellung sein!!!) Frieden zu finden. Und genau in diesem Sinne wünschte ich Dir dann auch Frieden. Das ist alles!

Damit wollte ich also keinerlei Wertung über Deine Person abgeben. Wenn das so ankam, tut es mir leid. Ich hatte eigentlich gehofft meinen Standpunkt genügend deutlich klar gemacht zu haben und mich deshalb auch gleich als Vertreter der negativen Theologie "geoutet". Ich hatte gedacht dadurch wäre gleich mal deutlich, dass ich immer und ausschließlich nur aus meiner subjektiven Position heraus argumentiere und niemals behaupten könnte, ein anderer Glauben sei falsch, oder minderwertiger. Trotzdem habe ich natürlich Glauben und bin gerne bereit diesen zu teilen, wenn man denn mag. Aufdrücken will ich allerdings nichts, denn wie gesagt, das ist meiner Meinung nach überhaupt nicht nötig, weil man aus Gott nicht herausfallen kann.

LG
Provisorium

PS: Und nur ganz zum Schluss und noch viel ganzer nebenbei: Mir wurde als Theologicus negativus durchaus schon die Gnade zuteil, die dualistischen Strukturen durchbrechen zu dürfen. Das ist aber nicht wichtig und letztlich nur Süßigkeit für die Seele mit der Gefahr dort Fett anzusetzen...

Provisorium
12.03.2013, 17:53
Ja, die Fähigkeit zur Herstellung von Ordnung ist in der Tat allen Menschen ein Stück weit bereits angeboren, denn erst durch Ordnen der Sinneseindrücke wird Wahrnehmung ermöglicht.Ist es nicht so, dass denken, Vernunft grundsätzlich etwas ordnendes hat? Es gibt vor aller Erfahrung, angeborene Erkenntnisstrukturen. Das sind zunächst einmal Raum und Zeit. Dualismus halt. Das berührt den kompletten Bereich der Erkenntnistheorien http://de.wikipedia.org/wiki/Erkenntnistheorie. Ein sehr komplexes Thema und alles letztlich nicht zu beweisen. Wir können deshalb nicht wirklich wissen was Realität ist. Beeindruckend finde ich aber z.B. immer wieder die Tatsache, dass es keine Farben in diesem Universum gibt. Alle Farben werden erst im Erkenntnisprozess den Gegenständen "hinzugefügt". Wir sind alle große Künstler und Maler ;-)


Das sich verständigen in Form von Interaktion scheint mir besonders bedeutsam. Damit kann Missverständnissen vorgebeugt oder können bestehende aufgelöst werden. Durch kommunikative Interaktion können wir uns austauschen über unsere Art des Denkens, Fühlens, über Erfahrungen, Eindrücke, Lernprozesse oder sonst was. Auch über unsere Art des Klassifizierens und Kategorisierens. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Menschen es schwer miteinander haben, weil sie zu wenig miteinander reden, sie erklären sich ihre Empfindungs-, Denk- und Handlungsweisen nicht ausreichend oder (hinter)fragen nicht genug.Davon kann ich wahrhaft eine ganze Oper singen! Ich arbeite ja in einem Pflegeteam und da ist Kommunikation das A und O. Was da für unglaubliche Probleme entstehen, weil die Kommunikation nicht funktioniert, geht in einen Bereich, da könnte man täglich eine Handvoll Menschen mehr pflegen und betreuen, wenn sie denn funktionieren würde. Das ist teilweise so banal und gleichzeitig doch so unglaublich schwierig, weil man in einem Dreischichtsystem ein bisschen wie bei der "Stillen Post" ist. Was ich morgens in der Übergabe sage, kommt abends wieder völlig verdreht zu mir zurück. Das ist aber wohl auch ein bisschen ein Zeit- und Konzentrationsproblem.


Das Bedürfnis zu ordnen und zu sortieren dürfte einer gegenseitigen Offenheit eigentlich nicht im Wege stehen.Das wäre wahrhaft wünschenswert! Irgendwie ist das doch auch eine Frage von Wertschätzung und innerer Einstellung. Aber manchmal ist man wohl so sehr mit sich selbst beschäftigt und mit seinem ordnen und sortieren, dass man nicht mehr die wünschenswerte Offenheit hat. Gerade auf der Arbeit erlebe ich das so. Wenn man Nachts alleine 41 Personen zu versorgen hat, dann kann es sehr schnell passieren, dass man gedanklich schon im nächsten Zimmer und beim nächsten Bewohner ist, obwohl man sich noch bei einem anderen aufhält. Da muss man wirklich an sich arbeiten, damit man bewusster wird und das ist nicht ganz einfach.


Liebes/r Provisorium,
ich kann heute wieder nur einen Teil kommentieren, Fortsetzung folgt ;-)).Gar kein Problem! Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude und ich freue mich immer sehr an Deinen Beiträgen!

LG
Provisorium

Effi
13.03.2013, 22:03
Das ist auch ein häufig genannter Grund, den Religionswissenschaftler angeben, weshalb Menschen überhaupt religiös werden. Sie erwerben sich dadurch nämlich nicht selten ein Weltbild, das in sich abgeschlossen ist und kaum eine Frage offen lässt. Der Preis dafür ist zwar nicht selten eine Art von "Schwarzweißdenke", aber die kann einen ja trotzdem gut durch's Leben tragen.
Da würde mich interessieren, weshalb Menschen nach in sich geschlossenen Weltbildern, die kaum Fragen offen lassen streben?
Ich meine mit offenen Fragen gut umgehen zu können. Finde es sogar spannend, denn sie fordern mich zu Auseinandersetzungen heraus. Ich mag es neugierig nach möglichen Antworten zu forschen und sehe die Erfahrung, dass es für manche Dinge oder Gegebenheiten keine Antworten gibt dennoch als Erkenntnisgewinn.


Trotzdem liegt aber auch hier der Keim der Intoleranz und Abwertung gegenüber anderen Glaubens- oder Lebenswegen verborgen, wenn das eigene Welt- und vor allem Gottesbild, absolutgesetzt, so und nicht anders verstanden werden darf.

Aber eben nur dann, wenn das eigene Welt- und Gottesbild absolutgesetzt wird. Ist also wieder eine Haltungssache.


Deshalb ist es vielleicht auch wichtig, (und gerade in diesen komplexen Zeiten) es sich nicht allzu bequem zu machen und wahrhaft offen zu bleiben.

Und neugierig... Obwohl ich zunächst dachte, dass ich hier, also in dieses Forum, nicht so recht her passe, da ich ein sehr lebenspraktischer Typ bin, zu wenig Bibel belesen, zu wenig theologisch gebildet, lese ich hier inzwischen mit Interesse und Neugier und beteilige mich sogar gerne.


... Wobei ich allerdings schon glaube, dass es im Menschen ein Bedürfnis nach Transzendenz und Spiritualität gibt und man über sein Sein hinaus Fragen hat. Die Menschheit hat jedenfalls schon immer solche Fragen gestellt und die Kirchen haben sich ja nicht zuletzt deshalb entwickelt, weil man glaubte Antworten gefunden zu haben, die man dann in Gemeinschaft bekennt und seine Schlüsse daraus zieht.

Das ist die Frage, ob Transzendenz und Spirtualität im Menschen angelegt ist oder ob es nicht angelernt wird.


Deshalb denke ich, dass es immer so etwas wie Kirche und Gemeinschaft von Gläubigen geben wird, jeweils mit ihren ganz eigenen Ritualen und Antworten. Wichtig wäre mir persönlich nur, dass man nicht im Widerstreit und Gegnerschaft, seine spirituellen Bedürfnisse auf Kosten anderer auslebt. Und da gibt es leider noch recht große Defizite. Dabei ist das grundlegende Bedürfnis des Menschen immer das Gleiche und je nachdem in welcher Tradition man groß wird und eingebunden ist, folgt man dann eben auch unterschiedlichen Herangehensweisen und Ritualen. Das individuelle Bild das man sich dabei von Gott macht, ist aber letztlich immer ein gedachter Gott und sollte deshalb meiner Meinung nach, auch nicht absolut gesetzt und verbindlich gemacht werden.

Eben. Sehe ich ähnlich. Mir ist dabei die Art und Weise des Aufwachsens sehr wichtig. Oft werden Absolutheitsansprüche und Gegnerschaft von klein auf gelehrt und gelernt. Daraus entstehen dann elitäre und absolutgesetzte Haltungen, welche die grundlegend übereinstimmenden Bedürfnisse leider oft vergessen lassen oder in den Hintergrund verdrängen.



Ich denke so, wie man im Laufe seines Lebens auch seine Persönlichkeit entdeckt und entwickelt, sollte sich auch der Glauben entwickeln dürfen.
Aber leider wurden viele spirituelle Wege, die andere Menschen vor uns gegangen sind, absolutgesetzt und anstatt sich nun frei zu fühlen, der Einladung zu folgen und auf seinem individuellen Weg der Nachfolge eigene Erfahrung zu sammeln, hält man lieber Ausschau, was, wie, sein muss oder sein müsste und versucht das dann auch irgendwie zu erreichen.

Es wird möglicherweise zu wenig reflektiert und kritisch hinterfragt, dabei wäre es so wertvoll, würden Erwachsene den Kindern das Reflektieren einfach praktisch vorleben. Da hätten alle was davon :-).

Über den Rest, zu dem ich jetzt noch nichts geschrieben habe -aus diesem deinem Beitrag- möchte ich noch ein bisschen nachdenken, um meine Gedanken besser sortiert aufschreiben zu können.

LG,
Effi

Provisorium
14.03.2013, 17:22
Da würde mich interessieren, weshalb Menschen nach in sich geschlossenen Weltbildern, die kaum Fragen offen lassen streben?
Ich meine mit offenen Fragen gut umgehen zu können. Finde es sogar spannend, denn sie fordern mich zu Auseinandersetzungen heraus. Ich mag es neugierig nach möglichen Antworten zu forschen und sehe die Erfahrung, dass es für manche Dinge oder Gegebenheiten keine Antworten gibt dennoch als Erkenntnisgewinn.In einer immer komplexeren und unübersichtlicheren Welt, die sich zwar lokal erleben lässt, aber zunehmend global verstanden werden muss und in der man von der Wiege bis zur Bahre zur Zielgruppe geworden ist, können geschlossene Weltbilder das Leben einfacher und bequemer machen und Übersicht verschaffen, aus der heraus man sich dann leichter orientieren kann.

Natürlich zahlt man dann aber nicht selten den Preis dafür in Form einer eher eingeschränkten und starren Perspektive, aber das lässt sich denke ich immer dann ganz gut verschmerzen, wenn man z.B. in eine Gemeinschaft eingebunden ist, die sich in ihrer Gesamtheit diesem geschlossenen Weltbild verschrieben hat. Religiöse Gruppen, wie z.B. Spätregen, aber auch gemäßigtere Gemeinschaften können dann eine eigene kleine Welt in der Welt bilden und aus dem immer gleichen Blickwinkel heraus auf die große Welt schauen und über sie nachdenken - das schafft Verbundenheit.

Das Beispiel Spätregen zeigt aber auch auf, dass diese kleine Welt nicht unbedingt heiler sein muss als die große und ich glaube auch, dass kleine Welten die Ketten besonders straff anlegen und es sehr viel schwieriger ist, sich von ihnen zu lösen. In der großen Welt weiß ich zwar auch, dass z.B. mein deutscher Wohlstand ein Stückweit auf dem Elend anderer Menschen fußt, aber dazu lässt sich leichter Distanz wahren, als wenn ich weiß, dass z.B. ein Spätregenbruder/schwester leidet.

Geschlossene Weltbilder haben also Vor- und Nachteile, aber sie sind letztlich immer nur innerhalb eines sehr eingeschränkten Horizontes wirklich geschlossen und man muss seine Augen und seinen Verstand schon vor sehr vielen Dingen verschließen, um sie geschlossen halten zu können. Deshalb sehe ich aus der menschlichen Perspektive heraus keine Alternative in ihnen, auch wenn ich die Sehnsucht danach durchaus nachvollziehen kann.

Man sucht ganz gerne mal nach Schema F, oder dem Rezept für ein gelungenes Leben (auch von der Arbeit her kenne ich das. Aber jeder Mensch muss anders, individuell, ganzheitlich und bedürfnisorientiert gepflegt werden. Es gibt nicht die Pflege, oder den Dementen...) Aber ich bin davon überzeugt, dass es das nicht gibt und so wäre mein einziges Schema F, dass es Schema F nicht geben kann und insofern wäre dann auch mein Weltbild geschlossen ;-)


Aber eben nur dann, wenn das eigene Welt- und Gottesbild absolutgesetzt wird. Ist also wieder eine Haltungssache.Eine Haltungssache die woraus geboren wird? Ich meine wir Menschen haben ja vermöge unserer Erkenntnisfähigkeit durchaus die Möglichkeit zu erkennen, aus welch eingeschränktem Blickwinkel heraus wir nur argumentieren können. Wenn man weiß, dass man über seine Subjektivität hinaus nicht wirklich zur Objektivität kommen kann, dann sollte man meiner Meinung nach schon einsehen, dass das Absolute allein Gottes ist und wir uns diesem zwar annähern, es aber nicht erreichen, nicht ergreifen können. Schiller hat das in seinem Gedicht "Menschliches Wissen" mal so ausgedrückt:



Weil du liesest in ihr, was du selber in sie geschrieben,

Weil du in Gruppen fürs Aug ihre Erscheinungen reihst,

Deine Schnüre gezogen auf ihrem unendlichen Felde,

Wähnst du, es fasse dein Geist ahnend die große Natur.

So beschreibt mit Figuren der Astronome den Himmel,

Dass in dem ewigen Raum leichter sich finde der Blick,

Knüpft entlegene Sonnen, durch Siriusfernen geschieden,

Aneinander im Schwan und in den Hörnern des Stiers.

Aber versteht er darum der Sphären mystische Tänze,

Weil ihm das Sternengewölb sein Planiglobium zeigt?


Der Sphären mystische Tänze laden uns alle zum großen Ball. Ich will mich gerne in meinen besten Anzug werfen und vergnügt das Tanzbein schwingen, aber wirklich verstehen kann ich niemals, was da mit mir geschieht, wenn ich mich im Kreise drehe. Ich will es aber dankbar annehmen, genießen und mir in Gemeinschaft mit anderen einen fröhlichen Tag machen. Und wenn ich dann irgendwann glücklich, aber müde und erschöpft einschlafen werde, werde ich vielleicht Teil dieser Sphären werden...


Und neugierig... Obwohl ich zunächst dachte, dass ich hier, also in dieses Forum, nicht so recht her passe, da ich ein sehr lebenspraktischer Typ bin, zu wenig Bibel belesen, zu wenig theologisch gebildet, lese ich hier inzwischen mit Interesse und Neugier und beteilige mich sogar gerne.Gnadenkinder ist, wie ich finde, ein ganz tolles Forum, mit sehr lebens- und nicht allein glaubensweisen Usern. Da sind ausgeprägte Bibelkenntnisse gar nicht so unbedingt nötig. Z.B. die Rabbinischen Weisheiten, die Alef häufig postet, sind voller Lebensweisheit und auch wenn sie irgendwo und irgendwie auch immer etwas mit der Bibel zu tun haben mögen, sind sie zuvorderst doch immer sehr lebenspraktisch. Also ich finde Du passt hier super rein und bleibst hoffentlich noch bisschen!


Das ist die Frage, ob Transzendenz und Spirtualität im Menschen angelegt ist oder ob es nicht angelernt wird.Das erinnert mich irgendwie an die Frage, ob die genetische Disposition, oder die Umweltfaktoren den größeren Einfluss auf die Entwicklung eines Menschen haben? Ich glaube beides kann sich nur Hand in Hand vollziehen und vielleicht mag mal mehr, mal weniger das eine oder das andere überwiegen, aber im Lebensvollzug halten sie eben Händchen.

Ich kann mich noch recht gut daran erinnern, dass ich als kleines Kind plötzlich die Frage nicht mehr aus dem Kopf bekam, wie man sich eigentlich den Tod vorstellen soll. Ich habe dann verzweifelt versucht das Nichts zu denken und als mir das nicht wirklich gelang, habe ich mich damit getröstet, dass ich ja schon einmal nichts war, nämlich vor meiner Geburt. Und da ich mich nicht daran erinnern konnte, dass das Nichts etwas schlimmes gewesen sei, war ich schließlich beruhigt.

Ich denke z.B. angesichts des Todes kommt der Mensch automatisch ins philosophieren und stellt Fragen über sich hinaus. Ob das nun aber konkret angeboren ist, oder sich erst im Laufe des Lebens entwickelt, spielt für mich insofern keine Rolle, da ja nun einmal das Leben angeboren ist... Wenn Du verstehst was ich meine ;-)


Eben. Sehe ich ähnlich. Mir ist dabei die Art und Weise des Aufwachsens sehr wichtig. Oft werden Absolutheitsansprüche und Gegnerschaft von klein auf gelehrt und gelernt. Daraus entstehen dann elitäre und absolutgesetzte Haltungen, welche die grundlegend übereinstimmenden Bedürfnisse leider oft vergessen lassen oder in den Hintergrund verdrängen.
Es wird möglicherweise zu wenig reflektiert und kritisch hinterfragt, dabei wäre es so wertvoll, würden Erwachsene den Kindern das Reflektieren einfach praktisch vorleben. Da hätten alle was davon :-).Erwachsene, respektive Eltern stehen heutzutage unter einem ganz enormen Druck. An allen Fronten müssen sie ihren Mann, ihre Frau stehen. Sie sollen ein liebe- und verständnisvoller Partner sein, sich zurücknehmen und das Beste und Förderlichste für ihre Kinder tun und nicht selten müssen sie dann ja auch noch den immer härter werdenden Anforderungen ihres Berufes genügen. Als Teil einer Leistungsgesellschaft definieren sie sich dann häufig auch über die Leistung, die sie erbringen (das kann allerdings völlig unterschiedlich bewertet werden) und nicht selten werden dann schon die Kinder in diesen Leistungswahn mit hinein gezogen.

Ich halte das für eine sehr besorgniserregende Entwicklung, weil ich glaube, dass sich das Wesen des Menschen in der Leistungserbringung nur erschöpft und sich letztlich aber nur im Sein vollenden lässt. Natürlich muss Leistung erbracht werden und man darf auch mit Recht Stolz auf seine Leistungen sein, aber immer "höher, weiter, schneller" kennt ja keine Grenzen, bis es an die natürliche Grenze der Leistungsfähigkeit geführt wird. Und das geschieht früher oder später, immer und ausnahmslos. Ich persönlich halte es deshalb auch für ganz ganz wichtig, dass man seinen Kindern ihr Reflexionsvermögen deutlich macht und auch den Wert der Empathie betont. Es ist eine so wertvolle Gabe, dass wir aus den unterschiedlichsten Perspektiven heraus auf eine Sache schauen können und eindenkend und einfühlend auch Abstand von unserer eigentlichen Position nehmen können. Und vielleicht finden sie dann auch irgendwann einmal selbst heraus, dass Leistungserbringung nur ein Teil des Lebens ist, aber nicht das Leben selbst...

LG
Provisorium

Effi
15.03.2013, 18:52
Ich denke wenn wir zuvorderst moralische Wesen sein sollten, dann benötigten wir eigentlich gar nicht so unbedingt einen Glauben. Ich kenne viele hochanständige Atheisten, die ein großes Engagement für den Nächsten zeigen, obwohl sie sich nicht für Spiritualität interessieren. Ich persönlich möchte auf meinem spirituellen Weg aber zuvorderst in Kontakt mit meinem Urgrund (also mit Gott) kommen und daraus erwächst dann natürlich auch meine Moralität.

Ich habe darüber nachgedacht ;-)...

Finde es schwer, in Worte zu fassen, was mir dazu durch den Kopf geht.
Wertevorstellungen sind kulturabhängig, ebenso wie Religion auch. In unterschiedlichen Kulturen entwickeln sich auf dieselbigen abgestimmte und durch sie selbst entwickelte Werte. Religion und Gaube kann, aber muss dabei keine Rolle spielen.
Natürlich haben auch Nichtgläubige Menschen Wertevorstellungen, die einen humanen und wertschätzenden Umgang miteinander ermöglichen und prägen.


Die Frage ist doch, ob wir tatsächlich Geschöpfe eines Gottes sind, oder eher ein rein zufälliges Produkt aus Sternenstaub. Die Antwort auf diese Frage liegt deshalb für mich weniger in Büchern verborgen, als in meinem Wesen. Bin ich wesenhaft ein Sohn, ein Kind Gottes, dann müsste ich doch mit meinem Vater verbunden sein und ein spiritueller Weg, ist ein Weg dies herauszufinden und sich dessen bewusst zu werden.

Hm, "rein zufälliges Produkt aus Sternenstaub" hört sich irgendwie etwas minderwertig an. Ich finde vieles an dieser Erde bewundernswert und ich staune gerne, unabhängig davon woher es kam oder wie es anfing. Ich wertschätze und bewundere diese belebte Erde mit ihren Lebewesen und all dem Wundervollem, das mich staunen lässt, zunächst unabhängig ihres ungeklärten Ursprungs.
Ich habe nicht gelernt durch oder mit Glauben wertzuschätzen. Vereinfacht ausgedrückt: Die Welt war schlecht und wir warteten auf den Himmel, bereiteten uns dafür vor.
Glaube wurde daher für mich keine Grundhaltung, eher etwas Zusätzliches, Begleitendes.
Aufgrund des Hinterfragens meiner Erfahrungen fand ich zu mir bedeutsamen Werten. Unterstützt durch wertvolle Menschen, die ich nicht nur dafür für immer lieben werde :-).


Das steht Dir natürlich völlig frei. Aber egal ob wir als Teil eines Menschentums, oder (wie auch immer gearteten) Christentums unser Dasein fristen, Träume brauchen wir glaube ich alle. Schließlich muss man das Leben ja irgendwie meistern und unseren schönen Planeten lebenswert und hoffentlich friedlich gestalten.

Stimmt. Menschentum ist nur (m)ein religionsübergreifender Begriff. Mein "Traum", es möge ein "Menschentum" geben, in welchem Menschen mit ihren eigenen persönlichen religiösen Vorstellungen miteinander klarkämen, gefällt mir deshalb, weil ich mir damit ein friedlicheres Mit-oder Nebeneinander erhoffte, bei dem Unterschiede keine bösen Konflikte begünstigten, sondern zu durch Neugier angestoßen interessanten Auseinandersetzungen führte.

Provisorium
15.03.2013, 23:08
Wertevorstellungen sind kulturabhängig, ebenso wie Religion auch. In unterschiedlichen Kulturen entwickeln sich auf dieselbigen abgestimmte und durch sie selbst entwickelte Werte. Religion und Gaube kann, aber muss dabei keine Rolle spielen.Wir sind ja alle Kinder einer Entwicklung, die sich schon seit mehreren tausend Jahren vollzieht. Kulturen und die ihnen inhärenten Wertvorstellungen sind ja bereits entstanden und wir "Heutigen" müssen auf deren Grundlage "arbeiten". Die Aufklärung in Europa, oder der gesamten so genannten westlichen Welt, haben ja nun schon länger den wichtigen Schritt getan, Staat und Kirche zu trennen. Der Laizismus hat sich ja auf relativ breiter Front durchgesetzt und ich persönlich begrüße das. Gleichzeitig gibt es aber innerhalb des staatlichen Gefüges immer auch gläubige Menschen und diese tragen die ihnen eigenen Werte in die Gesellschaft hinein und nehmen auf diese Weise Einfluss. Solange sie dies verfassungsgemäß und auf rechtsstaatlicher Grundlage tun, ist das auch kein Problem und sogar eher bereichernd. Deshalb ist die Frage nach der Entwicklung des Christentums auch eine wichtige Frage, finde ich.


Natürlich haben auch Nichtgläubige Menschen Wertevorstellungen, die einen humanen und wertschätzenden Umgang miteinander ermöglichen und prägen.Absolut! Ich halte Nichtgläubige weder für schlechtere Menschen, noch für unmoralischer. Sie sind mit der gleichen Welt konfrontiert und müssen und dürfen ihre eigenen Antworten auf die Fragen des Lebens finden. Für mich ist Glaube immer eine Art Einladung, die man aber nicht annehmen muss. Lehnt man sie lieber ab, oder schenkt man ihr eventuell auch keinerlei Beachtung, muss man deshalb kein böser Mensch, oder sowas sein. In meiner Vorstellung kommt man deshalb auch nicht in eine Hölle, oder ewige Verdammnis. Im Gegenteil halte ich es für unsinnig Menschen einen Glauben überstülpen zu wollen, mit dem sie sich gar nicht wesenhaft identifizieren können. Zwangschristianisierung und -taufe gibt es heutzutage ja zum Glück nicht mehr, aber hier und da sieht man schon noch den Versuch, den Menschen Angst vor einer Hölle zu machen, um auf diese Weise den Menschen für den Glauben zu gewinnen. Das halte ich für keine gute Idee.


Hm, "rein zufälliges Produkt aus Sternenstaub" hört sich irgendwie etwas minderwertig an.Das ist aber nicht so gemeint, deshalb habe ich auch bewusst nicht "nur" geschrieben. Aber viele Menschen stellen sich die Frage, woher sie eigentlich kommen und wenn ein Schöpfergott wegfällt und man sich naturwissenschaftlich dieser Frage nähert, dann sind wir tatsächlich ein Produkt des Zufalls, entstanden durch explodierte Sonnen und insofern Sternenstaub. Das hat nichts Wertendes von meiner Seite!


Ich finde vieles an dieser Erde bewundernswert und ich staune gerne, unabhängig davon woher es kam oder wie es anfing. Ich wertschätze und bewundere diese belebte Erde mit ihren Lebewesen und all dem Wundervollem, das mich staunen lässt, zunächst unabhängig ihres ungeklärten Ursprungs.
Ich habe nicht gelernt durch oder mit Glauben wertzuschätzen. Vereinfacht ausgedrückt: Die Welt war schlecht und wir warteten auf den Himmel, bereiteten uns dafür vor.Wenn man die Frage der Entstehung dieser Welt einmal außen vor lässt und sich bewusst dem Moment zuwendet, dann gibt es da natürlich auch ganz viel Faszinierendes und Erstaunliches zu entdecken, da gebe ich Dir völlig Recht.

Wertschätzung für diesen Planeten muss deshalb natürlich auch nicht aus dem Glauben entspringen und Verbundenheit mit Mutter Natur kann man auch ohne Religiösität empfinden. Gleichzeitig glaube ich aber auch, dass sich hier schon das zarte Pflänzchen der menschlichen Spiritualität nach der Sonne reckt, das seinen ersten Ausdruck eigentlich immer im Gefühl einer tieferen Verbundenheit, eines Eingebundenseins in etwas, das mich und mein individuelles Sein übersteigt, findet.

Auch die Liebe zwischen zwei Menschen ist meiner Meinung nach mehr, als das materielle/physische Zusammentreffen zweier zugeneigter Wesen. Über die darin empfundene Emotionalität hinaus, wird der geliebte Partner zu einem wesentlichen Bestandteil meines Lebens und meines Menschseins. Eben ein tieferes Eingebundensein, das den anderen in sich trägt, selbst wenn man sich physisch an völlig unterschiedlichen Orten befinden sollte.


Glaube wurde daher für mich keine Grundhaltung, eher etwas Zusätzliches, Begleitendes.Das erlebe ich persönlich anders. Ich würde meinen Glauben zwar auch nicht als Grundhaltung bezeichnen, aber mein Wesen ist derart von ihm durchdrungen, dass ich ihn nicht als etwas Zusätzliches oder Begleitendes empfinde. Allerdings ist mein persönlicher Glaubensweg ja weniger von einer bestimmten Moral geprägt, als von geistiger Armut, also dem spirituellen Weg des Ledigwerdens. Das heißt, dass ich (nicht nur) im Gebet übe zu lassen (von allem Kreatürlichen und Geschaffenen) und auf diese Weise eben auch von meinem Glauben, soweit er in Bildern Teil meiner Vorstellungswelt ist.

Aber ich denke auch, dass man wohl kaum auf dieser Erde auch nur zwei Menschen finden wird, die ihren Glauben tatsächlich auf dieselbe Weise erleben und beschreiben würden, was den Austausch in Glaubensfragen aber meiner Meinung nach bereichern sollte und könnte. Leider führen aber gerade diese Unterschiede und das unterschiedliche Erleben auch immer wieder zu Streit, weil es so eine seltsame Überzeugung gibt, als müsste jeder den Glauben auf gleiche Art praktizieren und erleben, da es sonst nicht der richtige Glauben sein könnte.


Aufgrund des Hinterfragens meiner Erfahrungen fand ich zu mir bedeutsamen Werten. Unterstützt durch wertvolle Menschen, die ich nicht nur dafür für immer lieben werde :-).Das ist schön!


Mein "Traum", es möge ein "Menschentum" geben, in welchem Menschen mit ihren eigenen persönlichen religiösen Vorstellungen miteinander klarkämen, gefällt mir deshalb, weil ich mir damit ein friedlicheres Mit-oder Nebeneinander erhoffte, bei dem Unterschiede keine bösen Konflikte begünstigten, sondern zu durch Neugier angestoßen interessanten Auseinandersetzungen führte.Deinen "Traum" kann ich verstehen. Aber die Gräben zwischen den einzelnen Religionen sind leider sehr groß. Wenn ich z.B. an die so genannten abrahamitischen Religionen denke, dann sind diese Gläubigen alle geeint im Glauben an den Gott Abrahams, aber gleichzeitig sind die Unterschiede trotzdem gigantisch und nicht selten spricht man sich gegenseitig den rechten Glauben ab. Monotheismus allein schafft wohl leider noch keinen Frieden.

LG
Provisorium

Effi
17.03.2013, 23:15
Wir sind ja alle Kinder einer Entwicklung, die sich schon seit mehreren tausend Jahren vollzieht. Kulturen und die ihnen inhärenten Wertvorstellungen sind ja bereits entstanden und wir "Heutigen" müssen auf deren Grundlage "arbeiten". Die Aufklärung in Europa, oder der gesamten so genannten westlichen Welt, haben ja nun schon länger den wichtigen Schritt getan, Staat und Kirche zu trennen. Der Laizismus hat sich ja auf relativ breiter Front durchgesetzt und ich persönlich begrüße das.
Wertevorstellungen können sich gleichermaßen wie kulturelle Bedingungen weiterentwickeln. Kultur umfasst Lebensweisen und Zivilisationsentwicklungen. Es geht dabei um nichts Starres, eher um Prozesse, finde ich. Unser "arbeiten" auf vorigen Grundlagen bewirkt Entwicklung, kann Weiterentwicklung bewirken.
Das Durchsetzen des Laizismus begrüße ich ebenso, auf jeden Fall. Damit ist Religionsfreiheit gewährleistet.


Gleichzeitig gibt es aber innerhalb des staatlichen Gefüges immer auch gläubige Menschen und diese tragen die ihnen eigenen Werte in die Gesellschaft hinein und nehmen auf diese Weise Einfluss. Solange sie dies verfassungsgemäß und auf rechtsstaatlicher Grundlage tun, ist das auch kein Problem und sogar eher bereichernd. Deshalb ist die Frage nach der Entwicklung des Christentums auch eine wichtige Frage, finde ich.

Mir ist der Blick, die Auseinandersetzung mit den konkreten Werten wichtig. Wichtiger als die Zuordnung einer Glaubensrichtung, wie z.B. dem Christentum. Bedeutsame Werte werden durch eine Zuordnung m.M.n. nicht bedeutsamer.


...aber hier und da sieht man schon noch den Versuch, den Menschen Angst vor einer Hölle zu machen, um auf diese Weise den Menschen für den Glauben zu gewinnen. Das halte ich für keine gute Idee.

Nein, niemals... ist in der Tat keine gute Idee. Angst als Glaubensmotivation nimmt freudvolle Möglichkeiten ...


Das ist aber nicht so gemeint, deshalb habe ich auch bewusst nicht "nur" geschrieben. Aber viele Menschen stellen sich die Frage, woher sie eigentlich kommen und wenn ein Schöpfergott wegfällt und man sich naturwissenschaftlich dieser Frage nähert, dann sind wir tatsächlich ein Produkt des Zufalls, entstanden durch explodierte Sonnen und insofern Sternenstaub. Das hat nichts Wertendes von meiner Seite!

Ok.
Mir liegt bescheidene Dankbarkeit und ich muss keine ganz besondere Herkunft haben. Ich freute mich auch darüber, ein Produkt des Zufalls zu sein. Ein wundersamer Zufall ist es allemal, mir aber nicht zu wenig, wäre es Sternenstaub gewesen ;-). Ähm, woher kam denn dann der Sternenstaub? ;-))



Wertschätzung für diesen Planeten muss deshalb natürlich auch nicht aus dem Glauben entspringen und Verbundenheit mit Mutter Natur kann man auch ohne Religiösität empfinden. Gleichzeitig glaube ich aber auch, dass sich hier schon das zarte Pflänzchen der menschlichen Spiritualität nach der Sonne reckt, das seinen ersten Ausdruck eigentlich immer im Gefühl einer tieferen Verbundenheit, eines Eingebundenseins in etwas, das mich und mein individuelles Sein übersteigt, findet.

Es muss mein Sein nicht übersteigen, es fasziniert mich, lässt mich staunen und mich wohlfühlen.


Auch die Liebe zwischen zwei Menschen ist meiner Meinung nach mehr, als das materielle/physische Zusammentreffen zweier zugeneigter Wesen. Über die darin empfundene Emotionalität hinaus, wird der geliebte Partner zu einem wesentlichen Bestandteil meines Lebens und meines Menschseins. Eben ein tieferes Eingebundensein, das den anderen in sich trägt, selbst wenn man sich physisch an völlig unterschiedlichen Orten befinden sollte.

Schön beschrieben. Ich würde schreiben, durch die emotionale Verbundenheit...


Allerdings ist mein persönlicher Glaubensweg ja weniger von einer bestimmten Moral geprägt, als von geistiger Armut, also dem spirituellen Weg des Ledigwerdens. Das heißt, dass ich (nicht nur) im Gebet übe zu lassen (von allem Kreatürlichen und Geschaffenen) und auf diese Weise eben auch von meinem Glauben, soweit er in Bildern Teil meiner Vorstellungswelt ist.

Von geistiger Armut?

LG,
Effi

Provisorium
18.03.2013, 10:08
Wertevorstellungen können sich gleichermaßen wie kulturelle Bedingungen weiterentwickeln. Kultur umfasst Lebensweisen und Zivilisationsentwicklungen. Es geht dabei um nichts Starres, eher um Prozesse, finde ich. Unser "arbeiten" auf vorigen Grundlagen bewirkt Entwicklung, kann Weiterentwicklung bewirken.
Das Durchsetzen des Laizismus begrüße ich ebenso, auf jeden Fall. Damit ist Religionsfreiheit gewährleistet.Was die prozesshafte Veränderung von Wertevorstellungen und kulturellen Bedingungen betrifft, sind wir uns einig, aber ich fürchte, dass dabei nicht ausschließlich nur Weiterentwicklung bewirkt wird. Eine Gesellschaft kann auch auf der "Werteleiter" einige Sprossen nach unten steigen - gerade wir Deutschen sollten das nicht vergessen.


Mir ist der Blick, die Auseinandersetzung mit den konkreten Werten wichtig. Wichtiger als die Zuordnung einer Glaubensrichtung, wie z.B. dem Christentum. Bedeutsame Werte werden durch eine Zuordnung m.M.n. nicht bedeutsamer.Das sehe ich auch so, dass Werte durch Zuordnung nicht bedeutsamer werden. Werte entstehen ja nicht automatisch da, wo eine Gemeinschaft zusammen kommt und sich auf diese Werte beruft, Werte müssen im Alltag gelebt werden.


Mir liegt bescheidene Dankbarkeit und ich muss keine ganz besondere Herkunft haben. Ich freute mich auch darüber, ein Produkt des Zufalls zu sein. Ein wundersamer Zufall ist es allemal, mir aber nicht zu wenig, wäre es Sternenstaub gewesen ;-). Ähm, woher kam denn dann der Sternenstaub? ;-))Sonnen fusionieren den lieben langen Tag nichts anderes als Wasserstoff zu Helium. Das geht so einige Milliarden Jahren lang und irgendwann werden dann auch andere Elemente fusioniert, bis zum Schluss nur noch Eisen übrig bleibt. Das heißt der Kern der Sonne besteht dann fast völlig aus Eisen, ist unglaublich sauschwer und kann nach außen keinen Druck mehr abgeben, der der Gravitation entgegenwirken könnte. Ein Neutronenstern ist entstanden. Schlussendlich fliegt der arme Stern aufgrund der Gravitationskräfte mit einem derartigen Bums auseinander, dass man sich da besser mal nicht in der Nähe aufhalten sollte. Aber das ausgesprochen Nützliche an der Geschichte ist, dass durch das umherfliegende Material Planeten entstehen und mit bisschen Glück dann irgendwann auch Leben auf dem Planeten. Und insofern sind wir alle Sternenstaub (die Astrophysiker unter uns mögen dem Provisorium diese stark vereinfachte Darstellung verzeihen. Provisorien halt...).


