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Kerzenlicht
23.12.2008, 22:40
Eine Lehre, die besagt, das Geschlechterrollen nur anerzogen und jederzeit austauschbar sind, ohne Rücksicht auf das biologische Geschlecht.

Diese Lehre wurde nun auch vom Papst scharf kritisiert:

Aus Heute-Journal:


Das katholische Kirchenoberhaupt setzte sich am Montag vor der Kurie mit der Gender-Theorie auseinander, nach der die Zuordnung von weiblichen und männlichen Rollen weitgehend gesellschaftlich bestimmt und nicht von der Natur vorgegeben ist. Dahinter stehe ein Versuch des Menschen, sich von der Schöpfung zu emanzipieren, sagte Benedikt XVI. Die Gender-Theorie stelle die "Natur des menschlichen Wesens als Mann und Frau" in Frage. Die moderne Definition der Geschlechtergerechtigkeit verurteilte er als "Selbstzerstörung des Menschen".

Ich denke mal, er hat Recht.

Inara
24.12.2008, 17:41
Was auch immer die Gender-Theorie ist - ich stelle Vermutungen an, recherchiert hab ich nicht - soweit ich das beobachtet (ich kenne keine Statistiken und keine Experimente) und gelesen habe, beeinflussen Erbanlagen UND Umwelt einen Menschen und dessen Entwicklung. So denke ich, dass es nun mal unumstößliche Unterschiede zwischen Mann und Frau gibt, die ihnen aufgrund ihrer Erbanlagen in die Wiege gelegt wurden: zum Beispiel, Frauen können schwanger werden, Männer nicht. Männer können schneller Muskeln aufbauen als Frauen. Dafür scheinen Frauen länger starke Schmerzen ertragen zu können. Vielleicht auch nicht. :-) Dann gibt es die von der Umwelt anerzogenen Eigenschaften, "so und so hat eine Frau / ein Mann zu sein", "Jungen spielen nicht mit Puppen", "Frauen spielen nicht mit Autos und tragen pink".
Beispiel: Die westliche Kultur (und auch andere Kulturen) sind geprägt vom Patriarchat. Während dieser Zeit entwickelten vorzüglich die unterdrückten Frauen den "Schutzmechanismus" Hysterie (bitte nicht mit der volkstümlichen Hysterie verwechseln); das war ihre Möglichkeit, ihren Willen und ihre Wünsche durchzusetzen und sich an den "Unterdrückern" zu rächen. Heutzutage scheint es so zu sein, dass es immer mehr Borderliner gibt, was Psychologen unter anderem auf den Verlust einer klaren Aufgabenaufteilung ("Rollenverteilung") schieben.

Ich bin aufgrund all dessen durchaus der Meinung, dass die Rollen, die bisher gelebt wurden und heute gelebt werden, anerzogen werden. Je nachdem, was man halt will. Früher (um 1900) wurde man auf preußische Disziplin gedrillt, während die Frau das ruhige Weib im Haushalt war, Männer genossen eine gute Ausbildung, Frauen eben nicht, und heute haben Männer wie Frauen fast dieselben Möglichkeiten, ihren Weg zu finden und ihre Identität zu leben. Daran kann ich nichts Falsches finden.

Männer können Kinder genauso gut erziehen wie Frauen. Frauen können Technik genauso gut erfassen wie Männer; Männer wie Frauen können abstrakt denken. Sie haben dieselben erblichen Anlagen für all das. Der Unterschied kommt dann in der Erziehung.

Dafür brauche ich keine Gender-Theorie, um das zu sehen. Dafür muss ich einfach mal Neugeborene Kinder und ihre Enwicklung beobachten, muss nur zusehen, wie Eltern ein Mädchen erziehen und einkleiden, und wie einen Jungen; muss nur in den Kindergarten gehen und sehen, was die Kinder so spielen. Dafür muss man nur mal fragen, wie Mädchen aufwuchsen, die einen technischen Beruf wählen, und wie Jungen aufwuchsen, die einen "Frauenberuf", z.b. Erzieher, wählen.

Was übrigens soll eine "Selbstzerstörung des Menschen" sein?! Damit hat der Papst mal wieder bewiesen, dass er mehr Politiker als sonst was ist.
Selbstzerstörerisch empfinde ich das Zölibat und die Unterdrückung von Menschen, dazu zählen übrigens auch Frauen. Zerstörerisch ist für mich der Missbrauch von Kindern, an denen man natürliche Bedürfnisse stillt. Und hier könnte ich jetzt nicht aufhören, deshalb beende ich es gleich jetzt. :-)


Auf jeden Fall, Kerzenlicht, ein interessantes Thema, und was gelernt hab ich auch, denn davor kannte ich die Gender-Theorie überhaupt nicht. Vielen Dank für diesen Bericht.

