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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Einst ging ein Bischof durch die Stadt



jo jo
05.04.2009, 17:41
Einst ging ein Bischof durch die Stadt.
Ein Bettelbub zu ihm trat,
zog vor ihm ab gar tief den Hut
und sagt: „Herr, seien Sie so gut,
bis an den Hals steck ich in Schulden.
Und schenken Sie mir einen Gulden
Zu diesem lieben Neuenjahr,
das wär ein christlich Werk fürwahr!“
„Was?“, schrie der Bischof eifersvoll.
„Ich glaube, Junge, du bist toll!
Ein Gulden bei so schlechter Zeit
Ist wahrlich keine Kleinigkeit!“
„Nun, Herr“, fiel ihm der Bettler ein,
„so mögen’s denn acht Groschen sein.“
„Nichts, nichts“, versetzt der Bischof drauf,
„geh fort und halte mich nicht auf!“
„Ihr Gnaden, einen Groschne dann.“
„Fort, fort! Auch den nicht.“ –
„Nun wohlan!
Sie sehn, wie ich mich handeln lasse.
Ein Hellerchen?“ – „Geh deiner Straße!
Nichts, gar nichts!“ – „Das ist etwas arg“,
sprach drauf der Bube. „Sie sind karg!
Doch lassen Sie sich dann bewegen
und geben mir nur Ihren Segen?“
„Den sollst du haben, lieber Sohn“,
erwiderte mit süßem Ton
der Geistliche. „Knie hin vor mir,
den besten Segen geb’ ich dir!“
„So?“, sprach der Bursche ganz verwegen.
„Behalten Sie nur Ihren Segen!
Ich hab ihn zu geschwind begehrt.
Wär er nur einen Heller wert.
Sie gäben ihn, hichwürd’ger Herr,
gewiß nicht so gutwillen her.“

Justus Friedrich Wilhelm Zachariae

besserwisser
05.04.2009, 21:28
Das ist fürwahr ein weises Wort!
Es steht nun hier, an gutem Ort.
So mögens lesen jetzt die Weisen,
und auch die Lauten und die Leisen.

Der Bischof war kein braver Knecht,
sein Zeugnis spricht den Bösen recht,
die schreien laut: Gott gibt es nicht!
und sonnen sich in Seinem Licht.

denn eins ist wahr in jedem Falle:
die Liebe Gottes gilt für alle.
&knuddelhase

jo jo
06.04.2009, 01:09
Die Liebe Gottes gilt für alle
Für alle auch in jedem Falle,
wenn man denn dran glauben tut
wird am Ende alles gut.

Wer nicht dran glaubt ist schlimmer dran,
wird sich bei Gott erweisen dann,
das alles, was geschrieben steht
auch wirklich in Erfüllung geht.

Doch frag ich den, ders sagen kann,
kommt man dann im Himmel an,
das Versprechen, gottgegeben,
die Liebe und das ew'ge Leben,
zählt das nicht für jedermann,
der da kommt im Himmel an?

Die Liebe Gottes immerda
für jeden der da kommt und war
die ist auch stets für die gegeben
die nicht gelebt für ihn ihr Leben.

besserwisser
11.04.2009, 15:50
1. Liebster Heiland, nahe Dich,
meinen Grund berühre,
und aus allem kräftiglich
mich in Dich einführe,
dass ich Dich inniglich
mög in Liebe fassen,
alles andre lassen.

2. Sammle den zerstreuten Sinn,
treuer Hirt der Seelen,
denn wenn ich in Dir nicht bin,
muss mein Geist sich quälen.
Kreatur ängstet nur;
Du allein kannst geben
Ruhe, Freud und Leben.

3. Mach mich von allem frei,
gründlich abgeschieden,
dass ich eingekehret sei
stets in Deinem Frieden,
kindlich, rein, sanft und klein,
Dich in Unschuld sehe,
in Dir leb und stehe.

4. Was noch flüchtig, sammle Du;
was noch stolz ist, beuge;
was verwirret, bring zur Ruh;
was noch hart, erweiche:
dass in mir nichts hin für
lebe noch erscheine,
als mein Freund alleine.

(Lied, Autor: Gerhard Tersteegen (1697 - 1769))

jo jo
11.04.2009, 20:16
Doch vergib wenn ich's nicht kann
zu beugen mich vor Dir.
selbst wenn ich weiß wie schön es wär,
mein Stolz gehört mir an.

Ich bin ein Mensch, ein Narr vor Dir
doch lebe ich mein Leben.
Ich stehe hier vor Deiner Tür
was wirst Du, als Gott, mir geben?

Wozu habe ich's gebracht
in Dieser schweren Welt,
die Du mit Liebe mir gemacht,
und die den Menschen hält?

Letztendlich bin ich klein vor Dir,
das weiß ich doch auch.
Nur gehe ich den Weg mit Dir
über jeden kleinen Strauch.