Es muss mein Sein nicht übersteigen, es fasziniert mich, lässt mich staunen und mich wohlfühlen.Vielleicht ist das Auslegungssache, aber ich fürchte das Du Dich nur deshalb fasziniert, staunend wohlfühlen kannst, weil es Dein Sein Übersteigendes gibt. Du bist ja eingebunden in mannigfaches Sein und Dein Sein hängt von so unglaublich vielen anderen Seins ab, die für Dich auch existentiell wichtig sind, dass Du isoliert von anderem, Dich übersteigendem Sein nur schwerlich sein könntest. Der Mensch kann immer nur eingebunden in anderes Sein existieren und das vollkommen abhängig. Er kann es nur sehr unzureichend und ausgesprochen kurzfristig auf sein eigenes Sein reduziert aushalten. Allein das Sein des Sauerstoffes würdest Du sehr schnell vermissen. Und der Sauerstoff z.B. übersteigt Dein Sein, weil Du nicht ohne ihn, er aber ohne Dich sein kann. Der Mensch mag sich ja frei wähnen, aber er ist es ganz und gar nicht. Weder auf materieller Ebene noch auf geistiger. Wir profitieren alle auch von den geistigen Errungenschaften vorangegangener Generationen. Müsstest Du alles was Du weißt selbst entdecken, ohne das es zuvor schon jemand entdeckt und an Dich weitergegeben hätte, dann würde Dein Leben aber ganz anders aussehen. Also nur im Eingebundensein in etwas, was unser eigenes Sein übersteigt, können wir unser Sein überhaupt zur Blüte bringen.


Schön beschrieben. Ich würde schreiben, durch die emotionale Verbundenheit...Also ich habe das schon anders erlebt. Denn selbst als die emotionale Verbundenheit erschöpft darniederlag und nicht wiederbelebt werden konnte, blieb die grundsätzliche Verbundenheit mit dem ehemals auch emotional verbundenen Menschen, trotzdem bestehen. Über die Emotionalität hinaus kann ein Mensch zu einem wesenhaften Teil Deines Menschseins werden. Z.B. hatte ich mal eine Patientin, die fuhr mit ihrem Rollstuhl, wie auf einer Bühne, immer hin und her über den Wohnbereich und sagte dabei: "Auch dieses wird vorübergehen..." Das ist mittlerweile zu einem Teil meines Wesens geworden und ich sage das auch immer wieder in problembeladenen Situationen.

Auch hier nehme ich ein Eingebundensein wahr, dass die pure Emotionalität übersteigt, weil das menschliche Lernen und Aneignen nicht allein über emotionale Prozesse verläuft. Lesen und schreiben lernen ist z.B. auch kein wirklich emotionaler Prozess und wird dann trotzdem zu einem wesentlichen Bestandteil Deines Seins. Du musst Dich nicht einmal mehr anstrengen, um diesen Text hier z.B. lesen zu können, Du kannst es einfach, weil lesen können zu Deinem Wesen gehört. Und ich denke so haben wir noch allerlei andere Dinge wesenhaft in uns präsent, ohne damit zuvorderst emotional verbunden sein zu müssen.


Von geistiger Armut?Das geht zurück auf das Jesuswort "Selig sind sie geistig Armen". Damit ist ein spiritueller Weg des "nichts wollen", "nichts wissen" und "nichts haben" gemeint. Also ein Weg radikaler Negation um das Reich des Gegensätzlichen (zumindest geistig) zu verlassen. In der Praxis geschieht dies einmal im Gebet (ich übe eine bestimmte Gebetspraxis - das Ruhegebet) und im normalen Lebensvollzug geht es darum, das Leben als Selbstzweck anzunehmen, also nicht im Außen nach einem Sinn zu suchen, oder nach etwas Dazukommenden zu streben, sondern ohne warum das Leben sein zu lassen, zuzulassen und letztlich davon loszulassen.

Das hört sich vielleicht komplizierter an als es ist, aber eigentlich ist es das Allereinfachste was es gibt, weil es von Dir keinerlei Leistung verlangt. Du darfst einfach sein. Natürlich muss ich aber trotzdem in meinem Leben auch noch Ziele verfolgen und Anforderungen erfüllen, aber das darf ich befreit von der Annahme tun, dass sich dadurch mein Selbst verwirklichen ließe. Mein Selbst liegt unberührt von allem Geschaffenen und Kreatürlichen im Innersten meiner Seele verborgen und ich komme ihm nicht dadurch näher, dass ich zusätzliches Geschaffene und Kreatürliche ansammle.

Meister Eckhart hat darüber mal eine Predigt verfasst. Die kannst Du mit Auslegung unter folgendem Link einsehen: http://www.meister-eckhart-gesellschaft.de/texte.htm. Vielleicht kann man mich dann besser verstehen?

LG
Provisorium

Effi
18.03.2013, 11:23
Was die prozesshafte Veränderung von Wertevorstellungen und kulturellen Bedingungen betrifft, sind wir uns einig, aber ich fürchte, dass dabei nicht ausschließlich nur Weiterentwicklung bewirkt wird. Eine Gesellschaft kann auch auf der "Werteleiter" einige Sprossen nach unten steigen - gerade wir Deutschen sollten das nicht vergessen.

Es *kann* Weiterentwicklung geschehen...
Ja, es gibt auch Werteverlust oder eben negative Veränderungen... da ist Aufmerksamkeit und Achtsamkeit gefragt.


Sonnen fusionieren den lieben langen Tag nichts anderes als Wasserstoff zu Helium. Das geht so einige Milliarden Jahren lang und irgendwann werden dann auch andere Elemente fusioniert, bis zum Schluss nur noch Eisen übrig bleibt. Das heißt der Kern der Sonne besteht dann fast völlig aus Eisen, ist unglaublich sauschwer und kann nach außen keinen Druck mehr abgeben, der der Gravitation entgegenwirken könnte. Ein Neutronenstern ist entstanden. Schlussendlich fliegt der arme Stern aufgrund der Gravitationskräfte mit einem derartigen Bums auseinander, dass man sich da besser mal nicht in der Nähe aufhalten sollte. Aber das ausgesprochen Nützliche an der Geschichte ist, dass durch das umherfliegende Material Planeten entstehen und mit bisschen Glück dann irgendwann auch Leben auf dem Planeten. Und insofern sind wir alle Sternenstaub (die Astrophysiker unter uns mögen dem Provisorium diese stark vereinfachte Darstellung verzeihen. Provisorien halt...).

Herrlich und gut verständlich vereinfacht beschrieben.
Es muss auch Provisorien geben und vereinfachte Darstellungen, schließlich möchte auch ich was verstehen können ;-))


Vielleicht ist das Auslegungssache, aber ich fürchte das Du Dich nur deshalb fasziniert, staunend wohlfühlen kannst, weil es Dein Sein Übersteigendes gibt. ...
Allein das Sein des Sauerstoffes würdest Du sehr schnell vermissen. Und der Sauerstoff z.B. übersteigt Dein Sein, weil Du nicht ohne ihn, er aber ohne Dich sein kann.

Ok, jetzt verstehe ich dich. Ja, klar, in diesem Sinne stimme ich dir zu.
Hatte das "Sein Übersteigende" nicht so recht verstanden.


Der Mensch mag sich ja frei wähnen, aber er ist es ganz und gar nicht. Weder auf materieller Ebene noch auf geistiger. Wir profitieren alle auch von den geistigen Errungenschaften vorangegangener Generationen. Müsstest Du alles was Du weißt selbst entdecken, ohne das es zuvor schon jemand entdeckt und an Dich weitergegeben hätte, dann würde Dein Leben aber ganz anders aussehen. Also nur im Eingebundensein in etwas, was unser eigenes Sein übersteigt, können wir unser Sein überhaupt zur Blüte bringen.

Absolut, vollumfassende Zustimmung.


Also ich habe das schon anders erlebt. Denn selbst als die emotionale Verbundenheit erschöpft darniederlag und nicht wiederbelebt werden konnte, blieb die grundsätzliche Verbundenheit mit dem ehemals auch emotional verbundenen Menschen, trotzdem bestehen. Über die Emotionalität hinaus kann ein Mensch zu einem wesenhaften Teil Deines Menschseins werden. Z.B. hatte ich mal eine Patientin, die fuhr mit ihrem Rollstuhl, wie auf einer Bühne, immer hin und her über den Wohnbereich und sagte dabei: "Auch dieses wird vorübergehen..." Das ist mittlerweile zu einem Teil meines Wesens geworden und ich sage das auch immer wieder in problembeladenen Situationen.

Ok, es steckt mehr Praxis in deinen Aussagen als sie zunächst vermuten ließen. Danke für deine Beispiele.



Auch hier nehme ich ein Eingebundensein wahr, dass die pure Emotionalität übersteigt, weil das menschliche Lernen und Aneignen nicht allein über emotionale Prozesse verläuft.

Nein, natürlich nicht. Emotionale Intelligenz macht nur einen Teil der Lernprozesse aus.



Meister Eckhart hat darüber mal eine Predigt verfasst. Die kannst Du mit Auslegung unter folgendem Link einsehen: http://www.meister-eckhart-gesellschaft.de/texte.htm. Vielleicht kann man mich dann besser verstehen?

Werde ich mir später gerne zu Gemüte führen. Danke :-),

LG, Effi

Provisorium
18.03.2013, 12:23
Ok, es steckt mehr Praxis in deinen Aussagen als sie zunächst vermuten ließen. Danke für deine Beispiele.Ich glaube das ist das Problem mit dem was ich hier so von mir gebe. Es wirkt unglaublich theoretisch, abgehoben und nicht von dieser Welt. Aber das ist es eigentlich gar nicht so unbedingt. Ich versuche nur möglichst redlich die Konsequenzen aus unserer Art zu denken, denken zu müssen zu ziehen und frage mich dann im nächsten Schritt, was das mit mir, mit uns Menschen zu tun hat und was man für Schlüsse daraus ziehen kann.

Mir persönlich liegt nun einmal die Vernunft sehr am Herzen und ich verzichte gerne auf die Annahme, dass sich in dieser Welt irgendwelche Dinge auf übernatürliche Weise vollziehen. Trotzdem glaube ich nicht daran, dass wir Menschen vermöge unserer Erkenntnis und der ihr vorgegebenen Strukturen den Grund allen Seins erkennen können und wir da an eine unüberwindbare Grenze stoßen.

Das ist aber nicht weiter so das große Problem, weil wir uns innerhalb der uns vorgegebenen Strukturen ganz wunderbar miteinander auseinandersetzen können und es deshalb auch keinen Grund gibt, uns über das Unerkennbare zu streiten. Aber genau das tun die Menschen eben leider immer, wenn sie Gott, als den gänzlich Unerkennbaren, in irgendwelchen bestimmten Bildern fassen und diese am Ende sogar noch verbindlich zu machen versuchen.

Und um einmal klar zu verdeutlichen, dass wir Menschen dazu nicht in der Lage sind und es deshalb auch lieber mal sein liessen, muss ich leider manchmal auch etwas theoretisch werden.

LG
Provisorium

Jamie
20.03.2013, 08:58
Hm. Egal, ich welchen thread ich schaue - intellektuelle Diskussionen sind im Gange, aber ich kann an keiner Stelle (haltet es meinem simplen Gemüt und Hirn zugute) feststellen, dass es irgendwen irgendwie wirklich weiter gebracht hätte......

Ok, ich mag mich in meiner beschränkten Intelligenz täuschen, aber dennoch spüre ich nur ein Sich-im-Kreise-drehen o.E.

Das irgendwann kurz über lang dann in Anfeindungen mündet - WARUM? Wir haben EINEN Gott, und dieser Gott ist, wie die Bibel selbst sagt, "größer als all unsere Vernunft".

Ich find grad keinen sinnvolĺen Schluß (man mag denken: Auch das Vorangegangene war/ist nicht eben sinnvoll; das sei euch unbenommen) und bleibe einfach so stehen.....

Provisorium
20.03.2013, 15:34
Hm. Egal, ich welchen thread ich schaue - intellektuelle Diskussionen sind im Gange, aber ich kann an keiner Stelle (haltet es meinem simplen Gemüt und Hirn zugute) feststellen, dass es irgendwen irgendwie wirklich weiter gebracht hätte......Also mich bringen die Diskussionen hier schon weiter. Ich würde mich lediglich über noch mehr Meinungen freuen. Die dürfen auch ganz simpel sein. Ich fände es sehr schade, wenn man sich ausgeschlossen fühlte, weil man denkt man wäre zu simpel gestrickt im Kopf;-). Außerdem bin ich mir ganz ganz sicher, dass Du persönlich auch gar nicht so simpel im Hirn bist, wie Du es ausgedrückt hast. Also wenn Du, liebe Jamie, irgendeine Vorstellung, oder einen Wunsch haben solltest, wohin sich das Christentum entwickeln könnte/sollte, dann würde ich mich sehr über einen Beitrag von Dir freuen!


Ok, ich mag mich in meiner beschränkten Intelligenz täuschen, aber dennoch spüre ich nur ein Sich-im-Kreise-drehen o.E.Vielleicht ist das ja auch tatsächlich so? Ich persönlich habe nun nicht dieses Gefühl, aber wenn andere oder Du das haben solltest, dann fände ich es toll, wenn Du sagen würdest, woran Du das festmachst. Das interessiert mich nämlich wirklich. Fahren wir hier Karussell und ich merke es nur nicht ;-)?


Das irgendwann kurz über lang dann in Anfeindungen mündet - WARUM? Wir haben EINEN Gott, und dieser Gott ist, wie die Bibel selbst sagt, "größer als all unsere Vernunft".Also ich mag hier niemanden anfeinden für seine Meinung und ich fühle mich persönlich auch nicht angefeindet, wenn auch missverstanden, aber nicht angefeindet.

Weißt Du, ganz sicher ist Gott größer als alle Vernunft und unsere Erkenntnis wird genauso sicher auch immer nur Stückwerk bleiben, aber ich persönlich sehe deshalb noch keinen Grund die Vernunft gering zu achten, oder sie nicht zu gebrauchen. Ich kenne viele Menschen die keinen Zugang zum Glauben finden, weil sie ihn nicht mit den Erkenntnissen der Naturwissenschaft in Übereinstimmung bringen können (z.B. aufgrund der Evolutionstheorie). Ich finde da sollte man dann schon genauer drüber nachdenken und diese Zweifel ernst nehmen.

Padma hatte das in diesem Thread sehr schön ausgedrückt und meinte, dass im Glauben so eine "friss oder stirb Mentalität" nicht zielführend sein kann. Das sehe ich persönlich auch so und deshalb denke ich sehr gerne über meinen Glauben nach.



Ich find grad keinen sinnvolĺen Schluß (man mag denken: Auch das Vorangegangene war/ist nicht eben sinnvoll; das sei euch unbenommen) und bleibe einfach so stehen.....Das ist doch völlig ok. Aber vielleicht magst ja trotzdem noch was zu der Entwicklung des Christentums sagen? Der neue Papst hatte gesagt, dass er sich eine arme Kirche wünsche. Was könnte er damit gemeint haben? Hast Du eine Idee?

LG
Provisorium

Effi
20.03.2013, 19:55
Lieber Provisorium,


Meister Eckhart hat darüber mal eine Predigt verfasst. Die kannst Du mit Auslegung unter folgendem Link einsehen: http://www.meister-eckhart-gesellschaft.de/texte.htm. Vielleicht kann man mich dann besser verstehen?
Ich las jetzt erstmal nur die Predigt und überflog die Auslegungen lediglich. Ich muss sagen, dass mir diese Art des Denkens und Glaubens sehr fremd ist.

Ich zitiere zunächst einige wenige Aussagen aus der langen Predigt, etwas wahllos, nicht gezielt, weshalb ich hoffe nichts aus dem Zusammenhang zu nehmen. Ich möchte drunter meine Eindrücke dazu aufschreiben.

Soll der Mensch arm sein an Willen, dann darf er so wenig wollen und verlangen, als er wollte und verlangte, als er nicht war. Und in diesem Sinne ist der Mensch arm, der nichts will.

Wer nun arm sein soll an Geist, der muss arm sein an allem eigenen Wissen, so dass er überhaupt nichts weiß – weder Gott noch Geschöpfe noch sich selbst. Dazu ist es notwendig, dass der Mensch frei darauf verzichte, die Werke Gottes zu wissen oder sonst zu erkennen. In diesem Sinne kann der Mensch arm sein an seinem eigenen Wissen.

Als ich aus Gott herausfloß, da sagten alle Dinge: Gott ist. Aber das kann mich nicht selig machen, denn hierbei bekenne ich mich als Geschöpf. Hingegen beim Durchbrechen – da stehe ich losgelöst von meinem Willen und vom Willen Gottes, von allen seinen Werken und von Gott selbst; da stehe ich oberhalb von allen Geschöpfen. Da bin ich weder Gott noch Geschöpf, ja, da bin ich das, was ich war und bleiben werde, jetzt und für immer.

Wer diese Rede nicht versteht, der mache sich deswegen in seinem Herzen keine Sorgen. Denn solange der Mensch dieser Wahrheit nicht gleich wird, so lange wird er diese Rede nicht verstehen, denn sie ist unverdeckte Wahrheit, wie sie unvermittelt aus dem Herzen Gottes kommt.

Provisorium, ich muss jetzt schreiben, dass ich auch meine, dass dahinter eine Ideologie steht. Alleine die Art des Redens erschreckt mich.

Das hier ... Nun beschwöre ich euch, ihr möchtet so sein, dass ihr diese Lehre verstündet. Denn bei der ewigen Wahrheit, ich sage euch: Kommt ihr der Wahrheit nicht gleich, von der wir nun reden wollen, dann werdet ihr mich nicht verstehen. ... sagte ein Mensch und er wirkt damit überheblich auf mich.

Ebenso wie dies... Wer diese Rede nicht versteht, der mache sich deswegen in seinem Herzen keine Sorgen. Denn solange der Mensch dieser Wahrheit nicht gleich wird, so lange wird er diese Rede nicht verstehen, denn sie ist unverdeckte Wahrheit, wie sie unvermittelt aus dem Herzen Gottes kommt.

Diese Predigt hat was Elitäres, weil darin irgendwie doch ein richtigster Weg beschrieben wird.
Ist mir zu abgehoben und zu mystisch. Die Suche nach höheren Begriffen ist mir suspekt und verlässt mir zu sehr die rationale Vernunftsebene, die Überprüfbarkeit beinhaltet.

Schau hier... In diesem ersten Grund bist du du, dort brauchst du nichts, begehrst folglich nichts. Begehren, Verlangen, Anstreben, dies alles setzt voraus, dass das Gute außer dir ist. Du bist aber im Guten. Du bist das Gute. Normalerweise stellst du dir Gott, die Welt und dich als verschieden vor. Aber im ersten Grund bist du Gott, Welt und Mensch.

Ich merke nicht nur die Widersprüche, ich spüre sie auch. Einerseits ist man nichts und andererseits ist man wieder Gott, Welt und Mensch.
Es ist mir lebensfremd. Ich beschäftigte mich evtl. auch schon zu viel rational mit Gehirnforschung & Co, als dass ich für solch Mystik empfänglich sein könnte.

Gewiss hat man eine gewisse Sehnsucht nach irgendwas, wenn man den Wunsch verspürt sich gar von sich selbst ablösen zu wollen, aber ich kann das wirklich sehr schlecht nachspüren, schreib ich jetzt einfach mal so ehrlich auf. Dies ist nicht als Abwertung deines Lebenskonzeptes gedacht, nein, einfach nur meine schlichte Haltung dazu mitgeteilt.

LG, Effi

Nachtrag: Wenn du dich von allem, auch von dir selbst loslösen wolltest, von deinem Wissen, deinem Geist dann dürftest du ja eigentlich gar nicht hier schreiben, was ich sehr bedauerte ;-)).

Das hier finde ich traurig:
Eckhart radikalisiert die geistige Armut. Sein armer Mensch stellt das Wollen ein. Er weiß nicht nur, dass er nichts weiß; er löst sich auch noch von diesem Wissen ab. Er läßt alles fallen. Mit nichts identifiziert er sich. Er hat keine Welt mehr.

Für mich ist es wichtig eine Welt zu haben. Identifizieren ist bedeutsam, um empathisch sein zu können.

Effi
20.03.2013, 20:13
Nein, du hat nicht gesagt, dass man deine Sichtweise teilen muss, aber dann akzeptiere auch den Widerspruch, dass man es eben nicht teilt...

Sehr klug, finde ich.
@ Jamie: Diese Haltung hilft bei kontroversen Diskussionen, die gewiss nicht per se sinnlos sind und auch nicht in unfairen Streits enden müssen. Es liegt an den Beteiligten was aus Diskussionen so wird und das kann durchaus spannend sein.

anonym002
20.03.2013, 20:17
Wer nun arm sein soll an Geist, der muss arm sein an allem eigenen Wissen, so dass er überhaupt nichts weiß – weder Gott noch Geschöpfe noch sich selbst. Dazu ist es notwendig, dass der Mensch frei darauf verzichte, die Werke Gottes zu wissen oder sonst zu erkennen. In diesem Sinne kann der Mensch arm sein an seinem eigenen Wissen.



"nur" eine kleine Anmerkung: „Arm im Geist“, was da Jesus in der Berglehre meinte, hat nichts mit „nicht Wissen“ zu tun…

Darüber gibt es hier irgendwo in den Tiefen des Forums auch schon einen Thread…

Effi
20.03.2013, 20:28
"nur" eine kleine Anmerkung: „Arm im Geist“, was da Jesus in der Berglehre meinte, hat nichts mit „nicht Wissen“ zu tun…

Sondern? Da ich deine Erklärungen schätze, würde ich mich freuen, könntest du hierzu eine abgeben :-).

anonym002
20.03.2013, 20:34
hier zB...

http://gnadenkinder.de/board/showthread.php?2191-Die-Bergrede-Jesu&highlight=berglehre

weiteres müsste ich noch intensiver suchen.....

Effi
20.03.2013, 20:41
hier zB...

http://gnadenkinder.de/board/showthread.php?2191-Die-Bergrede-Jesughlight=berglehre (http://gnadenkinder.de/board/showthread.php?2191-Die-Bergrede-Jesu&highlight=berglehre)

weiteres müsste ich noch intensiver suchen.....


Alef

Danke!

anonym002
20.03.2013, 21:13
Mt 5,3 Glückselig die Armen im Geist, denn ihrer ist das Reich der Himmel.

Bezieht sich auf:

Jes 57,15 Denn so spricht der Hohe und Erhabene, der in Ewigkeit wohnt und dessen Name der Heilige ist: In der Höhe und im Heiligen wohne ich und bei dem, der zerschlagenen und gebeugten Geistes ist, um zu beleben den Geist der Gebeugten und zu beleben das Herz der Zerschlagenen.


Wer Arm ist, hat Mangel, ist nicht gesättigt. Der geistlich/geistig Arme erkennt sein Ungenügen vor Gott. Er Überhebt sich nicht seiner Geistlichkeit, Frömmigkeit, Erkenntnis, seinen guten Taten, sich besser fühlen / leben als andere, usw.

Math. 25, 31-46 Schafe und Böcke vor Gericht, der „geistlich Reiche“ = die Motivation waren gute Taten zu vollbringen, besser als andere zu sein, der „geistlich Arme“ = der Gerechte ist sich seiner Taten nicht "bewusst", es ist seine Lebenshaltung.


Der „Arme“ stützt sich somit nicht auf seine Taten, sondern gibt seiner Beziehung zu Gott den Vorrang. Man könnte es auch einfach mit „Demut“ bezeichnen. Das hat aber nichts mit „nicht Wissen wollen/können“ zu tun. Wir müssen auch nicht unser Wissen verdrängen oder verleugnen. Im Gegenteil, "Wissen" hilft für die richtige Entscheidung.

Effi
20.03.2013, 21:31
Mt 5,3 Glückselig die Armen im Geist, denn ihrer ist das Reich der Himmel.

Bezieht sich auf:

Jes 57,15 Denn so spricht der Hohe und Erhabene, der in Ewigkeit wohnt und dessen Name der Heilige ist: In der Höhe und im Heiligen wohne ich und bei dem, der zerschlagenen und gebeugten Geistes ist, um zu beleben den Geist der Gebeugten und zu beleben das Herz der Zerschlagenen.


Wer Arm ist, hat Mangel, ist nicht gesättigt. Der geistlich/geistig Arme erkennt sein Ungenügen vor Gott. Er Überhebt sich nicht seiner Geistlichkeit, Frömmigkeit, Erkenntnis, seinen guten Taten, sich besser fühlen / leben als andere, usw.

Math. 25, 31-46 Schafe und Böcke vor Gericht, der „geistlich Reiche“ = die Motivation waren gute Taten zu vollbringen, besser als andere zu sein, der „geistlich Arme“ = der Gerechte ist sich seiner Taten nicht "bewusst", es ist seine Lebenshaltung.


Der „Arme“ stützt sich somit nicht auf seine Taten, sondern gibt seiner Beziehung zu Gott den Vorrang. Man könnte es auch einfach mit „Demut“ bezeichnen. Das hat aber nichts mit „nicht Wissen wollen/können“ zu tun. Wir müssen auch nicht unser Wissen verdrängen oder verleugnen. Im Gegenteil, "Wissen" hilft für die richtige Entscheidung.



soweit mal eine weitere Betrachtung....

Alef

Ja, so verstehe ich es. So stecken positive Aussagen dahinter. Ja, schön, aber Meister Eckart sah das schon anders oder verstehe ich nur seine Art des Redens nicht?

anonym002
20.03.2013, 21:53
Ich vermute mal, dass Eckart schon ähnliches sagen wollte, aber mit seiner „Philosophie“, seinen "Worten". Wenn man aber nichts mehr Wissen darf, sollte man dann auch die Philosophie beiseite legen, denn diese kann das grösste Hindernis der Demut sein.

Es mündet in einer Kapitulation vor Gott, denn nicht ich im Zentrum, sondern DU einziger Gott JHWH. Aber vor diesem Gott ist der Mensch kein „Nichts“ sondern ein DU: „Du, ich habe dich lieb“, ein Mitfühlen mit mir. Dieser "kalte", ja fast unpersönliche Gott, der nicht mitfühlt, ist dem "biblischen" weit entfernt. Es wird Überschneidungspunkte geben, aber auch Dinge, die sich diametral gegenüberstehen.

Jesus sagte ja oft: „wer hört und tut“, also Verstehen und daraus Wissen haben einen Einfluss auf unser entscheidendes Handeln.

anonym002
20.03.2013, 21:56
Thema: Wohin entwickelt sich das Christentum?

Vielleicht ist das ja gerade auch ein Problem des Christentums, weil es in einigem das ursprüngliche Verständnis mit anderem ausgetauscht hat.

Effi
20.03.2013, 22:02
Thema: Wohin entwickelt sich das Christentum?

Vielleicht ist das ja gerade auch ein Problem des Christentums, weil es in einigem das ursprüngliche Verständnis mit anderem ausgetauscht hat.


Alef


Dachte ich mir auch schon so. Ich merke jedenfalls zunehmend, dass mir das ursprüngliche Verständnis näher steht.

Effi
20.03.2013, 22:26
Ich vermute mal, dass Eckart schon ähnliches sagen wollte, aber mit seiner „Philosophie“, seinen "Worten". Wenn man aber nichts mehr Wissen darf, sollte man dann auch die Philosophie beiseite legen, denn diese kann das grösste Hindernis der Demut sein.

Eben, darin sehe ich u.a. die Widersprüchlichkeit, die ich vorhin erwähnte.


Aber vor diesem Gott ist der Mensch kein „Nichts“ sondern ein DU: „Du, ich habe dich lieb“, ein Mitfühlen mit mir.

Ja, so... :-)


Dieser "kalte", ja fast unpersönliche Gott, der nicht mitfühlt, ist dem "biblischen" weit entfernt. Es wird Überschneidungspunkte geben, aber auch Dinge, die sich diametral gegenüberstehen.

Mich stört an solchen Philosophien, dass sie nur für Auserlesene gemacht sind, nämlich jene, die sie verstehen können, die Zugang finden und haben, wie auch immer. Hab ich vorhin ja zitiert. Ich verstehe Eckarts höheren Sinn von Armut nicht, kann ihm nichts abgewinnen. Es soll nichts sein und doch so viel. Es geht um ein "Etwas" in unserer Seele. Das "Etwas" darf wieder was sein, ist was ganz besonderes, das unter Intellekt und göttliche Einheit fällt, wenn ich's richtig verstanden habe. Provisorium, wie kannst du das alles verstehen?


lailah tov

Alef

Gute Nacht (habe ich ergoogelt ;-)),
Effi

bonnie
21.03.2013, 08:09
guten Morgen,


Mt 5,3 Glückselig die Armen im Geist, denn ihrer ist das Reich der Himmel.

Bezieht sich auf:

Jes 57,15 Denn so spricht der Hohe und Erhabene, der in Ewigkeit wohnt und dessen Name der Heilige ist: In der Höhe und im Heiligen wohne ich und bei dem, der zerschlagenen und gebeugten Geistes ist, um zu beleben den Geist der Gebeugten und zu beleben das Herz der Zerschlagenen.


Wer Arm ist, hat Mangel, ist nicht gesättigt. Der geistlich/geistig Arme erkennt sein Ungenügen vor Gott. Er Überhebt sich nicht seiner Geistlichkeit, Frömmigkeit, Erkenntnis, seinen guten Taten, sich besser fühlen / leben als andere, usw.

Math. 25, 31-46 Schafe und Böcke vor Gericht, der „geistlich Reiche“ = die Motivation waren gute Taten zu vollbringen, besser als andere zu sein, der „geistlich Arme“ = der Gerechte ist sich seiner Taten nicht "bewusst", es ist seine Lebenshaltung.


Thema: Wohin entwickelt sich das Christentum...

vielleicht gelingt es dem "Christentum", wieder hungrig zu werden?
Vielleicht schweigen irgendwann die vorformulierten Antworten und "Grundsätze"?
Vielleicht wäre es "wacher" und "neugieriger", wenn es alle festgelegten Antworten vergißt, wenn Fragen neu gefragt werden und einfach nichts mehr schlechthin "logisch" oder "biblisch eindeutig" sein muss?
Wenn die Beziehung zum Schöpfer nicht mehr mit (unterschiedlich versteh- und auslegbaren) Bekehrungen, Riten oder ähnlichem, sondern mit einfachem Fragen und Leben beginnt...

Vielleicht käme Beziehung und Liebe auch mehr in den Vordergrund als Worte und Bücher...
Vielleicht gäbe es dann kein "du musst... sonst bist du verloren", sondern ein aufeinander achtendes "du darfst... dann ist dein Leben zielgerichteter"...

vielleicht wäre das Leben, Beziehungen mit dem Schöpfer und den Mitmenschen- einfacher? intensiver, neugieriger, nicht formell...
weil keiner "mehr wissen kann oder muss", sondern alle abhängig bleiben von dem EINEN, in jeder Minute, in jedem Handeln und Denken.

aber vielleicht sind das auch einfach zu viele "Vielleichts" für Religionen allgemein?

lg bonnie&kopfhoch

Padma
21.03.2013, 10:13
Wer Arm ist, hat Mangel, ist nicht gesättigt. Der geistlich/geistig Arme erkennt sein Ungenügen vor Gott. Er Überhebt sich nicht seiner Geistlichkeit, Frömmigkeit, Erkenntnis, seinen guten Taten, sich besser fühlen / leben als andere, usw.

Vielleicht sind heutzutage unsere 'Hände' in jeder Hinsicht auch einfach nur zu voll, um empfangen zu können - und damit stehen wir uns selbst im Weg.

So wie ein Kamel leichter durch ein Nadelöhr geht als ein Reicher in das Reich Gottes und der ein zur Nachfolge Jesu Aufgeforderter traurig von dannen ging "denn er hatte viele Güter".

Es ist nun mal eben so : "Wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz" - und wenn das Herz bereits vergeben ist, kann Gottes 'Liebeswerben' nicht mehr auf fruchtbaren Boden fallen und grosse Resonanz hervorrufen.

Nicht umsonst erinnern sich Viele erst wieder an ihren verschütteten Glauben, wenn ihnen durch einen Schicksalsschlag die 'Leere ihrer Hände' deutlich vor Augen kommt.

Effi
21.03.2013, 10:23
Es ist nun mal eben so : "Wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz" - und wenn das Herz bereits vergeben ist, kann Gottes 'Liebeswerben' nicht mehr auf fruchtbaren Boden fallen und grosse Resonanz hervorrufen.


Welche Bedeutung hat für dich "und wenn das Herz bereits vergeben ist..."? In meinem Herzen, in meinem Innern spüre ich genug Raum für Liebe, Zuneigung, Aufmerksamkeit, Achtsamkeit... zumindest habe ich den Eindruck, das Gefühl. Ich wollte mich nicht zwischen Gott und anderem mir Wertvollem entscheiden müssen. Für mich gehört das alles zusammen, daher schrieb ich auch von lebenspraktischem Glauben, der meine Lebenspraxis begleitet.

Padma
21.03.2013, 11:10
"Das Herz bereits vergeben" dh "wo der Schatz ist" bedeutet für mich:
Dasjenige, vn dem her ich den Sinn in meinem Leben beziehe, von dem her ich entscheide, was in meinem Erleben und Tun ich als "gut und sinnvoll" empfinde und was ich als "negativ, falsch und überflüssig/vergeblich" einordne.
Oder mit anderen Worten: womit ich mich - bei meinem Erleben und Handeln - 'identifiziere' und was ich ablehne, oder noch anders: die Grundlage für mein 'Identitätsbewusstsein'/Selbstverständnis.

Auf eben dieser Grundlage 'verwirkliche ich mich selbst' (oder auch nicht, wenn ich daran gehindert werde).

Und wenn diese Grundlage schon "besetzt" ist, wenn ich den Sinn (oder 'Unsinn') in meinem leben nach anderen Kategorien festlege und beurteile - als nach dem, was der Schöpfer dieses Lebens dafür vorgesehen hat - , mache ich mich in meiner "Selbstverwirklichung" auch davon abhängig. Ich kann mich nur dann glücklich und zufrieden fühlen, wenn ich in Übereinstimmung mit meinen Zielen (dh dort wo mein Schatz und somit auch mein Herz ist) leben kann. Denn nur ein so ausgerichtetes Leben fühlt sich für mich dann als "sinnvoll" an.

Da heutzutage sehr viel mehr "machbar" ist als früher, kommen wir viel weniger schnell an unsere Grenzen und können uns viel länger etwas vor machen und uns darüber hinweg täuschen, wie abhängig wir uns von bestimmten Dingen (materiell oder auch ideell oder zwischenmenschlich) gemacht haben. Um so tiefer ist dann aber der Absturz in die "Sinnlosigkeit", wenn so ein Kartenhaus aus dann doch einmal einstürzt....

Provisorium
21.03.2013, 11:40
Ich las jetzt erstmal nur die Predigt und überflog die Auslegungen lediglich. Ich muss sagen, dass mir diese Art des Denkens und Glaubens sehr fremd ist.Die Armutspredigt Eckharts ist ein meditativer und vielleicht auch ein Stückweit ein philosophischer Text. Deshalb erschließt er sich vielleicht nicht sofort und wirkt deshalb fremd für unsere Ohren?

Vielleicht hast Du die Auslegung der Predigt ja doch noch gelesen, dann bist Du im Laufe des Textes einer Dame vorgestellt worden: Marguerite Porete.
Marguerite hatte in ihrer französischen Landessprache ein Buch geschrieben mit dem Titel "Spiegel der einfachen Seelen". Inhalt des Buches ist die Beziehung der menschlichen Seele zu Gott. Marguerite stellt in ihrem Text fest, dass die Seele des Menschen von Natur aus so geartet ist, dass sie sich immer mit Gott in der Einheit befindet und beschreibt dann in Dialogform, wie sich die menschliche Seele dessen bewusst werden könne.

Das war der Kirche natürlich massiv ein Dorn im Auge, denn den Weg den Marguerite beschrieb, machte eine Institution Kirche eigentlich überflüssig. Deshalb wurde sie von der Inquisition angeklagt und 1310 schließlich auch verbrannt, nachdem sie sich geweigert hatte zu widerrufen.

Für die Inquisitionsprozesse waren in der katholischen Kirche immer die Dominikaner zuständig. Eckhart war Dominikaner und deshalb natürlich auch mit diesem Fall vertraut. Allerdings und nur nebenbei, weil es tatsächlich bemerkenswert ist, ist trotz intensiver Forschung kein einziger Fall bekannt, in dem Eckhart einen Menschen verurteilt hätte. Im Gegenteil!

Die Armutspredigt Eckharts ist sein Versuch 10 Jahre nach der Verbrennung von Marguerite, ihren Text zu rehabilitieren und entspricht somit quasi einem posthumen Freispruch Poretes, von einem der einflussreichsten Theologen dieser Zeit.

Eckhart hat sich damit selbst in Gefahr gebracht und tatsächlich wurde er weitere acht Jahre später ebenfalls angeklagt und verurteilt.

Es ist wichtig die Zusammenhänge zu verstehen, sonst wird man seiner Predigt nicht gerecht. Wir sprechen hier schließlich über einen 700 Jahre alten Text, der zudem auch noch ein Stückweit eine Verteidigungsrede war. Da ist es gut, dass Eckhart deutliche Worte gefunden hat und von "unverdeckter Wahrheit" sprach! Im Klartext heißt das nämlich nichts anderes als: Nein, wir brauchen keine Kirche um mit Gott verbunden zu sein. Nein, wir brauchen kein Christentum, keine anderen -tümer, -ismen, Religionen oder sonstwas. Denn unsere Seelen sind substantiell mit Gott verbunden, jede Seele, ausnahmslos. Keine besondere Gnadenausstattung ist nötig, kein besonderes Bekenntnis, nichts dergleichen. Keine Ideologie, keine bestimmte Sichtweise, kein besonderer Weg ist nötig, um mit Gott verbunden zu sein. Eckhart spricht von der Natur der Seele und die ist immer geborgen in Gott und mit ihm in der Einheit.