Jungtroll
24.12.2008, 18:18
Die moderne Definition der Geschlechtergerechtigkeit verurteilte er als "Selbstzerstörung des Menschen

ich weis nicht genau was gender is aber diesen satz versteh ich nicht ist er nun für die gleichstellung von mann und frau oder doch nicht die moderne definition is doch das mann und frau gleich sind und das ist selbstzerstörung oder hab ich das falsch verstanden

numerarier
24.12.2008, 19:11
Auch ich finde das Thema interessant und schließe mich insoweit Inaras Dank an Kerzenlicht an.

Ich gehe auch inhaltlich ganz mit Kerzenlicht überein; mir ist jedoch nicht klar, wieso gleich wieder nebenbei der Papst kritisiert wird und Zölibat angesprochen wird.

Es geht doch um die Geschlechterrollen. Ich denke schon, dass nicht alles anerzogen ist, auch nicht an-, höchstens umerzogen werden kann (letzteres unnatürlich). Ich meine, dass ein Mann keine Mutter ersetzen kann. Ich meine, dass Frauen teilweise emanzipiert sein wollen, aber dann die andere Seite dieser Medaille nicht sehen wollen.
Anders ausgedrückt: was früher zu sehr männlich dominiert worden ist, geht mir heute in die andere Richtung zu weit.

Ich gehe nicht mit Inaras Meinung konform. Denn, man überdenke allein folgendes:
Wie sieht es im Tierreich aus? Dort gibt es doch auch spezifische Rollen? Etwa auch anerzogen??? Falls ja, aber dann doch wohl allenfalls im Zoo!
numerarier

Kerzenlicht
27.12.2008, 14:23
Ich bin aufgrund all dessen durchaus der Meinung, dass die Rollen, die bisher gelebt wurden und heute gelebt werden, anerzogen werden. Je nachdem, was man halt will. Früher (um 1900) wurde man auf preußische Disziplin gedrillt, während die Frau das ruhige Weib im Haushalt war, Männer genossen eine gute Ausbildung, Frauen eben nicht, und heute haben Männer wie Frauen fast dieselben Möglichkeiten, ihren Weg zu finden und ihre Identität zu leben. Daran kann ich nichts Falsches finden.


Auf jeden Fall, Kerzenlicht, ein interessantes Thema, und was gelernt hab ich auch, denn davor kannte ich die Gender-Theorie überhaupt nicht. Vielen Dank für diesen Bericht.

Es freut mich, ein Thema gefunden zu haben, dass Interesse geweckt hat.

Sicherlich, es gibt anerzogene Geschlechterrollen und es gibt auch biologische Unterschiede. Gender-Mainstreaming reduziert den Unterschied auf das Biologische und vertritt die Theorie - vielleicht sollte man besser von Hypothese reden - dass die Geschlechterrollen austauschbar sind. Wobei hier nicht nur von zwei, sondern von vielen Geschlechterrollen die Rede ist.

Männer und Frauen unterscheiden sich aber nicht nur biologisch und in der anerzogenen Geschlechterrolle sondern auch seelisch. Frauen denken nicht deswegen anders als Männer, weil sie eine Mädchenschule besucht haben, sondern weil ihr Gehirn anders arbeitet. Frauen "funktionieren" anders als Männer.

Das ist nicht neu. Ein amerikanischer Eheberater sagte einmal: Männer kommen vom Mars und Frauen von der Venus. Das alles ist kein Geheimnis und wird von Gender-Mainsteaming schlichtweg geleugnet.

Das bedeutet aber keineswegs, dass Männer höherwertiger als Frauen sind. Frauen und Männer sind gleichwertig, nicht gleichartig

Während Männer eher selektiv denken und sich oft nur auf eine Sache konzenrieren können, sind viele Frauen in der Lage, sich auf mehrere Dinge zu konzentrieren: Telefonieren, fernsehgucken und Briefe schreiben auf einmal ... &pippi

Kerzenlicht
27.12.2008, 14:34
ich weis nicht genau was gender is aber diesen satz versteh ich nicht ist er nun für die gleichstellung von mann und frau oder doch nicht die moderne definition is doch das mann und frau gleich sind und das ist selbstzerstörung oder hab ich das falsch verstanden

Ich denke, er richtet sich gegen die allgemeine Definition von Gleichstellung, die darauf abzielt, die natürlichen und die kulturellen Geschlechterrollen aufzulösen nach der Devise: Männer können Mütter und Mütter können Väter sein. Diese Gleichstellung wird erst mal im Berufsleben durchgesetzt. Merkwürdigerweise mit wenig Erfolg. Offensichtlich gibt es immer noch eine Menge Frauen, die mit sogenannten "Männerberufen" nichts anfangen können.

