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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ein schöner Urlaub / Maiby



maiby
25.05.2009, 18:58
Hi, hier gibts ja so viel zu lesen; aber vielleicht hat ja einer Lust mit mir auf die Reise zu gehen; gibt noch viele Teile!

Weihnachten war in diesem Jahr anders als sonst. Unsere Tochter Jana verbrachte das Fest nicht mit uns. Seit fünf Monaten war sie als Austauschschüler in Lanchester, in South Carolina, in den USA. In ihrer neuen Familie hat sie sich sehr gut eingelebt. Die Gastmutter Carrie ist in meinem Alter und wir verstanden uns per-fekt. Wir konnten uns über alle Themen erhalten. Fast jeden Tag schreiben wir uns E-Mails. Die Familie lud uns ein, den Urlaub mit ihnen zusammen zu verbringen

1 - Wenn einer eine Reise macht!

Am Abend des 24. Dezember war ich nicht müde. Ich versuchte gar nicht erst ins Bett zu gehen. Gemütlich saß ich alleine in der Stube und malte die letzten Striche an dem Porträt. Es sollte das letzte Weihnachtsge-schenk für Carrie werden. Ich hatte ein Foto von ihren beiden Kindern. Der große Jungs hieß Andrew und der kleine Chase. Das Bild war schon recht gut getroffen, aber ich versuchte es noch weiter zu verbessern.
Gegen 3:30 Uhr weckte ich meinen Mann Peter. Er sah noch etwas „zerknautscht“ aus und sah nicht sehr fröhlich aus. Aber war es änderte sich, als er richtig wach wurde. Um 4:00 Uhr kam unser Kumpel, der uns, nach einer Tasse Kaffee, mit dem Auto zum Flughafen nach Hamburg fuhr.
Pünktlich erhob sich unser Flieger. In Zürich erreichten wir den Anschluss. Dann saßen wir im Flugzeug. Neun Stunden, eine lange Flugzeit. Wir hatten von den vier Plätzen im Mittelblock genau die beiden in der Mitte. Es waren mit Abstand die schlechtesten Plätze. Ich konnte meine Beine in der enge kaum bewegen.
Neben mir saß einer der größten und dicksten Amis, die ich überhaupt auf der Fahrt gesehen habe. Die Arm-lehne hatte der „Gute“ hochgeklappt, damit er auch noch einen Teil meines Platzes mit belegen konnte. Von Freundlichkeit keine Spur. Um meinen Frust etwas Luft zu machen, holte ich meinen Malblock und die Aqua-rellfarben heraus. Den größten Teil der Zeit pinselte ich an einem Aquarellbild. Als alle meisten Lichter im Flugzeug ausgeschaltet waren, konnten wir beide gut schlafen. Die Freude war groß, als wir in New York landeten. Wie alle trabten wir die langen Wege am Flughafen entlang. Es war alles perfekt ausgeschildert und wir folgten den Massen, um das Gepäck in Empfang zu nehmen. Freudestrahlend fanden alle Besitzer ihre Koffer und Taschen. Wir nicht! Warum soll auch alles glatt gehen! Eine unserer Taschen fehlte. „Wie gut“ dachte ich, dass ich die Geschenke für Jana und für Carrie nicht dort eingepackt hatte. Den Rest der Familie wollten wir erst später treffen und all diese Geschenke schwirrten jetzt irgendwo in der Welt herum. Ich warte-te bei unserem Gepäck und Peter ging los, um sich zu beschweren. Er hinterlegte unsere Adresse und alle nötigen Angaben. Er hatte eine Menge Englisch geübt, aber jetzt diese Sprache zu sprechen, war für ihn eine Herausforderung. In der Hoffnung unsere Tasche später wieder zu sehen, verließen wir den Flughafen.
Die vielen gelben Taxis waren nicht zu übersehen. Peter hatte sich in vielen Büchern informiert.