Ich zitiere zunächst einige wenige Aussagen aus der langen Predigt, etwas wahllos, nicht gezielt, weshalb ich hoffe nichts aus dem Zusammenhang zu nehmen. Ich möchte drunter meine Eindrücke dazu aufschreiben.Die Predigt ist eigentlich ganz klar gegliedert, aber ich will trotzdem mal versuchen auf Deine Eindrücke einzugehen.


Soll der Mensch arm sein an Willen, dann darf er so wenig wollen und verlangen, als er wollte und verlangte, als er nicht war. Und in diesem Sinne ist der Mensch arm, der nichts will.

Wer nun arm sein soll an Geist, der muss arm sein an allem eigenen Wissen, so dass er überhaupt nichts weiß – weder Gott noch Geschöpfe noch sich selbst. Dazu ist es notwendig, dass der Mensch frei darauf verzichte, die Werke Gottes zu wissen oder sonst zu erkennen. In diesem Sinne kann der Mensch arm sein an seinem eigenen Wissen.

Als ich aus Gott herausfloß, da sagten alle Dinge: Gott ist. Aber das kann mich nicht selig machen, denn hierbei bekenne ich mich als Geschöpf. Hingegen beim Durchbrechen – da stehe ich losgelöst von meinem Willen und vom Willen Gottes, von allen seinen Werken und von Gott selbst; da stehe ich oberhalb von allen Geschöpfen. Da bin ich weder Gott noch Geschöpf, ja, da bin ich das, was ich war und bleiben werde, jetzt und für immer.

Wer diese Rede nicht versteht, der mache sich deswegen in seinem Herzen keine Sorgen. Denn solange der Mensch dieser Wahrheit nicht gleich wird, so lange wird er diese Rede nicht verstehen, denn sie ist unverdeckte Wahrheit, wie sie unvermittelt aus dem Herzen Gottes kommt.

Provisorium, ich muss jetzt schreiben, dass ich auch meine, dass dahinter eine Ideologie steht. Alleine die Art des Redens erschreckt mich.Kannst Du das bitte noch etwas konkretisieren? Was ist Dir denn unklar? Was erschreckt Dich? Wo siehst Du hier eine Ideologie?

Eckhart spricht hier von der Natur der menschlichen Seele. Er baut keine Ideologie auf, sondern er spricht von unserem innersten Grund, unserem Wesen. Ideologen sagen aber, dass man erst, wenn man das so oder so sieht, oder so oder so macht, dann erst sieht oder macht man es richtig. Und in Religionen bedeutet das, dass man erst dann richtig mit Gott verbunden ist, wenn man es so oder so sieht oder denkt oder macht.

Eckhart erklärt dem klar eine Absage. Nicht erst wenn Du Dich auf ganz spezielle Art und Weise verhältst, oder denkst, oder Dich bekennst bist Du mit Gott verbunden, sondern Du bist es immer und jeder Mensch ist es. Ganz egal wie er denkt, fühlt, glaubt und sich verhält. Er formuliert eine deutliche Absage an jede Form von Ideologie die meint, sie sei notwendig um den Menschen mit Gott zu verbinden. Wo also ist hier eine Ideologie verborgen? Ich verstehe es wirklich nicht!


Das hier ... Nun beschwöre ich euch, ihr möchtet so sein, dass ihr diese Lehre verstündet. Denn bei der ewigen Wahrheit, ich sage euch: Kommt ihr der Wahrheit nicht gleich, von der wir nun reden wollen, dann werdet ihr mich nicht verstehen. ... sagte ein Mensch und er wirkt damit überheblich auf mich.Hältst Du Eckharts Armutspredigt für leicht verständlich? Eckhart war bewusst, dass seine Predigt eben nicht leicht verständlich ist. Gleichzeitig war er von der Wahrheit, von der Richtigkeit seiner Worte völlig überzeugt und deshalb sehnt er sich danach, dass die Menschen ihn verstehen würden. Ich denke das diese Art zu reden 1320 völlig normal war. Und Eckhart war damals einer der größten Theologen seiner Zeit. Ich denke er musste auch mit dieser Autorität auftreten.


Ebenso wie dies... Wer diese Rede nicht versteht, der mache sich deswegen in seinem Herzen keine Sorgen. Denn solange der Mensch dieser Wahrheit nicht gleich wird, so lange wird er diese Rede nicht verstehen, denn sie ist unverdeckte Wahrheit, wie sie unvermittelt aus dem Herzen Gottes kommt.Aber er beruhigt doch nur die Menschen. Er sagt doch nur, dass man seine Predigt gar nicht unbedingt verstehen muss. Deshalb ist er ja auch kein Ideologe. Er weiß das es nicht nötig ist seine Predigt zu verstehen. Aber er weiß eben auch, dass er die Wahrheit spricht. Die Wahrheit das jeder Mensch substantiell mit Gott verbunden ist. Würde man das verstehen, würden auf einen Schlag sämtliche Gräben zwischen den einzelnen Religionen überwunden.


Diese Predigt hat was Elitäres, weil darin irgendwie doch ein richtigster Weg beschrieben wird.
Ist mir zu abgehoben und zu mystisch. Die Suche nach höheren Begriffen ist mir suspekt und verlässt mir zu sehr die rationale Vernunftsebene, die Überprüfbarkeit beinhaltet.Eckhart gehörte damals zur Elite, das kann man ihm also nur schwerlich vorwerfen. Es wird auch kein richtigster Weg beschrieben, sondern Eckhart beschreibt nur wie sich die Vernunft dieser göttlichen Einheit nähern kann. Die Vernunftebene wird hier eben gerade nicht verlassen. Das ist reinste neuplatonische Philosophie und baut damit völlig auf der Vernunft auf. Und überprüfbar ist der von Eckhart beschriebene Weg in gewisser Weise auch. Einmal weil es hier eben um Vernunftgründe geht und zum zweiten, weil der von Eckhart beschriebene Weg spirituell nachvollziehbar ist.


Schau hier... In diesem ersten Grund bist du du, dort brauchst du nichts, begehrst folglich nichts. Begehren, Verlangen, Anstreben, dies alles setzt voraus, dass das Gute außer dir ist. Du bist aber im Guten. Du bist das Gute. Normalerweise stellst du dir Gott, die Welt und dich als verschieden vor. Aber im ersten Grund bist du Gott, Welt und Mensch.

Ich merke nicht nur die Widersprüche, ich spüre sie auch. Einerseits ist man nichts und andererseits ist man wieder Gott, Welt und Mensch.
Es ist mir lebensfremd. Ich beschäftigte mich evtl. auch schon zu viel rational mit Gehirnforschung & Co, als dass ich für solch Mystik empfänglich sein könnte.Hier ist vom ersten Grund des Menschen die Rede und dieser erste Grund ist die Einheit mit Gott. Einheit mit Gott bedeutet, dass Du aus jedem Unterschied, aus jedem Gegensatz herausgenommen bist. Du bist in der Einheit und also bist Du die Einheit. Ich halte das nicht für lebensfremd, sondern das schafft eine völlig neue Perspektive, aus der heraus sich das Leben meiner Meinung nach sehr viel bejahender erleben lässt.

Und gerade die Gehirnforschung gibt Eckhart in vielen Dingen recht: Wenn Du magst kannst Du ja mal den Artikel "Das einfache Nichts. Der Gottesbegriff bei Meister Eckhart und die aktuelle Gehirnforschung" lesen. Ist der 8. Artikel von unten: http://www.philosophia-online.de/mafo/diskussion_index.htm


Gewiss hat man eine gewisse Sehnsucht nach irgendwas, wenn man den Wunsch verspürt sich gar von sich selbst ablösen zu wollen, aber ich kann das wirklich sehr schlecht nachspüren, schreib ich jetzt einfach mal so ehrlich auf. Dies ist nicht als Abwertung deines Lebenskonzeptes gedacht, nein, einfach nur meine schlichte Haltung dazu mitgeteilt.Ich löse mich nicht von meinem Selbst ab, sondern nur von allem Geschaffenen, das mein Selbst verdeckt. Erst so komme ich zu meinem Selbst.


Das hier finde ich traurig:
Eckhart radikalisiert die geistige Armut. Sein armer Mensch stellt das Wollen ein. Er weiß nicht nur, dass er nichts weiß; er löst sich auch noch von diesem Wissen ab. Er läßt alles fallen. Mit nichts identifiziert er sich. Er hat keine Welt mehr.

Für mich ist es wichtig eine Welt zu haben. Identifizieren ist bedeutsam, um empathisch sein zu könnenIch verlasse auch nicht die Welt nur weil ich mich von ihr zu lösen trachte und alles fallen lasse. Bis zu meinem Tod werde ich Teil dieser Welt sein und das finde ich ganz prima. Aber gerade weil ich wissen darf, dass mich diese Welt nicht binden kann, fühle ich mich wahrhaft befreit für andere Menschen da zu sein und mich empathisch in sie einzufühlen, weil ich gleichzeitig auch noch weiß, dass ich substantiell mit ihnen verbunden bin.

LG
Provisorium

Provisorium
21.03.2013, 18:22
Provisorium, wie kannst du das alles verstehen?

Ich nehme Eckharts Armutspredigt dann mal ein bisschen auseinander und versuche sie selbst und mit meinen eigenen Worten auszulegen, damit sie vielleicht bisschen verständlicher wird. Das Fettgedruckte dient allein der besseren Lesbarkeit und Unterscheidung meines Textes, von Eckharts Predigt. Eckharts Predigt ist kursiv geschrieben, meine Denke dazu fettgedruckt. Bitte nicht angeschrien fühlen.

Die Seligkeit selbst öffnete den Mund der Weisheit und sprach: „Selig, die arm sind an Geist, denn ihnen gehört das Himmelreich“.

Alle Engel, alle Heiligen und alles, was geboren wurde, alle müssen sie schweigen, sobald die Weisheit des Vaters spricht. Ist doch alle Weisheit der Engel und aller Geschöpfe reine Torheit vor der unergründlichen Weisheit Gottes.

Und sie hat behauptet, die Armen seien selig.

Nun gibt es zwei Arten von Armut.

Einmal die äußere Armut. Sie ist gut und hoch zu loben – in einem Menschen, der sie um der Liebe unseres Herrn Jesus Christus willen frei erwählt. Auch er hat sie gehabt, als er auf der Erde war. Von dieser Armut will ich jetzt nicht weiter reden.

Aber über sie hinaus gibt es eine Armut, eine inwendige, und auf sie bezieht sich das Wort unseres Herrn, wenn er sagt: „Selig, die arm sind an Geist“.

Nun beschwöre ich euch, ihr möchtet so sein, dass ihr diese Lehre verstündet. Denn bei der ewigen Wahrheit, ich sage euch: Kommt ihr der Wahrheit nicht gleich, von der wir nun reden wollen, dann werdet ihr mich nicht verstehen.

Das ist eigentlich nur Eröffnungsgeplänkel, mit einer kurzen Unterscheidung von äußerer Armut und innerer Armut. Äußere Armut ist uns allen bekannt und bezieht sich eventuell auf Mängel, materielle Not, Besitzlosigkeit und dergleichen.

Als die Predigt 1320 gehalten wurde, wussten sicher alle Zuhörer was äußere Armut bedeutet. Deshalb wollte Eckhart auch heute nicht davon reden, obwohl er sie ausdrücklich lobt, wenn sie jemand freiwillig erwählt hat und das waren damals nicht eben wenige Menschen.

Aber heute will Eckhart von innerer Armut sprechen. Armut beschreibt hier keinen Mangel oder irgendeine Form von Notstand, sondern den innersten Grund der menschlichen Seele. Die Seele ist dann als arm zu bezeichnen, wenn sie in der Seligkeit geborgen ist, wenn sie nichts Geschaffenes oder Kreatürliches umschlungen hält. Da wo die Seele das ist, was sie im ursprünglichsten Sinne ist, ist sie arm, ist der Mensch innerlich arm.

Ihr habt mich gefragt, was das Wesen der Armut sei und was ein armer Mensch sei. Darauf will ich antworten.

Bischof Albert lehrt, ein armer Mensch sei der, der kein Genüge findet an allem, was Gott je geschaffen hat. Das ist gut gesagt. Doch darüber hinaus: Ich sage es noch besser und nehme „Armut” in einem höheren Sinn:

Ein armer Mensch ist, wer nichts will, nichts weiß und nichts hat.

Von diesen drei Punkten will ich heute reden, und um der Liebe Gottes willen beschwöre ich euch, ihr möchtet diese Wahrheit verstehen, wenn ihr könnt. Und versteht ihr sie nicht, so sorgt euch darum nicht, denn ich will von einer Wahrheit sprechen, die so beschaffen ist, dass auch von guten Menschen nur wenige sie verstehen werden.

Jetzt geht’s also los! Eckhart legt das Jesuswort „Selig, die arm sind an Geist“ aus. Er kommt sofort zu einer kristallinen Dreiteilung:„Ein armer Mensch ist, wer nichts will, nichts weiß und nichts hat.“

Bitte im Hinterkopf behalten, dass es hierbei nicht um ein äußeres Verhalten oder Verhältnis geht, sondern um ein inneres. Es geht also nicht darum in der äußeren, materiellen Welt keinen Willen mehr zu haben, also z.B. keine Ziele mehr zu verfolgen oder ähnliches, sondern es geht um einen geistigen, um einen inneren Prozess.

Erstens also behaupten wir, ein armer Mensch sei der, der nichts will.

Diesen Satz verstehen einige Leute nicht richtig. Es sind die Leute, die sich in ihrem Selbstbezug an Bußwerke und äußere Übungen halten. Sie finden, das sei etwas Großes. Mir tun diese Menschen leid. Denn sie begreifen so wenig von der göttlichen Wahrheit. Dem äußeren Anschein folgend, nennen viele Leute sie „heilig”. Aber sie sind Esel. Innen sind sie Esel, denn sie begreifen nicht das Besondere der göttlichen Wahrheit. Auch diese Menschen behaupten, ein armer Mensch sei, wer nichts will.

Eckhart spricht hier unseren Hinterkopf an. Es geht ihm nicht um äußere Werke, nicht um für andere sichtbare Werke, sondern um etwas innerliches.

Sie erklären das aber so: Der Mensch soll so leben, dass er nirgends seinen eigenen Willen erfüllt, sondern immer nur danach strebe, wie er den liebsten Willen Gottes erfülle.
Um diese Menschen steht es gut, denn ihre Absicht ist gut, deshalb wollen wir sie loben.
Gott gebe ihnen in seiner Barmherzigkeit das Himmelreich.

Eckhart spricht hier „klassisch religiöses Verhalten“ an. Der Mensch muss den Willen Gottes tun, dann ist er ein guter Mensch. Diese Art zu denken hat in der Vergangenheit immer für die Unterschiede in den einzelnen Religionen geführt, weil der Wille Gottes immer unterschiedlich interpretiert wurde und letztlich in bestimmten Positionen dann auch verbindlich und absolutgesetzt wurde. Eckhart erkennt wohl an, dass solche Menschen es gut meinen und deshalb wünscht er ihnen auch das Himmelreich, aber er erkennt auch gleichzeitig die Gefahr, die von solch einem Denken ausgeht und deshalb wendet er sich dagegen.

Ich gehe aber noch weiter und behaupte bei der göttlichen Wahrheit: Diese Menschen sind nicht arm, und sie gleichen auch nicht armen Menschen. Leute, die nichts Besseres kennen, achten sie hoch. Aber ich behaupte: Sie sind Esel; von der Wahrheit begreifen sie nichts.

Weil sie es gut meinen, werden sie das Himmelreich erlangen, aber von der Armut, von der wir nun reden wollen, verstehen sie gar nichts.

Nochmal betont Eckhart hier, dass er niemandem aufgrund seines individuellen Verständnisses das Himmelreich absprechen will. Also nix da mit Absolutsetzung, oder Ideologie, oder „ihr müsst das jetzt so sehen wie ich das sehe, sonst war’s das“.
Gleichzeitig will er aber erklären, wie er es persönlich sieht und weshalb es für ihn die Wahrheit ist. Dazu wählt er einen argumentativen Weg.

Käme nun einer und fragte mich: Was wäre denn ein armer Mensch, der nichts will? So antworte ich ihm und argumentiere wie folgt:

Solange der Mensch daran festhält, es sei sein Wille, den liebsten Willen Gottes erfüllen zu wollen, so lange hat er die Armut nicht, von der wir reden wollen. Denn dieser Mensch besitzt immer noch einen Willen, mit dem er dem Willen Gottes entsprechen will, und das ist nicht die wahre Armut.

Denn der Mensch, der die wirkliche Armut hat, der ist völlig abgelöst von seinem geschaffenen Willen, so wie damals, als er noch nicht war. Denn ich sage euch bei der ewigen Wahrheit: Solange ihr den Willen besitzt, den Willen Gottes zu erfüllen und solange ihr Verlangen habt nach der Ewigkeit und nach Gott, so lange seid ihr nicht arm.
Denn nur das ist ein armer Mensch, der nichts will und nichts verlangt.

Das Schlüsselwort in diesem Abschnitt ist „geschaffener Wille“. Was meint Eckhart damit? Eckhart ist philosophisch gesprochen Neuplatoniker. Ich kann an dieser Stelle jetzt unmöglich den kompletten Neuplatonismus erklären, aber grundlegend reicht es auch zu wissen, dass im Neuplatonismus alles Sein aus der Einheit kommt.

Das glaubt der Neuplatoniker aber nicht mal einfach so, sondern er gibt ganz klare Vernunftgründe an, weshalb er das so sieht. Weiter vorne habe ich ja ein viel gerügtes Beispiel gegeben, warum wir Menschen auch das Absolute nur als Einheit verstehen können. Das mag nerven, aber es ist Neuplatonismus. Der Mensch denkt über sein denken nach und ihm wird dabei klar, dass er alles Sein immer und ausschließlich nur als Einheit betrachten, denken kann.

Das ist keine böse Ideologie, sondern ganz einfach unsere Art zu denken. Falls jemand dazu in der Lage sein sollte irgendein Sein nicht als Einheit denken zu können, dann lasse er mich das doch bitte wissen. Ich werfe dann stante pede meine komplette Weltsicht über Bord!

Aber zurück zum geschaffenen Willen Eckharts und sorry für den kurzen polemischen Ausfall.

Wenn also alles Sein aus der Einheit kommt und nur als Einheit gedacht werden kann, dann müssen wir Menschen, bevor wir zu einer Kreatur, zu einem geschaffenen Wesen, zu einem Teil der Schöpfung, zu einem Menschen wurden, eben in dieser Einheit gewesen sein.

Der Neuplatoniker nennt diese ursprüngliche Einheit lediglich Einheit, Eckhart hingegen gibt ihr in vielen Texten den Namen Gottheit, im Unterschied zu Gott, der für ihn eben schon Teil des geschaffenen Willens ist. Das wird später noch mal wichtig.
Jetzt ist aber nur wichtig zu verstehen, was Eckhart mit „denn der Mensch, der die wirkliche Armut hat, der ist völlig abgelöst von seinem geschaffenen Willen, so wie damals, als er noch nicht war“ meint.

Eckhart spricht hier von der „Zeit“ vor unserem „in die Welt treten“. Also der „Zeit“ bevor wir aus der Einheit heraustraten. Er spricht von unserem ersten Ursprung und in unserem ersten Ursprung waren wir eben in der Einheit mit Gott und insofern waren wir Gott.
Erst als wir aus der Einheit hinaus in die Welt traten, bekamen wir einen geschaffenen Willen und Eckhart bezeichnet nun Armut an Willen, als den Willen, den wir ursprünglich in der Einheit hatten, nicht den, den wir jetzt als Willen haben. Er erklärt weiter:

Als ich in meinem ersten Ursprung stand, da hatte ich keinen Gott, und da war ich Ursprung meiner selbst.
Da wollte ich nichts. Dort verlangte ich nach nichts, denn ich war abgelöst von ihm und ein Erkennender meiner selbst im Genuss der Wahrheit.
Da wollte ich mich selbst und sonst nichts. Was ich wollte, das war ich. Was ich war, das wollte ich.
Und hier stand ich, abgelöst von Gott und allen Dingen.

Abgelöst von Gott und allen Dingen bedeutet, dass ich mich als ursprünglich in der Einheit befindlich denkend, gegensatzlos eben diese Einheit bin. Da gibt es keinen Gott als Unterschiedenen, da ist alles eins. Da gibt es nichts, wonach ich verlangen könnte, denn es gibt ja nichts als nur die Einheit, in der alles in Einem vollendet ist. Deshalb nennt es Eckhart „das Selbst im Genuss der Wahrheit“.
Wir können uns das nicht wirklich vorstellen, aber Eckhart lehrt, dass wir im Innersten alle dieses Selbst sind und er lehrt weiter, dass wir, als wir geboren wurden, einst aus diesem Selbst herausgetreten sind (aber nicht völlig).

Aber als ich dann heraustrat aus meinem freien Willen und mein geschaffenes Wesen entgegennahm, da bekam ich einen Gott.
Denn bevor die Geschöpfe waren, da war Gott nicht Gott, vielmehr war er, was er war.
Aber als die Geschöpfe entstanden und ihr geschaffenes Wesen empfingen, da war Gott nicht mehr Gott in sich selbst, sondern er war Gott in den Geschöpfen.

Das ist der Unterschied zwischen Gottheit und Gott. Gottheit ist die ursprüngliche Einheit, Gott die Vorstellung der Menschen, bzgl. eines höchsten Wesens. Über die Gottheit können wir keine Aussage treffen, weil das nur in der ursprünglichen Einheit, nicht aber in den weltlichen Strukturen möglich wäre.
Deshalb war Gott auch nicht Gott bevor die Geschöpfe waren, sondern erst die Geschöpfe haben ihn Gott genannt und ihn sich als Gott vorgestellt. Aber was er vor den Geschöpfen war, das können wir nicht wissen. Er war, was er war.
Dann aber entstanden die Geschöpfe und sie nannten das, was sie eigentlich überhaupt nicht verstehen können, Gott. Eigentlich haben die Menschen Gott geschaffen und Gott wurde zu Gott in den Geschöpfen.

Nun behaupte ich: Gott, sofern er Gott ist, ist nicht das vollkommene Wesensziel der Geschöpfe. Dazu ist der Reichtum zu groß, den das geringste Geschöpf in Gott hat.

Hätte eine Mücke Vernunft und suchte sie mit Vernunft den ewigen Abgrund des göttlichen Wesens, aus dem sie gekommen ist, so könnte Gott, behaupte ich, mit all dem, worin er Gott ist, die Mücke nicht ausfüllen und ihr Genüge verschaffen.

Mit Gott, sofern er Gott ist, meint Eckhart hier den geschaffenen Gott unserer menschlichen Vorstellung. Mit dem ewigen Abgrund göttlichen Wesens, meint er die Gottheit, also die Einheit, aus der alles Geschaffene ausfließt.
Der geschaffene Gott unserer Vorstellung kann nach Eckhart selbst eine Mücke nicht ausfüllen, wenn diese mit Vernunft die Gottheit, die Einheit suchen würde.
Entscheidend ist hier die Betonung der Vernunft. Aufgrund der neuplatonischen Spekulation über die Einheit, die völlig vernunftbasiert ist, ist es eben unmöglich genau bestimmen zu können, was genau diese Einheit ist.

Man muss sich das einmal deutlich vor Augen führen. Da behauptet ein Top-Theologe zu Zeiten der Inquisition, dass alle Aussagen über Gott falsch sein müssen!
Alle Dogmen - Quatsch.
Alle Absolutsetzungen - Unsinn.

Wir Menschen haben uns nur selbst unseren Gott geschaffen und wenn wir diesen Gott nun absolutsetzen, dann verfehlen wir Gott. Nicht in der Form, dass man dann dafür bestraft würde und nicht in das Himmelreich käme, aber schon die Vernunft sagt einem, dass das was Du denkst das Gott ist, das ist er ganz sicher nicht. Und darum:

Deswegen bitte ich Gott, losgelöst zu werden von Gott und die Wahrheit dort zu ergreifen und die Ewigkeit dort zu genießen, wo die obersten Engel und die Mücke und die Seele gleich sind, worin ich stand und wollte, was ich war und war, was ich wollte.

Deshalb behaupte ich: Soll der Mensch arm sein an Willen, dann darf er so wenig wollen und verlangen, als er wollte und verlangte, als er nicht war. Und in diesem Sinne ist der Mensch arm, der nichts will.

Zurücktreten in den ersten Grund, als der Mensch noch nicht geschaffener Mensch, sondern in der Einheit war. Das ist für Eckhart ein Mensch der nichts will.

Zweitens: Der ist ein armer Mensch, der nichts weiß.

Irgendwann einmal habe ich gesagt, der Mensch solle so leben, dass er für nichts lebt, weder für sich noch für die Wahrheit noch für Gott.
Aber heute will ich anderes und Größeres sagen:

Der Mensch, der diese Armut haben soll, der soll so leben, dass er nicht einmal weiß, dass er lebt, für überhaupt nichts, weder für sich selbst noch für die Wahrheit, noch für Gott. Mehr noch: Er soll so abgelöst sein von allem Wissen, dass er weder wisse noch sonstwie erkenne oder wahrnehme, dass Gott in ihm ist.

Abgelöst soll er sein von jeder Art der Erkenntnis, die in ihm lebt. Denn als der Mensch im ewigen Wesen Gottes weilte, da war nichts in ihm, was nicht er selbst war, sondern alles, was da war, das war er selber.

In diesem Sinne behaupte ich, der Mensch solle abgelöst sein von seinem eigenen Wissen, so wie er es war, als er nicht war.
Er lasse Gott wirken, wie Gott will. Der Mensch sei abgelöst.

Ich hoffe jetzt wird die Perspektive klar, aus der heraus Eckhart in die Welt schaut. Es geht ihm immer um dieses Zurücktreten in den ersten Grund des Menschen und allen Seins. In der Einheit gibt es nichts Unterschiedenes, das gibt es nur in den weltlichen Strukturen.

Die weltlichen Strukturen sind aber nichts böses, nicht das man das falsch versteht. Eckhart ist kein Weltverneiner, er zieht nur schroff die Konsequenz aus seiner Einheitserkenntnis.

Und als mich ursprünglich in dieser Einheit denkend, bin ich abgelöst von aller Erkenntnis, weil da nichts in mir ist, was ich nicht selbst bin. Dort herrscht sozusagen nur reinste Selbsterkenntnis und nichts außerdem.
Darum will Eckhart abgelöst sein von aller Erkenntnis und zurücktreten in seinen ersten Grund, zurücktreten in die Einheit.

Alles, was je von Gott herkam, ist bestimmt, sein Wesen durch Wirken rein zu entfalten. Die für den Menschen charakteristische Tätigkeit ist Lieben und Erkennen. Nun entsteht die Frage, worin von beidem die Seligkeit vor allem bestehe.

Hier ist das menschliche Sein innerhalb der weltlichen Strukturen angesprochen. Lieben und Erkennen ist die für den Menschen charakteristische Tätigkeit, behauptet Eckhart. Das heißt unser Erkennen, unser Denken wird immer angezogen von dem was es liebt. Was es liebt, darin erkennt es sich, oder sucht sich darin zu erkennen. Der Mensch strebt nach Integrität und Identität. Er will wissen wir er mit anderem Sein verbunden ist, was das mit ihm zu tun hat. Er sucht nach einem Sinn.

Einige Meister lehren, sie bestehe in der Liebe; andere lehren, sie bestehe im Erkennen und im Lieben, und die reden besser. Aber ich behaupte, sie bestehe weder im Erkennen noch im Lieben. Mehr noch: Es gebe ein Eines in der Seele, von dem Erkennen und Lieben herkommen. Es selbst erkennt nichts und liebt nichts – wie das die Kräfte der Seele tun. Nur wer dieses Eine erkennt, der begreift, worin die Seligkeit besteht. Es kennt weder ein Davor noch ein Danach. Es harrt keiner von außen zufällig erfolgenden Ergänzung, denn es kann weder etwas hinzu gewinnen noch etwas verlieren. Es ist so arm, dass es nicht weiß, dass Gott in ihm wirkt. Ja, es ist selber das selbe, das sich selbst genießt wie Gott sich genießt.

Für Eckhart ist die Sinnsuche beendet. Der Sinn kommt für ihn nicht von außen herein. Er ist nicht etwas zusätzliches, was erst noch geschaffen werden müsste. Der Sinn muss nicht erst noch erkannt und begriffen werden, sondern er liegt im menschlichen Sein selbst verborgen.
Weil das menschliche Sein ursprünglich gedacht sich in der Einheit befindet, ist es sich selbst der Sinn. Es kennt weder Davor noch Danach, harrt keiner zufällig erfolgenden Ergänzung, es ist ganz bei sich, so arm, dass es nichts mehr bedarf.
Der Mensch ist in der Vorstellung Eckharts immer schon vollendet, immer schon in Gott. Nur das Geschaffene an ihm, lässt ihn leiden, macht ihm das Leben schwer. Deshalb will er sich davon lösen.

Daher behaupte ich, der Mensch solle frei und abgelöst stehen. Er soll nicht wissen und nicht erkennen, dass Gott in ihm wirke. Auf diese Weise kann der Mensch Armut besitzen.

Die Meister lehren, Gott sei Sein und ein vernünftiges Sein und erkenne alle Dinge. Ich aber lehre: Gott ist weder Sein noch ein vernünftiges Sein, noch erkennt er dieses und jenes.
Daher ist Gott losgelöst von allen Dingen und deshalb ist er alle Dinge. Wer nun arm sein soll an Geist, der muss arm sein an allem eigenen Wissen, so dass er überhaupt nichts weiß – weder Gott noch Geschöpfe noch sich selbst.

Dazu ist es notwendig, dass der Mensch frei darauf verzichte, die Werke Gottes zu wissen oder sonst zu erkennen. In diesem Sinne kann der Mensch arm sein an seinem eigenen Wissen.

Nichts wissen ist also keine Geringachtung von menschlicher Erkenntnis in den weltlichen Strukturen, sondern die Einsicht darin, dass uns menschliche Erkenntnis nicht selig machen kann.
Sie dient uns hier auf Erden quasi als Konstruktionsgrundlage auf derer wir dann die Welt bauen und verstehen (müssen), aber Seligkeit ist in diesem Wissen, diesen Erkenntnissen nicht zu finden.

Drittens: Arm ist der Mensch, der nichts hat.

Viele Menschen haben behauptet, das sei das vollkommene Leben – auf Erden nichts zu besitzen an körperlichen Dingen.
Das ist auch wahr in einem gewissen Sinne, wenn einer es freiwillig tut.
Aber in diesem Sinne meine ich es nicht.

Wieder macht Eckhart deutlich, dass es ihm nicht um äußerliche Dinge geht.

Ich habe zuvor gesagt, arm sei, wer den Willen Gottes nicht erfüllen wolle, ja, der Mensch solle so leben, dass er abgelöst sei von beidem, von seinem eigenen Willen und vom Willen Gottes, abgelöst wie damals, als er nicht war.
Von dieser Armut behaupte ich, es sei die höchste Armut.

Zweitens habe ich behauptet, arm sei, wer die Werke Gottes in sich nicht kennt. Wer so lebt, abgelöst von Wissen und Erkenntnis, wie Gott abgelöst lebt von allen Dingen, der hat die durchsichtigste Armut.

Aber das dritte, das ist die innerste Armut. Von ihr will ich jetzt reden. Es ist die Armut, in der der Mensch nichts hat.
Achtet darauf mit Ernst. Ich habe es manchmal gesagt, und auch ein großer Meister sagt es: Der Mensch soll derart abgelöst sein von allen Dingen und von allen Werken, äußeren wie inneren, dass er Gottes eigene Stätte werde, in der Gott wirken kann.

Doch jetzt sage ich es anders: Löst der Mensch sich ab von allen Geschöpfen, von Gott und von sich selbst, aber Gott findet in ihm noch eine Stätte, darin zu wirken, so behaupte ich: Solange das in diesem Menschen noch so ist, so lange ist er nicht arm in der innersten Armut.

Snoopy hat in diesem Thread mal irgendwo gesagt, dass man letztlich vor Gott kapitulieren müsse. Eckhart sagt hier genau das Gleiche. Nur beschreibt er genauer, worin diese Kapitulation besteht. Sie besteht darin, nichts zurückzuhalten und an nichts festzuhalten.

Denn es ist keineswegs das Ziel Gottes in seinen Werken, dass der Mensch eine Stätte in sich hätte, in der Gott wirken könne.
Denn das ist Armut des Geistes: Abgelöst leben von Gott und seinen Werken, so dass Gott, wenn er in der Seele wirken will, selbst die Stätte ist, worin er wirken will – und das tut er gern.

Denn findet Gott den Menschen in dieser Armut, dann nimmt Gott sein Wirken in sich selbst auf; er wird die eigene Stätte seiner eigenen Werke, denn Gott ist ein Tätiger, der in sich selbst wirkt.
Hier nun, in dieser Armut, da erreicht der Mensch das ewige Sein, das er einst gewesen ist, das er jetzt ist und das er immer bleiben wird.

Genau darum geht es Eckhart. Der Mensch kommt nicht durch Religion, oder einem bestimmten Glauben zu Gott, sondern der Mensch ist substantiell mit Gott verbunden. Das heißt er war einst in Gott, ist in Gott und wird immer in Gott bleiben.

Das ist eine klare Absage an jede Religion die behauptet, nur auf ihrem vorgeschriebenen Weg könne man zu Gott kommen. Nach Eckhart sind wir aber von Natur aus alle bereits substantiell mit Gott verbunden, nicht erst durch einen bestimmten Glauben. Wenn das in euren Augen eine Ideologie ist, dann bitteschön.

Eckhart folgt nur der Vernunft und diese sagt, dass ausnahmslos jeder Mensch aus der Einheit kommt und wieder in die Einheit zurücktreten wird. Schon hier auf Erden kann man dies auf spirituellem Wege tun, man muss es aber nicht, wenn man nicht will. Das ändert nichts an der substantiellen Verbundenheit.

Doch da entsteht ein Problem. Der heilige Paulus sagt: „Alles, was ich bin, das bin ich durch die Gnade Gottes”.
Aber meine Rede steigt höher hinauf – höher als Gnade, als Sein und Erkennen, als Wollen und alles Verlangen – wie kann dann das Wort des heiligen Paulus wahr sein?

Hierauf lautet die Antwort: Das Wort des Paulus ist wahr. Er brauchte die Gnade, denn die Gnade Gottes bewirkte in ihm, dass das Zufällige an ihm in sein Wesen einging. Als die Gnade endete, weil sie ihr Werk vollbracht hatte, da blieb Paulus das, was er war.

Gnade ist in diesem Sinne das, was Dir auf Deinem Lebensweg begegnet. Du kannst Dir aus unserer Sicht heraus nicht aussuchen wann Du geboren wirst, in welches Land, wer Deine Eltern sein werden, wem du begegnen oder nicht begegnen wirst. Für all das bist Du auf Gnade angewiesen.
Aber am Ende wirst Du eben immer bleiben was Du warst und das ist ursprünglich gedacht immer die Einheit. Und die Einheit braucht keine Gnade mehr.

Also lehren wir, der Mensch solle so arm dastehen, dass er keine Stätte sei und keine Stätte habe, in der Gott wirken könnte. Wo der Mensch noch eine solche Stätte behält, dort hält er am Unterschied fest. Darum also bitte ich Gott, dass er mich ablöse von Gott, da mein wesentliches Wesen oberhalb Gottes steht, sofern wir Gott begreifen als den Ursprung der Geschöpfe.

Denn in dem selben Wesen Gottes, aufgrund dessen Gott oberhalb von Sein und Unterschied steht, da war ich selbst. Und dort wollte ich mich selbst und dort erkannte ich mich selbst als den, der diesen Menschen schuf.

Darum bin ich Ursprung meiner selbst, nach meinem Wesen, das ewig ist, nicht nach meinem Werden, das zeitverloren ist.
Aufgrund des Werdens bin ich geboren, und sofern ich geboren bin, kann ich sterben. Sofern ich ungeboren bin, bin ich ewig gewesen, bin ich jetzt und werde ich ewig dauern.

Was an mir geboren ist, das wird sterben und zunichte werden, denn es ist zeitverloren, darum muss es in der Zeit zugrunde gehen.

Bei meiner Geburt, da wurden alle Dinge geboren, und ich war Ursprung meiner selbst und aller Dinge, und hätte ich gewollt, so wäre ich nicht entstanden und alle Dinge wären nicht entstanden. Und wäre ich nicht, dann wäre auch Gott nicht. Dass Gott Gott ist, dafür bin ich der Ursprung. Und wäre ich nicht, dann wäre Gott nicht Gott. Dies muss man nicht unbedingt wissen.

Der Mensch ist der Ursprung Gottes. Das habe ich schon weiter oben erklärt. Wichtig ist hier nur die Perspektive aus der heraus Eckhart über sein Sein nachdenkt. Und er versucht es zu denken, bevor es in der weltlichen Struktur zum Sein wurde und als er noch in der göttlichen Einheit war.

So verstanden, kenne ich persönlich keine tröstlicheren und keine schöneren Worte. Denn sie sagen alles ist gut und alles wird immer gut sein. Fürchte dich nicht.