Selbstzerstörerisch wird dieser Rollentausch aber erst, wenn Menschen aus ihren natürlichen Geschlechterrollen herausgelöst werden und dadurch eine Identitätskrise erleiden. Wenn ein Mann nicht mehr wie ein Mann und eine Frau nicht mehr wie eine Frau fühlen und denken darf, dann gibt es ernsthafte Probleme, die bis zur Zerstörung der eigenen Identität oder zur Selbstzerstörung führen können.

In diesem Punkt hat der Papst recht.

Kerzenlicht
27.12.2008, 14:42
Auch ich finde das Thema interessant und schließe mich insoweit Inaras Dank an Kerzenlicht an.

Es geht doch um die Geschlechterrollen. Ich denke schon, dass nicht alles anerzogen ist, auch nicht an-, höchstens umerzogen werden kann (letzteres unnatürlich). Ich meine, dass ein Mann keine Mutter ersetzen kann. Ich meine, dass Frauen teilweise emanzipiert sein wollen, aber dann die andere Seite dieser Medaille nicht sehen wollen.
Anders ausgedrückt: was früher zu sehr männlich dominiert worden ist, geht mir heute in die andere Richtung zu weit.

Ich habe zwei Töchter und einen Sohn. Alle drei haben etwas, was ich ihnen nicht anerziehen oder wegerziehen konnte: ihre geschlechtliche Identität. Mein Sohn kam nie auf die Idee, sich zu schminken ...

Athame
29.12.2008, 12:33
Nun, Mensch ist Mensch, oder etwa nicht?

Ich mache keinen Unterschied zwischen Mann und Frau, wenn es um Gleichberechtigung geht. Jeder Mensch ist für mich gleich viel Wert, hat den gleichen Respekt verdient.

Natürlich haben Männer und Frauen (rein biologisch gesehen) von Natur aus verschiedene "Rollen" und Aufgaben, aber das ist wieder eine andere Sache und sollte man klar trennen können von Menschenrechten.
So meine Meinung!

Gruß, Athame

Kerzenlicht
29.12.2008, 13:05
Nun, Mensch ist Mensch, oder etwa nicht?

Ich mache keinen Unterschied zwischen Mann und Frau, wenn es um Gleichberechtigung geht. Jeder Mensch ist für mich gleich viel Wert, hat den gleichen Respekt verdient.

Natürlich haben Männer und Frauen (rein biologisch gesehen) von Natur aus verschiedene "Rollen" und Aufgaben, aber das ist wieder eine andere Sache und sollte man klar trennen können von Menschenrechten.
So meine Meinung!

Gruß, Athame

Menschen werden immer Menschen sein. Mit oder ohne Menschenrechte. Sie waren es schon, bevor es die UNO gab.

Athame
29.12.2008, 13:16
So ist es.

Gruß

Isaak
29.12.2008, 13:40
Menschen werden immer Menschen sein. Mit oder ohne Menschenrechte. Sie waren es schon, bevor es die UNO gab.

Menschen ohne Menschenrechte sind den Unrechten der unrechten Menschen ausgeliefert. Unsere gemeinsame menschlich Geschichte lehrt uns sehr deutlich, dass es Menschenrechte bedarf und jede Organisation, ob religiös oder nicht, welche daran mit beteiligt sind und zwar das Recht von uns Menschen gegen Unrecht zu behaupten ist zumeist gut.

Die Rollenverteilung von Mann und Frau, sind in unseren unterschiedlichsten religiösen Gemeinschaften unterschiedlich definiert, werden unterschiedlich wahrgenommen und unterschiedlich behandelt.

Bisher bewegen sich die meisten großen religiösen Organisationen eher langsamer, mit dem Thema "Mann und Frau" und berufen sich auf g"ttes Wort und entsprechende Interpretationen und Auslegungen.

