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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : das Gemälde des Tyrannen



Sandkorn
17.08.2006, 18:51
:oops:
Keine Ahnung, ob diese Geschichte hier rein passt? Ich werd sie verkürzen, aber vielleicht liest sie ja trotzdem jemand:

Es hing schon lange an keiner Wand mehr.
Wer wollte es schon noch sehen oder gar Gästen zeigen?
Dieser "alte Schinken"- wie der Vater das Gemälde bezeichnete störte eigentlich nur noch, zerkratzt, nahm Platz auf dem Dachboden ein und verstaubte dort.
Jeses Mal, wenn doch jemand daran vorbei ging, trat man gelangweilt, wütend, unwissend, oder auch einfach nur so gegen dieses BIld...

Timi war der Jüngste im Haus, ein 9 jähriger, von Natur aus neugierig, von verbotenen Ecken gerade zu angezogen.
Immer, wenn am Esstisch oder bei sonst unpassenden Gelegenheiten das Gespräch auf dieses Gemaälde kam, beobachteten gerade seine Augen und Ohren gespannt die Reaktionen der anderen Familienmitglieder...

"Das ist irgendein Gemälde von einem Ur- Vater, der streng, grausam...gewesen sein muß";
"Warum schmeißen wir ihn eigentlich nicht weg?";
"Laßt uns doch von etwas schönerem reden..." brach meistens die Mutter des Hauses verlegen diese Gespräche ab.
"Schrecklich muß er gewesen sein- so ganz ohne Liebe, schlug die, die nicht das taten, was er sagte und wollte. Seine Gesetze und Regeln waren unmöglich alle zu erfüllen"...

Diese und ähnliche Bermerkungen schürten lange, sehr lange, Timis Forscherdrang.
Er begann sich ein BIld dieses Tyrannen in den Gedanken auszumalen, dass seinen Hass, seine ganze Verachtung hervorbrachte.
Unberechenbar, angsteinflößend, verletzend, zerstörerisch-
Timi bekam immer öfter Albträume. Schweißgebadet wachte er nachts auf und sein Hass gegen diesen Tyrannen wuchs ins bodenlose.
Dieses eiskalte Ungeheuer, dessen Forderungen nach Leistungen nie im Leben erfüllt werden konnten... in Timis Träumen schrie der "Monster- Vater" durch das ganze Haus und lies alle töten, die nicht gehorchten...
Timis eigentlich friedliebende Seele wurde mehr und mehr von Furcht, Hass, Unsicherheit und Panik erfüllt.

So fasste der Junge eines Tages einen sicheren Entschluß: Dieses Gemälde muß weg, zerstört werden; so erhoffte sich Timi nicht nur ruhige Träume, sondern auch Frieden am Esstisch und in sich selbst.
Zerstören, zertreten, nie wieder sollte man an diesen Tyrannen in diesem Haus denken, schon gar nicht mehr darüber reden...

Am Abend dann, kam die "große Abrechnung" für Timi.
Als alle schliefen im Haus, schlich er sich auf den Dachboden, mit einer funzeligen Taschenlampe in der vor Angst zittrigen Hand, stieg er ängstlich und doch wild entschlossen die knarrenden Stufen hinauf.
"Du warst grausam zu meinen Großeltern, du hast es nicht verdient, auf einem Gemälde noch zu sehen zu sein", flüsterte er sich selbst zu, als würde er gleichzeitig mit diesem Ungeheuer reden....

Timi stampfte sofort los, ohne die Platikplane überhaupt erst noch von dem BIld zu nehmen: er trat mit voller Wucht seiner Hasses, Ekels, Wut auf das Gemälde des Tyrannen- bis seine Füße schmerzten.
"Nie wieder!" schrie er aus und ging auf die Knie...

Stille- Minuten später, fühlte sich der JUnge endlich stark genug, die Plane von den Gemälderestern herunter zu nehmen und dem Tyrannen in die gemalten Augen zu schauen...
Mit den grausamsten Blicken, dem schreckenverbreitensten BIld hatte er gerechnet, doch als die Taschenlampe über die zertretenen Leinwandreste fuhr, ging ein Wimmern durch den Dachboden...

Als ONkel Andrew das Licht einschaltete, zeigte sich das ganze Ausmaß der hasserfüllten, nächtlichen Attake:
Überall ragten Holzsplitter aus Timis Beinen, KNien, Armen.
Andrew sagte nicht, keine Vorwürfe- und auch er brauchte keine Erklärungen mehr, als seine Blicke auf das Gemälde (oder was davon übrig war) fiel:

Statt des erwarteten "grausamen Selbsbildnises der ur- Vaters", blickten zwei unvorstellbar liebevolle, warme Augen sie an.
Ein Kreuz am dunklen Bildrand, im Vordergrund saß ein alter, zerbrochener Mann, seinen Kopf auf die Arme gestützt. Er las in einem Buch.
Am linken oberen Rand war ein helles Licht, in dem ein Mann mit Wunden an Händen und Füßen stand, und dem alten Mann mit einem freundlichen Lächeln zu zu winken schien, doch zu ihm zu kommen...

Unter all dem stand mit zittriger Hand geschrieben:
"Hätte ich doch nur viel eher den wahren Vater gekannt
hätte ich nur einen Tag eher von SEINER Liebe gewußt;
geliebte Kinder, ich hätte euch Brot gegeben statt Steinen und Liebe statt Wut über meine Einsamkeit.
So aber hoffe ich, dass die Liebe des einzig wahren Vaters eure Wut und euren Hass gegen mich weit mehr überstrahlt, als ich es zu hoffen wage."

(manchmal ist unser BLick verstellt durch Erlebtes, Verletzendes, Wut, Trauer, Hass...
"Der Herr aber richte eure herzen auf die Liebe Gottes... denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat"
( die BIbel))