Ein großer Meister lehrt, sein Durchbrechen sei edler als sein Ausfließen, und das ist wahr. Als ich aus Gott herausfloß, da sagten alle Dinge: Gott ist. Aber das kann mich nicht selig machen, denn hierbei bekenne ich mich als Geschöpf. Hingegen beim Durchbrechen – da stehe ich losgelöst von meinem Willen und vom Willen Gottes, von allen seinen Werken und von Gott selbst; da stehe ich oberhalb von allen Geschöpfen. Da bin ich weder Gott noch Geschöpf, ja, da bin ich das, was ich war und bleiben werde, jetzt und für immer.

Dabei erfahre ich ein Gepräge, das mich hinaufbringt über alle Engel. Dieses Gepräge gibt mir einen solchen Reichtum, dass Gott mir nicht mehr genügen kann mit all dem, was er als Gott ist und mit allen seinen göttlichen Werken, denn in diesem Durchbrechen erhalte ich es, dass ich und Gott eins sind. Dort bin ich, was ich war. Dort erhalte ich weder etwas hinzu noch verliere ich etwas. Denn da bin ich das unveränderliche Wesen, das alles verändert.

Hier findet Gott keine Stätte im Menschen, denn der Mensch erhält aufgrund dieser Armut, was er ewig gewesen ist und immerdar bleiben wird. Hier ist Gott eins im Intellekt, und das ist die innerste Armut, die man finden kann.

Wer diese Rede nicht versteht, der mache sich deswegen in seinem Herzen keine Sorgen. Denn solange der Mensch dieser Wahrheit nicht gleich wird, so lange wird er diese Rede nicht verstehen, denn sie ist unverdeckte Wahrheit, wie sie unvermittelt aus dem Herzen Gottes kommt.

So zu leben, dass wir es ewig einsehen, dazu helfe uns Gott. Amen

Man mag es glauben oder nicht, dass wir Menschen substantiell mit Gott eins sind. Ich glaube es und ich habe es schon so erfahren dürfen. Jeder darf aber seinen eigenen Weg gehen und niemand muss Angst haben auf seinem Weg verloren zu gehen. Das sagt Eckhart und nichts anderes.

Und ich persönlich behaupte, würden sich die Menschen dieser substantiellen Einheit bewusst, dann wäre diese Welt mit Sicherheit ein besserer Ort und insofern mag man mich gerne einen Ideologen schimpfen.

LG
Provisorium

anonym002
21.03.2013, 19:54
Äm Wiise gnüeget wenig Wort

schwiizerischs Sprichwort &schweiz

Provisorium
21.03.2013, 19:57
Ich vermute mal, dass Eckart schon ähnliches sagen wollte, aber mit seiner „Philosophie“, seinen "Worten". Wenn man aber nichts mehr Wissen darf, sollte man dann auch die Philosophie beiseite legen, denn diese kann das grösste Hindernis der Demut sein.Im Grunde sind wir uns da glaube ich völlig einig, denn wahre Demut äußert sich ja im "nichts wissen, wollen, haben". Wenn man also Eckharts Armut mit dem Bild der Demut fassen möchte, sehr gerne!

Aber es ist doch auch wichtig dieses Armuts- oder Demutsdenken genauer zu Begründen, bzw. es zu erklären. Nichts anderes muss ein Theologe tun. Es ist ganz einfach sein Job.


Es mündet in einer Kapitulation vor Gott, denn nicht ich im Zentrum, sondern DU einziger Gott JHWH. Aber vor diesem Gott ist der Mensch kein „Nichts“ sondern ein DU:Hier, in der weltlichen Struktur sind wir ein Ich und dementsprechend auch ein Du. Das ist doch völlig klar. Aber wenn wir aus der weltlichen Perspektive heraus Einheit, oder Gott bestimmen wollten, dann müssten wir redlicher Weise zugeben, dass wir das nicht denken können, nicht wissen können was das oder er ist. Und insofern ist er uns ein Nichts und uns als ursprünglich in der Einheit, in Gott befindlich denkend, sind wir deshalb ebenfalls ein Nichts. Ein Nichts für unser Denken. Mehr sagt Eckhart gar nicht aus und z.B. im Buddhismus wird das exakt genauso gesehen.


„Du, ich habe dich lieb“, ein Mitfühlen mit mir. Dieser "kalte", ja fast unpersönliche Gott, der nicht mitfühlt, ist dem "biblischen" weit entfernt. Es wird Überschneidungspunkte geben, aber auch Dinge, die sich diametral gegenüberstehen.Eckharts Gott ist nicht kalt! Er überträgt ganz einfach nur keine menschlichen Eigenschaften auf ihn. Das verbietet ihm die Redlichkeit und eben die Erkenntnis, dass man als Mensch keine gültige Aussage über Gott treffen kann.

Natürlich wird uns Gott lieben, wenn man es denn so sagen möchte. Jedenfalls mutet er uns keine schlimmere Hölle zu als die, die wir uns hier auf Erden selbst bereiten. Und selbst wenn wir es hier auf Erden völlig verzocken, bleiben wir trotzdem mit ihm verbunden. Meinetwegen mag man das als Liebe bezeichnen.

LG
Provisorium

Provisorium
21.03.2013, 20:01
Äm Wiise gnüeget wenig WortSelbstverständlich! Aber wenn der Weise nicht verstanden wird, dann versucht er sich eben mit Worten verständlich zu machen. Wie sollte ich sonst die Fragen an mich beantworten?

LG
Provisorium

anonym002
21.03.2013, 20:18
Nein, Demut, welche da der Ewige will, äussert sich nicht in „nichts wisse, wollen, haben“. Das ist schon eine Akzentverschiebung.

Liebe geht nur mit Gefühl und Hingabe, das besagt nicht, dass Gott menschliche Eigenschaften haben sollte, sondern das wir göttliche Eigenschaften haben , welche und geboten sind zu nutzen. Das macht auch keine absolute Aussage über den Ewigen.
Gott ist kein Computer, der mechanisch handelt, nach dem „Prinzip“ des Programmierers.

In redlicher Weise zugeben, was ist denen redlich? Die Philosophie? Was soll der Massstab dessen sein? Also setzt sich die Philosophie sich selbst den angeblichen redlichen Massstab. (das macht aber auch die Religion... udn somit kaum ein Unterschied)


Verstanden wird man eher mit wenigen kurzen prägnanten Worten. Weisheit gebracht keine langen Thesen, deshalb sind solche Spruch und Zitate kurz, und ein (fast) jeder versteht sie.


Aber es geht ja um das Christentum, wohin es sich vielleicht entwickelt....

Provisorium
21.03.2013, 22:03
Nein, Demut, welche da der Ewige will, äussert sich nicht in „nichts wisse, wollen, haben“. Das ist schon eine Akzentverschiebung.Welche Demut will denn dann der Ewige?


Liebe geht nur mit Gefühl und Hingabe, das besagt nicht, dass Gott menschliche Eigenschaften haben sollte, sondern das wir göttliche Eigenschaften haben , welche und geboten sind zu nutzen. Das macht auch keine absolute Aussage über den Ewigen.Aber natürlich macht es das. Wenn Du behauptest der Mensch habe göttliche Eigenschaften, dann musst Du ja ein Bild davon haben welche menschlichen Eigenschaften göttlich sind. Also müsstest Du eine zutreffende Aussage über den Ewigen treffen können, sonst könntest Du einige Eigenschaften des Menschen ja gar nicht als göttlich bezeichnen. Wenn man Liebe, Demut, Empathie, Sorgen, Behüten als göttliche Eigenschaften am Menschen sehen möchte, dann muss ich Gott eben auch in diesen Bildern fassen. Was aber, wenn die Liebe und Sorge um einen Menschen, des anderen Menschen Leid und Not bedeutet? Und so sieht es in dieser Welt nun einmal aus. Schau doch nur einmal ins politische Tagesgeschäft, dann weißt Du was ich meine.

Wir sind aus unserem eingeschränkten Blickwinkel heraus nicht im Ansatz dazu in der Lage zu bestimmen, was an uns göttliche Eigenschaften sind. Natürlich nehmen wir zunächst an, dass es etwas mit dem moralisch Guten zu tun haben muss, aber dann bitteschön auch konsequent. Und konsequent moralisch Gutes macht keinen Unterschied zwischen den Menschen. Und Unterschiedslosigkeit gibt es nun einmal nicht in der Welt, sondern eben nur in der Einheit.


Gott ist kein Computer, der mechanisch handelt, nach dem „Prinzip“ des Programmierers.Wer behauptet denn das Gott ein Computer sei? Versuch doch mal all diese Bilder weg zu lassen und Gott sein zu lassen was er will.


In redlicher Weise zugeben, was ist denen redlich? Die Philosophie?Natürlich ist die Philosophie redlich. Sie denkt über unsere menschliche Art des Denkens nach. Mehr Redlichkeit kann man von nichts und niemandem erwarten!


Was soll der Massstab dessen sein?Unser Denken ist der Massstab, was denn sonst? Was anderes haben wir ja nicht.


Also setzt sich die Philosophie sich selbst den angeblichen redlichen Massstab. (das macht aber auch die Religion... udn somit kaum ein Unterschied)Diese Schlussfolgerung ist falsch. Nicht die Philosophie setzt sich selbst den Massstab, sondern unsere Art des Denkens setzt sich selbst den Massstab. Anders geht es ja wohl auch nicht.


Verstanden wird man eher mit wenigen kurzen prägnanten Worten. Weisheit gebracht keine langen Thesen, deshalb sind solche Spruch und Zitate kurz, und ein (fast) jeder versteht sie.Ich habe persönlich nicht den Eindruck, dass jeder versteht was Weisheit ist, wenn auch sicher fast jeder davon eine Vorstellung hat. Aber Weisheit verlangt Selbstreflexion und die Fähigkeit Perspektivwechsel vornehmen zu können/wollen und das können und wollen ganz viele Menschen ganz und gar nicht. Hier nochmal mein Verweis an das momentane politische Geschehen.

Das ist sogar wissenschaftlich erwiesen und man hat festgestellt, dass der Höhepunkt der menschlichen Weisheit im Durchschnitt mit etwa Mitte vierzig erreicht ist. Natürlich ist das ein fließender Prozess, aber davor und danach lebt der Mensch in mehr oder minder starkem Selbstbezug, was nicht als weise gilt.
Wie gesagt, das lässt sich unmöglich mit Bestimmtheit sagen, aber Weisheit ist nicht einfach so und voraussetzungslos da. Sie entwickelt sich in der Auseinandersetzung mit der Welt. Und wer viel über die Welt nachdenkt hat größere Chancen weise zu werden, als jemand der nur sich selbst sieht und auf sich selbst schaut.

Ich wurde hier lediglich immer wieder aufgefordert meine Sicht der Dinge darzustellen und ich bemühe mich dies möglichst präzise zu tun. Ich mache mir damit nicht eben wenig Arbeit und da ist es reichlich unfair, das was ich sage allein schon deshalb gering zu achten, weil es nicht nur in kurzen Sentenzen geschieht.

Wenn das mit der Weisheit alles so unmittelbar einleuchtend und einfach ist, warum geht es dann in dieser Welt nur so wenig weise und so arg ungerecht zu? Aber das liegt bestimmt an den Menschen, die sich wie ich viele Gedanken machen und aufgrund dieser Gedanken ihr Leben komplett in den Dienst kranker und hilfsbedürftiger Menschen stellen. Stimmt's? Die bösen Ideologen, die die Menschheit als substantielle Einheit begreifen und sich deshalb nicht wichtiger nehmen als jeden anderen auch. Stimmt! Die müssen dran Schuld sein!


Aber es geht ja um das Christentum, wohin es sich vielleicht entwickelt....Schon lange nicht mehr. Das Spiel heißt haut und relativiert das Provisorium wo ihr nur könnt. Und wenn ihr etwas nicht richtig versteht, dann dreht es euch nach eigenem Gusto zurecht und haut dann nochmal drauf. Wünsche noch viel Spaß dabei!

LG
Provisorium

Effi
21.03.2013, 23:09
Die Armutspredigt Eckharts ist ein meditativer und vielleicht auch ein Stückweit ein philosophischer Text. Deshalb erschließt er sich vielleicht nicht sofort und wirkt deshalb fremd für unsere Ohren?

Gewiss.


Vielleicht hast Du die Auslegung der Predigt ja doch noch gelesen, dann bist Du im Laufe des Textes einer Dame vorgestellt worden: Marguerite Porete.
Marguerite hatte in ihrer französischen Landessprache ein Buch geschrieben mit dem Titel "Spiegel der einfachen Seelen". Inhalt des Buches ist die Beziehung der menschlichen Seele zu Gott. Marguerite stellt in ihrem Text fest, dass die Seele des Menschen von Natur aus so geartet ist, dass sie sich immer mit Gott in der Einheit befindet und beschreibt dann in Dialogform, wie sich die menschliche Seele dessen bewusst werden könne.

Woher nimmt diese Marguerite Porete ihre Schlüsse? Woher weiß sie, dass die Seele des Menschen von Natur aus so geartet ist, dass sie sich immer mit Gott in der Einheit befindet?


Im Klartext heißt das nämlich nichts anderes als: Nein, wir brauchen keine Kirche um mit Gott verbunden zu sein. Nein, wir brauchen kein Christentum, keine anderen -tümer, -ismen, Religionen oder sonstwas. Denn unsere Seelen sind substantiell mit Gott verbunden, jede Seele, ausnahmslos. Keine besondere Gnadenausstattung ist nötig, kein besonderes Bekenntnis, nichts dergleichen. Keine Ideologie, keine bestimmte Sichtweise, kein besonderer Weg ist nötig, um mit Gott verbunden zu sein. Eckhart spricht von der Natur der Seele und die ist immer geborgen in Gott und mit ihm in der Einheit.

Und doch steckt hinter seiner Philosophie ein -ismus, schreibst du später sebst.


Kannst Du das bitte noch etwas konkretisieren? Was ist Dir denn unklar? Was erschreckt Dich? Wo siehst Du hier eine Ideologie?

Eckharts Vorstellungen stellen für mich schon eine Anschauung (=Ideologie) dar. Du fasst sie auch unter negativer Theologie zusammen. Sie enthält bestimmte Denkweisen und Anschauungen. Nicht negativ besetzt, also nicht um andere oder sich selbst bewusst zu täuschen, aber eben schon auf spezielle Art und Weise aufbereitet.


Eckhart erklärt dem klar eine Absage. Nicht erst wenn Du Dich auf ganz spezielle Art und Weise verhältst, oder denkst, oder Dich bekennst bist Du mit Gott verbunden, sondern Du bist es immer und jeder Mensch ist es. Ganz egal wie er denkt, fühlt, glaubt und sich verhält. Er formuliert eine deutliche Absage an jede Form von Ideologie die meint, sie sei notwendig um den Menschen mit Gott zu verbinden. Wo also ist hier eine Ideologie verborgen? Ich verstehe es wirklich nicht!

Eckart erklärt anderen Anschauungen eine Absage, er vertritt seine. Und die hörte sich in seiner Predigt über Armut mystischer an, als die Kernaussage: "dass jeder Mensch substantiell mit Gott verbunden ist"


Aber er beruhigt doch nur die Menschen. Er sagt doch nur, dass man seine Predigt gar nicht unbedingt verstehen muss. Deshalb ist er ja auch kein Ideologe. Er weiß das es nicht nötig ist seine Predigt zu verstehen. Aber er weiß eben auch, dass er die Wahrheit spricht. Die Wahrheit das jeder Mensch substantiell mit Gott verbunden ist. Würde man das verstehen, würden auf einen Schlag sämtliche Gräben zwischen den einzelnen Religionen überwunden.

Mit Eckarts Anschauung wäre also alles gut. Das ist mir zu absolutistisch.


Eckhart gehörte damals zur Elite, das kann man ihm also nur schwerlich vorwerfen. Es wird auch kein richtigster Weg beschrieben, sondern Eckhart beschreibt nur wie sich die Vernunft dieser göttlichen Einheit nähern kann. Die Vernunftebene wird hier eben gerade nicht verlassen. Das ist reinste neuplatonische Philosophie und baut damit völlig auf der Vernunft auf. Und überprüfbar ist der von Eckhart beschriebene Weg in gewisser Weise auch. Einmal weil es hier eben um Vernunftgründe geht und zum zweiten, weil der von Eckhart beschriebene Weg spirituell nachvollziehbar ist.

Nunja, nunja, die Vernunft im Sinne von Verstand und Verständigkeit? Neuplatonismus ist übrigens ein - ismus und ein zumindest teilweise abgehobener dazu. Sie dachten schon, ja, aber eben in neuplatonischen Denkweisen.
Aus Wikipedia: Das Eine (Gottheit) bleibt einem verstandesmäßigen, diskursiven Begreifen prinzipiell entzogen.
Es ging im Neuplatonismus nicht um den Menschen als Kompositum aus Leib und Seele, sondern nur um ihn insoweit er Seele ist, denn im Platonismus ist allein die Seele das wahrnehmende und handelnde Subjekt und der Träger aller Lebensfunktionen, der Körper ist nichts als ein Instrument, das der Seele zeitweilig zur Verfügung steht.


Hier ist vom ersten Grund des Menschen die Rede und dieser erste Grund ist die Einheit mit Gott. Einheit mit Gott bedeutet, dass Du aus jedem Unterschied, aus jedem Gegensatz herausgenommen bist. Du bist in der Einheit und also bist Du die Einheit. Ich halte das nicht für lebensfremd, sondern das schafft eine völlig neue Perspektive, aus der heraus sich das Leben meiner Meinung nach sehr viel bejahender erleben lässt.

Es ist also eine Anschauung, die dir gefällt.
Mehr dazu morgen, jetzt bin ich leider schon zu müde zum Philosophieren ;-)).

Gute Nacht und LG,
Effi

Provisorium
22.03.2013, 08:14
Woher nimmt diese Marguerite Porete ihre Schlüsse? Woher weiß sie, dass die Seele des Menschen von Natur aus so geartet ist, dass sie sich immer mit Gott in der Einheit befindet?Ich kann das an dieser Stelle nur sehr unzureichend beantworten, sonst wirft man mir wieder vor, ich würde zu viele Worte machen und Weisheit drücke sich ja nur sehr kurz und prägnant aus.

Aber die grundlegende Idee dahinter ist der Glaube an einen Schöpfergott, der seine Geschöpfe nach seinem Bild geschaffen hat. Wir sind in dieser Vorstellung also geschaffene und kreatürliche Wesen. Aber im Menschen und in allem Sein muss es etwas geben, dass den Menschen und alles Sein überhaupt erst zur Existenz bringen kann. Und da nur Gott zeitüberlegen und ungeschaffen gedacht wird, erhalten wir unser zeitliches geschaffenes Sein nur dadurch, dass wir mit Gott verbunden sind. Und also muss es in uns etwas Ungeschaffenes geben und das sehen viele Menschen eben in der Seele. Ohne Gott gäbe es also kein Sein und da es Sein gibt, schafft es Gott. Und da das Höchste was der Mensch denken kann die Einheit ist, müssen wir also mit der Einheit verbunden sein und aus ihr kommen. Jedenfalls soweit wir es mit unseren Erkenntnisstrukturen denken können.

Aber denke doch auch mal ganz einfach an den Urknall, oder die Evolution. Da kommt und entwickelt sich auch alles aus der Einheit. Oder den genetischen Code den Du in Dir trägst, ist unvermeidlich mit der genetischen Information Deiner Eltern verbunden und deren genetische Codes mit denen Deiner Großeltern usw. Irgendwann muss es also eine Urzelle gegeben haben, die ihre Informationen in Rahmen einer Zellteilung an eine zweite Zelle abgegeben hat usw. Wann immer wir Menschen über unseren Anfang nachdenken, dann denken wir automatisch an eine ursprüngliche Einheit von allem.

Unser Denken muss so denken und die Neuplatonische Philosophie ist diesbezüglich mit am konsequentesten gewesen.

Außerdem habe nicht wenige Menschen in ihrem Leben diese Einheitserfahrung auch machen dürfen. Im Buddhismus wird sie angestrebt und Bohdi genannt, im Hinduismus wird der Begriff Jnana verwendet und im Daoismus spricht man von der Einswerdung und Erlangung des ewigen Dao. Das sind alles Religionen die an eine Einheit glauben und in denen Glaubige auch zur Einheitserfahrung, oder auch Erleuchtung genannt, kamen. Auch der Jesus von uns Christen hat ja gesagt, dass er und sein Vater eins seien.

In den unterschiedlichsten Kulturen und Religionen machen Menschen also immer wieder diese Einheitserfahrung und das ganz lebenspraktisch. Deshalb könnte ich mir sehr gut vorstellen, dass Maguerite als Begine ebenfalls diese Erfahrung gemacht hat. Warum sollte man sich sonst verbrennen lassen? Sie hätte leicht widerrufen können. Dazu bekam sie zahlreiche Chancen.

Aber selbstverständlich darf man das auch als mystischen Firlefanz ablehnen, dann bleibt man halt immer im so genannten Realismus (den es erwiesen Maßen gar nicht wirklich gibt) oder im Materialismus stehen. Gerne. Aber dann erkläre mir doch bitte mal, wie aus Materie Geist entstehen kann. Du beschäftigst Dich doch mit Gehirnforschung. Wie bringt die strukturelle Dynamik von Nervenzellverbänden ein Abbild der materiellen Wirklichkeit zustande? Der Nobelpreis ist Dir sicher, wenn Du das genau erklären kannst.


Und doch steckt hinter seiner Philosophie ein -ismus, schreibst du später sebst.Das finde ich sehr unfair. Jede philosophische Richtung wird als -ismus bezeichnet. Damit werden geistige Strömungen in Geschichte, Wissenschaft und Kunst bezeichnet und nicht allein nur böse Ideologien, die anderen etwas aufdrücken wollen. Und nur gegen diese Art der -ismen setzen wir uns doch hier hoffentlich nur zur Wehr, oder?

Hier herrscht doch im hohem Maße und völlig unkritisch betrachtet auch ein -ismus, der Relativismus. Nichts darf konkreter ausformuliert werden, dann bekommt man sofort auf die Finger geklopft. Die Gehirnforschung ist ohne Psychologismus und Biologismus überhaupt nicht denkbar und ohne philosophische Geisteswissenschaften, die sich aus vielen -ismen zusammensetzen, käme man in diesem Gebiet auch nicht weiter.
Der Mechanismus und Magnetismus, der Organismus des Menschen - alles böse?


Vorstellungen stellen für mich schon eine Anschauung (=Ideologie) dar. Du fasst sie auch unter negativer Theologie zusammen. Sie enthält bestimmte Denkweisen und Anschauungen. Nicht negativ besetzt, also nicht um andere oder sich selbst bewusst zu täuschen, aber eben schon auf spezielle Art und Weise aufbereitet.Du hast also keine Vorstellungen in Deinem Leben? Denn wenn Vorstellungen und Anschauungen mit Ideologie gleichgesetzt werden, dann sind alle denkende Wesen Ideologen!

Eckhart bietet eine Philosophie des Christentums und damit eine mögliche Vorstellung wohin sich das Christentum entwickeln könnte. Deshalb habe ich ausführlich und auf Nachfrage von ihm berichtet.

Der er aber negativer Theologe ist, kann er zwischen den einzelnen Religionen brücken bauen. Buddhisten lieben Eckhart, er ist da sehr hoch angesehen und sie können ihren Glauben vollständig mit dem Glauben Eckharts in Einklang bringen. Darin sehe ich die Zukunft des Christentums, weil es dann nicht mehr auf seine Dogmen beharrt, sondern die Gleichwertigkeit und nicht nur die Toleranz gegenüber anderen Gläubigen betont. Wo man sich als gleichwertig betrachtet, ist Toleranz überflüssig, weil man Toleranz nur für Dinge/Menschen benötigt, die einem irgendwie fremd und eben nicht gleichwertig sind.


Eckart erklärt anderen Anschauungen eine Absage, er vertritt seine. Und die hörte sich in seiner Predigt über Armut mystischer an, als die Kernaussage: "dass jeder Mensch substantiell mit Gott verbunden ist"Nein, er erklärt anderen Anschauungen keine Absage. Er schreibt doch eindeutig, dass Menschen mit anderen Anschauungen trotzdem das Himmelreich erlangen werden. Ihn erbarmt es nur, wie er sagt, weil er weiß, was nun einmal für Gefahren von solchen Anschauungen ausgehen können und das überall da, wo der Mensch noch an einem ganz bestimmten Bild von Gott festhält, am Unterschied festgehalten wird. Und diese Unterschiede machen schließlich Unterschiede zwischen den einzelnen Glaubenswegen, zwischen den einzelnen Menschen in gottgeliebt und getrennt von Gott aus, oder gläubig ungläubig und führen deshalb über kurz oder lang zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Und genau das ist es doch, was wir uns überwunden wünschten, oder nicht?


Mit Eckarts Anschauung wäre also alles gut. Das ist mir zu absolutistisch.Negative Theologie ist also absolutistisch? Die Einsicht darin, dass man über Gott keine gültige Aussage treffen kann ist also absolutistisch? Was ist denn dann bitteschön die Alternative? Ist die positive Theologie etwa nicht absolutistisch? In der positiven Theologie kann es letztlich immer nur einen Weg zu Gott geben. Entweder auf moralischen Wegen, oder aufgrund eines Bekenntnisses, oder von Geburt in eine bestimmte Gruppe an, oder, oder, oder. Das nenne ich absolutistisch, weil dann nicht jeder Mensch, so wie er ist und sein möchte mit Gott verbunden ist. In der negativen Theologie hingegen ist jeder Mensch, jedes Wesen, jedes Sein substantiell und untrennbar mit Gott verbunden, möge er/sie/es auf Erden treiben wie er will. Du nennst es Absolutismus, ich nenne es Freiheit.


Nunja, nunja, die Vernunft im Sinne von Verstand und Verständigkeit? Neuplatonismus ist übrigens ein - ismus und ein zumindest teilweise abgehobener dazu. Sie dachten schon, ja, aber eben in neuplatonischen Denkweisen.
Aus Wikipedia: Das Eine (Gottheit) bleibt einem verstandesmäßigen, diskursiven Begreifen prinzipiell entzogen.
Es ging im Neuplatonismus nicht um den Menschen als Kompositum aus Leib und Seele, sondern nur um ihn insoweit er Seele ist, denn im Platonismus ist allein die Seele das wahrnehmende und handelnde Subjekt und der Träger aller Lebensfunktionen, der Körper ist nichts als ein Instrument, das der Seele zeitweilig zur Verfügung stehtDas ist nichts anderes als die Philosophische Richtung des Idealismus, im Gegensatz zum Materialismus. Also für irgendeinen -ismus musst Du Dich leider notgedrungen entscheiden. Denn lehnst Du den einen ab, bekennst Du Dich automatisch zum anderen und umgekehrt. Jedenfalls aus philosophischer Sicht.

Erzähl doch bitte mal bisschen was über Deine Werte, Vorstellungen und Träume (worin es in diesem Thread ja auch ursprünglich mal gehen sollte) und ich sage Dir dann welchen -ismen Du unbewusst anhängst. Zuvorderst wird da sicher der Humanismus eine Rolle spielen, stimmt's?

Schon einmal was vom Deutschen Idealismus gehört? Kant, Hegel, Fichte, Schleiermacher? Alles Idealisten, aber noch lange keine Ideologen. Die Menschenrechte sind ohne diese Geistesgrößen überhaupt nicht vorstellbar. Du lebst im Kapitalismus, viele Menschen glauben an den Monotheismus, oder auch an den Polytheismus, Gleichberechtigung ist nur durch den Humanismus möglich , der intensiv von Kant, also einem Vertreter des Idealismus geprägt ist. Alle demokratischen Parteien folgen mehr oder minder verschiedenen -ismen. Die Würde des Menschen ist unantastbar ist sogar ein Absolutismus. Alles böse?

Aber wie gesagt, hier herrscht ja im Vollbild der Relativismus, gepaart mit bisschen Skeptizismus und Anthropomorphismus und man merkt es noch nicht einmal, schade!

LG
Provisorium

Provisorium
22.03.2013, 09:54
"Das Herz bereits vergeben" dh "wo der Schatz ist" bedeutet für mich:
Dasjenige, vn dem her ich den Sinn in meinem Leben beziehe, von dem her ich entscheide, was in meinem Erleben und Tun ich als "gut und sinnvoll" empfinde und was ich als "negativ, falsch und überflüssig/vergeblich" einordne.
Oder mit anderen Worten: womit ich mich - bei meinem Erleben und Handeln - 'identifiziere' und was ich ablehne, oder noch anders: die Grundlage für mein 'Identitätsbewusstsein'/Selbstverständnis.

Auf eben dieser Grundlage 'verwirkliche ich mich selbst' (oder auch nicht, wenn ich daran gehindert werde).

Und wenn diese Grundlage schon "besetzt" ist, wenn ich den Sinn (oder 'Unsinn') in meinem leben nach anderen Kategorien festlege und beurteile - als nach dem, was der Schöpfer dieses Lebens dafür vorgesehen hat - , mache ich mich in meiner "Selbstverwirklichung" auch davon abhängig. Ich kann mich nur dann glücklich und zufrieden fühlen, wenn ich in Übereinstimmung mit meinen Zielen (dh dort wo mein Schatz und somit auch mein Herz ist) leben kann. Denn nur ein so ausgerichtetes Leben fühlt sich für mich dann als "sinnvoll" an.

Da heutzutage sehr viel mehr "machbar" ist als früher, kommen wir viel weniger schnell an unsere Grenzen und können uns viel länger etwas vor machen und uns darüber hinweg täuschen, wie abhängig wir uns von bestimmten Dingen (materiell oder auch ideell oder zwischenmenschlich) gemacht haben. Um so tiefer ist dann aber der Absturz in die "Sinnlosigkeit", wenn so ein Kartenhaus aus dann doch einmal einstürzt....
Danke Padma! Das sind mal nachvollziehbare und konkrete Vorstellungen und ich hoffe das man Dir nun nicht zum Vorwurf macht, dass Du folgende Aussage getätigt hast:


Ich kann mich nur dann glücklich und zufrieden fühlen, wenn ich in Übereinstimmung mit meinen Zielen (dh dort wo mein Schatz und somit auch mein Herz ist) leben kann. Denn nur ein so ausgerichtetes Leben fühlt sich für mich dann als "sinnvoll" an.
Ein speziell ausgerichtetes Leben wird hier ja ganz gerne mal als Ideologie bezeichnet. Vor allem dann, wenn man dazu auch noch sagt, dass dieses Ausgerichtetsein auf Grundlage dessen erfolgt, was der Schöpfer für dieses Leben vorgesehen hat.

Ich kann Dich jedenfalls sehr gut verstehen und lebe mein Leben auch so.

LG
Provisorium

Effi
22.03.2013, 14:24
Hallo Provisorium,

zunächst möchte ich betonen, dass ich nicht beabsichtigte, mich dir gegenüber unfair zu verhalten. Ich hinterfragte und fragte, weil mir Eckarts Philosophie so verschwurbelt und abgehoben vorkam.

Deine Erklärungen und Erläuterungen verhalfen mir zu einem besseren Verständnis. Danke.

Deine Ausführungen bezügl. Einheit im genetischen Kontext verstand ich sofort. Die Verbundenheit über genetische Codes usw. ... ist ja auch irgendwie "handfester" und überprüfbarer.

Ich bin längst nicht so gebildet und belesen wie du. Für mich entstehen Abbilder der materiellen Wirklichkeit über unsere Wahrnehmungsverarbeitung. So einfach erkläre ich mir das.

Ich habe Ideologie hier nicht negativ besetzt benutzt und wenn ich dies täte, dann drückte ich das auch so aus. Ideologien sind für mich erstmal Anschauungen. Und Anschauungen sind nun mal konstruiert. Können auf sehr unterschiedlichen Grundlagen basieren und aus recht unterschiedlichen Intentionen, Erfahrungen und Erkenntnissen erschaffen worden sein.
Eckharts Gottes- und Selbstverständnis ist eine Möglichkeit von mehreren sich mit Gott, der Welt und den Menschen auseinanderzusetzen.

Weißt du, Provisorium, durch deinen Ärger über meine Äußerungen habe ich jetzt richtig viel von deiner "Lebensphilosophie" erfahren und kann sie schließlich auch viel besser verstehen. Du hast immer genauer und präziser erläutert und schlussendlich habe ich dann auch verstanden um was es dir geht.

Ich bin sehr empfindlich, wenn ich von "Wahrheiten" lese und muss aus mir heraus unbedingt auf Absolutismus überprüfen. "Einheit" ist kein unproblematisches *Wort* für mich. Im Zusammenhang mit Gleichmacherei gehe ich sehr kritisch damit um. Ich konnte es zunächst nicht einordnen.

Ja, an Inhalten und Ideen des "Humanismus" finde ich Gefallen. Ich bin nicht per se gegen -ismen, es kommt auf die Inhalte an. Ich mag niemals blind folgen, sondern in der kritischen Auseinandersetzung Stellung beziehen.


Nachtrag: Ich sehe hierfür...

Zitat Padma: Ich kann mich nur dann glücklich und zufrieden fühlen, wenn ich in Übereinstimmung mit meinen Zielen (dh dort wo mein Schatz und somit auch mein Herz ist) leben kann. Denn nur ein so ausgerichtetes Leben fühlt sich für mich dann als "sinnvoll" an.

... keinerlei Grund einen Vorwurf zu formulieren. Wieso auch?
Ich stimme damit überein.

Effi
22.03.2013, 14:45
Das Spiel heißt haut und relativiert das Provisorium wo ihr nur könnt. Und wenn ihr etwas nicht richtig versteht, dann dreht es euch nach eigenem Gusto zurecht und haut dann nochmal drauf. Wünsche noch viel Spaß dabei!

Darauf möcht' ich gern was schreiben. Krieg es nicht so recht hin. Schreib und lösch und...

Wie kommst du darauf?
Stimmt mich traurig. Versteh' deinen Eindruck von "uns" nicht.
Darum ging es mir defintiv nicht! Das sollst du wissen, ganz wirklich, darum ging es mir kein bisschen.


Nachtrag: Hm, wollte dir eine PN schicken, aber ging nicht, daher hier: Falls mein kritisches Hinterfragen so missverständlich gelungen ist, dass du dich selbst dadurch angegriffen fühltest, tut mir das von Herzen leid. Sorry!
Deine Signatur von Meister Eckhart gefiel mir noch so gut. Als ich dann seine Predigt las, kamen einfach so viel Fragen auf...

bonnie
22.03.2013, 15:35
Schon lange nicht mehr. Das Spiel heißt haut und relativiert das Provisorium wo ihr nur könnt. Und wenn ihr etwas nicht richtig versteht, dann dreht es euch nach eigenem Gusto zurecht und haut dann nochmal drauf. Wünsche noch viel Spaß dabei!


liebes Provisorium,

falls meine Sätze in diesem Thema, die ich reltiv spontan nur ins Thema hier einfügte, dich verletzt haben sollten, so tut mir das leid, entschuldige.

Ich hoffe, die eigentlich hier diskutierenden finden einfach wieder zum Gespräch zusammen und du wieder die Freiheit, dich nicht so zu fühlen, als wäre "dies ein Spiel, bei dem alle (?) auf das provisorium schlagen".

Sieh meine Gedanken bitte also, sollten sie dir das Gefühl gegeben haben, dich zu "prügeln", als ungültig und unpassend mit einem "es tut mir leid" an.

alles Gute

bonnie

Provisorium
22.03.2013, 16:36
zunächst möchte ich betonen, dass ich nicht beabsichtigte, mich dir gegenüber unfair zu verhalten. Ich hinterfragte und fragte, weil mir Eckarts Philosophie so verschwurbelt und abgehoben vorkam.Damit habe ich auch kein Problem und deshalb erkläre ich das dann ja auch gerne. Aber wenn ich mir dann die Mühe mache und diese lange Predigt Stück für Stück mit meinen eigenen Worte erkläre, wird mir von anderer Seite erklärt, dass der Weise nur wenig Worte gebracht. Na dankeschön!

Deshalb habe ich mittlerweile das Gefühl, dass man gar nicht wirklich an einem Verständnis der Zusammenhänge interessiert ist, sondern alles was ich sage nur relativieren will. Relativiere ich das, was andere sagen? Nein, ich nehme es so an, wie es ist. Nur meinen individuellen Glaubensweg zieht man durch den Kakao.


Deine Ausführungen bezügl. Einheit im genetischen Kontext verstand ich sofort. Die Verbundenheit über genetische Codes usw. ... ist ja auch irgendwie "handfester" und überprüfbarer.Mir geht es zunächst lediglich darum, dass man als Mensch begreift, dass wir immer alles als Einheit denken, denken müssen. Das ist keine Ideologie, sondern uns vorgegebene so genannte a priori Erkenntnisstrukturen. Die Frage die ich mir stelle ist, was können wir wissen und wo stoßen wir an unüberwindbare Grenzen. Und über Gott können wir keine mit Sicherheit gültige Aussage treffen. Das will ich hier nur betonen. Das ist und kann aber auch keine Ideologie sein, weil sie ja selbst zugibt, keine gültige Aussage treffen zu können. Wer aber über Gott Aussagen trifft und ihm irgendwelche Eigenschaften beilegt, pflanzt damit immer den Keim einer Ideologie. Darüber sollte man vielleicht mal nachdenken, wenn man die Gräben in den einzelnen Religionen überwinden möchte.


Ich bin längst nicht so gebildet und belesen wie du. Für mich entstehen Abbilder der materiellen Wirklichkeit über unsere Wahrnehmungsverarbeitung. So einfach erkläre ich mir das.Und wie vollzieht sich genau diese Wahrnehmungsverarbeitung? Da rasen nur Ströme zu Neuronen und Synapsen. Völlig wild und mit hoher Dynamic. Wir haben bis heute keinen blassen Schimmer, warum diese neuronalen Strukturen ein Abbild der Wirklichkeit erzeugen sollten.