Man dürfte, als religiöser Mensch, die Entwicklungen der nicht religiös gebundenen Bemühungen, zum Recht von uns Menschen und dem Recht zwischen Mann und Frau, wahrnehmen.
Denn wenn wir uns daran erinnern, was zum Beispiel in Mitteleuropa und im Mittelalter, abgesegnet von den großen Religionen und gebilligt von Königshäusern und dem Adel, an unausgewogenem Verhältnis der Klassengesellschaften und auch zwischen Mann und Frau bestanden und was auf Grund von extern religiösen Einwirkungen, welche auf die großen Glaubensgemeinschaften wirkten und heute noch wirken, sich im Punkt des Menschenrechtes und dem Recht zwischen Mann und Frau, verändert hat, dann dürfen wir, an G“tt glaubenden Menschen, auch dem Verdienst der nicht religiösen Bemühungen und Organisationen unser Anerkennung und Respekt schenken.

Oder möchten wir zurück in alte Verhältnisse?

Schalom
Isaak

Kerzenlicht
29.12.2008, 13:47
So ist es.

Gruß

Der Mensch war aber schon immer Mann und Frau mit seinen natürlichen Unterschiedlichkeiten.

Kerzenlicht
29.12.2008, 13:56
Menschen ohne Menschenrechte sind den Unrechten der unrechten Menschen ausgeliefert. Unsere gemeinsame menschlich Geschichte lehrt uns sehr deutlich, dass es Menschenrechte bedarf und jede Organisation, ob religiös oder nicht, welche daran mit beteiligt sind und zwar das Recht von uns Menschen gegen Unrecht zu behaupten ist zumeist gut.

Die Rollenverteilung von Mann und Frau, sind in unseren unterschiedlichsten religiösen Gemeinschaften unterschiedlich definiert, werden unterschiedlich wahrgenommen und unterschiedlich behandelt.

Bisher bewegen sich die meisten großen religiösen Organisationen eher langsamer, mit dem Thema "Mann und Frau" und berufen sich auf g"ttes Wort und entsprechende Interpretationen und Auslegungen.

Man dürfte, als religiöser Mensch, die Entwicklungen der nicht religiös gebundenen Bemühungen, zum Recht von uns Menschen und dem Recht zwischen Mann und Frau, wahrnehmen.
Denn wenn wir uns daran erinnern, was zum Beispiel in Mitteleuropa und im Mittelalter, abgesegnet von den großen Religionen und gebilligt von Königshäusern und dem Adel, an unausgewogenem Verhältnis der Klassengesellschaften und auch zwischen Mann und Frau bestanden und was auf Grund von extern religiösen Einwirkungen, welche auf die großen Glaubensgemeinschaften wirkten und heute noch wirken, sich im Punkt des Menschenrechtes und dem Recht zwischen Mann und Frau, verändert hat, dann dürfen wir, an G“tt glaubenden Menschen, auch dem Verdienst der nicht religiösen Bemühungen und Organisationen unser Anerkennung und Respekt schenken.

Oder möchten wir zurück in alte Verhältnisse?

Schalom
Isaak

Ich schrieb nicht gegen die Menschenrechte und es geht mir in diesem Thread auch nicht um die Menschenrechtskonvention sondern um Gender-Mainstreaming und darum, dass diese Theorie besagt, man könne die Geschlechterrollen beliebig austauschen, gleichgültig welches biologische Geschlecht man ist. Also Männer können Frauen werden usw.

Isaak
29.12.2008, 15:11
Lieber Kerzenlicht,

ich glaube schon dein vorgeschlagenes Thema verstanden zu haben und kenne auch ein wenig die Gender-Mainstreaming Theorie.

Der Begriff Gender Mainstreaming „Etablieren der Perspektiven sozialer Geschlechter“, „geschlechtersensible Folgenabschätzung“, „Integration der Gleichstellungsperspektive“, „durchgängige sozialer Gleichstellungsorientierung“ bezeichnet den Versuch, die Gleichstellung der Geschlechter auf allen sozialen gesellschaftlichen Ebenen durchzusetzen.

Der Begriff wurde erstmalig 1984 auf der 3. UN-Weltfrauenkonferenz in Nairobi diskutiert und später auf der 4. Weltfrauenkonferenz in Peking propagiert. Bekannt wurde Gender Mainstreaming insbesondere dadurch, dass der Amsterdamer Vertrag 1997/1999 das Konzept zum offiziellen Ziel der Gleichstellungspolitik der Europäischen Union machte.

Von einer These einer beliebigen Austauschbarkeit der Geschlechterrollen, innerhalb der Gender Mainstreaming Theorie ist mir selbst nichts bekannt.

