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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wieder Lachen lernen....



Nette
22.02.2009, 12:40
...denn nur, wer lernt....mit Trauer richtig umzugehen, kann auch wieder sein Leben richtig in die Hand nehmen... Und, was ist schöner, als ein Lächeln im Gesicht eines Menschen, der wieder neuen Lebensmut und Hoffnung gefunden hat...

lg & bb von Nette &luftballon



Das Märchen von der traurigen Traurigkeit


Es war einmal eine kleine Frau, die den staubigen Feldweg entlang kam. Sie war
wohl schon recht alt, doch ihr Gang war leicht, und ihr Lächeln hatte
den frischen Glanz eines unbekümmerten Mädchens. Bei der
zusammengekauerten Gestalt blieb sie stehen und sah hinunter. Sie konnte
nicht viel erkennen.

Das Wesen, das da im Staub auf dem Wege sass, schien fast körperlos.

Sie erinnerte an eine graue Flanelldecke mit menschlichen Konturen.

Die kleine Frau bückte sich ein wenig und fragte: "Wer bist du?"

Zwei fast leblose Augen blickten müde auf. "Ich? Ich bin die
Traurigkeit", flüsterte die Stimme stockend und leise, dass sie kaum zu
hören war.

"Ach, die Traurigkeit!" rief die kleine Frau erfreut aus, als würde sie
eine alte Bekannte grüssen.

"Du kennst mich?" fragte die Traurigkeit misstrauisch.

"Natürlich kenne ich dich! Immer wieder hast du mich ein Stück des Weges
begleitet."

"Ja, aber...", argwöhnte die Traurigkeit, "warum flüchtest du dann nicht
vor mir? Hast du denn keine Angst?"

"Warum sollte ich vor dir davonlaufen, meine Liebe? Du weisst doch selbst
nur zu gut, dass du jeden Flüchtling einholst. Aber, was ich dich fragen
will: Warum siehst du so mutlos aus?"

"Ich... bin traurig", antwortete die graue Gestalt mit brüchiger Stimme.

"Die kleine alte Frau setzte sich zu ihr. "Traurig bist du also", sagte
sie und nickte verständnisvoll mit dem Kopf. "Erzähl mir doch, was dich
so bedrückt."

Die Traurigkeit seufzte tief. Sollte ihr diesmal wirklich jemand zuhören
wollen? Wie oft hatte sie sich das schon gewünscht. "Ach, weisst du",
begann sie zögernd und äußerst verwundert, "es ist so, dass mich
einfach niemand mag. Es ist nun mal meine Bestimmung, unter die Menschen zu
gehen und für eine gewisse Zeit bei ihnen zu verweilen. Aber wenn ich zu
ihnen komme, schrecken sie zurück. Sie fürchten sich vor mir und meiden
mich wie die Pest."

Die Traurigkeit schluckte schwer. "Sie haben Sätze erfunden, mit denen
sie mich bannen wollen. Sie sagen: Papperlapapp, das Leben ist heiter.
Und ihr falsches Lachen führt zu Magenkrämpfen und Atemnot. Sie sagen:
Gelobt sei, was hart macht. Und dann bekommen sie Herzschmerzen. Sie
sagen: Man muss sich nur zusammen reissen. Und spüren das Reissen in den
Schultern und im Rücken. Sie sagen: Nur Schwächlinge weinen. Und die
aufgestauten Tränen sprengen fast ihre Köpfe. Oder aber sie betäuben
sich mit Alkohol und Drogen, damit sie mich nicht fühlen müssen."

"Oh ja", bestätigte die alte Frau, "solche Menschen sind mir schon oft
begegnet." Die Traurigkeit sank noch ein wenig mehr in sich zusammen.
"Und dabei will ich den Menschen doch nur helfen. Wenn ich ganz nah bei
ihnen bin, können sie sich selbst begegnen. Ich helfe ihnen, ein Nest zu
bauen, um ihre Wunden zu pflegen. Wer traurig ist, hat eine besonders
dünne Haut. Manches Leid bricht wieder auf, wie eine schlecht verheilte
Wunde, und das tut sehr weh.

Aber nur, wer die Trauer zulässt und all die ungeweinten Tränen weint,
kann seine Wunden wirklich heilen. Doch die Menschen wollen gar nicht,
dass ich ihnen dabei helfe. Stattdessen schminken sie sich ein grelles
Lachen über ihre Narben. Oder sie legen sich einen dicken Panzer aus
Bitterkeit zu." Die Traurigkeit schwieg. Ihr Weinen war erst schwach,
dann stärker und schliesslich ganz verzweifelt.