Früher dachte man noch, dass bestimmte Gehirnteile für bestimmte Funktionen zuständig sind. Das lässt sich heute nicht mehr so sagen. Unsere Hirne sind von ausgesprochen großer Plastizität. Einem 9jährigen Mädchen musste aufgrund eines Tumors die komplette linke Hirnhälfte entnommen werden. Links sitzt normalerweise das Sprachzentrum und außerdem müsste sie noch weiter eher starke Behinderungen aufweisen. Aber das Mädchen spricht 3 Sprachen fließend und humpelt nur ganz leicht. Man käme nie auf den Gedanken, dass sie nur ein halbes Hirn hat.

Wie entsteht die Ichvorstellung des Menschen, warum haben Schläfenlappenepileptiker häufig kurz vor einem Anfall stark religiös gefärbte Auren, woher kommt die Angst, was für eine Rolle spielen die biochemischen Prozesse im Hirn, die uns z.B. das Gefühl geben, wir seien verliebt usw. Wir wissen nur wenig darüber und unter den Experten besteht alles andere als Einigkeit.


Ich habe Ideologie hier nicht negativ besetzt benutzt und wenn ich dies täte, dann drückte ich das auch so aus. Ideologien sind für mich erstmal Anschauungen. Und Anschauungen sind nun mal konstruiert. Können auf sehr unterschiedlichen Grundlagen basieren und aus recht unterschiedlichen Intentionen, Erfahrungen und Erkenntnissen erschaffen worden sein.Diese reflektierte Darstellung begrüße ich sehr, aber mir wurde Ideologie vorgeworfen, die gefählich sei und sie wurde in die Nähe von Militärdiktaturen oder sowas ähnliches geschoben, als wollte ich, dass hier auf Erden sich alle gleich verhalten müssten. Da hat man mich einfach total missverstanden und nachdem ich das im Bild des Ökosystems aufgeklärt hatte, hat man sich nicht mehr dazu geäußert.


Eckharts Gottes- und Selbstverständnis ist eine Möglichkeit von mehreren sich mit Gott, der Welt und den Menschen auseinanderzusetzen.Und mehr soll und muss sie auch nicht sein. Ich bin hier nur immer wieder nach meinen individuellen Vorstellungen gefragt worden und nur die habe ich dann auch geäußert. Und das ohne jede Verbindlichmachung. Trotzdem musste man beständig meinen Glaubensweg destruktiv kritisieren und das, obwohl man hier bei den Gnadenkindern gegenüber individuellen Glaubenswegen doch eigentlich tolerant sein möchte.


Weißt du, Provisorium, durch deinen Ärger über meine Äußerungen habe ich jetzt richtig viel von deiner "Lebensphilosophie" erfahren und kann sie schließlich auch viel besser verstehen. Du hast immer genauer und präziser erläutert und schlussendlich habe ich dann auch verstanden um was es dir geht.Mir geht es lediglich darum meinen individuellen spirituellen Weg erklären zu dürfen, wenn ich schon danach gefragt werde. Niemand muss ihn teilen, aber man sollte ihn auch nicht unter Verdrehung von Tatsachen verurteilen. Und das hat man leider getan.


Ich bin sehr empfindlich, wenn ich von "Wahrheiten" lese und muss aus mir heraus unbedingt auf Absolutismus überprüfen. "Einheit" ist kein unproblematisches *Wort* für mich. Im Zusammenhang mit Gleichmacherei gehe ich sehr kritisch damit um. Ich konnte es zunächst nicht einordnen.Das hat nichts mit "Gleichmacherei" zu tun. Denke doch bitte an das Bild des Ökosystems, da gibt es keine Gleichmacherei. Gleichmacherei wäre der sichere Tod des Ökosystems. Aber trotzdem lebt und überlebt ein solches System doch nur als Einheit, oder?

Irgendwie ist das hier immer so, dass man unbewusst ein bestimmtes Reizwort schreibt und sofort stürzt man sich auf dieses Wort und übergeht die dahinterliegende Intention, auf die es doch eigentlich ankommt. Das ist schade und zerstört jeden konstruktiven Austausch über kurz oder lang.


Ja, an Inhalten und Ideen des "Humanismus" finde ich Gefallen. Ich bin nicht per se gegen -ismen, es kommt auf die Inhalte an. Ich mag niemals blind folgen, sondern in der kritischen Auseinandersetzung Stellung beziehen.Ganz genau. Kritische, möglichst konstruktive Auseinandersetzung, Miteinander reden, zuhören, sich gegenseitig verstehen wollen, Gedankenschubladen einfach mal geschlossen halten und stattdessen offen für neues, vielleicht auch zunächst fremdes sein; das führt uns Menschen zueinander.

Aber die Einstellung bäh, das ist ja Philosophie, igitt, das hat ja zunächst gar nix mit meiner Alltagserfahrung zu tun, ist mit Sicherheit nicht zielführend.



Zitat Padma: Ich kann mich nur dann glücklich und zufrieden fühlen, wenn ich in Übereinstimmung mit meinen Zielen (dh dort wo mein Schatz und somit auch mein Herz ist) leben kann. Denn nur ein so ausgerichtetes Leben fühlt sich für mich dann als "sinnvoll" an.

... keinerlei Grund einen Vorwurf zu formulieren. Wieso auch?Weil ich selbst nichts anderes gesagt hatte und mein ausgerichtetes und als sinnvoll erachtetes Leben skizziert habe. Meine Ziele, mit denen ich in Übereinstimmung leben möchte, wurden als gefährliche Ideologie abgetan. Obwohl ich immer wieder betont hatte, dass dies eben mein spiritueller Weg ist und niemandes anderer Weg sein muss.

LG
Provisorium

Provisorium
22.03.2013, 16:51
falls meine Sätze in diesem Thema, die ich reltiv spontan nur ins Thema hier einfügte, dich verletzt haben sollten, so tut mir das leid, entschuldige.Ach bonnie, Du übergroßes Herz und ganz großer Schatz. Du hast mich ganz sicher nicht verletzt. Du bist der behutsamste und sozusagen zärtlichste Diskutant den ich jemals kennen lernen durfte!!!


Ich hoffe, die eigentlich hier diskutierenden finden einfach wieder zum Gespräch zusammen und du wieder die Freiheit, dich nicht so zu fühlen, als wäre "dies ein Spiel, bei dem alle (?) auf das provisorium schlagen".Weißt Du, ich hatte nur die einfache Frage gestellt wohin sich das Christentum entwickeln könnte und dabei nur ganz kurz und quasi nebenbei meine Wünsche geäußert. Aber schließlich hat man meine Wünsche immer mehr zum Thema gemacht und ich habe lediglich auf die mir gestellten Fragen geantwort, auf meine Rückfragen aber leider keine ebenso konkreten Antworten erhalten.

Da fühlte ich mich mehr und mehr in die Ecke gedrängt und die Ecke trug auch noch den Titel "gefährlicher Ideologe". Das ist so völlig absurd, weil ich in meinem Leben fast ausschließlich nur für andere da bin und mich selbst völlig und auch gerne und freiwillig zurücknehme. Ich will auch niemanden bekehren oder missionieren, sondern nur ein bisschen von mir und meinem Leben erzählen, wenn man danach fragt. Mit der Hoffnung dies hier tun zu können, hatte ich mich einst angemeldet. Ich suchte Austausch und nichts anderes.


Sieh meine Gedanken bitte also, sollten sie dir das Gefühl gegeben haben, dich zu "prügeln", als ungültig und unpassend mit einem "es tut mir leid" an.Du hast mich kein bisschen geprügelt und ich danke Dir für Deine lieben Worte.

LG
Provisorium

Provisorium
22.03.2013, 17:26
Wie kommst du darauf?
Stimmt mich traurig. Versteh' deinen Eindruck von "uns" nicht.
Darum ging es mir defintiv nicht! Das sollst du wissen, ganz wirklich, darum ging es mir kein bisschen.Sicher ging es niemandem darum. Ich habe ja auch schließlich niemandem etwas getan.

Aber andere haben Fragen gestellt, die ich mittlerweile nur noch als Fangfragen bezeichnen kann, um mich in eine bestimmte Ecke zu drängen und das ohne die Bereitschaft zu zeigen, auf meine konkreten Rückfragen zu antworten. Bestimmte Aussagen von mir wurden mal eben auf den Kopf gestellt und dann als gefährliche Ideologie gebrandmarkt und als ich Dir mit großem Fleiß und Engagement die Armutspredigt nochmal auseinander genommen hatte, wurde ich mit dem Sprichwort, dass der Weise nur wenig Worte macht, abgestempelt. Egal was ich sage, oder mache, ich bin der Depp und werde einfach mal so abgewatscht, weil ich wohl offensichtlich nicht ins eigene Weltbild passe.


Nachtrag: Hm, wollte dir eine PN schicken, aber ging nicht, daher hier: Falls mein kritisches Hinterfragen so missverständlich gelungen ist, dass du dich selbst dadurch angegriffen fühltest, tut mir das von Herzen leid. Sorry!
Deine Signatur von Meister Eckhart gefiel mir noch so gut. Als ich dann seine Predigt las, kamen einfach so viel Fragen auf...Die PN Funktion habe ich gestern Abend, nachdem ich so enttäuscht und verletzt war deaktiviert.

Die Philosophie Meister Eckharts erschließt sich auch nicht so nebenbei. Aber ich kann versichern, dass es sich lohnen würde ihn zu studieren, wenn man die Gräben zwischen den einzelnen Religionen überwunden sehen möchte. Alle Religionen mit Einheitsglauben können sich in Eckharts Philosophie ohne ihre spezifischen Rituale aufgeben zu müssen, gleichberechtigt die Hand geben. Im Buddhismus ist das weitestgehend sogar schon geschehen und eine Menge Theologen aus den verschiedensten Religionen haben das mittlerweile erkannt und treiben die Entwicklung voran. Selbst einer der bekanntesten Atheisten Deutschlands, der Philosoph Michael Schmidt Salomon, hat in einem Interview geäußert, dass er mit Eckhart keinerlei Problem habe. Der Reichtum der in seiner Philosophie liegt ist noch lange nicht gehoben. In der Gehirnforschung ist er genauso Thema, wie in der Quantenphysik. Er war einer der ersten Streiter für die Gleichberechtigung der Frau. Er hat z.B. auch das Wort Gelassenheit erfunden und diesen Gemütszustand als erster beschrieben. Er hat fundamental wichtige Inspirationen für die moderne Psychologie geleistet und war beim einfachen Volk so beliebt, dass er sogar in die Nibelungensage eingegangen ist.

Aber ich höre besser auf zu schwärmen, sonst bin ich wieder der böse Missionar und gefährliche Ideologe.
Dabei bin ich eben nur ein Schwärmer und Träumer. Aber um Träume ging es nun einmal in diesem Thread.

LG
Provisorium

Effi
23.03.2013, 16:13
Sicher ging es niemandem darum. Ich habe ja auch schließlich niemandem etwas getan.

Aber andere haben Fragen gestellt, die ich mittlerweile nur noch als Fangfragen bezeichnen kann, um mich in eine bestimmte Ecke zu drängen und das ohne die Bereitschaft zu zeigen, auf meine konkreten Rückfragen zu antworten. Bestimmte Aussagen von mir wurden mal eben auf den Kopf gestellt und dann als gefährliche Ideologie gebrandmarkt und als ich Dir mit großem Fleiß und Engagement die Armutspredigt nochmal auseinander genommen hatte, wurde ich mit dem Sprichwort, dass der Weise nur wenig Worte macht, abgestempelt. Egal was ich sage, oder mache, ich bin der Depp und werde einfach mal so abgewatscht, weil ich wohl offensichtlich nicht ins eigene Weltbild passe.

Hatte ich nicht so empfunden. Deine "Einheitsgedanken" wurden kritisch hinterfragt und es wurde auf mögliche ideologische Aspekte oder Haltungen aufmerksam gemacht. Du brachtest den Vergleich mit einem Ökosystem, in welchem alles irgendwie voneinander abhängig oder miteinander verbunden ist. Dieses Beispiel einer natürlichen Verbundenheit fand ich in Ordnung, schließlich schränken natürlich gegebene Abhängigkeiten Arten- wie auch Perönllichkeitsvielfalt nicht negativ ein. Da geht es nicht um äußerliches / künstliches Aufzwingen oder Durchsetzen auf repressive Art und Weise.
Stellte man sich deine Einheitsphilosophie allerdings installiert für alle vor, dann wirkte sie aufgezwungen, gleichmachend und somit irgendwie auch künstlich. In der Art könnte man sie letztlich als negativ ideologisch einstufen. Erzwungene und übergestülpte Anschauungen sind meist diktatorischer Art und deshalb kritisch zu betrachten.
Du sprachst von einer anderen Einheit, einer eher naturgegebenen, die, falls als solche akzeptiert, verbindend wirken könnte. Ich denke, dass es sich eher um Missverständnisse handelte, als um bewusstes Denunzieren deiner Haltungen.

anonym002
23.03.2013, 18:11
Hallo Provisorium

Nun, ich spüre eine gewisse Verärgerung aus deinem Beitrag…?


Ich habe ja geschrieben, welche Demut der Ewige will, oder nicht?

Wenn ich sage, dass wir göttliche Eigenschaften haben, ja, dann haben wir diese, denn der Ewige selber hat uns gemacht, gebildet und ER liebt dieses sein Geschöpf, weshalb auch immer, obwohl er, der Mensch doch durch und durch seine Lehre verdreht.

Wenn du meinst, das der Mensch keine göttlichen Eigenschaften haben sollte (oder si entsprechend interpretiert), dann mag das deine Meinung sein, da du dann meinst, dass man dann Gott etwas menschliches zuordnet (da man es ja nicht wissen kann), aber dann, bitte, dann lass gefälligst auch deine philosophischen Gedanken im Sack stecken, sie sind eben sehr menschlich, denn sie wollen ein sehr nichtjüdisches Bild über den Ewigen, so wie er in der Tenach beschrieben ist, verbreiten.

Nein, die Philosophie ist doch nicht redlich, sie ist Philosophie, ja, sie liebt halt ihre Weisheit, weiter nichts, mit Redlichkeit hat das NICHTS zu tun. Setze dir doch nicht den eigenen Massstab, was nun redlich sein soll. Aber klar, doch sicher, du darfst das für dich gerne tun, nur ist solches ja nicht allgemeingültig und noch weniger „göttlich“ und ertrage, wenn man dir nicht zustimmt.


Du wirfst mir vor, dass ich alles von dir relativiere. Nein, das mache ich nicht, ich picke meist nur ein paar Punkte aus deinen langen Beiträgen. Du dagegen reisst einen Beitrag praktisch Satz für Satz auseinander und kommentierst ihn mit deiner Philosophie. Wer soll nun sich angegriffen fühlen?


Du hast ja deine Sicht der Dinge dargestellt, oder etwa nicht? Die meisten hier teilen diese Sicht (aus guten Gründen) nicht, wie ich feststellen kann, andere haben sich verständlichen Gründen ausgeklinkt. Wenn Philosophie keinen Widerspruch duldet und beleidigt ist, ist sie rechthaberisch und verbissen in sich selbst.

Effi
23.03.2013, 20:42
Wenn du meinst, das der Mensch keine göttlichen Eigenschaften haben sollte (oder si entsprechend interpretiert), dann mag das deine Meinung sein, da du dann meinst, dass man dann Gott etwas menschliches zuordnet (da man es ja nicht wissen kann), aber dann, bitte, dann lass gefälligst auch deine philosophischen Gedanken im Sack stecken, sie sind eben sehr menschlich, denn sie wollen ein sehr nichtjüdisches Bild über den Ewigen, so wie er in der Tenach beschrieben ist, verbreiten.

Womit du bestätigst, was ich erwähnte, dass Meister Eckharts Philsophie nur einen könnte, wenn alle seine Grundsätze annähmen. Die Frage ist, könnte man mit seinem Gottes- und Weltbild als gemeinsame Voraussetzung unterschiedliche Religionsrichtungen leben?


Wenn Philosophie keinen Widerspruch duldet und beleidigt ist, ist sie rechthaberisch und verbissen in sich selbst.

Ja, dem ist dann so.

Provisorium
24.03.2013, 02:58
Nun, ich spüre eine gewisse Verärgerung aus deinem Beitrag…?Das kann man so sagen.


Ich habe ja geschrieben, welche Demut der Ewige will, oder nicht?Wenn ich aus Deinem letzten Text an mich hätte herauslesen können, wie Deiner Meinung nach der Ewige Demut von uns Menschen erwartet, dann hätte ich nicht nochmal danach gefragt.

Du hattest mir geschrieben:
Nein, Demut, welche da der Ewige will, äussert sich nicht in „nichts wisse, wollen, haben“. Das ist schon eine Akzentverschiebung.Das ist doch bisher nur eine Aussage darüber, wie er Demut nicht will, oder? Aber wie will er sie denn nun?

Du hast dann weiter geschrieben:
Liebe geht nur mit Gefühl und Hingabe, das besagt nicht, dass Gott menschliche Eigenschaften haben sollte, sondern das wir göttliche Eigenschaften haben , welche und geboten sind zu nutzen.Wo steckt denn dann in dieser Aussage die Antwort auf die Frage, wie der Ewige Demut möchte? Meintest Du, wir sollen uns ihm hingeben und ihn lieben? Aber genau das tue ich doch, wenn ich mein Wollen, Wissen und Haben, aus Liebe zu Gott aufgebe. Dann halte ich nichts mehr für mich zurück, ich gebe alles ab und auf, fasse ihn nicht in irgendeinem Bild und lasse ihn sein, was er sein will. In Wikipedia z.B. wird Demut so erklärt: "Der Demütige erkennt und akzeptiert aus freien Stücken, dass es etwas für ihn Unerreichbares, Höheres gibt."

Wenn ich aus freien Stücken heraus nichts mehr will, weiß und habe, dann ist das für mich Ausdruck allergrößter Demut, weil ich dann wie gesagt nichts zurückhalte. Ich erkläre damit, dass ich gegenüber Gott nicht durch meinen Willen, noch durch mein Wissen, noch durch mein Haben oder Besitzen bestehen kann. Ich gebe alles auf und gebe mich ihm hin. Ist das nicht die Demut, die der Ewige möchte?

Ich persönlich erlebe das nämlich so und erfahre dadurch reichen Segen.


Wenn ich sage, dass wir göttliche Eigenschaften haben, ja, dann haben wir diese...Verstehe ich Dich da richtig? Wenn Du das sagst, dann ist das auch so? Du kannst das also bestimmen?


...denn der Ewige selber hat uns gemacht, gebildet und ER liebt dieses sein Geschöpf, weshalb auch immer, obwohl er, der Mensch doch durch und durch seine Lehre verdreht.Das Gott uns Menschen erschafft, habe ich doch auch immer wieder betont. Ich glaube sogar daran, dass er uns ohne Unterlass in einem ewigen "Nun" und Schaffensprozess erschafft, dass er uns unser Sein schenkt und uns im Sein hält. Ich habe weiter vorne in diesem Thread meine persönliche Sichtweise zu diesem Thema recht ausführlich erläutert.

Von welcher Lehre sprichst Du denn hier? Was ist denn seine Lehre? Gibt es da nur eine ganz bestimmte und wenn man davon abweicht, verdreht man sie dann? Aber dann wäre diese/seine Lehre doch wieder absolutgesetzt, oder?


Wenn du meinst, das der Mensch keine göttlichen Eigenschaften haben sollte (oder si entsprechend interpretiert), dann mag das deine Meinung sein, da du dann meinst, dass man dann Gott etwas menschliches zuordnet (da man es ja nicht wissen kann), aber dann, bitte, dann lass gefälligst auch deine philosophischen Gedanken im Sack stecken, sie sind eben sehr menschlich, denn sie wollen ein sehr nichtjüdisches Bild über den Ewigen, so wie er in der Tenach beschrieben ist, verbreiten.Ich habe nirgends behauptet, dass der Mensch keine göttlichen Eigenschaften haben könnte. Ich habe nur behauptet, dass wir Menschen nicht dazu in der Lage sind zu bestimmen, zu wissen, was göttliche Eigenschaften sind. Das ist ein großer Unterschied.

Ich vertrete eine negativ theologische Sichtweise: http://de.wikipedia.org/wiki/Negative_Theologie und deshalb glaube ich persönlich daran, dass man als Mensch keine gültige Aussage über Gott treffen kann. Ich empfinde die Liebe z.B. auch als göttlich und ich praktiziere Nächsten- und Feindesliebe, weil ich spüre, dass sie mir ins Herz gelegt ist und auch meine Vernunft mich dazu ermutigt zu lieben, aber dazu muss ich Gott doch nicht unbedingt in diesem Bild fassen, oder?

Im Judentum hat Gott das Gebot gegeben, dass man sich kein Bild von ihm machen soll und in 2.Mose 3,14 heißt es: Gott sprach zu Mose: Ich werde sein, der ich sein werde. Und sprach: So sollst du zu den Israeliten sagen: »Ich werde sein«, der hat mich zu euch gesandt.

Das bedeutet doch, dass Gott seinen Namen ohne jedes Attribut mitteilt. Er will sein, der er sein will und er wird sein, der er sein wird. Ich persönlich sehe darin eine Aufforderung ihn sein zu lassen, was er sein will und ihn dementsprechend nicht in irgendeinem Bild zu fassen. Eben negative Theologie.

Wie kannst Du da behaupten, ich wolle Gott mit einem nichtjüdischen Bild beschreiben? Ich habe auch aufgrund meiner philosophischen Überlegungen immer wieder betont, dass ich Gott bildlos erfassen möchte und mein spiritueller Glaubensweg des nicht wollen, nicht wissen, nicht haben zielt auch genau darauf ab, Gott sein zu lassen, wer oder was er sein will und mir kein Bild von ihm zu machen.


...lass gefälligst auch deine philosophischen Gedanken im Sack stecken, sie sind eben sehr menschlich...Willst Du mir jetzt meine Gedanken verbieten? Oder mir vorwerfen, dass meine Gedanken menschlich sind? Alef, alle Gedanken sind menschlich. Egal ob sie philosophisch, oder intuitiv, oder sonstwas sind. Ich bin ein Mensch, ich muss menschliche Gedanken denken.

Und mit diesen menschlichen Gedanken darf man natürlich auch über Gott nachdenken. Ich ermutige sogar gerne dazu über Gott nachzudenken und ihn in den persönlichen Lebensvollzug reflektierend miteinzubeziehen. So beginnt jeder Glaubensweg und ich freue mich, wenn Menschen zum Glauben finden, egal zu welchem.

Aber auf meinem persönlichen Glaubensweg bin ich mit der Zeit zu der Einsicht gekommen, dass all meine Gedanken über Gott eben zu einem gedachten Gott führen und mein spiritueller Weg, der ja auch das "nicht Haben" beinhaltet, führt mich Schritt für Schritt eben auch dazu, keinen gedachten Gott mehr zu haben. Deshalb macht Eckhart ja z.B. in seiner Armutspredigt auch einen Unterschied zwischen Gott (gedachter Gott) und Gottheit, bzw. göttlicher Abgrund (der Gott über den wir keine Aussage treffen können, der Gott der sagte, er werde sein, der er sein werde, der Gott jenseits unserer menschlichen Gedanken und Bestimmungen).


Nein, die Philosophie ist doch nicht redlich, sie ist Philosophie, ja, sie liebt halt ihre Weisheit, weiter nichts, mit Redlichkeit hat das NICHTS zu tun. Setze dir doch nicht den eigenen Massstab, was nun redlich sein soll. Aber klar, doch sicher, du darfst das für dich gerne tun, nur ist solches ja nicht allgemeingültig und noch weniger „göttlich“ und ertrage, wenn man dir nicht zustimmt.Eigentlich hatte ich das doch schon erklärt. Nicht die Philosophie setzt sich ihren Massstab, sondern der Massstab wird durch unser denken und die Grenzen unserer Erkenntnisfähigkeit gesetzt. Philosophie lotet denkend diese Grenzen aus. Sie ist Geisteswissenschaft und Metaphysik. Wikipedia sagt zum Thema Redlichkeit: Wissenschaftliche Redlichkeit bedeutet, dass nur das behauptet werden darf, was bewiesen (http://de.wikipedia.org/wiki/Beweis_(Logik)) ist und wissenschaftlich (http://de.wikipedia.org/wiki/Wissenschaftlichkeit) nachgewiesen werden kann. Redlichkeit bedeutet die Untersuchung der Metaphysiken (http://de.wikipedia.org/wiki/Metaphysik) (Grundvoraussetzungen) eines Systems (http://de.wikipedia.org/wiki/System) und darauf aufbauend die Hinterfragung nach der Richtigkeit (http://de.wikipedia.org/wiki/Richtigkeit) dieses Systems.

Wieso soll dann Philosophie nichts mit Redlichkeit zu tun haben?



Du wirfst mir vor, dass ich alles von dir relativiere. Nein, das mache ich nicht, ich picke meist nur ein paar Punkte aus deinen langen Beiträgen. Du dagegen reisst einen Beitrag praktisch Satz für Satz auseinander und kommentierst ihn mit deiner Philosophie. Wer soll nun sich angegriffen fühlen?Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich Dir den Eindruck vermittelt haben sollte, dass Du alles was ich sage relativieren würdest. Das habe ich nicht so gemeint.

Mich hatte nur das Schweizer Sprichwort von Dir geärgert, weil es sich ja wohl auf den langen Text, den ich Effi geschrieben hatte bezog. Aber in diesem Fall musste ich viele Worte machen, weil Effi gefragt hatte, wie ich das alles verstehen könne.

Eigentlich müsste ich noch viel mehr Worte machen, weil ich Eckhart nur deshalb verstehen lernen konnte, weil ich mich intensiv mit dem Neuplatonismus beschäftigt habe. Und um den Neuplatonismus verstehen zu können, muss man sich mit dem Platonismus beschäftigen usw. Ich habe neben der Theologie auch an der Philosophie großes Interesse und bin offen dafür mein Wissen mitzuteilen, wenn man mir diesbezüglich Fragen stellen sollte. Ich habe nicht geahnt, dass in einem Glaubensforum Philosophie so kritisch oder eher sogar gering geachtet wird. Das muss ich erst noch verstehen lernen.

Aber gegen den Vorwurf ich würde Beiträge zerreißen setze ich mich ganz klar zur Wehr. Ich antworte nur auf die Fragen die man mir stellt und gehe auf inhaltliche Aussagen ein. Ich wünschte, dass würde man mit meinen Beiträgen auch so machen, aber auf den größten Teil meiner Fragen bekomme ich leider keine konkrete Antwort und meine Aussagen wurden teilweise völlig verdreht dargestellt. Das will ich verständlicher Weise dann nur richtig stellen.


Du hast ja deine Sicht der Dinge dargestellt, oder etwa nicht? Die meisten hier teilen diese Sicht (aus guten Gründen) nicht, wie ich feststellen kann, andere haben sich verständlichen Gründen ausgeklinkt. Wenn Philosophie keinen Widerspruch duldet und beleidigt ist, ist sie rechthaberisch und verbissen in sich selbst. Die guten Gründe von denen Du sprichst würde ich ja gerne mal erklärt bekommen, aber leider antwortet man ja nicht auf meine Nachfragen, wenn ich etwas nicht verstanden habe, oder offensichtlich falsch verstanden wurde.

Nur ein Beispiel: Ich hatte an Snoopy geschrieben (#129):

Ganz ehrlich? Weil ich vermute, dass Du instinktiv danach suchst und nicht bereit bist, zwischen den beiden Perspektiven die ich hier beschreibe, zu unterscheiden. Es gibt eine menschliche Perspektive und eine göttliche. Wir können aber immer nur aus der menschlichen Perspektive heraus urteilen und nicht aus der göttlichen. Genau das mache ich und in diesem Sinne spreche ich dann z.B. über das Absolute. Das ist völlig legitim und auch folgerichtig.

Und Snoopy hatte dann darauf geantwortet (#132):

Wenn nun unterstellt wird, dass man, respektive ich nicht bereit sei zu unterscheiden, dann befinden wir uns in einer sehr subjektiven Betrachtung, besonders wenn dann die eine Seite meint, dass sie die göttliche Perspektive vertrete.

Ich hatte also klar geäußert, dass der Mensch nicht aus der göttlichen Perspektive heraus urteilen kann und Snoopy verdrehte diese Aussage im anschließenden Post und behauptete, ich würde mit meiner Aussage die göttliche Perspektive vertreten.

Anschließend wurde mir dann aufgrund dieser Aussage vorgeworfen, ich würde eine Ideologie vertreten. Ich habe mehrmals auf diese Verdrehung aufmerksam gemacht, aber das hat man ignoriert und mich immer weiter und härter werdend einen Ideologen geschimpft.

Sind das die guten Gründe aus denen heraus ich hier abgelehnt werde? Warum geht man nicht auf meine Fragen ein? Es sind ganz konkrete, einfache Fragen?

Es ist also nicht so, dass ich keinen Widerspruch vertragen könnte, sondern man kann meine Sicht der Dinge, die ich auf Nachfrage erläutert habe nicht akzeptieren, konstruiert anschließend Widersprüche in sie hinein und stellt sie dann als gegebene Tatsachen hin, obwohl ich mehrmals darauf aufmerksam gemacht hatte, dass man mich da falsch verstanden hat, wenn man behauptet, ich wolle aus der göttlichen Perspektive heraus urteilen.
Was soll ich denn da machen?

Jetzt werde ich als nächstes noch als rechthaberisch und verbissen dargestellt, obwohl ich doch nur auf diese Fehldarstellung, die zum Ideologievorwurf führte, aufmerksam mache. Und offensichtlich kennt das auch keine Grenzen mehr. Muss man es sich bei den Gnadenkindern kommentarlos gefallen lassen, wenn einem die Aussagen verdreht werden?

Ich habe mich hier nur argumentativ mitgeteilt und plötzlich wurden die Worte gegen mich immer aggressiver, zahlreiche Vorwürfe wurden mir gemacht und ich habe nur versucht diese zu entkräften, weil sie eben auf falschen Behauptungen beruhten, die ich so nie gesagt hatte. Das nannte ich dann lediglich unfair, oder auch gemein, aber eigentlich ist es eine Frechheit und zeugt von Verbissenheit und Rechthaberei.

Aber wie ich ja bereits schon sagte, ich wünsche euch noch viel Spaß dabei meine Posts zu verdrehen und dann draufzuhauen.
Als Musiktipp zum nebenbei hören, empfehle ich euch den Titelsong von der Serie Pippi Langstrumpf: Ich mache mir die Welt widdewiddewie sie mir gefällt...;-)

LG
Provisorium

Provisorium
24.03.2013, 09:55
Womit du bestätigst, was ich erwähnte, dass Meister Eckharts Philsophie nur einen könnte, wenn alle seine Grundsätze annähmen.Niemand muss Eckharts Grundsätze annehmen. Die Einheit von der Eckhart schreibt und lehrt ist substantiell. Das heißt sie besteht bereits. Nichts muss geleistet werden, niemand ist ausgeschlossen. In Eckharts philosophischer Spekulation kommt alles weltliche Sein aus dieser Einheit. Das weltliche Sein ist geschaffen und kreatürlich und deshalb auch vergänglich. Es hat, mit anderen Worten, keine Substanz in dieser Welt. Aber in Gott ist es substantiell und überzeitlich in der Einheit.

Eckhart erklärt nur warum er das so sieht und wie er dem gewahr wurde. Nirgends verlangt er, dass alle das annehmen und auch so sehen müssten. Nur wenn man als Mensch etwas bestimmtes tun, oder denken, oder bekennen müsste, um Teil dieser Einheit werden zu können, wäre es notwendig andere Menschen davon überzeugen zu müssen, sie müssten das genauso sehen. Aber man muss nach Eckhart weder etwas tun, noch denken, noch bekennen um Teil dieser Einheit zu sein.

So wie für gewöhnlich z.B. das Christentum "interpretiert" wird, muss immer etwas Bestimmtes bekannt und dann auch getan, oder nicht getan werden, um in Gottes Reich aufgenommen werden zu können. In Eckharts Philosophie des Christentums ist das nicht nötig. Die Einheit ist bereits substantiell.

Aber den Menschen ist das nicht automatisch bewusst und Eckhart zeigt einen möglichen Weg auf, wie einem dies bewusst werden könnte, um hier auf Erden Trost, Kraft, Freude, Liebe, Mut, Gewissheit, Hoffnung und noch so vieles mehr zu erlangen. Der Mensch ist ein bedürftiges, ein sinnsuchendes Wesen. Die Not der Menschen war nicht nur zu Eckharts Lebzeiten, im 14. Jahrhundert, groß, sie ist es noch immer. Im Buddhismus sagt man "alles Leben ist Leiden" und Eckhart weist einen möglichen Weg aus diesem Leid, wie auch der ZEN-Buddhismus einen möglichen Weg aufzeigt.

Aber niemand muss darin mit ihm übereinstimmen, er lädt nur dazu ein, so wie Jesus auch nur eingeladen hat.
Im Gegenteil, für Eckhart ist es wichtig, dass sich der Mensch nichts überstülpen lässt, sondern seinem Wesen folgt, seinen Weg geht. Er wünscht sich das, weil er daran glaubt, dass jedes Wesen substantiell mit Gott in der Einheit ist und jeder Weg zurück in die Einheit führt. Der spirituelle Weg den Eckhart beschreibt ,spricht die Vernunft und das Herz des Menschen an, aber er zwängt sich nicht auf. Es ist gar nicht nötig ihn aufzuzwängen. Denn ist das Geschaffene und Kreatürliche am Menschen irgendwann einmal vergangen, dann verharrt das Substantielle an ihm dort, wo es immer schon gewesen ist und es immer sein wird - in Gott. Das ist es, was Eckhart lehrt und woran er glaubt.

Wollte man den spirituellen Weg den Eckhart beschreibt anderen Menschen aufzuzwängen, dann käme dies einem Überstülpen gleich und das ist mit den Grundsätzen der negativen Theologie nicht vereinbar. Es ist immer möglich das man sich irrt. Das hat Eckhart in seiner Verteidigungsrede, nachdem er der Ketzerei angeklagt wurde, auch klar eingestanden.


Die Frage ist, könnte man mit seinem Gottes- und Weltbild als gemeinsame Voraussetzung unterschiedliche Religionsrichtungen leben?Eckhart definiert überhaupt keine Voraussetzungen. Jeder Mensch ist im Glauben Eckharts voraussetzungslos mit Gott in der Einheit.

Jeder gläubige Mensch, ganz egal welcher Religion und Anschauung, glaubt mit seinem Herzen. Wahrscheinlich wird es in dieser Welt nicht einmal zwei Menschen geben, die tatsächlich völlig den gleichen Glauben haben. Die Überzeugung, wir müssten alle den gleichen Glauben haben entstammt der positiven Theologie, in der Gott mit ganz bestimmten Bildern fest identifiziert wird. Eckhart tut dies nicht und deshalb stellt er nicht die Religion, sondern die Seele des Gläubigen in den Mittelpunkt.

Ich habe in meinem Leben nicht wenige Menschen kennen lernen dürfen, die z.B. aufgrund der Aussage "Gott ist Liebe" dem Glauben den Rücken gekehrt haben. Ich kann das gut verstehen, denn angesichts der Übel und Greueltaten in dieser Welt, ist es nicht eben leicht vorstellbar, dass ein liebender Gott, der allmächtig und allgütig ist, all das furchtbare Leid zulässt, wenn er es doch eigentlich gar nicht will und außerdem ja auch noch die Liebe ist.


Ja, dem ist dann so.Es macht mich traurig und betroffen, dass hier kommentarlos Aussagen hingenommen werden, in denen behauptet wird, der Mensch habe göttliche Eigenschaften und das sei so, weil es eben dieser User behauptet. Und wenn ich dann sage, dass wir Menschen gar nicht wissen können, was göttliche Eigenschaften eigentlich konkret sein sollen, weil wir Gott gar nicht begreifen, oder definieren können, ist man sich schnell einig, dass ich rechthaberisch und verbissen sei.

Die Zukunft der Religionen ist damit klar vorgezeichnet. Einer gibt das Kommando und erklärt was Gott für Eigenschaften habe und dementsprechend für Eigenschaften von uns erwarte und alle anderen folgen. Freiheit ade....Und nichts Neues unter Gottes Himmel!

LG
Provisorium

Effi
24.03.2013, 10:37
Zunächst hierzu:


Es macht mich traurig und betroffen, dass hier kommentarlos Aussagen hingenommen werden, in denen behauptet wird, der Mensch habe göttliche Eigenschaften und das sei so, weil es eben dieser User behauptet. Und wenn ich dann sage, dass wir Menschen gar nicht wissen können, was göttliche Eigenschaften eigentlich konkret sein sollen, weil wir Gott gar nicht begreifen, oder definieren können, ist man sich schnell einig, dass ich rechthaberisch und verbissen sei.

http://www.gnadenkinder.de/board/images/styles/RoyalFlush/misc/quote_icon.png Zitat von Alef http://www.gnadenkinder.de/board/images/styles/RoyalFlush/buttons/viewpost-right.png (http://www.gnadenkinder.de/board/showthread.php?p=125294#post125294)
Wenn Philosophie keinen Widerspruch duldet und beleidigt ist, ist sie rechthaberisch und verbissen in sich selbst.