Vielleicht kannst du ja einen Link oder Nachschlagewerke nennen wo die Gender Mainstreaming Theorie eine beliebige Austauschbarkeit der Geschlechterrollen thematisch behandelt und erklärt.

Shalom
Isaak

Kerzenlicht
29.12.2008, 19:11
Lieber Kerzenlicht,

Von einer These einer beliebigen Austauschbarkeit der Geschlechterrollen, innerhalb der Gender Mainstreaming Theorie ist mir selbst nichts bekannt.

Vielleicht kannst du ja einen Link oder Nachschlagewerke nennen wo die Gender Mainstreaming Theorie eine beliebige Austauschbarkeit der Geschlechterrollen thematisch behandelt und erklärt.

Shalom
Isaak

Anbei aus einem Artikel aus Spiegel-Online


Wer eine Vorstellung davon bekommen möchte, wie Gender Mainstreaming in der Praxis funktioniert, muss bei Ralf Puchert vorbeischauen. Puchert hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, einen anderen Mann zu formen, er verfolgt den Gedanken, seit er in den achtziger Jahren an der TU Berlin studiert hat. 1989 schloss er sich mit vier anderen Pädagogen aus seiner

Männergruppe zusammen und gründete "Dissens", einen Verein für eine "aktive Patriarchatskritik".

Inzwischen sind die meisten Männergruppen im Orkus der Zeitgeschichte verschwunden, Dissens aber ist ein florierender Betrieb mit 20 Mitarbeitern, eine Art Allzweck-Anbieter für progressive Geschlechterarbeit. Die späte Blüte verdankt der Verein auch dem Umstand, dass Gender-Mainstreaming-Projekte seit einigen Jahren großzügig gefördert werden; Aufträge kamen schon von der Stadt Berlin, der Bundesregierung, der EU-Kommission.

Spezialgebiet des Vereins ist Jungenarbeit. Von dieser hat Dissens eine sehr eigene Vorstellung, denn es geht dabei auch darum, Jungs früh zu Kritikern des eigenen Geschlechts zu erziehen. Es gibt ein einprägsames Beispiel, wie die Gender-Theorie Eingang gefunden hat in die angewandte Pädagogik.

So spielten Dissens-Mitarbeiter bei einer Projektwoche mit Jungs in Marzahn einen "Vorurteilswettbewerb", an dessen Ende die Erkenntnis stehen sollte, dass sich Männer und Frauen viel weniger unterscheiden als gedacht. Es entspann sich eine heftige Debatte, ob Mädchen im Stehen pinkeln und Jungs Gefühle zeigen können, Sätze flogen hin und her. Am Ende warfen die beiden Dissens-Leute einem besonders selbstbewussten Jungen vor, "dass er eine Scheide habe und nur so tue, als sei er ein Junge", so steht es im Protokoll.

Einem Teenager die Existenz des Geschlechtsteils abzusprechen ist ein ziemlich verwirrender Anwurf, aber das nahmen die Dissens-Leute in Kauf, ihnen ging es um die "Zerstörung von Identitäten", wie sie schreiben. Das Ziel einer "nichtidentitären Jungenarbeit" sei "nicht der andere Junge, sondern gar kein Junge".

Der Link zum Artikel hier:


http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?top=Ref&dokname=Romberg-SP-00012007000010002700&suchbegriff=Gender+Mainsreaming&titel=Erziehungsprogramm+für+Männer+und+Frauen+zur +Verwirklichung+der+Gleichstellung+der+Geschlechte r+%28DER+SPIEGEL+vom+30.12.2006%29

Die UNO beschließt, was man daraus macht, ist was anderes. Und nicht alles, was die UNO beschließt, muss gut sein.

Jim-Knopf
30.12.2008, 21:18
Es gibt selbstverständlich anatomische Unterschiede zwischen Männern und Frauen, die so augenscheinlich sind, dass sie seit Adam und Eva nicht wirklich von irgendjemandem bestritten werden können. Aber sind Männer und Frau auch tatsächlich in ihrem Denken, Handeln und Fühlen gleich? Gibt es Unterschiede in der biologischen Struktur?

Die Frage entwickelt immer dann eine besondere Brisanz, wenn sie vor dem Hintergrund unserer tradierten Wertstellungen zwischen Männern und Frauen beantwortet werden soll.