Und frage ich: was kann ich denn?
So stehst du neben mir.
Du bist bei mir, Du siehst mich an,
wir beide, wir sind hier.

Ich kann nur sein so wie ich bin
doch Du nimmst mich so an.
In meinem Herzen bist Du drin
der Weg ist weit, wir kommen an.

besserwisser
13.04.2009, 10:18
Ich glaube an alles noch nie Gesagte.
Ich will meine frömmsten Gefühle befrein.
Was noch keiner zu wollen wagte,
wird mir einmal unwillkürlich sein.

Ist das vermessen, mein Gott, vergib.
Aber ich will dir damit nur sagen:
Meine beste Kraft soll sein wie ein Trieb,
so ohne Zürnen und ohne Zagen;
so haben dich ja die Kinder lieb.

Mit diesem Hinfluten, mit diesem Münden
in breiten Armen ins offene Meer,
mit dieser wachsenden Wiederkehr
will ich dich bekennen, will ich dich verkünden
wie keiner vorher.

Und ist das Hoffart, so laß mich hoffärtig sein
für mein Gebet,
das so ernst und allein
vor deiner wolkigen Stirne steht.

jo jo
13.04.2009, 20:20
So ohne Zürnen und ohne Rächen
so haben Dich die Kinder lieb.
Ich möchte mit Deiner Treue nicht brechen
doch manchmal falle ich wie durch ein Sieb.

Wenn alle erzählen von Deiner Gnade
und loben und singen und lachen und tanzen,
ich denke und kann nicht verstehen denn grade
wo Lachen ist,
da fehlst Du nicht.

Wärest Du da und würdest Du sein
wo Hilfe und Helfer gebraucht
wo sie nach Dir beten, nach Dir suchen,
sie fänden Dich und Du hilfest auch

Wenn es so wäre und keiner mehr leidet,
keiner trauert und hungert, bittet und fleht
wenn es so wäre, so glaube mir doch,
ich wäre bei Dir. So sehr wie es geht.

Doch gibt es das Leiden, die Trauer besteht
es gibt den Krieg den Hass, den Streit
wie, Gott, wie soll ich da glauben
wie soll ich mich halten, der Weg ist so weit.

Hoffnung ist da.
Auch Sehnsucht und Mut.
Wenn es ich könnte, ich sagte: ja.

besserwisser
21.04.2009, 21:52
1. Ich danke Gott und freue mich
Wie's Kind zur Weihnachtsgabe,
Daß ich hier bin! Und daß ich dich
Schön menschlich Antlitz habe.

2. Daß ich die Sonne, Berg und Meer,
Und Laub und Gras kann sehen
Und abends unterm Sternenheer
Und lieben Monde gehen.

3. Gott gebe mir nur jeden Tag.
So viel ich darf zum Leben,
Er gibt's dem Sperling auf dem Dach;
Wie sollt' er's mir nicht geben!

Matthias Claudius
:umarmen:

jo jo
22.04.2009, 10:04
3. Gott gebe mir nur jeden Tag.
So viel ich darf zum Leben,
Er gibt's dem Sperling auf dem Dach;
Wie sollt' er's mir nicht geben!

Wie komm ich zu dem Gedanken nur
das ich verdien all das?
Du allein entscheidest hier
und Dein ist Baum und Gras.

Der Spatz der auf der Mauer sitzt
ist vielleicht sehr klein.
Und denke ich ich wär sein Herr
doch alles das ist Dein.

Wenn ich den Spatzen runterrede
Ihm sein Federkleid nicht gönn,
wie kann ich dann behaupten, Gott,
Du müsstest für mich sorgen?

Diesen Anspruch hab ich nicht,
diese Macht die ist bei Dir
Was habe ich zu sagen Herr?
Klein bin ich vor Dir.

besserwisser
26.04.2009, 19:51
Gott spricht zu jedem nur, eh er ihn macht,
dann geht er schweigend mit ihm aus der Nacht.
Aber die Worte, eh jeder beginnt,
diese wolkigen Worte, sind:

Von deinen Sinnen hinausgesandt,
geh bis an deiner Sehnsucht Rand;
gieb mir Gewand.
Hinter den Dingen wachse als Brand,
dass ihre Schatten, ausgespannt,
immer mich ganz bedecken.

Lass dir Alles geschehn: Schönheit und Schrecken.
Man muss nur gehn: Kein Gefühl ist das fernste.
Lass dich von mir nicht trennen.
Nah ist das Land,
das sie das Leben nennen.

Du wirst es erkennen
an seinem Ernste.

Gieb mir die Hand.
&schleck

Rainer Maria Rilke (1875-1926)

Aus: Das Stundenbuch / Buch vom Mönchischen Leben (1899)

Fisch
27.04.2009, 03:56
Ich mag Rilke sehr.

Danke für diesen Beitrag.

Fisch