Darauf ich:
http://www.gnadenkinder.de/board/images/styles/RoyalFlush/misc/quote_icon.png Zitat von Effi http://www.gnadenkinder.de/board/images/styles/RoyalFlush/buttons/viewpost-right.png (http://www.gnadenkinder.de/board/showthread.php?p=125303#post125303)
Ja, dem ist dann so.

Damit bestätigte ich, dass wenn Philosophie keinen Widerspruch duldet, dass sie dann rechthaberisch und verbissen in sich selbst ist.

Wir reden hier über Glauben. Manche glauben so und andere anders. Manche sehen in den Menschen göttliche Eigenschaften, weil sie aufgrund ihres Glaubens Eindrücke davon haben. Andere sehen das anders, weil sie glauben, dass Menschen gar nicht wissen können, was göttliche Eigenschaften eigentlich konkret sein sollen, weil sie Gott gar nicht begreifen, oder definieren können.

Die Einen glauben an einen Gott, von dem sie über verschiedene Quellen und Zugänge (Tenach, Bibel) Vorstellungen haben und die anderen an einen, von dem sie sich bewusst keine Vorstellungen machen, weil diese eh nicht beweisbar sind. Gott ist weder beweis- noch widerlegbar. Er ist immer eine Glaubenssache.

Was ich mir schon vorstellen könnte,Provisorium, ist, dass dein Weg, die "Identität", das Wesen Gottes offen zu lassen, ihm also keine Eigenschaften zuzuschreiben, zu weniger Konkurrenzdenken führen könnte. Es ging weniger um besser oder schlechter, um richtiger oder falscher, sondern mehr um individuelle Gottesbeziehungen.

bonnie
24.03.2013, 11:32
Jetzt nehme ich mir mal ein bisschen Zeit für euch.
Du, liebes Provisrium, klingst frustriert, ob ich dich aufmuntern kann?
Mit dem „Meister Eckhardt“ habe ich es nicht wirklich so, das wird wohl also nicht das Thema werden, worüber wir uns intensiver austauschen können, sry.
So verschieden wir auch ticken mögen- ich finde, neben unseren„sozialen Berufen“( und der damit verbundenen Ausbildung in Psychologie und ähnlichem :-)) auch gemeinsame Punkte.
Über eine Sache habe ich sehr nachgedacht und da fand ich viel „fairen Stoff“ zum Nachdenken drin. Sieh mal das hier


Darin sehe ich die Zukunft des Christentums, weil es dann nicht mehr auf seine Dogmen beharrt, sondern die Gleichwertigkeit und nicht nur die Toleranz gegenüber anderen Gläubigen betont. Wo man sich als gleichwertig betrachtet, ist Toleranz überflüssig, weil man Toleranz nur für Dinge/Menschen benötigt, die einem irgendwie fremd und eben nicht gleichwertig sind.


Wird es das je geben? Ich meine, Religionen, so beobachte ich immer mehr, haben „eigene Wahrheiten“, jeder seine. Wenn man aber die eigene Wahrheit als Wahrheit sieht, kann man dann noch Menschen, die dieser „Wahrheit“ nicht folgen, auf gleicher Augenhöhe begegnen?
Dieses Ding mit der Toleranz und (jetzt misch ich mal ganz kühn einen zweiten Begriff hier rein) der Demut…

Es ist in beiden Dingen, so verschieden sie auch in Zusammenhängen hier gebraucht wurden, für mich persönlich weder Definitions- noch Glaubenssache oder Religion oder Übung, oder Lernprozeß… obwohl all das ein Weg dahin sein kann.
Verwunderlich? Ich versuch es in Worten zu erklären, obwohl ich ungern viel erkläre.

In und mit meinem Herzen, meinem Inneren lebe ich.
Ja, es gibt Dinge, die auch ich nur „toleriere“ (was ich mit „geduldig tragen“ umschreibe). Manches, was andere Menschen glauben, sagen, tun oder leben, kann ich nicht verstehen, nicht nachvollziehen und so toleriere ich im schlimmsten Fall, was ich nicht zielführend finde, um die Tür zum Gegenüber nicht gänzlich zu verschließen. Aber eben- für mich ist das der „letzte Anker“, um, ohne den Menschen selbst dadurch zu „beurteilen“, sein Handeln oder Denken ohne Wertung stehen zu lassen- das ist einfacher Respekt und gleiche Augenhöhe, weil wir alle Menschen und Geschöpfe sind. Dass wir unterschiedliche Menschen sind, ist für mich Basis genug, um nicht „dagegen zu halten“ oder zu „belehren“ .

Mit dem Begriff Demut verhält es sich da nicht ähnlich?
Man kann es wollen, üben, versuchen, scheitern, anders verstehen… oder man lebt es.
Ich persönlich lebe einfach als das Erschaffene, das ich bin. Ich kann aber muss nicht darüber nachdenken, welche „Demut“ mein Schöpfer haben will.
In meinem Herzen und Denken ist der Schöpfer höher, größer und weiser- und das erlebe ich täglich in großen und kleinen Dingen als absolut positiv. Muss ich mich dafür entscheiden, mich IHM unterzuordnen? Ich weiß nicht recht- alles in mir sagt, es ist, wie es ist und so ist es gut. Ich bin nicht so wahnsinnig, dass ich mich auf Höhe des Schöpfers stelle. Vertraue ich auf SEINE Führung und SEINE Liebe, dann darf ich völlig Mensch/Geschöpf sein, unvollständig im Denken und Verstehen, und das auch wenn ich noch so viel versuche zu entdecken. So viele Bücher, die ich lese und Menschen, denen ich gern lausche… Ich weiß es aber längst, ich bin „nur“ Geschöpf und ER ist Schöpfer.
Für mich im Alltag gibt es unglaublich viele Dinge, die ich erlebe, meistern muss in der Verantwortung gegenüber meinen Mitmenschen, und die natürlich auch aus meinem persönlichen, subjektiven „Glauben“ schöpfen. Doch es überrascht mich nicht, dass andere Menschen ein anderes Verstehen und Leben auf „Glauben, Demut oder Toleranz“ haben, denn sie sind nicht „ich“.
Im besten Fall kann ich mich austauschen, etwas in einem anderen Blickwinkel entdecken und lernen. Im für mich schlimmsten Fall aber, lerne ich etwas zu tolerieren, was sich meinem Leben entzieht.
Ich weiß nicht, ob Toleranz wirklich je gesunden Austausch auf gleicher Augenhöhe hervorbringt oder welche Art von Demut der Schöpfer erwartet (bin mir nicht mal sicher, ob ER wirklich „erwartet“).
Aber ich bin Teil dieses Lebens. Ich weiß nicht mehr als andere Menschen und bin nicht weise. Alles, was ich lebe, fühle und denke, ist Teil meiner Beziehung zum Schöpfer und zu Mitmenschen („Nächsten“).
„Demut“, „Liebe“ oder Austausch auf gleicher Augenhöhe ist für mich einfach etwas, was ein Mensch aus seinem Inneren heraus lebt oder eben , vielleicht begründet in Erlebtem oder Kultur etc, nicht.
Ich kenne Ideologien, Theologien, Philosophien, Theorien, aber so gern ich auch darüber nachdenke, all das ist für mich nur wie der „Nachtisch“ in der täglichen Nahrung, denn Leben ist einfach leben.

Ich nehme es nicht persönlich, wenn andere Menschen nicht so sind wie ich. Aber, und jetzt lenke ich plump zum Thema zurück, Religionen, die Menschen in „verloren“ oder „errettet“ teilen, die „absolute Wahrheiten“ einfordern usw, ja sogar zu „Schlachten um christliche Wahrheiten“ aufrufen, begegnen mir persönlich nicht auf Augenhöhe, sondern mit erstickender Arroganz und unmenschlicher Überheblichkeit.
Wenn ich als Mensch und nicht-Christ, nur toleriert werde, weil ich ein Missionsobjekt sein könnte, dann sehe ich für mich keine Zukunft auf dieser Art Weg, denn um eine Beziehung zum Schöpfer zu leben, brauche ich keine Zugehörigkeit in festgefahrenen Wegen.

Die Zukunft des Christentums- ich fürchte, sie wird für Menschen wie mich zu eng, zu dogmatisch, zu unmenschlich.

Denn ich bin einfach nur Mensch, Geschöpf eines Schöpfers. ;-)


Es ging weniger um besser oder schlechter, um richtiger oder falscher, sondern mehr um individuelle Gottesbeziehungen.


nachdenklich bonnie

anonym002
24.03.2013, 12:38
Nur mal so kurz Provisorium


Es geht doch nicht um dich, und du wirst doch nicht abgelehnt! So als „Philosoph“ solltest du doch über der Sache, sozusagen dann über der „Philosophie“ stehen… sorry.

Und wie ich schon sagte, aus einem Satz von mir machst du „5“ Sätze Kommentar deinerseits. Nein, ich habe nicht so viel Zeit, um immer auf alles einzugehen.



Deshalb lasse ich das.

Jamie
24.03.2013, 13:15
Vielleicht nimmt er dich sehr ernst, Alef, und macht deshalb "5 Sätze aus einem Kommentar"....?

Nur als Denkanstoß.

anonym002
24.03.2013, 14:19
Vielleicht nimmt er dich sehr ernst, Alef, und macht deshalb "5 Sätze aus einem Kommentar"....?

Nur als Denkanstoß.


Das sicher, aber nehmen wir mal an, ich schreibe auf sein 5 Sätze wiederum je fünf Sätze, das ergibt dann schon 25 Sätze, und er schreibt dann wieder auf jeden davon 5 Sätze, dann sind es schon 75 und ich dann….. und der Missverständnisse werden immer mehr.

Wenn man jemanden erst nehmen will, so kann man auch gewisses einfach kommentarlos stehen.
Und so habe ich auch überlegt, ob ich dein Kommentar unreflektiert stehen lassen soll. Wobei ich ihn wiederum gut finde, um darüber nachzudenken, was es bedeutet, den anderen ernst zu nehmen....

Effi
24.03.2013, 14:33
Wobei ich ihn wiederum gut finde, um darüber nachzudenken, was es bedeutet, den anderen ernst zu nehmen....


U.a. sich mit seinen Unterschieden gegenseitig zu aktzeptieren, Unterschiede akzeptieren. Gediegene, faire und kritikfähige Umgangsweisen. Achtung der Authentizität. So in die Richtung...

Provisorium
24.03.2013, 15:56
Zunächst hierzu
http://www.gnadenkinder.de/board/images/styles/RoyalFlush/misc/quote_icon.png Zitat von Alef http://www.gnadenkinder.de/board/images/styles/RoyalFlush/buttons/viewpost-right.png (http://www.gnadenkinder.de/board/showthread.php?p=125294#post125294)
Wenn Philosophie keinen Widerspruch duldet und beleidigt ist, ist sie rechthaberisch und verbissen in sich selbst.

Darauf ich:
http://www.gnadenkinder.de/board/images/styles/RoyalFlush/misc/quote_icon.png Zitat von Effi http://www.gnadenkinder.de/board/images/styles/RoyalFlush/buttons/viewpost-right.png (http://www.gnadenkinder.de/board/showthread.php?p=125303#post125303)
Ja, dem ist dann so.

Damit bestätigte ich, dass wenn Philosophie keinen Widerspruch duldet, dass sie dann rechthaberisch und verbissen in sich selbst ist.Ja, das hatte ich auch so verstanden. Aber wo duldet Philosophie denn keinen Widerspruch, wo wird das von mir behauptet?

Alef konstruiert das aus meinen Sätzen heraus, aber es steht da nirgends drin. Genau so könnte ich dann in diesem Thread sagen: "Zuviel Semmelbrösel lassen die Frikadellen hart werden". Das kann schon stimmen. Aber was hat das mit dem Thema zu tun?
Es wird ja nicht nur behauptet das Philosophie rechthaberisch und verbissen sein kann, sondern das wurde auf meine Aussagen hin bezogen. Es wird einfach mal so behauptet und fertig und dann Beifall geklatscht, weil die Aussage sinngemäß irgendwo ja schon richtig sein kann? Aber was hat die Aussage denn mit meinen Beiträgen zu tun? Ist das egal?

Philosophie wird hier wiederholt als unredlich bezeichnet und es wird behauptet, sie würde sich quasi willkürlich die eigenen Massstäbe setzen. Warum? Wie kommt man denn auf sowas? Hier werden beständig ohne nähere Begründung Behauptungen aufgestellt und wenn ich dann meine Behauptungen argumentativ begründe, bin ich der rechthaberische und verbissene Philosoph, der sich seine eigenen Massstäbe setzt? Wo kommen denn eure Massstäbe her, wenn sie nicht vom denken kommen?


Wir reden hier über Glauben. Manche glauben so und andere anders. Manche sehen in den Menschen göttliche Eigenschaften, weil sie aufgrund ihres Glaubens Eindrücke davon haben. Andere sehen das anders, weil sie glauben, dass Menschen gar nicht wissen können, was göttliche Eigenschaften eigentlich konkret sein sollen, weil sie Gott gar nicht begreifen, oder definieren können.

Die Einen glauben an einen Gott, von dem sie über verschiedene Quellen und Zugänge (Tenach, Bibel) Vorstellungen haben und die anderen an einen, von dem sie sich bewusst keine Vorstellungen machen, weil diese eh nicht beweisbar sind. Gott ist weder beweis- noch widerlegbar. Er ist immer eine Glaubenssache.

Was ich mir schon vorstellen könnte,Provisorium, ist, dass dein Weg, die "Identität", das Wesen Gottes offen zu lassen, ihm also keine Eigenschaften zuzuschreiben, zu weniger Konkurrenzdenken führen könnte. Es ging weniger um besser oder schlechter, um richtiger oder falscher, sondern mehr um individuelle Gottesbeziehungen.Eigentlich ging es hier ursprünglich mal um die Frage, wie man die zahlreichen Absolutzsetzungen in den einzelnen Religionen überwinden könnte. Dazu habe ich meine persönliche Meinung geäußert. Und der erste Schritt dazu ist meiner Überzeugung nach die Einsicht, dass wir Menschen immer nur einen gedachten Gott haben können und aber über Gott, was und wie er auch immer sein oder nichtsein möge, keine gültige Aussage treffen können. Es beginnt für mich also mit Demut. Über einen Gott aber, über den man keine gültige Aussage treffen kann, ist es sinnlos sich zu streiten.

Man kann sich lediglich darüber streiten, ob die Aussage, dass man über Gott keine gültige Aussage machen kann, denn stimmt. Und das tun wir hier. Und das tut man seit Jahrtausenden. Ich sage man kann es nicht und versuche das zu begründen.

Alles was Du sagst, stimmt. Es bleibt immer Glaubenssache. Aber wenn man sich die Frage stellt, wie man etwas, was man kritisiert (hier die Absolutsetzungen) überwinden kann, dann sollten, müssen und dürfen wir meiner Meinung nach auch gerne unseren Verstand gebrauchen und redlich versuchen der Sache auf den Grund gehen.

Nichts anderes habe ich versucht. Das ich letztlich damit scheitere, ist nicht weiter verwunderlich und war eigentlich fast schon so zu erwarten. Alle Menschen, die die Absolutsetzungen überwinden wollten sind gescheitert, verurteilt, ausgelacht und nicht selten sogar getötet worden. Das muss aber nicht zwangsläufig bedeuten, dass ihr Anliegen und ihre Herangehensweise falsch gewesen sei. Und auch zuviel Semmelbrösel müssen noch lange nicht das Ende für eine gute Frikadelle bedeuten...

LG
Provisorium

Provisorium
24.03.2013, 18:24
Jetzt nehme ich mir mal ein bisschen Zeit für euch.Dankeschön, das ist lieb!


Du, liebes Provisrium, klingst frustriert, ob ich dich aufmuntern kann?Ja, bisschen frustriert bin ich schon und für Aufmunterung bin ich sehr dankbar.


Mit dem „Meister Eckhardt“ habe ich es nicht wirklich so, das wird wohl also nicht das Thema werden, worüber wir uns intensiver austauschen können, sry.Das ist für mich überhaupt kein Problem. Ich bereue mittlerweile schon, dass ich mich auf Grundlage seiner Philosophie verständlich machen wollte. Ich war dumm und naiv und jetzt fühlt es sich für mich ein bisschen so an, als hätte ich der Mona Lisa ihr Lächeln übermalt. Mea maxima culpa.


Sieh mal das hier: Darin sehe ich die Zukunft des Christentums, weil es dann nicht mehr auf seine Dogmen beharrt, sondern die Gleichwertigkeit und nicht nur die Toleranz gegenüber anderen Gläubigen betont. Wo man sich als gleichwertig betrachtet, ist Toleranz überflüssig, weil man Toleranz nur für Dinge/Menschen benötigt, die einem irgendwie fremd und eben nicht gleichwertig sind.


Wird es das je geben?Ich träume davon. Wahrscheinlich ein eitler und weltfremder Traum, aber wenn ich keinen Mut zum Träumen mehr hätte, dann hätte ich wohl auch keine Kraft mehr zum Kämpfen. Und kämpfen/streiten möchte ich für die Gleichwertigkeit aller Glaubenswege bis zu meinem Ende.

Ihr Frauen müsst doch auch noch weiterhin kämpfen und werdet in noch so vielen Kulturen nicht als gleichwertig betrachtet. Das sollte man meiner Meinung nach nicht einfach so hinnehmen. Ich will damit aber keine Gleichmacherei und die individuellen Unterschiede, die ja häufig das Salz in der Suppe sind (irgendwie hab' ich's heute mit Essensmetaphern...), aus der Welt schaffen, sondern ich möchte lediglich dafür einstehen, dass jeder Glaubensweg, jeder Lebensentwurf als gleichwertig vor Gott betrachtet wird und wir ihn darüberhinaus, nur nach menschlichen Massstäben beurteilen dürfen und müssen.

Wir müssen, weil es nicht egal sein kann, ob sich jemand aufgrund seines Glaubens in die Luft sprengt und viele Menschen in den Tod reißt, oder ob er sich in den Dienst hilfsbedürftiger Menschen stellt. Aus unserer Position heraus hat das nicht den gleichen Wert und darf und muss also auch unterschiedlich bewertet und kritisiert werden. Aber wir Schuster sollten eben bei unseren Leisten bleiben und nicht vom Willen Gottes sprechen, der hier getan, oder nicht getan wird. Ich glaube man sprengt sich aus religiösen Gründen nur deshalb in die Luft, weil man glaubt damit dem Willen Gottes zu folgen. Aber sich in den Dienst hilfsbedürftiger Menschen stellen, dass machen ganz viele Menschen auch einfach so. Ich brauche also gar keine Vorstellung davon, was der liebe Gott für einen Willen hat, um moralisch gut handeln zu können. Wenn ich aber nur aufgrund einer erwarteten göttlichen Belohnung gut handeln würde, dann glaube ich, hat man seinen Lohn bereits empfangen. Gleichwertig bedeutet für mich also, dass ich mein Handeln vor Gott als immer des gleichen Wertes betrachte. Ich kann nicht wissen wie er darüber "denkt" und schon gar nicht kann ich es deshalb verbindlich machen.

Ich handle also so, wie ich handle und übernehme dafür die Verantwortung. Ich folge also meinem Wesen, ich ergründe es und nicht einer gedachten Vorstellung davon, was Gott nun von mir will.
Ich persönlich glaube daran, dass Gott ein wesenhafter Gott ist und sein Wesen in mich "eingeht", wenn ich von meinem Wesen lasse. Um von meinem Wesen lassen zu können, muss ich es zuvor aber ergründen, es wahrnehmen, denn das ist ein bewusster Prozess, eine bewusste Entscheidung. Leben ist für mich wesenhaftes Leben, Selbstzweck, ohne warum.
Eckharts spiritueller Weg lässt sich deshalb auch ganz einfach in einem Satz zusammenfassen: Nimm dich selbst wahr und wo du dich findest, da lass von dir ab.

So lebe und erlebe ich persönlich das und niemand muss dies genauso sehen. Ich wünschte mir vielmehr, dass sich jeder Mensch seine eigenen Gedanken dazu macht und eigene Entscheidungen trifft, denn nur das ist wesenhaftes Handeln. In den Auseinandersetzungen in dieser Welt werden wir uns dann wieder treffen und uns handelnd begegnen. Und ich wünschte mir nur, dass wir uns dann als gleichwertig betrachten könnten und uns nicht gegenseitig vorwerfen würden, der jeweils andere täte nicht den Willen Gottes.


Ich meine, Religionen, so beobachte ich immer mehr, haben „eigene Wahrheiten“, jeder seine. Wenn man aber die eigene Wahrheit als Wahrheit sieht, kann man dann noch Menschen, die dieser „Wahrheit“ nicht folgen, auf gleicher Augenhöhe begegnen?Wenn man glaubt im Besitz der Wahrheit zu sein, dann wohl eher nicht. Dann schaut man wohl immer etwas geringschätzend auf andere Wahrheiten.


Dieses Ding mit der Toleranz und (jetzt misch ich mal ganz kühn einen zweiten Begriff hier rein) der Demut…
Es ist in beiden Dingen, so verschieden sie auch in Zusammenhängen hier gebraucht wurden, für mich persönlich weder Definitions- noch Glaubenssache oder Religion oder Übung, oder Lernprozeß… obwohl all das ein Weg dahin sein kann.
Verwunderlich? Ich versuch es in Worten zu erklären, obwohl ich ungern viel erkläre.
In und mit meinem Herzen, meinem Inneren lebe ich.
Ja, es gibt Dinge, die auch ich nur „toleriere“ (was ich mit „geduldig tragen“ umschreibe). Manches, was andere Menschen glauben, sagen, tun oder leben, kann ich nicht verstehen, nicht nachvollziehen und so toleriere ich im schlimmsten Fall, was ich nicht zielführend finde, um die Tür zum Gegenüber nicht gänzlich zu verschließen. Aber eben- für mich ist das der „letzte Anker“, um, ohne den Menschen selbst dadurch zu „beurteilen“, sein Handeln oder Denken ohne Wertung stehen zu lassen- das ist einfacher Respekt und gleiche Augenhöhe, weil wir alle Menschen und Geschöpfe sind. Dass wir unterschiedliche Menschen sind, ist für mich Basis genug, um nicht „dagegen zu halten“ oder zu „belehren“ .Weißt Du, auf gleicher Augenhöhe kann man ja trotzdem sehr gut aus unterschiedlicher Perspektive heraus kommunizieren. Das ist einfach auch Einstellungssache. Die allermeisten Menschen, die an Absolutsetzungen festhalten, sind deshalb trotzdem tolerant, respektvoll und müssen auch nicht dazu neigen, andere belehren zu wollen. Absolutsetzungen pflanzen einfach nur einen Keim der ganz fürchterlich wuchern und zerstören kann, es aber nicht muss und in den meisten Fällen tut er das auch nicht.

Ich habe versucht das immer wieder deutlich zu machen und ich erachte mich weiterhin nicht als höher oder besser, als die Menschen, mit denen ich jetzt hier eine Auseinandersetzung habe. Viele von ihnen werden vielleicht älter und lebenserfahrener sein. Sie haben eben Dinge anders erlebt als ich und sind zu anderen Schlüssen gekommen. Das ist alles überhaupt kein Problem für mich. Ich habe im Gegenteil sogar großes Interesse an anderen Sichtweisen und Erfahrungen. Aber ich halte es für unabdingbar, dass man sich einerseits erklären darf und andererseits sich bemüht, den Gegenüber auch richtig verstehen zu wollen. Das ist für mich gleiche Augenhöhe. Das man dann aber trotzdem von völlig unterschiedlichen Perspektiven aus auf die Dinge schaut und sie bewertet, ist für mich kein Problem. Es macht das Leben nur reicher.


Mit dem Begriff Demut verhält es sich da nicht ähnlich?
Man kann es wollen, üben, versuchen, scheitern, anders verstehen… oder man lebt es.
Ich persönlich lebe einfach als das Erschaffene, das ich bin. Ich kann aber muss nicht darüber nachdenken, welche „Demut“ mein Schöpfer haben will.
In meinem Herzen und Denken ist der Schöpfer höher, größer und weiser- und das erlebe ich täglich in großen und kleinen Dingen als absolut positiv. Muss ich mich dafür entscheiden, mich IHM unterzuordnen? Ich weiß nicht recht- alles in mir sagt, es ist, wie es ist und so ist es gut. Ich bin nicht so wahnsinnig, dass ich mich auf Höhe des Schöpfers stelle. Vertraue ich auf SEINE Führung und SEINE Liebe, dann darf ich völlig Mensch/Geschöpf sein, unvollständig im Denken und Verstehen, und das auch wenn ich noch so viel versuche zu entdecken. So viele Bücher, die ich lese und Menschen, denen ich gern lausche… Ich weiß es aber längst, ich bin „nur“ Geschöpf und ER ist Schöpfer.
Für mich im Alltag gibt es unglaublich viele Dinge, die ich erlebe, meistern muss in der Verantwortung gegenüber meinen Mitmenschen, und die natürlich auch aus meinem persönlichen, subjektiven „Glauben“ schöpfen. Doch es überrascht mich nicht, dass andere Menschen ein anderes Verstehen und Leben auf „Glauben, Demut oder Toleranz“ haben, denn sie sind nicht „ich“.
Im besten Fall kann ich mich austauschen, etwas in einem anderen Blickwinkel entdecken und lernen. Im für mich schlimmsten Fall aber, lerne ich etwas zu tolerieren, was sich meinem Leben entzieht.
Ich weiß nicht, ob Toleranz wirklich je gesunden Austausch auf gleicher Augenhöhe hervorbringt oder welche Art von Demut der Schöpfer erwartet (bin mir nicht mal sicher, ob ER wirklich „erwartet“).
Aber ich bin Teil dieses Lebens. Ich weiß nicht mehr als andere Menschen und bin nicht weise. Alles, was ich lebe, fühle und denke, ist Teil meiner Beziehung zum Schöpfer und zu Mitmenschen („Nächsten“).
„Demut“, „Liebe“ oder Austausch auf gleicher Augenhöhe ist für mich einfach etwas, was ein Mensch aus seinem Inneren heraus lebt oder eben , vielleicht begründet in Erlebtem oder Kultur etc, nicht.
Ich kenne Ideologien, Theologien, Philosophien, Theorien, aber so gern ich auch darüber nachdenke, all das ist für mich nur wie der „Nachtisch“ in der täglichen Nahrung, denn Leben ist einfach leben.Volle Zustimmung. Ich habe das oben versucht mit dem Begriff "wesenhaftes Leben" zum Ausdruck zu bringen.


Ich nehme es nicht persönlich, wenn andere Menschen nicht so sind wie ich. Aber, und jetzt lenke ich plump zum Thema zurück, Religionen, die Menschen in „verloren“ oder „errettet“ teilen, die „absolute Wahrheiten“ einfordern usw, ja sogar zu „Schlachten um christliche Wahrheiten“ aufrufen, begegnen mir persönlich nicht auf Augenhöhe, sondern mit erstickender Arroganz und unmenschlicher Überheblichkeit.
Wenn ich als Mensch und nicht-Christ, nur toleriert werde, weil ich ein Missionsobjekt sein könnte, dann sehe ich für mich keine Zukunft auf dieser Art Weg, denn um eine Beziehung zum Schöpfer zu leben, brauche ich keine Zugehörigkeit in festgefahrenen Wegen.Auch das sehe ich ganz genauso wie Du! Und diese Unterscheidungen in "errettet" und "verloren" konnte ich für mich persönlich eben dadurch überwinden, dass ich mir bewusst machte, dass ich das aus meiner menschlichen Position heraus gar nicht beurteilen kann. Ich habe einfach kein Recht dazu sowas zu behaupten, solche Unterscheidungen zu treffen.

Und darüberhinaus bin ich (nicht nur) auf philosophischen Wegen zu der Einsicht gekommen, dass es diese Unterscheidungen nur in unseren Vorstellungen gibt und da, wo wir an ihnen festhalten. Deshalb auch mein spiritueller Weg. Er ist meine bewusste Entscheidung von all diesen Vorstellungen und Unterschieden zu lassen, um zur Unterschiedslosigkeit, zur Einheit zu kommen und aus jedem Gegensatz herausgenommen zu werden. Das ist ein innerer Prozess, ein meditativer Weg, ein Glauben. Mein Glauben.


Die Zukunft des Christentums- ich fürchte, sie wird für Menschen wie mich zu eng, zu dogmatisch, zu unmenschlich.

Denn ich bin einfach nur Mensch, Geschöpf eines Schöpfers. ;-)Die Zukunft des Christentums ist untrennbar mit der Zukunft der gesamten Menschheit verbunden. Langsam wird uns immer deutlicher bewusst, dass wir viel zu lange schon mehr oder minder unbewusst nach dem Motto "nach uns die Sintflut" gelebt haben. Wir leben in einer Welt mit endlichen Ressourcen und einer immer größeren Zahl an Menschen, die auf diese Ressourcen angewiesen sind.

Auch der Glaube kann eine Art Ressource sein, der sinnstiftend zu einem bewussteren und dann vielleicht auch ressourcenschonenderen Umgang mit unserer Welt einlädt. Leider besteht im "klassisch tradierten Christentum" aber die Vorstellung, dass diese Welt untergehen muss, damit sie einer neuen und perfekten Welt Platz machen kann.

Das Reich Gottes wird in dieser Vorstellung im äußerlichen erwartet und man wundert sich nicht über Katastrophen, Hungersnöte, Kriege und dergleichen, weil man ja schließlich glaubt in der Endzeit zu leben und da muss das eben so sein. Solch eine Vorstellung kann lähmend wirken, oder fatalistisch und leicht fühlt man sich dann eventuell dazu animiert, die "nach mir die Sintflut-Einstellung" als gottgegeben zu betrachten.

Schon heute stehen wir Menschen vor gigantischen Herausforderungen und unsere Kinder und Enkel werden es mit Sicherheit nicht leichter haben als wir heute. So wichtig es deshalb ist, denn Blick verantwortungsbewusst nach außen zu richten und seine Augen nicht vor den Ungerechtigkeiten und Nöten in dieser Welt zu verschließen, so wichtig halte ich es aber auch darauf aufmerksam zu machen, dass der Blick auch nach innen gehen darf, denn der Rabbi Jesus meinte einmal, dass das Reich Gottes inwendig in uns und schon längst da ist. Das ist mein Traum von der Zukunft des Christentums.

LG
Provisorium

anonym002
24.03.2013, 18:29
Wer konstruiert nun was?

Es wurde gesagt: WENN Philosophie keinen Widerspruch duldet, dann…..
Du unterschlägst das Wort: WENN…. naja, und du hast hier wenig Widerspruch geduldet….

Es wurde auch nicht gesagt, dass Philosophie unredlich sei, sondern ich schrieb, dass Philosophie nichts mit Redlichkeit zu tun hat. Redlich kann ein Mensch in seinem Handeln sein. Redlichkeit ist nicht das Ziel oder die Absicht der Philosophie, sondern die Liebe zur Sofia, die Liebe zur selbsterzeugten „Weisheit“ um es mal etwas spitz zu sagen, den selbst gedachten „Gott“, denn was ist schon Weisheit? Aber das wäre wiederum ein anderes Thema.


Es gibt eben nicht nur eine „gedachten“ Gott, sondern auch Gott JHWH, der sich offenbarte.

Provisorium
24.03.2013, 18:47
Es geht doch nicht um dich, und du wirst doch nicht abgelehnt! So als „Philosoph“ solltest du doch über der Sache, sozusagen dann über der „Philosophie“ stehen… sorry.

Und wie ich schon sagte, aus einem Satz von mir machst du „5“ Sätze Kommentar deinerseits. Nein, ich habe nicht so viel Zeit, um immer auf alles einzugehen.

Deshalb lasse ich das.Einverstanden, lassen wir das. Aber ich möchte Dir noch sagen, dass ich persönlich letztlich immer an solchen Auseinandersetzungen reife, selbst wenn sie in mir kurzfristig unangenehme Emotionen hervorrufen sollten und ich dann frustriert, enttäuscht, oder sonstwas bin. Dementsprechend bin ich Dir dankbar, dass Du Dich mit mir auseinandergesetzt und mir Deine Zeit geschenkt hast.

Ich hoffe zwischen uns ist jetzt nicht ein Bruch entstanden, der uns in zukünftigen Auseinandersetzungen dazu veranlassen könnte "dreckige Wäsche" waschen zu wollen. Du sollst deshalb wissen, dass ich dergleichen nicht vorhabe und weiterhin gerne an Deiner Lebens- und Glaubensweisheit partizipieren möchte.

Ich gebe Dir Recht, Weisheit braucht nicht viele Worte. Vielleicht braucht sie sogar immer dann gar keine Worte, wenn sie sich viel besser auch im Schweigen ausdrücken kann.

Das ist vielleicht etwas, was ich von Dir noch lernen kann. Man sagt, man könne nicht nicht kommunizieren und ich glaube das stimmt auch.

Lassen wir das also und schweigen wir an dieser Stelle. Damit ist eigentlich auch alles gesagt...

LG
Provisorium

Provisorium
24.03.2013, 19:01
Ups, Du lässt es ja doch nicht. Ist mir doch glatt durch die Lappen gegangen...


Es wurde gesagt: WENN Philosophie keinen Widerspruch duldet, dann…..
Du unterschlägst das Wort: WENN…. naja, und du hast hier wenig Widerspruch geduldet….Ich glaube Du hast schon ganz konkret meine Philosophie gemeint, die Du rechthaberisch und verbissen fandest. Jedenfalls fühlte ich mich angesprochen. Aber wenn Du das tatsächlich nur ganz allgemein und mir sozusagen nur nebenbei sagen wolltest, dann entschuldige bitte, dass ich es persönlich genommen habe.


Es wurde auch nicht gesagt, dass Philosophie unredlich sei, sondern ich schrieb, dass Philosophie nichts mit Redlichkeit zu tun hat. Redlich kann ein Mensch in seinem Handeln sein. Redlichkeit ist nicht das Ziel oder die Absicht der Philosophie, sondern die Liebe zur Sofia, die Liebe zur selbsterzeugten „Weisheit“ um es mal etwas spitz zu sagen, den selbst gedachten „Gott“, denn was ist schon Weisheit? Aber das wäre wiederum ein anderes Thema.Das kann man aber auch anders sehen. Philosophie als Geisteswissenschaft verstanden fällt schon unter die Kategorie Wissenschaftliche Redlichkeit und was Wikipedia dazu sagt, hatte ich ja zitiert.


Es gibt eben nicht nur eine „gedachten“ Gott, sondern auch Gott JHWH, der sich offenbarte.Diese Auseinandersetzung hatte ich an anderer Stelle bereits mit Zeuge geführt und ich weiß deshalb wohin sie führt, wenn die eine Seite an einen positiv offenbarten Gott glaubt und die andere Seite nicht. Deshalb schweige ich jetzt lieber wirklich.

LG
Provisorium

Provisorium
24.03.2013, 19:12
Vielleicht nimmt er dich sehr ernst, Alef, und macht deshalb "5 Sätze aus einem Kommentar"....?

Nur als Denkanstoß.Danke für Deinen Denkanstoß Jamie. Mir ist leider nicht die Gabe gegeben mich kurz fassen zu können. Ich bin vielleicht auch ein komplizierter Mensch. Aber Du hast Recht, ich nehme nicht nur Alef, sondern auch alle anderen hier und allgemein die Diskussionsthemen sehr ernst. Vielleicht zu ernst? Ich weiß es nicht.

Aber Du kennst das ja glaube ich auch, dass man, wenn man hier schreibt und sich mitteilt, immer ein klein wenig in Sorge ist, man könnte nerven, oder jemandem zu nahe treten. Das versuche ich zu verhindern, indem ich versuche mich ausgewogen und reflektiert zu äußern. Und irgendwie entstehen da dann ganz schnell, ganz viele Worte und Sätze und plötzlich hat man dann die Sorge, dass man gerade aufgrund dieser vielen Worte und Sätze nerven und zu nahe treten könnte... Wie man es macht, macht man es verkehrt - ein Teufelskreis...

LG
Provisorium

Effi
24.03.2013, 19:32
Danke für Deinen Denkanstoß Jamie. Mir ist leider nicht die Gabe gegeben mich kurz fassen zu können. Ich bin vielleicht auch ein komplizierter Mensch. Aber Du hast Recht, ich nehme nicht nur Alef, sondern auch alle anderen hier und allgemein die Diskussionsthemen sehr ernst. Vielleicht zu ernst? Ich weiß es nicht.

Aber Du kennst das ja glaube ich auch, dass man, wenn man hier schreibt und sich mitteilt, immer ein klein wenig in Sorge ist, man könnte nerven, oder jemandem zu nahe treten. Das versuche ich zu verhindern, indem ich versuche mich ausgewogen und reflektiert zu äußern. Und irgendwie entstehen da dann ganz schnell, ganz viele Worte und Sätze und plötzlich hat man dann die Sorge, dass man gerade aufgrund dieser vielen Worte und Sätze nerven und zu nahe treten könnte... Wie man es macht, macht man es verkehrt - ein Teufelskreis...

LG
Provisorium

Provisorium,

ich mag deine Beiträge sehr, auch wenn sie lang sind ;), sie sind nur deshalb lang, weil du versuchst präzise zu erklären, aufzuzeigen. Für mich lösten sich dadurch einige Missverständnisse.