Die kleine, alte Frau nahm die zusammengesunkene Gestalt tröstend in
ihre Arme. Wie weich und sanft sie sich anfühlte, dachte sie und
streichelte zärtlich das zitternde Bündel. "Weine nur, Traurigkeit",
flüsterte sie liebevoll, "ruh dich aus, damit du wieder Kraft sammeln
kannst. Du sollst von nun an nicht mehr alleine wandern. Ich werde dich
begleiten, damit die Mutlosigkeit nicht noch mehr an Macht gewinnt."

Die Traurigkeit hörte auf zu weinen. Sie richtete sich auf und
betrachtete erstaunt ihre neue Gefährtin: "Aber ... aber - wer bist
eigentlich du?"

"Ich?" sagte die kleine, alte Frau schmunzelnd, und dann lächelte sie
wieder so unbekümmert wie ein kleines Mädchen. "Ich bin die Hoffnung."

Fisch
23.02.2009, 08:10
Hallo Nettchen

danke für diese Geschichte, ich habe sie aufmerksam gelesen.


Die Traurigkeit schluckte schwer. "Sie haben Sätze erfunden, mit denen
sie mich bannen wollen. Sie sagen: Papperlapapp, das Leben ist heiter.
Und ihr falsches Lachen führt zu Magenkrämpfen und Atemnot. Sie sagen:
Gelobt sei, was hart macht. Und dann bekommen sie Herzschmerzen. Sie
sagen: Man muss sich nur zusammen reissen. Und spüren das Reissen in den
Schultern und im Rücken. Sie sagen: Nur Schwächlinge weinen. Und die
aufgestauten Tränen sprengen fast ihre Köpfe. Oder aber sie betäuben
sich mit Alkohol und Drogen, damit sie mich nicht fühlen müssen."


Das stelle ich auch immer wieder fest, dass gerade in christlichen Kreisen die Traurigkeit verbannt wird. Wieso darf man nicht auch mal traurig sein? Das ist eine wichtige Zeit um etwas zu verarbeiten. Tränen sind wichtig, dass etwas abfließen kann, was sich innerlich wie ein Schleier über einen legt. Und diese falschen Masken die Menschen tragen die Trauer oder Traurigkeit verbergen soll, die sind einfach nur künstlich und nichts echtes.

birdwoman
28.02.2009, 07:57
Klasse geschichte Nette!

In meinem leben hats immer viel trauer gegeben.
Besonders trauer fuer geliebte menschen und fuer zerstoertes heiliges land.
Ohne hoffnung kann man die trauer nicht bewaeltigen.

Manchmal droht die trauer mich zu ertraenken.
Dann hilft nur die hoffnung auf eine bessere zukunft - Schoepfer wird alles heilen und den unterdrueckten freiheit und gerechtigkeit bringen.

birdwoman

Honigmond
01.03.2009, 17:57
"Wo du geliebt wirst,
kannst du alle Masken ablegen..."

ich weiß nicht, wies anderen geht, aber ich komme wie in einem Kreislauf immer wieder in solchen "Themen" auf ein Thema (oder "Problem"?) zurück:

Liebe ist demnach der Schlüssel, um echt zu sein; zu leben und mit Gott und den anderen Menschen wirklich in Frieden zu leben...
Liebe erträgt alles, neidet nicht, bläst sich nicht auf, ist langmütig und geduldig...
Liebe gibt mir Kraft, zur rechten Zeit traurig oder fröhlich, nachdenklich oder unbekümmert zu sein...
träum...
lieben zu lernen von dem, der die Liebe ist...

danke für die Geschichte :-)

franz
09.03.2009, 23:44
.....wie sehr fühle ich da mit!!!!!


Liebe ist für mich ein allumfassendes "Zauberwort"..... Mag sein, viele werden mich nun belächeln.... auch recht.... ich finde in dem Wort "Liebe" meine Daseins- und Existensz- und Seinsberechtigung.... was wären wir ohne Liebe?! Nichts.... und Niemand....

Trauer.... Trauer können wir doch erst dann wirklich und wahrhaft empfinden, ..... wenn wir.... LIEBEN..... erst dann, wenn unser Herz, unsere Seele. oder wie immer ihr es benennen magt..... empfinden, angerührt, betroffen, ergriffen----- sprich--- beteiligt sind...... ist auch wahres, ehrliches Mitgefühl involviert..... Trauer geht so unendlich tief und greift so unendlich viel Platz in unseren Seelen....... und..... Trauer ist zeitlos.... wir können damit nicht richtig umgehen.... wer kann schon die Trauer um einen geliebten Menschen, der plötzlich und unerwartet aus diesem Dasein berufen wurde, umgehen, fertigwerden.... ich konnte und kann es nicht.... wer weiß da eine Patentlösung.... ora et labora.... dass ich nicht lache... sorry.... das funktioniert nicht..... funktionieren tut allein der Gedanke des ewigen Seins und dass alles gut ist, so wie es ist, denn der H´rr liebt uns über alle erdenklichen Maßen.... nur dieser Gedanke allein lässt alle Zweifel außer Acht, lG, franzi