Die Höherwertigkeit des Mannes respektive Minderwertigkeit der Frau hatte sich in unserer stark patriarchalisch geprägten Gesellschaft so stark verinnerlicht, dass sämtliche Bestrebungen zu einer Gleichstellung der Geschlechter zwangsläufig das Ziel vor Augen hatten, biologische Unterschiede nachweislich auszuschließen.

Mittlerweile sollten wir alle etwas klüger sein. Es gibt natürlich sozial- und erziehungsbedingte Unterschiede, die man durch äußere Einflüsse vermeiden könnte wenn man wollte. Daneben gibt es allerdings durchaus biologisch begründete Unterscheidungsmerkmale zwischen den Geschlechtern, die als höher- oder minderwertig, besser oder schlechter zu bewerten man gar nicht erst auf die Idee kommt, wenn man die Gleichwertigkeit der beiden Geschlechter von vornherein als selbstverständliche Gegebenheit voraussetzt.

Ich bin froh um die Unterschiede und möchte es gar nicht anders haben - gerade weil sie im partnerschaftlichen Miteinander eine oft sehr schöne Ergänzung zueinander darstellen können.

&hyänen

Athame
31.12.2008, 12:26
Der Mensch war aber schon immer Mann und Frau mit seinen natürlichen Unterschiedlichkeiten.

ja, richtig, du hast es erfasst.
Nichts anderes wollte ich sagen.
Was nun die Gesellschaft aus dieser natürlichen Ordnung macht, unterscheidet sich aber davon! Das hatte ich gemeint.

lieben Gruß, Athame

Eliza
07.01.2009, 12:25
Es gibt ein sehr gutes Buch zum Thema:

Bischof-Köhler, Doris: Von Natur aus anders. Die Psychologie der Geschlechtsunterschiede

Bei Amazon: http://www.amazon.de/Von-Natur-aus-anders-Geschlechtsunterschiede/dp/3170192876/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1231323526&sr=8-1 (Ausgabe von 2005 ist gebraucht billiger)

Da wird die These vertreten, dass die Unterschiede nicht nur anerzogen sind, sondern Jugen und Mädchen eben "von Natur aus anders" sind. Die Autorin ist glaub ich Biologin (ist schon eine Weile her ...) aber man muss keine Vorkenntnisse haben, um das Buch gut zu verstehen. Sie untermauert alles mit Studien etc. Mich hat es sehr überzeugt, ist auch angenehm zu lesen und superinteressant geschrieben.

Die nur mittelmäßige Durchschnittsbewertung bei Amazon ist, vermute ich mal, auf die großen Meinungsunterschiede zurückzuführen. Natürlich fühlen sich da Geisteswissenschaftler "ans Bein gepieselt".

Liebe Grüße,

+Eliza+

Patricia
09.01.2009, 15:01
Hallo Jim-Knopf (netter Name!)


Es gibt selbstverständlich anatomische Unterschiede zwischen Männern und Frauen, die so augenscheinlich sind, dass sie seit Adam und Eva nicht wirklich von irgendjemandem bestritten werden können.

in der Presse hat man zu den Worten unseres Papstes auch Kritik von Homosexuellen und Transsexuellen gelesen. Gerade bei letzteren sind ja nun die anatomischen Merkmale nicht ausschlaggebend für die geschlechtliche Empfindung. Es gibt auch Kinder, die mit nicht eindeutigen Geschlechtsmerkmalen zur Welt kommen.
Wie kann ich das mit den Worten des Papstes verbinden?

Jim-Knopf
09.01.2009, 21:04
Hallo Patricia,

die von dir erwähnten Besonderheiten sind selbstverständlich auch eine der vielen, vielen Launen der Natur, die so nicht bedacht habe. Da hast Du vollkommen recht. Aber im Prinzip bleibt es ja doch bei der grundsätzlichen These, dass man jeden Menschen - die Unterschiede zwar erkennend - mit seiner eigenen Persönlichkeit respektieren und wertschätzen soll. Die Selbstverständlichkeit einer Gleichberechtigung "aller" Geschlechter bleibt hier natürlich unberührt.

Und was die Stellungnahmen des Papstes zu so manchen Themen angeht, da kann einem schon mal das Messer in der Tasche aufspringen. Aber das könnte man wahrscheinlich abendfüllend ausbreiten.

Inara
09.01.2009, 22:38
Mein Sohn kam nie auf die Idee, sich zu schminken ...