Manches bezogst du mir allerdings zu sehr auf dich als Person. Du fühltest dich teilweise ziemlich persönlich angegriffen, obwohl ich da keinen persönlichen Angriff sah. Ich hatte zuvor noch kaum etwas von Meister Eckhart gehört und es fiel mir sehr schwer seine Sprache und Ausdrucksweise in unsere heutige Denkweise zu übersetzen. Meine Reaktionen waren sehr authentisch, ich konnte zu den jeweiligen Zeitpunkten nicht anders reagieren. Erst durch deine Interpretationen und Übersetzungen konnte ich verstehen, um was es dir geht. In mancherlei Hinsicht kann ich dich gut versehen. So auch bezügl. deines Einsatzes für die Gleichwertigkeit aller Glaubenswege. Das ist ein besonderer Traum, den ich gerne mitträumen möchte, weil er real umgesetzt riesige und schreckliche Konfliktpotentiale reduzieren oder gar aus der Welt schaffen könnte.

Beste Grüße,
Effi

Provisorium
24.03.2013, 23:49
ich mag deine Beiträge sehr, auch wenn sie lang sind ;), sie sind nur deshalb lang, weil du versuchst präzise zu erklären, aufzuzeigen. Für mich lösten sich dadurch einige Missverständnisse.Das tut sehr gut, dass Du mir sagst, dass Du das so erlebst!


Manches bezogst du mir allerdings zu sehr auf dich als Person. Du fühltest dich teilweise ziemlich persönlich angegriffen, obwohl ich da keinen persönlichen Angriff sah.Zuvorderst fühlte ich mich deshalb angegriffen, weil ich mich mit diesem Ideologen- und Missionierungsvorwurf konfrontiert sah und dies in meiner Vorstellung zwei sehr negativ besetzte Begriffe ist. Ich war allerdings sehr überrascht, dass z.B. in Wikipedia zumindest der Begriff Ideologie eigentlich recht neutral dargestellt wird: http://de.wikipedia.org/wiki/Ideologie.

Aber ich persönlich verstehe unter einer Ideologie eigentlich eher etwas, was sich als System anderen Menschen aufdrängen möchte, Vielfalt verhindern will und zur Gleichschalterei neigt. Und Missionierung tritt ja geradezu mit der Überzeugung auf, man müsse die eigenen Glaubensvorstellungen auf andere Menschen übertragen, weil diese sonst verloren gingen. Und das ist das genaue Gegenteil von dem, was ich hier zu vermitteln versuchte.

Wahrscheinlich habe ich das dann tatsächlich zu persönlich genommen! Aber das hat mich wirklich getroffen.


Ich hatte zuvor noch kaum etwas von Meister Eckhart gehört und es fiel mir sehr schwer seine Sprache und Ausdrucksweise in unsere heutige Denkweise zu übersetzen.Ich glaube das ist es auch, was ich völlig falsch eingeschätzt hatte und letztlich ein Stückweit die Probleme provoziert hat. Eckharts Armutspredigt spricht ja tatsächlich von unverdeckter Wahrheit und Wahrheit, die unvermittelt aus dem Herzen Gottes kommt. Sich diese beiden Begrifflichkeiten vor Augen führend, ist es wahrlich kein Wunder dahinter eine Ideologie zu vermuten.

Aber Eckhart spricht allein deshalb von unverdeckter und unvermittelter Wahrheit, weil er in seiner Predigt versucht einen Erkenntnisprozess zu beschreiben, den er in anderen Predigten auch als "erkenntnisloses Erkennen", oder als "Sohnerkenntnis" bezeichnet. Damit wird letztlich eine Wahrheit angesprochen, die sich unserer menschlichen Erkenntnisfähigkeit völlig entzieht und also weder willentlich erreicht, noch verbindlich in Begrifflichkeiten ausgedrückt werden könnte.

Es ist also keine Wahrheit gemeint der man folgen müsse, noch folgen könne, sondern die göttliche Wahrheit, die sich dem menschlichen Erkennen entzieht und sich in der Einheit mit Gott vollzieht. Und da ausnahmslos alle Menschen nach Eckhart ja in dieser Einheit sind, muss man sich eben auch keine Sorgen machen, wenn man seine Rede nicht verstehen sollte.

Ich hatte von diesem besonderen Erkenntnisprozess in diesem Thread weiter vorne zwar schon einmal gesprochen, aber eigentlich war das damals mehr ein Dialog zwischen Padma und mir. Deshalb sollte ich die Philosophie Eckharts besser nicht immer so in den Mittelpunkt stellen. Ich kann verstehen, wenn sie bei erster Betrachtung auf viele Widerstände stößt und völlig abgehoben, oder gar anmaßend wirkt.

Aussagen wie "das Gott Gott ist, dafür bin ich der Ursprung und wäre ich nicht, dann wäre Gott nicht", klingen völlig durchgeknallt. Erst wenn man dann erfährt, dass Eckhart hier von dem gedachten Gott menschlicher Vorstellung spricht und nicht tatsächlich von Gott, wird deutlich, was er eigentlich damit meint.

Das sind sehr viele Voraussetzungen und es war völlig naiv und dumm von mir anzunehmen, dass Du aufgrund dieser Predigt verstehen könntest, was ich unter geistlicher Armut verstehe, was ja Deine ursprüngliche Frage an mich gewesen war. Tut mir leid, dass ich das nicht bedacht hatte. Ich hätte eher die Auslegung der Predigt in den Mittelpunkt stellen sollen und nicht so sehr die Predigt selbst. Ich glaube dann wäre vieles gleich deutlicher geworden. Aber so muss Dich die Predigt wohl erst einmal regelrecht geschockt haben und zur Auslegung hattest Du dann vielleicht auch gar keine Nerven mehr.


Meine Reaktionen waren sehr authentisch, ich konnte zu den jeweiligen Zeitpunkten nicht anders reagieren. Erst durch deine Interpretationen und Übersetzungen konnte ich verstehen, um was es dir geht.Das stimmt. Da kann man nicht anders reagieren. Das ist mir jetzt auch klar geworden.


In mancherlei Hinsicht kann ich dich gut versehen. So auch bezügl. deines Einsatzes für die Gleichwertigkeit aller Glaubenswege. Das ist ein besonderer Traum, den ich gerne mitträumen möchte, weil er real umgesetzt riesige und schreckliche Konfliktpotentiale reduzieren oder gar aus der Welt schaffen könnte.Der Glaube an Gott sollte Teil der Lösung menschlicher Probleme sein und nicht Teil des Problems. Verstehst Du was ich meine? Glaube ist für mich etwas ganz wunderbares, wertvolles und schönes. Es ist schlimm, dass aber viele Menschen verständlicher Weise damit nur Krieg, Leid, Machtmissbrauch und Märchen verbinden können.

LG
Provisorium

anonym002
25.03.2013, 20:14
Gott JHWH, der sich offenbarte….


Darauf baut nicht nur das Judentum, sondern eigentlich auch das Christentum. Beide haben einen einfühlsamen und liebenden, gnädigen und barmherzigen Gott, der sich offenbarte. Eigentlich auch der Islam.

Es ist nicht ein „philosophischer“ Gott, welcher mit „modernen“ und doch ach so alten Gedanken einfach über verschieden Religionen als unbekannten und unfassbaren „Einheitsgott“ rübergestülpt werden kann und darf, auf dass es keine Religionskriege mehr gibt. Es ist unvereinbar mit solchem Gottesglauben. Differenzen wurden inzwischen genügend aufgezeigt.
Tendiert das Christentum vollends in solche Lehre, ist es überflüssig, und würde eigentlich die chr. Lehre verleugnen. Die Philosophie gibt die „allgemeingültige“ Lehre über Gott vor, und nicht mehr der lebendige Gott.
Das Judentum würde vollends seinen Gott JHWH verleugnen und fremden Lehren anhängen.


„Emunah“ (hebr.), Glauben im jüdischen heisst nicht einfach etwas vermuten, was schön zu glauben sei, sondern „Wissen“ um diesen lebendigen Gott, und das Handeln daraus. Nein, nicht dass Gott damit fassbar oder gar beweisbar wäre, sondern es ist ein Wissen um all der Gnade und Barmherzigkeit, aber auch der Not wegen Ungehorsam, der Fürsorge und Zuwendung, wie ER mit Israel durch die Geschichte hindurch handelte.


Wohin entwickelt sich das Christentum? Das ist doch das eigentliche Thema hier. Soll Meister Eckarts Philosophie die Lösung vorgeben, eine unter vielen? Auch wenn gewisse Aussagen zum Nachdenken anregen, aber so aus jüdischer Sicht ist sie im Ganzen nicht zu vereinen, auch wenn gewisses im hellenistischen Judentum sich schon verbreitetet hatte. Solche Lehre zum absoluten Massstab zu machen bedeutet, dass man das Judentum auch des geistigen Eigentums berauben würde….. Spätestens hier hört jegliche Redlichkeit solcher Ideologie und Philosophie auf, denn es übt Zwang aus, WIE etwas zu denken sei.

Und auch aus „christlicher“ Sicht dürfte solches (hoffentlich) kaum Fuss fassen, da ansonsten so manche Glaubenslehre abgeschrieben werden müsste.


Weiter würde ich mal einfach so behaupten, des Friedens wäre auch mit einer „Weltreligion“ nicht mehr. Und deshalb gibt es nur das eine, was die Menschheit lernen müsste: Toleranz in der Verschiedenheit.


Über 200 Beiträge, wo es meist nicht um das Christentum geht, wohin es sich entwickelt.

Nun kann man meinen Beitrag wieder zerstückeln, auseinander reissen und und und und...

Effi
25.03.2013, 21:52
Die Philosophie gibt die „allgemeingültige“ Lehre über Gott vor, und nicht mehr der lebendige Gott.
Das Judentum würde vollends seinen Gott JHWH verleugnen und fremden Lehren anhängen.

Nee, eben gerade nicht. Es geht nicht um eine allgemeingültige Lehre über Gott, sondern darum, dass es eben dies gar nicht geben kann. Es geht um die Gleichwertigkeit unterschiedlicher Glaubensweisen und Wege. Gemeinsam haben sie alle die Einheit in Gott, welche die Toleranz für unterschiedliche Glaubenswege begünstigen könnte.


Weiter würde ich mal einfach so behaupten, des Friedens wäre auch mit einer „Weltreligion“ nicht mehr. Und deshalb gibt es nur das eine, was die Menschheit lernen müsste: Toleranz in der Verschiedenheit.

Es geht nicht darum eine Weltreligion auszurufen, sondern eher darum eine oder gar *die* bedeutsame Glaubensgemeinsamkeit zu finden, die insofern vereinte, dass Toleranz für Verschiedenheit selbstverständlicher gelebt werden würde.

Effi
25.03.2013, 23:03
Das tut sehr gut, dass Du mir sagst, dass Du das so erlebst!

Ja, die ganze Zeit über, hab es dir auch zwischendurch mal signalisiert, dass sich dein Abmühen mit Erklärungen für mich gelohnt habe, weil ich zunehmend besser verstand, um was es dir geht.


Zuvorderst fühlte ich mich deshalb angegriffen, weil ich mich mit diesem Ideologen- und Missionierungsvorwurf konfrontiert sah und dies in meiner Vorstellung zwei sehr negativ besetzte Begriffe ist. Ich war allerdings sehr überrascht, dass z.B. in Wikipedia zumindest der Begriff Ideologie eigentlich recht neutral dargestellt wird: http://de.wikipedia.org/wiki/Ideologie.

Mit sicherheit lag darin eines der Missverständnisse. Ich schrieb ja schon, dass ich Ideologie zunächst als Anschauung betrachte, die erst durch abwägende Bewertung an Neutralität verliert.


Aber ich persönlich verstehe unter einer Ideologie eigentlich eher etwas, was sich als System anderen Menschen aufdrängen möchte, Vielfalt verhindern will und zur Gleichschalterei neigt. Und Missionierung tritt ja geradezu mit der Überzeugung auf, man müsse die eigenen Glaubensvorstellungen auf andere Menschen übertragen, weil diese sonst verloren gingen. Und das ist das genaue Gegenteil von dem, was ich hier zu vermitteln versuchte.

Ok, verstehe. Ich sah dich nicht als Missionar, nein. Ich meine deine zuvor erläuterten Intentionen verstanden zu haben, aber bekam diese mit dieser Predigt dann nicht mehr zusammen. Durch diese Predigt war ich irritiert und ich war mir nicht sicher, ob hinter Meister Eckharts Gedanken nicht doch eine Ideologie mit Wahrheits- und evtl- Absolutheitsanspruch stünde. Die verschwurbelte Sprache ließ mich an Worten hängenbleiben, die Alarm bei mir schlugen... unverdeckte Wahrheit ... du hast es ja schon selbst sehr gut erkannt ... ;-).


Wahrscheinlich habe ich das dann tatsächlich zu persönlich genommen! Aber das hat mich wirklich getroffen.
Sorry nochmals, tut mir immer noch sehr leid!


Ich glaube das ist es auch, was ich völlig falsch eingeschätzt hatte und letztlich ein Stückweit die Probleme provoziert hat. Eckharts Armutspredigt spricht ja tatsächlich von unverdeckter Wahrheit und Wahrheit, die unvermittelt aus dem Herzen Gottes kommt. Sich diese beiden Begrifflichkeiten vor Augen führend, ist es wahrlich kein Wunder dahinter eine Ideologie zu vermuten.

Siehe oben ;-). Ja, hast du gut reflektiert und erkannt.


Deshalb sollte ich die Philosophie Eckharts besser nicht immer so in den Mittelpunkt stellen. Ich kann verstehen, wenn sie bei erster Betrachtung auf viele Widerstände stößt und völlig abgehoben, oder gar anmaßend wirkt.

In deinen Worten erklärt wirkte Eckharts Philosophie recht gut verständlich, aber die Predigt wirkte zunächst tatsächlich abgehoben auf mich.


Aussagen wie "das Gott Gott ist, dafür bin ich der Ursprung und wäre ich nicht, dann wäre Gott nicht", klingen völlig durchgeknallt. Erst wenn man dann erfährt, dass Eckhart hier von dem gedachten Gott menschlicher Vorstellung spricht und nicht tatsächlich von Gott, wird deutlich, was er eigentlich damit meint.
Diese seine Aussage finde ich gar nicht so durchgeknallt, insofern meine Interpretation in die richtige Richtung geht...
Wir können uns Gott nur denken oder vorstellen, weil wir die Fähigkeit zur Vorstellung besitzen. Könnten wir nicht denken / wahrnehmen wie wir denken / wahrnehmen können, gäbe es Gott nicht für uns, weil wir nicht über ihn nachdenken könnten.

Folgende Aussage Eckharts finde ich auch interessant zum drüber nachdenken:
Was nutzt es mir, wenn Gott früher einmal in Bethlehem Mensch geworden ist, wenn er nicht in mir geboren wird? Wird er in mir geboren, dann ist dies die wahre Erlösung. Die Gottesgeburt und die Erlösung, die Eckhart philosophisch beweisen will, fand nicht im Stall von Bethlehem oder am Kreuz am Stadtrand von Jerusalem statt, sondern in der Seele des jetzt lebenden Menschen.


Das sind sehr viele Voraussetzungen und es war völlig naiv und dumm von mir anzunehmen, dass Du aufgrund dieser Predigt verstehen könntest, was ich unter geistlicher Armut verstehe, was ja Deine ursprüngliche Frage an mich gewesen war. Tut mir leid, dass ich das nicht bedacht hatte. Ich hätte eher die Auslegung der Predigt in den Mittelpunkt stellen sollen und nicht so sehr die Predigt selbst. Ich glaube dann wäre vieles gleich deutlicher geworden. Aber so muss Dich die Predigt wohl erst einmal regelrecht geschockt haben und zur Auslegung hattest Du dann vielleicht auch gar keine Nerven mehr.

Ich überflog nach der Predigt die Auslegung nur flüchtig, löcherte dann dich, anstatt mir die Auslegung durchzulesen. Sorry, damit strapazierte ich dich.


Der Glaube an Gott sollte Teil der Lösung menschlicher Probleme sein und nicht Teil des Problems. Verstehst Du was ich meine?

Ja, ich verstehe. Wenn Glaube zu sehr selbst zum Problem würde, dann wäre er mit Unterstützung bei Problembewältigung im Lebensalltag überfordert.


Glaube ist für mich etwas ganz wunderbares, wertvolles und schönes.
Das merkt man dir an :-).

Provisorium
25.03.2013, 23:54
Nun kann man meinen Beitrag wieder zerstückeln, auseinander reissen und und und und...Nichts dergleichen habe ich vor, nichts dergleichen habe ich je mit einem Deiner vorherigen Beiträgen getan und deshalb werde ich auch jetzt nicht sowas tun.

Ganz offensichtlich bist Du jetzt sehr über mich verärgert, was mir neben diesem Post hier von Dir, auch Dein letzter Eintrag in der Shoutbox verdeutlicht.

Was Du also von meinen Beiträgen in diesem Thread und wahrscheinlich auch von meinem Glauben im allgemeinen hältst, ist mir mittlerweile dann schon recht deutlich geworden.

Ich respektiere und toleriere Deine Ansichten völlig, finde es aber gleichzeitig sehr schade, dass Du offensichtlich und wenn ich Dich richtig verstanden habe, meinen Glauben in Opposition, bzw. Gegnerschaft zum jüdischen Glauben verortest und in ihm eine Lehre siehst, die sich zum absoluten Massstab erheben und das Judentum ihres geistigen Eigentums berauben möchte.

Ich möchte Dir hiermit versichern, dass dies nicht der Fall ist und der Grundüberzeugung meines Glaubens völlig widerspricht. Das heißt, weder der philosophische Teil meines Glaubens, noch mein spiritueller Weg sehen sich als absoluten Massstab, oder in Konkurrenz zu anderen Glaubenswegen und -überzeugungen.

Auch das Errichten einer "Weltreligion", oder das Vorgeben bestimmter philosophischer Lösungen ist mit meinem Glauben unvereinbar, denn es ist ja gerade die Grundüberzeugung meiner philosophischen Betrachtung, dass der Mensch nicht aufgrund eines bestimmten Glaubens, oder als Anhänger einer bestimmten Religion mit Gott in Verbindung kommt, sondern es immer schon substantiell ist und deshalb auf ganz eigenen Wegen und seinem individuellen Wesen entsprechend die Beziehung zu Gott leben und gestalten darf.

Das Überstülpen ganz bestimmter philosophischer, oder religiöser Vorstellungen, um Menschen zu einem ganz bestimmten Bekenntnis zu bewegen, würde meiner Glaubensüberzeugung, dass Gott im Innersten jeder menschlichen Seele "verborgen" ist, völlig zuwider laufen. Denn Übergestülptes, das nicht wesenhafter "Bestandteil" der menschlichen Seele ist, ist meiner Meinung nach eben nur geschaffen, gedacht, vorgestellt und verstellt deshalb eventuell sogar eher den Blick auf Gott, als das es ihn erhellt.

Gott schaut meiner Überzeugung nach das Herz des Menschen an und achtet nicht auf die Religion, philosophische Überzeugung, theologische Sichtweise oder ähnliches. Wir Menschen brauchen natürlich unsere Vorstellungen, Sichtweisen und eventuell auch eine bestimmte Religion. Aber diese Dinge sind für uns gemacht, damit sie uns in unserem Leben z.B. helfend zur Seite stehen. Sie dienen aber nicht dazu, Gott für sich zu gewinnen oder einzunehmen. Daran glaube ich und deshalb halte ich es gar nicht für nötig, Menschen etwas überstülpen zu wollen, oder gar zu müssen.

Es tut mir leid, Alef, falls ich Deine "jüdische Seele" gekränkt haben sollte. Ich habe das nicht bewusst getan und mein Glaube, oder auch meine philosophische Betrachtung, dienen nicht der Bewertung, oder gar Abwertung anderer religiösen Vorstellungen und Betrachtungsweisen, sondern sie dienen allein mir zur Annäherung an einen Gott, der jenseits jeder geschaffenen Vorstellung und Religiösität, ungeschaffen und zeitüberlegen, unser aller Gott ist.

Ich möchte deshalb zum Abschluss noch einmal betonen, dass ich bei all meinen Ausführungen lediglich meine persönlichen Vorstellungen zum Ausdruck gebracht habe und nicht den Anspruch erhebe die Wahrheit zu vertreten. Ich bin mir völlig darüber bewusst, dass auch meine Vorstellungen nur Vorstellungen sind und ich mich mit allem was ich sage, auch irren könnte. Jeder Leser möge deshalb bitte seinem Herzen, seinem Wesen folgen und sich nicht an mir, bzw. dem was ich hier sage orientieren, wenn er darin nichts Wesentliches für sich entdecken kann.

LG
Provisorium

Jamie
26.03.2013, 13:16
*seufz* - und wieder kommt meine Naivität ins Rennen: Es ist doch so einfach, zu glauben......
Viel einfacher, als sich gegenseitig immer und immer wieder zu zerfleischen.

Gottes Wort: "Denn unser Wissen ist Stückwerk, und unser Weissagen ist Stückwerk" (1.Kor 13,9)

Effi
26.03.2013, 13:40
*seufz* - und wieder kommt meine Naivität ins Rennen: Es ist doch so einfach, zu glauben......
Viel einfacher, als sich gegenseitig immer und immer wieder zu zerfleischen.

Gottes Wort: "Denn unser Wissen ist Stückwerk, und unser Weissagen ist Stückwerk" (1.Kor 13,9)

Liebe Jamie,

ich empfinde das gar nicht so. Kommunikation lebt vom interaktiven Austausch. Für mich hat Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Haltungen gar nichts mit zerfleischen zu tun, nein, Auseinandersetzungen gehören für mich zur stetigen Weiterentwicklung dazu.

LG, Effi

Provisorium
26.03.2013, 19:10
Hallo liebe Effi,

ich danke Dir sehr herzlich für Deine Offenheit, Dein Verständnis und Deine sehr aufmunternden Worte!

Ich möchte auch sehr gerne auf Deine Bemerkungen bzgl. der Gottesgeburt eingehen, wenn Du das möchtest, aber vielleicht sollten wir das besser im Rahmen eines anderen Threads, oder auch gerne per PN (ich schalte das wieder frei) tun, denn Alef hat ja völlig Recht und dieser Thread ist insofern völlig aus dem Ruder gelaufen, dass es hier tatsächlich so gar nicht mehr um das eigentliche Thema geht.

Ich möchte mit Eckharts Philosophie auch nicht zum Ärgernis werden und wollte ihn auch wirklich nicht zum Mittelpunkt eines Threads machen, der ursprünglich tatsächlich ganz anders von mir gedacht war. Leider habe ich mich dann aber doch nicht zurücknehmen können und glaube damit luxdei, Snoopy und Alef zu Nahe getreten zu sein. Das tut mir aufrichtig leid und deshalb möchte ich an dieser Stelle sozusagen gerne die "Notbremse" ziehen und diesen Thread nicht länger mit Eckhartscher Philosophie belasten.

Vielleicht gibt es ja trotzdem noch Interesse etwas zum eigentlichen Thema sagen zu wollen?

Nochmal Danke für Dein Verständnis!

LG
Provisorium

Provisorium
26.03.2013, 19:43
@Alef,

ich wollte Dir noch sagen, dass der Reichtum und die Schönheit des jüdischen Glaubens, respektive des Judentums an sich, unermesslich wertvoll für die Menschheit im Allgemeinen und auch für mich als einzelner Mensch im Speziellen ist. Ich kann mich diesem Reichtum aber nur aus meinem sehr eingeschränkten und subjektiven Blickwinkel heraus nähern und es tut mir sehr leid, wenn Du dadurch den Eindruck gewonnen haben solltest, dass ich mich fremdem geistigen Eigentums bedienen wollte.

Tatsächlich ist aber der Reichtum so groß, dass man sich als gläubiger Mensch mit monotheistischer Sichtweise gar nicht mehr über seinen Glauben unterhalten könnte, ohne nicht in irgendeiner Form an diesem Reichtum partizipieren zu müssen.

Niemals käme es mir aber in den Sinn die jüdische Lehre antasten und definieren zu wollen. Dazu habe ich kein Recht und bin dessen auch sozusagen gar nicht würdig.

Deshalb bitte ich Dich aufrichtig um Verzeihung, dass ich Dir mit meinen Worten den Eindruck vermittelt habe, den jüdischen Glauben oder Deinen Glaubensweg verändert sehen zu wollen. Das wollte und will ich nicht!

LG
Provisorium

anonym002
26.03.2013, 19:57
Nein, Provisorium, ich bin nicht über dich verärgert. Der Spruch in der Shoutbox hat doch mit dem hier nun wirklich nichts zu tun.
Vielleicht hat hier und dort ein unsachgemässes Wort die „Fronten“ verhärtet, aber deswegen binich nicht verärgert. Es ist auch so, dass erst mit der Zeit etwas klarer wird, um die Unterschiede wirklich zu erfassen.

Ich habe einfach mal etwas länger über das Thema nachgedacht und auch über die Tragweite, die eine solche „Glaubensvorstellung“ (und ich sage jetzt mal bewusst nicht Gottesbild) als Lösung des Menschenproblems oder der Christenheit bedeuten würde.

Nein, mit dem jüdischen Glauben wäre solche Ideologie nicht vereinbar. Verschiedenes wurde ja schon angesprochen. Warum will solche Lehre andere Glaubensvorstellung in die eigene Philosophie zwängen? Es geht nun mal nicht, und es darf auch nicht sein.


Effi, die einzig bedeutsame Glaubensgemeinsamkeit mag das Wort „Gott“ sein. Danach klafft vieles schnell auseinander. Jetzt kann man überlegen, ob Jesus = JHWH = Allah = Gott sein soll, oder gar noch Buddha usw dazu. Und schon ist die schönste Glaubensgemeinsamkeit vorbei. Und so wie Provisorium meine Gegenargrumente als nicht richtig darstellte, so ist schon die Absicht einer Allgemeingültigkeit in der lieben Sofia. Nur, mit Jesus und seiner Lehre hat das wenig bis nichts zu tun.


Können Glaubenswege und Glaubensweisen wirklich „gleichwertig“ sein? Wenn ich einen Stein zu meinen Gott mache? Ich würde dies mal eher verneinen, da dann der Jihad und anderes gutgeheissen werden müsste (was insbesondere ja westliche Länder auch teilweise machen). Ja, ich weiss, es ist ein extremes Beispiel, und das Thema war auch schon hier. Aber nur mit dem Extremen, mit Worstcase lässt sich ein Szenario auf Tauglichkeit prüfen, denn da werden dann erst die WENN und ABER laut.


Provisorium, du meinst, dass Religion für den Menschen gemacht sei. Von wem ist sie „gemacht“?? Was für Vorstellungen braucht denn der Mensch? Sicher ja, es ist vieles Tradition, nur, worauf beruh t die Tradition? Welchen Inhalt hat sie?

Betrachten wir doch mal das Judentum. Es sind Gottesweisungen des sich offenbarendem Gott, die das Leben und das Denken bestimmen (was eigentlich auch für das Christentum so ist). „Herr JHWH lehre mich DEINE Pfade…usw..“. Es ist der Gott, der sich offenbarte und nicht schwieg und es nicht der Philosophie des Menschen überliess, wie er sich IHM nähern sollte, wie gerne auch der Mensch sich seinen Gott macht.
Ja, sicher ist es für den Menschen, damit er in Aufrichtigkeit mit dem Mitmenschen und mit dem Ewigen leben kann. Es hat einen Zweck, der das Herz bestimmt und formt und zum rechten Tun führen will. Es lässt sich nicht trennen, „Religion“ und Herz mit seinem Handeln. "Jüdisch" denkt es sich schon etwas anders, was mir auch erst in den letzten Jahren bewusst geworden ist.


Wie auch schon gesagt, darf aber jeder für alles so nehmen wie er will.

Provisorium
26.03.2013, 23:06
@Alef,

eigentlich habe ich tatsächlich nur noch das Bedürfnis jetzt mal Ruhe zu geben, weil ich auch das Gefühl habe, dass wir uns ansonsten im Kreis drehen und nicht wirklich weiter kommen.

Aber zu einer Aussage von Dir möchte ich trotzdem noch kurz was sagen, weil mir an diesem Punkt eben so klar zu Bewusstsein kommt, dass man meinen Standpunkt nicht richtig versteht.
Du meintest:


Können Glaubenswege und Glaubensweisen wirklich „gleichwertig“ sein? Wenn ich einen Stein zu meinen Gott mache? Ich würde dies mal eher verneinen, da dann der Jihad und anderes gutgeheissen werden müsste (was insbesondere ja westliche Länder auch teilweise machen). Ja, ich weiss, es ist ein extremes Beispiel, und das Thema war auch schon hier. Aber nur mit dem Extremen, mit Worstcase lässt sich ein Szenario auf Tauglichkeit prüfen, denn da werden dann erst die WENN und ABER laut.Ganz ohne Wenn und Aber, Alef, den Jihad muss man als Glaubensweg auf gar keinen Fall gut heißen.
Als ganz normaler Mensch habe ich natürlich auch ganz normale Vorstellungen und Meinungen zu den Dingen, die sich hier auf Erden vollziehen. Manches finde ich gut, manches schlecht und wiederum anderes lehne ich auch völlig ab und wende mich sogar dagegen.

Und wenn Menschen glauben ihre ganz bestimmte Vorstellung von Gott, oder irgendeine Form von Ideologie verbindlich machen zu wollen/müssen und es deshalb z.B. auch in Kauf nehmen einen anderen Menschen zu töten oder seiner Freiheit zu berauben, dann sage ich ohne Wenn und Aber das dies nicht richtig ist.

Tatsächlich argumentiere ich dann durchaus auch mit meiner Vorstellung von Glauben und lege z.B. dar, warum ich nicht glaube, dass man den Willen Gottes tun kann. Das habe ich in diesem Thread hier auch schon näher erklärt und deshalb will ich das jetzt gar nicht wiederholen.

Ein Jihadist wird aber sicher dagegen argumentieren und behaupten, dass gerade sein Verhalten gottgefällig und auch gottgewollt ist und so käme ich dann mit diesem gläubigen Menschen ins Gespräch und wir würden unsere Argumente austauschen.

Wahrscheinlich würden wir am Ende nicht wirklich eine gemeinsame Basis finden, aber das muss auch gar nicht so unbedingt sein. Aber immer würde ich einem anderen gläubigen Menschen sagen, dass ich allein aus meiner menschlichen Position heraus argumentiere und ich würde auch behaupten und versuchen darzulegen, dass man immer nur aus dieser Position heraus argumentieren kann.

Die Gleichwertigkeit unserer unterschiedlichen Glaubenswege liegt also nicht darin begründet, dass wir der gleichen Meinung sein müssen, sondern dass wir alle beide nicht dazu in Lage sind, die Position Gottes einzunehmen und deshalb auch nicht bestimmen, nicht wissen können, welchen Wert Gott dem jeweiligen Glauben und dem damit verbundenen Weg tatsächlich beimisst. Wir können über den Wert des Glaubens immer nur dann streiten, wenn wir Gott in einem ganz bestimmten Bild begreifen und ihn mit bestimmten Vorstellungen verknüpfen. Diese Bilder sind es, über die wir streiten. Und deshalb behauptet die negative Theologie ja auch unter anderem, dass man Gott nicht in einem ganz bestimmten Bild festhalten und ihn damit identifizieren kann, weil wir immer nur Aussagen über einen gedachten Gott machen können und nicht über einen wesenhaften.

Diesen gedachten Gott haben wir aber selbstverständlich alle, die über Gott nachdenken, über Heilige Schriften sinnieren, oder uns mit anderen Gläubigen austauschen. Das muss halt so sein, weil wir sonst nicht über Gott sprechen könnten. Aber ich persönlich glaube nicht an meinen gedachten Gott. Meine Gedanken, meine Philosophie ist nur Annäherung, Bewusstmachung, aber kein echtes Verstehen, kein echtes Erkennen.

Ich übe in meiner "spirituellen Praxis" Gott bildlos zu erkennen. Mein Glaubensweg ist nicht wollen, nicht wissen, nicht haben, die Gedanken sein zu lassen, das Leben sein zu lassen. Ich spüre meinem Wesen nach und da wo ich mich finde, da lass ich von mir ab. Ich übe Kapitulation, ich bestimme nicht was Gott will und was er nicht will. Ich will mich ganz lassen und gelassen sein. Ich glaube nicht, dass ich für Gott etwas tun muss, ich glaube nicht, dass man für Gott etwas tun kann. Ich tue für mich und andere Menschen, aber nicht für Gott. Ich glaube daran, dass ich mit Gott schon ganz eins bin, ich glaube nicht daran, dass ich noch etwas dafür tun muss, noch tun kann, um mit ihm eins zu werden.

Der Jihadist glaubt im Außen ein Gottesreich gründen zu müssen, ich glaube aber, dass das Reich Gottes nicht außen ist, noch errichtet werden könnte, sondern im Innersten jeder menschlichen Seele bereits substantiell errichtet ist. Nur Bilder und Vorstellungen bringen uns diesem Reich nicht näher, es schafft nur Unterschiede und Streit zwischen den Menschen.

Gleichwertig ist der Mensch in Gott und ich glaube daran, dass der Mensch immer schon in Gott ist. Nicht als Kreatur, sondern als substantielles Sein, im tiefsten innereren seines Wesens. Jeder wesenhafte Glaube ist deshalb eine Annäherung an Gott und darüber brauchen wir nicht streiten. Aber worin sich ein Glaube mitteilt, was er für Früchte trägt, was er neben seinem wesenhaften Sein noch so alles verbindlich macht, darüber darf ich aus meiner persönlichen Sicht und menschlichen Vorstellung heraus schon streiten, weil dies von meiner individuellen Perspektive aus völlig unterschiedlichen Wert haben kann. Und das ohne Wenn und Aber.


Provisorium, du meinst, dass Religion für den Menschen gemacht sei. Von wem ist sie „gemacht“?? Was für Vorstellungen braucht denn der Mensch? Sicher ja, es ist vieles Tradition, nur, worauf beruh t die Tradition? Welchen Inhalt hat sie?Dazu wirklich nur ganz kurz: Der Mensch hat die Religion gemacht und mit verschiedenen Inhalten gefüllt. Aus der Einheit heraus sind verschiedene Vorstellungen von Gott getreten und insofern auch unterschiedliche Religionen, die uns ursprünglich eigentlich nützlich sein sollten. Je mehr sie sich jedoch verfestigten und am Unterschied festhielten, desto gefährlicher wurden sie leider auch. Deshalb möchte ich persönlich gerne von diesen Vorstellungen lassen und zurück in die Einheit treten.

LG
Provisorium

anonym002
27.03.2013, 19:27
Lol, nur „kurz was sagen…..“ und wiederholst dich zum X-ten mal.

Eben deshalb, du urteilst andere Glaubensmuster nach deiner Sichtweise (ja, das ist nicht verboten, und ich spreche ja davon, da es aus eiern Philosophie kommt, die da so bahnbrechend sein soll), und ich sagte ja, dass ich etwas Extremes genommen habe und du kannst diesen Menschen nicht abstreiten, dass sie solches nicht aus voller Glaubensüberzeugung tun. Hätte auch Beschneidung oder sonst etwas erwähnen können usw…Du heissest gewisse Dinge aufgrund menschlicher Philosophie für gut oder schlecht.

Nein, Religion ist, wie ich es schon aufgrund des Judentums ausgeführt habe, nicht einfach von Menschen gemacht. Ich denke nicht, dass du solches auf einen solch tiefen Level bringen kannst. Im Jüdentum ist das nicht einfach so eine „Vorstellung“ von Gott. Ich denke, hier wertest du nicht nur das Judentum ab, sondern auch das Christentum.


So darf aber jeder dorthin treten, wohin er will.

Effi
27.03.2013, 20:54
Hallo liebe Effi,

ich danke Dir sehr herzlich für Deine Offenheit, Dein Verständnis und Deine sehr aufmunternden Worte!

Ich möchte auch sehr gerne auf Deine Bemerkungen bzgl. der Gottesgeburt eingehen, wenn Du das möchtest, aber vielleicht sollten wir das besser im Rahmen eines anderen Threads, oder auch gerne per PN (ich schalte das wieder frei) tun,...

Ja, können wir gerne tun. Egal wie, ob anderer Thread oder PN. Was ist wohl sinnvoller?

Provisorium
28.03.2013, 00:13
Lol, nur „kurz was sagen…..“ und wiederholst dich zum X-ten mal.Leider ist es immer dann notwendig sich wiederholen zu müssen, wenn man wiederholt merkt, dass man missverstanden wird. Das liegt in der Natur der Sache.


Eben deshalb, du urteilst andere Glaubensmuster nach deiner Sichtweise (ja, das ist nicht verboten, und ich spreche ja davon, da es aus eiern Philosophie kommt, die da so bahnbrechend sein soll), und ich sagte ja, dass ich etwas Extremes genommen habe und du kannst diesen Menschen nicht abstreiten, dass sie solches nicht aus voller Glaubensüberzeugung tun.Du hattest doch nach der Gleichwertigkeit unterschiedlicher Glaubenswege gefragt und ich hatte dargelegt, dass das, worin sich der individuelle Glaube ausdrückt (hier Mord und Totschlag), aus unserer menschlichen Sicht heraus natürlich nicht gleichwertig ist, wir aber gleichzeitig die Sicht Gottes dazu nicht beurteilten können.

Würden wir Menschen die Diskussion dahingehend versachlichen, dann müssten wir zugeben, dass wir den Glauben, die Beziehung, die Liebe, die Verbundenheit, die ein Mensch zu Gott empfindet oder hat, als gleichwertig zu jedem anderen gläubigen Menschen und dessen Glauben betrachten müssen, egal ob er Jude, Moslem, Christ, Hindu oder sonstwas ist.