Weil sich hier in Europa die Männer nicht schminken -> Erziehung! Das hat nichts mit Veranlagung zu tun. In anderen Kulturen und Ländern, z.b. in Stämmen, schminken sich die Männer sehr wohl, die Frauen aber nicht. Im Tierreich ist es in den meisten Fällen das männliche Tier, das prächtiger geschmückt ist als das Weibchen.

Männer und Frauen sind zunächst einmal Menschen und damit gleichwertig (richtig: nicht gleichartig; das kann man einfach nicht leugnen). Eine Höher-/Niederstellung ist eine Erfindung der Menschen; auch die Behauptung, Frauen könnten Dinge nicht, die Männer können (abgesehen von biologischen Grenzen, ja? :-)).

Ich hatte auch gehört, dass die Multitasking-Fähigkeit der Frauen während ihrer Kindheit von der Mutter anerzogen werden, während die Mütter ihre Söhne nicht dahingehend erziehen.

Um Chaos zu vermeiden, halte ich es für richtig, klare Aufgaben zu verteilen. Wer welche Aufgabe übernimmt, sollte dabei den Beteiligten überlassen bleiben. Damit meine ich jetzt NICHT, dass Männer die Kinder kriegen sollten (geht ja im Moment noch nicht). Und dass es einem Kind guttut, von der Mutter gestillt zu werden, dürfte auch klar sein.
Ich halte nichts davon, dass unsere Regierung die Auflösung der Familie unterstützt (Vater UND Mutter gehen arbeiten, Kind wird abgeschoben in eine Krippe) - aber die Industrie fordert das (siehe z.b. Artikel der IZA). Ich halte aber auch nichts vom Patriarchat oder von Feministinnen, die das Patriarchat umkehren wollen in eine Frauen-Herrschaft. Das sind doch alles falsche Ansätze.

Ich möchte hier Athames und Kerzenlichts Aussage nochmals posten, weil ich ihr vorbehaltlos zustimmen kann:



Der Mensch war aber schon immer Mann und Frau mit seinen natürlichen Unterschiedlichkeiten.
Was nun die Gesellschaft aus dieser natürlichen Ordnung macht, unterscheidet sich aber davon! Das hatte ich gemeint.

Junia
01.04.2009, 23:30
Eine Lehre, die besagt, das Geschlechterrollen nur anerzogen und jederzeit austauschbar sind, ohne Rücksicht auf das biologische Geschlecht.
Diese Lehre wurde nun auch vom Papst scharf kritisiert:
Ich denke mal, er hat Recht.

Das denke ich nicht! Gerade dadurch, dass Frauen erlaubt wurde, auch die Berufe auszuüben, die früher nur den Männern erlaubt waren, wurde eine Geschlechtergerechtigkeit ermöglicht, die es Frauen erlaubt, nicht nur ihre talente zu fördern, und damit den Lebensunterhalt zu verdienen, sondern auch selbstbewußter und selbstständiger/unabhängiger zu werden. Aber vielleicht ist es das, was der Papst in Wirklichkeit verurteilt? vielleicht will er die drei K immer noch für Frauen haben, obgleich sich die Welt gedreht hat?

ObelixseinFrau
22.04.2009, 09:56
Eine Lehre, die besagt, das Geschlechterrollen nur anerzogen und jederzeit austauschbar sind, ohne Rücksicht auf das biologische Geschlecht.
Ich denke mal, er hat Recht.


Oder unrecht, je nach Blickwinkel.
Einer Frau, die der Weg nach ganz oben verbaut bekommt, weil die Jungs lieber unter sich in den Führungsetagen sind (um mit ihren Eiern zu spielen?), als ein Mann, dem in der Führungsetage ein Job angeboten wurde, weil er der Neffe des Firmengründers ist.
Frauenarbeit wird schlechter bewertet und bezahlt als"Männerarbeit", auch, wenn Frauen diese Arbeit tun.
Wie Simone de Boivouir sagte,werden wir nicht als Mädchen geboren,sondern dazu gemacht. Und wenn ein Papst das nicht einsehen kann, dann, weil er selbst so sozialisiert wurde. Denn auch Jungen werden so gemacht, nicht geboren!

ObelixseinFrau
22.04.2009, 10:03
Wie sieht es im Tierreich aus? Dort gibt es doch auch spezifische Rollen? Etwa auch anerzogen??? Falls ja, aber dann doch wohl allenfalls im Zoo!
numerarier

Wird die "Natürlichkeit" der Geschlechtsrollen durch das Tierreich bewiesen? Dann sind Tiere homosexuell, Männer können gute Mütter sein, und Löwinnen erwählen sich einen Zuchthengst, um die Art zu erhalten. Zweigeschlechtlichkeit (siehe Seepferdchen und Regenwürmer) sind dort genauso "normal" wie es dort Verhalten gibt, das von unserer Gesellschaft als "typisch" männlich oder weiblich gewertet wird, weswegen ein schwuler Storch oder schwule Pinguine also ebenfalls "normal" sind.

ObelixseinFrau
22.04.2009, 10:14
Ich schrieb nicht gegen die Menschenrechte und es geht mir in diesem Thread auch nicht um die Menschenrechtskonvention sondern um Gender-Mainstreaming und darum, dass diese Theorie besagt, man könne die Geschlechterrollen beliebig austauschen, gleichgültig welches biologische Geschlecht man ist. Also Männer können Frauen werden usw.

Das eben sagt Gender-Mainstreaming NICHT aus!
Dort geht es um die Gleichwerigkeit im Beruf oder Privatleben. Darum, das Frauen und Männer bei gleicher Arbeit den gleichen Lohn erhalten, und Männer 50% der Hausarbeit und Erzieungsarbeit übernehmen, kurz ihren Teil der Verantwortung, was den "Herren der Schöpfung ungemein schwer fällt. Anscheinend meinen sie, mit "5 Minuten Spaß" ihren Teil der Arbeit schon getan zu haben. &ungeduldig
Oder, anders ausgedrückt,es geht um eine Veränderung der Geschlechtsrollen, um ein Miteinander und nicht ein "von oben (Mann) nach unten (Frau)", eine Neudeffinition von Geschlecht!
Geschlecht und Geschlechtsrollen sind nichts Unveränderliches! Nichts, was in alle Ewigkeit Gültigkeit hat.

Nebelkraehe
22.04.2009, 11:11
Oh man, Gender Diskussionen sind immer so tierisch langatmig. Es wird gequatscht, gequatscht und äh... gequatscht aber leider nichts bewirkt.
Dann wird wieder verallgemeinert und in Schubladen gesteckt, es entsteht Hass, das ganze artet aus und eine brauchbare Diskussion ist eh nicht möglich.

Handel wäre angesagt! Nur wenn natürlich lieber alles Tod geredet wird, kann ichs keinem verbieten.

*krah*

ObelixseinFrau
22.04.2009, 21:27
Oh man, Gender Diskussionen sind immer so tierisch langatmig. Es wird gequatscht, gequatscht und äh... gequatscht aber leider nichts bewirkt.
Dann wird wieder verallgemeinert und in Schubladen gesteckt, es entsteht Hass, das ganze artet aus und eine brauchbare Diskussion ist eh nicht möglich.

Handel wäre angesagt! Nur wenn natürlich lieber alles Tod geredet wird, kann ichs keinem verbieten.

*krah*

Vollkommen richtig! Aber, um zu handeln, muß jemand die "Macht" haben, sonst wird er oder sie zwischen den Mühlsteinen zerrieben.
Die Hausfrau Sonja Johnson erlebte das am eigenem Leibe. Eine einfache Hausfrau, die zur Häretikerin wurde, weil sie in den 70er Jahren für die Gleichberechtigung von Mann und Frau und gleiche Löhne kämpfte. Darum wurde sie ausgeschlossen.
Degenüber ihre allmächtige Kirche, die sie ausschloß, verlor sie alles. Ihr Mann wurde z.B. unter Druck gesetzt, sich von ihr scheiden zu lassen (so ihre Aussage in ihrem Buch "Von der Hausfrau zur Häretikerin"(From Housewife to heretic).

Oder nehmen wir Eugen Drewermann, der als Theologe und Psychologe frauenfreundliche Aussagen in der RKK machte, und deswegen durch die Aberkennung seiner Lehrbefugnis mundtot gemacht werden sollte. Das Kirchenvolk unten denkt oft anderes, als "die da oben", aber da sie keine Macht haben, können sie nichts verändern.

Nebelkraehe
23.04.2009, 00:14
Oh da haben wir schon das zweite Problem, warum diese Diskussionen nichts bringen:
Das "Argument" alleine können wir nichts bewirken.

Ähm ja Daumen hoch. Jeder einzelne von uns kann ein Zeichen setzen, egal ob Frau oder Mann, aber man kann sich natürlich auch in einer Ecke verkriechen, auf den Tod warten und hoffen das wenigstens die Erben nen Arsch in der Hose haben.

Ein schönes und oft recht abgedroschenes Zitat besagt:

Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren.

*krah*