Das tut man aber nicht, sondern häufig reicht schon das "Etikett Moslem" und der Gläubige bekommt den rechten Glauben abgesprochen. Aber woher will man denn wissen, ob Gott einen Menschen muslimischen Glaubens ablehnt? Warum soll dieser Glaube falsch und nicht gleichwertig des eigenen Glaubens sein? Das können wir doch gar nicht beurteilen, also müssen wir zunächst von der Gleichwertigkeit ausgehen.

Aber das aus diesem Glauben resultierende Verhalten (Jesus würde wahrscheinlich Früchte sagen), müssen wir natürlich beurteilen, denn damit sind wir ja schließlich auch konfrontiert. Also muss man sich damit auseinandersetzen. Und Auseinandersetzung ist immer auch ein Stückweit bewertend und beurteilend.

Das Urteil könnte dann aber nicht mehr lauten: "Du tust den Willen Gottes nicht", "Du bist ein Ungläubiger", "Du kommst in die Hölle", "Du glaubst falsch", "Du hängst einer Irrlehre an" oder ähnliches. Das sind alles Urteile, die nur aus der Perspektive Gottes heraus getroffen werden könnten und die können wir Menschen nicht einnehmen. Und nur wenn ein Glaubensausdruck geltendes staatliches, also menschengemachtes Recht verletzt, dann darf man auch verurteilen. Aber nicht im Namen Gottes, sondern höchstens im Namen des Volkes.

Wodurch kommt es denn zu Fanatismus in Religionen? Weil die Gläubigen meinen, sie müssten den Willen Gottes tun und gleichzeitig davon überzeugt sind, sie wüssten auch was der Wille Gottes ist. Und dann wollen diese Menschen auch häufig noch diesen Willen Gottes für andere Menschen verbindlich machen, oder achten Menschen, die das anders als sie sehen gering, wenn sie sie nicht sogar dafür bestraft oder vernichtet sehen wollen.

Wenn wir Menschen die Perspektive Gottes aber nicht einnehmen können, dann muss für uns der Glaube an sich, der Wert jedes Glaubens, gleich sein. Nur die aus dem Glauben resultierenden Werke jedes einzelnen Menschen sind beurteilbar. Aber das auch immer nur aus unserer menschlichen Perspektive heraus. Deshalb gibt es für mich keinen Grund mich gegen den Glauben anderer Menschen zu wenden, egal wie ihr Bekenntnis auch immer sein möge.

Ich hatte geschrieben:

Jeder wesenhafte Glaube ist deshalb eine Annäherung an Gott und darüber brauchen wir nicht streiten. Aber worin sich ein Glaube mitteilt, was er für Früchte trägt, was er neben seinem wesenhaften Sein noch so alles verbindlich macht, darüber darf ich aus meiner persönlichen Sicht und menschlichen Vorstellung heraus schon streiten, weil dies von meiner individuellen Perspektive aus völlig unterschiedlichen Wert haben kann.Glaube ist immer Annäherung an Gott. Der Mensch will mit und durch seinen Glauben eine Beziehung zu Gott, oder einer höheren/höchsten Instanz aufbauen und diese Beziehung soll und wird natürlich auch Einfluss auf sein Leben und seine Sichtweisen haben. Darin sind wir Menschen alle gleich. Wir müssen uns diesbezüglich als gleichwertig betrachten. Wir sind alle Suchende.


Und deshalb Hätte auch Beschneidung oder sonst etwas erwähnen können usw…Du heissest gewisse Dinge aufgrund menschlicher Philosophie für gut oder schlecht.Die Beschneidung ist Ausdruck Deines Glaubens und damit habe ich überhaupt kein Problem. Erst wenn Du die Beschneidung auch für mich verbindlich machen wolltest, damit ich eine Beziehung zu Gott haben kann, würde ich Dir aus meinem Glauben und meiner Philosophie heraus erklären, weshalb ich für mich eine Beschneidung ablehne.

Verbindlichmachung würde bedeuten, man könnte die Perspektive Gottes einnehmen und diese dann über andere Menschen drüberstülpen. Glaube ist aber immer nur Einladung und Hand ausstrecken. Glaube lässt sich nicht aufdrängen und bestimmen, weil er freiwillig und bewusst angenommen werden muss, um in das Wesen des Menschen eingehen zu können.


Nein, Religion ist, wie ich es schon aufgrund des Judentums ausgeführt habe, nicht einfach von Menschen gemacht. Ich denke nicht, dass du solches auf einen solch tiefen Level bringen kannst. Im Jüdentum ist das nicht einfach so eine „Vorstellung“ von Gott. Ich denke, hier wertest du nicht nur das Judentum ab, sondern auch das Christentum.Ich werte gar nix ab. Du hingegen wertest die Religion ab und den Menschen noch dazu, wenn Du behauptest, sie wäre auf einem tiefen Level angesiedelt, nur weil sie von Menschen gemacht, oder aus menschlichen Vorstellungen heraus entsprungen ist.

Religion entsteht dadurch, dass Menschen ihre Erfahrungen mit Gott, ihren Glauben beschreiben und ausdrücken. Und das tut man für gewöhnlich im Kontext der jeweiligen Kultur, oder bereits bestehender Glaubensvorstellungen, in die man eingebunden ist, während man seine Erfahrungen und Erlebnisse mit Gott macht.

Das haben Menschen zu allen Zeiten und auf allen Erdteilen getan. Und nur, weil auf dem jeweiligen Erdteil andere Traditionen und Gebräuche herrschten, hat sich Religion dann eben auch unterschiedlich zum Ausdruck gebracht und ist dann im Laufe der Zeit selbst Tradition und Brauch geworden. Deshalb gibt es ja auch innerhalb ein und derselben Religion immer auch unterschiedliche Strömungen.

LG
Provisorium

Provisorium
28.03.2013, 01:20
Was ist wohl sinnvoller?Ich glaube ich schreib' Dir lieber erst einmal privat. Dauert aber vielleicht noch bisschen. Ist nämlich ein ganz wundervolles Thema und ich mag es dann auch angemessen behandeln. Da muss ich also richtig ausgeschlafen sein und momentan bin ich etwas eingespannt ;-)

LG
Provisorium

Jamie
28.03.2013, 09:56
Liebe Jamie,

ich empfinde das gar nicht so. Kommunikation lebt vom interaktiven Austausch. Für mich hat Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Haltungen gar nichts mit zerfleischen zu tun, nein, Auseinandersetzungen gehören für mich zur stetigen Weiterentwicklung dazu.

LG, Effi



Sags ja - ich bin zu blöd dazu. Doch für mich persönlich empfinde ichs nach wie vor nach Lesen sovieler threads hier eher als Vorteil, denn ich kann einfach "glauben wie ein Kind".

Und das tue ich......

anonym002
28.03.2013, 19:01
Tja, Provisorium

Aus 1 mach 5, und trotzdem kommt es nicht weiter. Das ist halt so mit Philosophie, welche mit vielen Worten "überzeugen" will. Also irgendwie kommt da bei dir schon ein Missionseifer zum Vorschein. Da hatte Lux wohl doch irgendwie die rechte Vermutung…

Die Offenbarungen Gottes im AT sind nicht einfach „Erfahrungen des Menschen mit Gott“, wo der Mensch einfach etwas interpretiert, was er meint mit Gott zu erleben, ob du das wahrnehmen willst oder nicht.


So mache ich mal wieder aus 5 nur eines ;-)

Provisorium
28.03.2013, 22:06
Aus 1 mach 5, und trotzdem kommt es nicht weiter.Na ja, das liegt halt im Auge des Betrachters. Mich persönlich bringt das schon weiter.


Das ist halt so mit Philosophie, welche mit vielen Worten "überzeugen" will. Also irgendwie kommt da bei dir schon ein Missionseifer zum Vorschein. Da hatte Lux wohl doch irgendwie die rechte Vermutung…Konnte ja keiner ahnen, dass viele Worte machen als Missionseifer aufgefasst werden. Wenn ich nur an absaloms ausführliche, fundierte und ausgesprochen wertvolle Beiträge hier im Forum denke, dann werden lange Texte ja nicht immer so kritisch gesehen. Es kommt halt auf den Inhalt an und mein Inhalt der passt halt nicht jedem.


Die Offenbarungen Gottes im AT sind nicht einfach „Erfahrungen des Menschen mit Gott“, wo der Mensch einfach etwas interpretiert, was er meint mit Gott zu erleben, ob du das wahrnehmen willst oder nicht.Wie gesagt, ich halte Erfahrungen der Menschen mit Gott und das daraus Entstehende für etwas ganz Wunderbares und Lehrreiches. Ich setze mich damit sehr gerne auseinander und das nicht nur bzgl. Religionen, sondern eben auch hinsichtlich der Philosophie.

Aber es stimmt ja schon, die Lebensvollzüge in die wir Menschen eingebunden sind können sehr unterschiedlich sein und da ist es dann ja auch kein Wunder, dass das, was der Eine sieht und wahrnimmt, nicht unbedingt auch von dem Anderen (so) gesehen und wahrgenommen werden muss. Eigentlich finde ich das sogar sehr gut so. Das bewahrt vor "Betriebsblindheit". Und wir sind ja alle beim selben Arbeitgeber angestellt;-)


So mache ich mal wieder aus 5 nur eines ;-)Faszinierend.

LG
Provisorium

anonym002
29.03.2013, 09:21
....... Wenn ich nur an absaloms ausführliche, fundierte und ausgesprochen wertvolle Beiträge hier im Forum denke, dann werden lange Texte ja nicht immer so kritisch gesehen. Es kommt halt auf den Inhalt an und mein Inhalt der passt halt nicht jedem.
....



Absaloms Ausführungen haben immerhin meist einen wissenschaftlichen Hintergrund, der das Vergangene zum besseren Verständnis ein wenig Erleuchten soll, so dass eben jüdisches "jüdisch" betrachtet werden muss, damit es nicht falsch verstanden und dargelegt wird.

luxdei
29.03.2013, 10:25
Es kommt halt auf den Inhalt an und mein Inhalt der passt halt nicht jedem.

In Absaloms Wissenschaftlichkeit liegt nichts Missionarisches. Deine Posts kommen da anders rüber. Nicht der Inhalt, sondern die Art und Weise macht die Musik.

Effi
29.03.2013, 15:05
Ich glaube ich schreib' Dir lieber erst einmal privat. Dauert aber vielleicht noch bisschen. Ist nämlich ein ganz wundervolles Thema und ich mag es dann auch angemessen behandeln. Da muss ich also richtig ausgeschlafen sein und momentan bin ich etwas eingespannt ;-)

LG
Provisorium

Kein Problem, lass dir die Zeit, die du brauchst. Ich wünsche dir gute nächste Tage und wohltuende Entspannung,
Effi

Provisorium
29.03.2013, 16:11
Absaloms Ausführungen haben immerhin meist einen wissenschaftlichen Hintergrund, der das Vergangene zum besseren Verständnis ein wenig Erleuchten soll, so dass eben jüdisches "jüdisch" betrachtet werden muss, damit es nicht falsch verstanden und dargelegt wird.

In Absaloms Wissenschaftlichkeit liegt nichts Missionarisches. Deine Posts kommen da anders rüber. Nicht der Inhalt, sondern die Art und Weise macht die Musik.Wenn ihr beide so große Fans der Wissenschaftlichkeit seit, dann verstehe ich nicht, wieso ihr meine Beiträge nicht unter diesem Aspekt betrachtet? Auch Theologie und Philosophie sind Wissenschaften und ich habe hier so einige Aspekte sowohl des Neuplatonismus, als auch der Theologie Meister Eckharts (negativen Theologie) nach derzeitigen Wissenschaftlichen Stand dargestellt.

Ich habe es nur in Dialogform und in Auseinandersetzung mit mir gestellten Fragen getan. Hätte ich die Theologie Meister Eckharts separat und abgeschlossen für sich vorgestellt, wären die Beiträge zumindest ähnlich gewesen und die Begrifflichkeiten an denen man sich dann hier gestoßen hat, wären sogar auf alle Fälle die gleichen gewesen. Das (transzendente) Eine ist ein wissenschaftlicher Begriff aus dem Neuplatonismus und als ich das Absolute definierte, tat ich dies in völliger Übereinstimmung mit philosophischen Kriterien. Ihr müsstet schon der Philosophie ihre Wissenschaftlichkeit absprechen, wenn ihr das abstreiten wolltet.

Am Ende lässt sich für mich deshalb auch die komplette Auseinandersetzung auf einen Dissens zwischen positiver und negativer Theologie herunterbrechen. Mehr war da nämlich nicht. Warum kann ich das erkennen und ihr offensichtlich nicht? Stattdessen wird die Art und Weise meiner Beiträge kritisiert und übersieht dabei völlig, dass sich die Art und Weise einzig aus den mir gestellten Fragen heraus ergeben hat. So ist das in Diskussionen!

Aber gut, Schwamm drüber. Mir ist schon überdeutlich klar geworden was genau hier das Problem ist und darauf will ich jetzt auch gar nicht herumreiten. Vielleicht sollte ich in Zukunft meine Sätze mit dem Hinweis auf Darstellung einer wissenschaftlichen These kennzeichnen, dann müssten sich ja solche Probleme recht zuverlässig verhindern lassen?

Frohe Ostern an alle Freunde der Wissenschaft!

Provisorium

anonym002
29.03.2013, 16:42
Was willst die Schein und Wirklichkeit gleichsetzen?

Philosophie ist eine so genannte „Geisteswissenschaft“, und sehr umstritten, in welches Fachgebiet man Philosophie einordnen soll, wie anders auch …. und hat mit wirklicher Wissenschaft wenig zu tun.

anonym002
29.03.2013, 16:52
Die Philosophie ist eine Art Rache an der Wirklichkeit.
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900), deutscher Philosoph, Essayist, Lyriker und Schriftsteller

Nicht dass ich etwas mit Nietzsche zu tun habe, aber was Philosophie ist, ist eben schon selbst eine Philosophie, denn was ist schon die Soafia?

luxdei
29.03.2013, 17:52
Mal abgesehen davon, dass Begriffe zwar der Wissenschaft entstammen, selbst jedoch nicht wissenschaftlich sein können, ist Philosophie sicherlich eine Wissenschaft, aber nicht jeder Verweis auf Wissenschaft, ist selbst wissenschaftlich.

Ein Dissenz zwischen positiver und negativer Theologie ... Vielleicht ... Aber wenn ich jetzt schreibe, dass ich nach wie vor den Eindruck habe, dass Du einer positiven Theologie im Deckmantel einer negativen anhängst ... Das würde den Dissenz nicht mindern, nicht wahr?


Vielleicht sollte ich in Zukunft meine Sätze mit dem Hinweis auf Darstellung einer wissenschaftlichen These kennzeichnen
Wenn die "wissenschaftliche These" denn auch wissenschaftlichen Ansprüchen standhält ...

Provisorium
29.03.2013, 17:55
Was willst die Schein und Wirklichkeit gleichsetzen?
Philosophie ist eine so genannte „Geisteswissenschaft“, und sehr umstritten, in welches Fachgebiet man Philosophie einordnen soll, wie anders auch …. und hat mit wirklicher Wissenschaft wenig zu tun.Woher kommt denn nur diese Geringachtung, ja fast schon Verbitterung, der Philosophie gegenüber? Natürlich ist sie Wissenschaft und die Anführungszeichen für den Begriff Geisteswissenschaft kannst Du auch weglassen, denn selbstverständlich ist Philosophie (und auch Theologie) eine Geisteswissenschaft. Und was soll denn dann "wirkliche Wissenschaft" sein? Naturwissenschaft?

Wie willst Du denn Naturwissenschaftlich z.B. die Phänomenologie des Geistes erforschen? Da kannst Du neuronale Zellverbände anschauen und Dich dann fragen, wie daraus ein Abbild der Wirklichkeit entstehen soll, über Gott lässt sich da nix erfahren und über ihn tauschen wir uns doch wohl hier aus, oder? Du erklärst einfach nur eine ganz bestimmte Form von Theologie und Philosophie für (absolut) gültig und den Rest wirfst Du über den Haufen. Denk' mal drüber nach, weshalb ich in diesem Thread immer wieder Redlichkeit anmahnte...!


Die Philosophie ist eine Art Rache an der Wirklichkeit.
Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900), deutscher Philosoph, Essayist, Lyriker und Schriftsteller

Nicht dass ich etwas mit Nietzsche zu tun habe, aber was Philosophie ist, ist eben schon selbst eine Philosophie, denn was ist schon die Soafia?Hier vergaloppierst Du Dich nun völlig, denn ich habe etwas mit Nietzsche zu tun und ihn jahrelang autodidaktisch studiert. Mal ganz abgesehen davon, dass Nietzsche zum Zeitpunkt dieses Auspruchs schon stark unter dem Einfluss einer syphilitischen Paralyse stand und deshalb schon leicht Jenseits von Gut und Böse war, zitierst Du auch noch falsch.

Er schrieb:

Wenn man einen Beweis dafür haben will, wie tief und gründlich die eigentlich barbarischen Bedürfnisse des Menschen auch noch in seiner Zähmung und »Civilisation« Befriedigung suchen, so sehe man die »Leitmotive« der ganzen Entwicklung der Philosophie an: – eine Art Rache an der Wirklichkeit, ein heimtückisches Zugrunderichten der Werthung, in der der Mensch lebt, eine unbefriedigte Seele, die die Zustände der Zähmung als Tortur empfindet und am krankhaften Aufdröseln aller Bande, die mit ihr verbinden, ihre Wollust hat.Er nennt die Leitmotive der Entwicklung der Philosophie eine Art Rache an der Wirklichkeit, nicht die Philosophie selbst. Er war ja selbst Philosoph und hat sein ganzes Leben lang versucht Moral zu definieren. Und genau darum geht es dann auch hier. Nietzsche macht in seiner Philosophie einen Unterschied zwischen Herrenmoral und Sklavenmoral und glaube mir bitte, Du willst gar nicht wissen, was genau er damit meinte und warum er diesen Unterschied macht!!!

Du willst mit Begrifflichkeiten einer Wissenschaft, gegen genau diese Wissenschaft argumentieren und merkst es nicht einmal. Du bist doch auch Theologe und Philosoph, wenn Du über Phänomene sprichst, die sich naturwissenschaftlicher Überprüfbarkeit entziehen, oder etwa nicht? Wenn die jüdische Religion keine Theologie und Philosophie mehr ist, ja was ist sie denn dann? Die absolute Wahrheit?

Also für mich hat sich der Kreis geschlossen! Danke für's Gespräch!

Provisorium

Provisorium
29.03.2013, 18:15
Mal abgesehen davon, dass Begriffe zwar der Wissenschaft entstammen, selbst jedoch nicht wissenschaftlich sein können.
Ein Dissenz zwischen positiver und negativer Theologie ... Vielleicht ... Aber wenn ich jetzt schreibe, dass ich nach wie vor den Eindruck habe, dass Du einer positiven Theologie im Deckmantel einer negativen anhängst ... Das würde den Dissenz nicht mindern, nicht wahr?Oh doch, sehr wohl sogar. Denn natürlich müssen wir alle positive Theologen sein, wenn wir über Gott sprechen und nicht nur schweigen wollen. Selbstverständlich muss ich positive Begrifflichkeiten verwenden, wenn ich mich Gott nähern will. Aber der Unterschied ist eben, dass ich auf meinem gedanklichen Weg diese positiven Bestimmungen letztlich immer relativiere, relativiere zum Einen hin, über das dann keine positive Aussage mehr getroffen werden kann. Das ist es ja, was hier nicht verstanden wird und weshalb ich mich unverstanden fühle. Man ist nicht dazu bereit diesen Perspektivwechsel zu vollziehen. Darüber schreibe ich mir nun schon ewig die Finger wund. Und wenn ich mich dann wiederhole, wirft man mir vor, dass ich mich wiederhole usw. Man will doch nur noch wenigstens einem kleinen Fetzen Handhabe gegen mich gewahr werden. Irgendein Stichwort, an dem man dann zerren und drauf rumreiten kann, um irgendwelche Widersprüche hervorzurufen. So wie beim Stichwort "absalom", was dann ja auch wiederholt zur fröhlichen Wissenschaftskritik und anschließendem Philosophiebashing einlud.


Wenn die "wissenschaftliche These" denn auch wissenschaftlichen Ansprüchen standhält ...Das wird sie! Aber natürlich nur, wenn man die Kriterien für geisteswissenschaftliches Denken auch akzeptiert und da habe ich hier so meine Zweifel. Nicht nur die Philosophie, auch die verstandesmäßige Annäherung an Phänomene wird hier ja eher kritisch betrachtet. Wenn Philosophie nicht mehr als Wissenschaft gesehen wird, dann brauchen wir uns hier nicht weiter unterhalten. Dann ist bereits alles gesagt!

Provisorium

luxdei
29.03.2013, 19:05
Selbstverständlich muss ich positive Begrifflichkeiten verwenden, wenn ich mich Gott nähern will. Hier behauptest Du implizit, Gott sei mit Begriffen nahbar. Ein Ausfluss positiv-theologischer Ausrichtung, oder?


dass ich auf meinem gedanklichen Weg diese positiven Bestimmungen letztlich immer relativiere, relativiere zum Einen hin, über das dann keine positive Aussage mehr getroffen werden kann. Aber bleibst Du da nicht in Begrifflichkeiten und in der Begrifflichkeit stecken?


Man ist nicht dazu bereit diesen Perspektivwechsel zu vollziehen. Wer ist "man"? Für mich bedarf es keines Perspektivwechsels. Weshalb ich ja auch meine sagen zu können, dass Du im "positiven" und "begrifflichen" stecken bleibst.


Das wird sie! Aber natürlich nur, wenn man die Kriterien für geisteswissenschaftliches Denken auch akzeptiert und da habe ich hier so meine Zweifel.
Vielleicht magst Du die wissenschaftstheoretischen Grundlagen dann offenlegen?

anonym002
29.03.2013, 19:29
naja, jenseits von gut und böse.. das ist die Frage, was oder wer nun das sein soll.

Eben, die Entwicklung der Philosophie, eine Rache an der Wirklichkeit…. sagst es ja selber.. und etwas entwickelt sich von dem Zeitpunkt an, wo es „geboren“ wird.


Nur, der Ewige will halt nun mal keine Philosophie, sondern er Offenbarte sich dem Volke Israel, was die Basis für den Glauben und das Leben ist. Was willst du nun mit Philosophie kommen, die etwas anderes lehren will? Und jener Jude Jesus lebte diesen Glauben.

Provisorium
29.03.2013, 19:38
Hier behauptest Du implizit, Gott sei mit Begriffen nahbar. Ein Ausfluss positiv-theologischer Ausrichtung, oder?

Aber bleibst Du da nicht in Begrifflichkeiten und in der Begrifflichkeit stecken?Vielleicht magst dazu mal den Wikipedia-Artikel zum Thema Negative Theologie lesen? http://de.wikipedia.org/wiki/Negative_Theologie. Vor allem der Absatz zu Meister Eckhart klärt das ganz gut auf.


Wer ist "man"? Für mich bedarf es keines Perspektivwechsels. Weshalb ich ja auch meine sagen zu können, dass Du im "positiven" und "begrifflichen" stecken bleibst."Man" sind die Reaktionen auf meine Ausführungen, die mir gefährliche Ideologie und Missionseifer vorwerfen und das dann nicht näher begründen mögen. Perspektivwechsel muss kein Mensch vornehmen, wenn er darin keinen Bedarf sieht/hat. Um die positiven Begrifflichkeiten tatsächlich in Worten überwinden zu können, müsste ich das Unsagbare sagen können und das kann ich nicht. Ich gehe lediglich einen spirituellen Weg, der mich schon einmal zur Transzendenz hat durchbrechen lassen. Bei Plotin spricht man von viermal, Siddharta war dergleichen auch nicht unbekannt, aber immer bleibt es letztlich unerkannt und nicht ausdrückbar in den weltlichen Strukturen. Oder anders, man kann nur bekannt damit werden, man kann es aber nicht in unserem Sinn erkennen und darum auch nicht erklären. Das ist zumindest meine Erfahrung. Dazu noch ein Artikel der unter dem Absatz "Die vollkommene Jenseits- oder Gotteserkenntnis bei Meister Eckhart als fortlaufender und dynamischer Erkenntnisprozess im Seelengrund" das zu erklären versucht:http://www.tabularasa-jena.de/artikel/artikel_391/


Vielleicht magst Du die wissenschaftstheoretischen Grundlagen dann offenlegen?Auch hier verweise ich auf den Wikipedia-Artikel: http://de.wikipedia.org/wiki/Geisteswissenschaft

LG
Provisorium

Provisorium
29.03.2013, 19:42
Nur, der Ewige will halt nun mal keine Philosophie, sondern er Offenbarte sich dem Volke Israel, was die Basis für den Glauben und das Leben ist. Was willst du nun mit Philosophie kommen, die etwas anderes lehren will? Und jener Jude Jesus lebte diesen Glauben.Das ist auch völlig ok. Ich will gar nichts lehren. Ich habe nur auf Fragen antworten wollen und meinen Glauben vorstellen, weil man diesbezüglich Interesse bekundete.

LG
Provisorium

luxdei
29.03.2013, 20:30
Hier behauptest Du implizit, Gott sei mit Begriffen nahbar. Ein Ausfluss positiv-theologischer Ausrichtung, oder?

Aber bleibst Du da nicht in Begrifflichkeiten und in der Begrifflichkeit stecken?
Vielleicht magst dazu mal den Wikipedia-Artikel zum Thema Negative Theologie lesen? http://de.wikipedia.org/wiki/Negative_Theologie. Vor allem der Absatz zu Meister Eckhart klärt das ganz gut auf.

Provisorium, ich weiß, was Negative Theologie ist. Ändert aber nichts an meiner Frage. Denn ob Du das jetzt sagst, Wikipedia oder sonst wer, ändert nichts am Sachverhalt.

Provisorium
29.03.2013, 21:33
Provisorium, ich weiß, was Negative Theologie ist. Ändert aber nichts an meiner Frage. Denn ob Du das jetzt sagst, Wikipedia oder sonst wer, ändert nichts am Sachverhalt.Die Theologie und Philosophie nähert sich immer in Begrifflichkeiten dem Objekt ihrer Anschauung. Die verstandesmäßige Annäherung an Gott ist nun Ziel der Philosophie Eckharts. Dabei wird aber schlussendlich nicht Gott erkannt, sondern es wird erkannt, dass Gott für den Verstand unbegreiflich und unbestimmbar bleibt, man gleichzeitig aber auf spirituellen Wegen zur sogenannten Gottesgeburt kommen kann.

Das geschieht aber nicht willentlich und nicht verstandesmäßig, sondern im Lebensvollzug, in der Lebenspraxis. Eckharts Philosophie ist viel mehr Praxis als Theorie. Und über meinen persönlichen spirituellen Weg habe ich ja schon gesprochen. Dieser Weg ist ein möglicher, neben anderen möglichen. Man bleibt also nur in Begrifflichkeiten stecken, wenn man die Theorie absolutsetzen möchte. Für mich ist Glauben aber Praxis, Lebensvollzug. Das Lassen, meinen Weg der Armut, gehe ich in meinem Alltag und in ganz gewöhnlichen Lebenssituationen jeden Moment und Augenblick. Es ist Übung, Achtsamkeit und Hingewendetsein zu Gott.

Die positive Theologie hingegegen glaubt sichere Aussagen über Gott treffen zu können, wie z.B. "Gott ist die Liebe". Dabei wird Gott mit dem individuellen Bild identifiziert. Die negative Theologie versucht Gott bildlos zu erkennen und erklärt in Begrifflichkeiten und Worten, warum sie dies versucht und wie dies zu bewerkstelligen sein könnte. Im Buddhismus braucht man dafür nicht einmal eine Vorstellung, oder den Begriff "Gott". Aber erklären muss man sich doch trotzdem irgendwie und das geht nur mit Worten. Sonst könnte man wie gesagt über Gott nur schweigen. Aber durch die Worte kommt er einem nicht näher, das stimmt schon. Aber der eigene Verstand nähert sich Gott an. In der negativen Theologie hält er aber nicht daran fest.

LG
Provisorium

Provisorium
29.03.2013, 22:47
Noch ein kurzer Nachtrag: Eckhart hatte an sich selbst den Anspruch gestellt, das Alte und das Neue Testament mit den natürlichen Gründen der Philosophie auszulegen. Die Philosophie die er meint, ist der Neuplatonismus. Im Neuplatonismus wurde das Eine als das Absolute gedacht, weil das Eine gegensatzlos ist und alles Denken bedingt. Es gibt kein Denken ohne Einheit, weil wir das Nichts nicht denken können. Eckhart identifiziert das Eine nun mit Gott und versucht anhand von Bibeltexten die neuplatonische Philosophie, in eine Philosophie des Christentums zu "transportieren".

Ziel ist nicht die Missionierung zu einem bestimmten Glauben, sondern einfach nur der Versuch, die Bibel neuplatonisch zu lesen. Im Judentum hat Philon von Alexandria ähnliches versucht. Es ist philosophische Spekulation innerhalb bereits bestehender Glaubensvorstellungen. Nicht mehr, nicht weniger. Und niemand muss da nun irgendwas verstehen, oder annehmen, oder glauben, so wie Eckhart das verstanden und geglaubt hat.

Wenn man substantiell mit Gott verbunden ist, dann kann er nicht näher sein, als er bereits nah ist. Wenn alles Sein in einem ewigen "Nun" aus Gott ausfließt, dann begegnet einem Gott auch in allem Sein. Nichts muss also getan werden und jeder kann und darf gehen wie er will. Man kann also ganz entspannt seinen individuellen Glaubensweg gehen und muss keine Angst haben dafür eines Tages in die Hölle oder sonstwas zu kommen. Eckharts Philosophie sagt "fürchte dich nicht". Wo also ist dann da ein Problem? Wieso muss man gegen meinen Glauben Opposition ergreifen und ihn eine gefährliche Ideologie schimpfen?

Ich sehe und erlebe das so, wie ich es erlebe und ihr seht und erlebt das so, wie ihr es eben erlebt. Ich sage nur noch zusätzlich dazu, dass euer Weg nicht richtiger, oder falscher als mein Weg ist. Mein Weg hingegen wird wohl als falsch und weniger Wert als eine Dummheit betrachtet. Aber das gibt man nicht einmal zu, sondern ergeht sich lediglich in Anspielungen. Das ist traurig.

LG
Provisorium

luxdei
30.03.2013, 10:09
Mein Weg hingegen wird wohl als falsch und weniger Wert als eine Dummheit betrachtet. Aber das gibt man nicht einmal zu, sondern ergeht sich lediglich in Anspielungen. Das ist traurig.

Ach ja, der Habitus des Unverstandenen, Misachteten ...

anonym002
30.03.2013, 11:00
Ziel ist nicht die Missionierung zu einem bestimmten Glauben, sondern einfach nur der Versuch, die Bibel neuplatonisch zu lesen. Im Judentum hat Philon von Alexandria ähnliches versucht. Es ist philosophische Spekulation innerhalb bereits bestehender Glaubensvorstellungen. Nicht mehr, nicht weniger.


Klar, Philon war auch nicht der erste Schreiber, der sich mit hellenistischem Gedankengut beschäftigte, um fremdes, was wirklich nicht innerhalb des jüdischen ist, miteinzubeziehen, um den Griechen „näher“ zu kommen, um darlegen zu wollen, dass das Unterschiedliche angeblich doch das Gleiche sei. Sich durch Philon zu "rechtfertigen" kommt man dem jüdischen nicht näher, wohl aber jenen Verirrungen.

Tja, und es hatte nunmal zu recht keinen Bestand....

Provisorium
30.03.2013, 19:38
Sich durch Philon zu "rechtfertigen" kommt man dem jüdischen nicht näher, wohl aber jenen Verirrungen.Na dann haben wir jetzt ja alles beisammen. Gefährliche Ideologie, Missionseifer, Verirrung. Komm' ich aus dieser Schublade nochmal raus, oder hast Du den Schlüssel schon weggeworfen?

Philon ist eine wichtige Figur innerhalb der philosophischen und theologischen Geistesgeschichte und somit von wissenschaftlichen Interesse. Versuch's doch einmal so zu sehen. Das Judentum ist ja auch nicht vom Himmel gefallen und die Griechen haben sich halt auch so ihre Gedanken gemacht. Wahrheit muss Wahrheit bleiben und darf sich nicht widersprechen, sonst ist es keine Wahrheit mehr. Also darf Philon auch die Wahrheit seines jüdischen Glaubens mit der Wahrheit der Griechen in einem Gedankengebäude zu vereinen versuchen.

Außerdem will ich mich hier nicht rechtfertigen und auch nicht rechtfertigen müssen. Ich habe nur von meinem Glauben erzählt und als Befürworter der Toleranz sollte Dir das doch eigentlich keine großen Probleme bereiten. Deshalb kannst Du Aussprüche wie "Verirrung" doch mal bitte weg lassen. Willst ja sicher auch nicht als verirrt dargestellt werden und Deinen Glauben leben und davon erzählen dürfen, wie Du magst.

Denk' vielleicht mal über die Maßstäbe nach, mit denen Du andere Menschen misst und die Du dann an Dich selbst anlegst. Andere verirrt zu schimpfen, weil sie ihren Glauben mit aller Kraft und aus ganzer Seele leben, ist nämlich immer dann nicht mehr so lustig, wenn man für sich selbst und seinen Glauben Toleranz einfordert und auf Toleranz angewiesen ist, ohne dabei aber selbst wirklich tolerant zu sein.

Wenn wir wissen wollten wohin sich das Christentum entwickelt, dann wissen wir nämlich spätestens jetzt, dass es egal wohin es sich auch immer entwickeln mag, nicht auf Toleranz hoffen kann. Toleranz bleibt nur ein Wort, wenn man sie nicht in der Auseinandersetzung mit anderen Menschen lebt.
Tolerante Menschen reiten aber nicht auf einzelnen Reizworten rum und machen jedesmal ein Fass auf, wenn sie die Begriffe "griechische Weisheit", "Philosophie", oder sonstwas hören.

Echt traurig was hier läuft und stillschweigend toleriert wird. Aber da kann man ja mal sehen, von welcher Art Toleranz hier die ganze Zeit gesprochen wird...
Wie gesagt, für mich hat sich der Kreis geschlossen.

Wünsche allen, ach so toleranten, Lesern noch ein schönes Osterfest.

Provisorium

anonym002
30.03.2013, 20:32
Dass die Philosophie des Philon von Alexandria sehr hellenistisch war, und unter dem Strich zu gefährlichen Folgen führte, und sich die Philosophie des alexandrinischen Judentums sich unter anderem auch im NT sich niederschlug, ist offensichtlich. Und nein, diese 2 „Wahrheiten“ (jüdisch – hellenistisch) lassen sich nicht vereinen. Philon ging von einem ganz anderen „Gottesbild“ aus, als es die Tenach vermittelt. Genug oft strafte der Ewige das Volk Israel wegen seinen Verirrungen durch fremde Glaubens- und Gotteslehren.

Der Ewige hat sich das Volk Israel erwählt und ihm seine Ordnungen gegeben. Diese bleiben nun mal Massstab für den Ewigen und sein Volk Israel. Ist das denn nicht vom „Himmel“? Der Glaube Abraham war nicht die Wahrheit der Heiden und der Glaube Jesu war nicht der des alexandrinischen Judentums. Es ist also nicht mein Massstab…

Du kannst doch nun dem Forum nicht unterstellen, dass hier keine Toleranz sei. Wenn ich deine Beiträge als für den jüdischen Glauben begründet nicht gutheisse, ich aber mit deutlicher Klarheit sagte, dass du glauben magst was du willst, ist das keine Toleranz?
Ich bin nicht das Forum, sondern ein normaler User…..


Dein Zynismus ist nicht besser als dein Ostergruss
Und nein, ich feiere schon gar keine Ostern....

Provisorium
30.03.2013, 21:10
Du kannst doch nun dem Forum nicht unterstellen, dass hier keine Toleranz sei. Wenn ich deine Beiträge als für den jüdischen Glauben begründet nicht gutheisse, ich aber mit deutlicher Klarheit sagte, dass du glauben magst was du willst, ist das keine Toleranz?
Ich bin nicht das Forum, sondern ein normaler User...Das ist mir bewusst. Ich habe auch dem Forum nichts unterstellt, sondern wollte lediglich meiner Verwunderung darüber Ausdruck verleihen, dass man hier als Verirrter bezeichnet werden darf, was jeder Form von Toleranz Hohn spricht, ohne mal einzuwenden, dass es jetzt auch mal gut sei. Um nämlich veirrt sein zu können, müsste man vom rechten Weg abgekommen sein und dies setzt voraus, dass es den Weg gäbe.

Und schon ist man mitten in einer Absolutsetzung, die man den Christen aufgrund des Jesuswortes "ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben" selbst noch sehr übel genommen hatte und sich ausdrücklich dagegen aussprach.

Einen Glauben, den man als verirrt, gefährlich ideologisch und ähnliches schimpft, ist man nicht wirklich tolerant gegenüber, sondern er ist einem ein Ärgernis und man glaubt es besser zu wissen. Dein Toleranzbegriff beschränkt sich also lediglich auf Gleichgültigkeit und Geringachtung anderer Glaubenswege gegenüber, weil Du ja offensichtlich immer ganz genau weißt, was der Ewige ist und vom einzelnen Menschen will.

Darum lass es doch jetzt einfach mal gut sein. Es ist wirklich genug gesagt. Ich weiß jetzt was Du von mir hältst.

Provisorium