Die Fahrt nach Manhattan hatte einen stolzen Festpreis von 60 $. Aber es nützte nichts. Mit unsrem Gepäck wollten wir möglichst schnell zum Ziel. Wir hatten keine Lust herauszufinden, wie man mit dem Bus dort hin-kommt. Sicherlich hätte es ewig gedauert. So stiegen wir ein. Das Taxi fuhr mit quietschenden Reifen durch die breiten Straßen der Großstadt. Neugierig schauten wir aus dem Fenster und beobachteten die vielen Leuchtreklamen an den Hauswänden. Der Fahrer hielt an und
die ersten Dollarscheine verließen Peters Hand.
Unser Hotel war ein schmales hohes Haus. So eins mit Eisentreppen draußen an der Hauswand, wie man es von Bildern kennt von New York. An der Rezeption begrüßte uns ein Mädchen aus Thailand. Es war erstaun-lich, keiner verstand Deutsch! Aber ich begriff relativ schnell, was sie sagten. Peter kramte alle Brocken der englischen Sprache zusammen. Es reichte, sie verstand ihn gut. Als er die Kreditkarte zeigte, lächelte das Mädchen. Das hatte geklappt, wir durften durch die erste Tür gehen. Unser Zimmer war in der 4.Etage. Einen Fahrstuhl gab es nicht in diesem Haus. Wir begannen mit der große Schlepperei. Ich dachte: Wie gut, dass nicht auch noch die dritte Tasche dabei war. Ich schnaufte und schwitzte und musste zwischendurch Pause machen. Männer haben mehr Stärke. Peter war als erster oben und öffnete die Tür mit seinem Schlüssel.
Wir betraten unser Zimmer. Es war wirklich kein Nobelhotel! Ich war zwar noch nie in einem Stundenhotel, aber so muss es wohl aussehen. Dankbar schaute ich in das Bad, es war recht gut erhalten. Allerdings war es so klein, das gerade eine Person dort sitzen oder stehen konnte.
Im Zimmer standen zwei Betten, eine Kommode mit ein paar Schubladen und eine Campingliege. Das war ein uraltes Modell. „Ist es ein Trampolin?“ Peter schaute sich die Sache genau an. Da fehlten schon einige Federn. Es gelang ihm, sie ein wenig zu reparieren, so dass jemand darauf schlafen konnte. Wir überlegten, wer es wohl sein wird. Während ich mir etwas Wasser unter meine Achseln spritzte, saß Peter voller Span-nung auf seinem Bett und las seinen Prospekte und Karten.
Die Neugier zog uns beide nach draußen. Wir zogen unsere dicken Jacken an, denn das Wetter war nicht gerade berauschend. Leichter Nieselregen, ließ alles etwas grau aussehen. Wir schlenderten die Straße ent-lang und herum um den Häuserblock. Wir achteten genau auf den Weg und hofften uns nicht zu verlaufen. „Oh, ja!“ Da war unser Hotel wieder. Unsere Schleifen wurden langsam etwas größer. Wir spazierten an Chi-na Imbiss Buden, MC Donald und vielen verschiedene Gaststätten vorbei. So richtig war uns nicht klar, ob wir etwas essen wollten. Jeder dachte; „Vielleicht kommt Jana auch früher als geplant.“ So beschlossen wir, mit Kaffee und Donats wieder auf unser Zimmer zu gehen.
Ich saß auf der Fensterbank und schaute voller Spannung auf die Straße hinunter. Mindestens jedes zweite Auto war ein Taxi. Aber alle fuhren sie vorbei. Es war wirklich Zeit unser Kind wieder zu sehen. Ob sie sich wohl verändert hat? Wie wird Carrie sein? Endlich hielt ein Taxi an. Ich konnte die beiden sehen. Ich freute mich riesig. Wir liefen die Treppen hinunter, um sie zu begrüßen. Da war sie wieder zusammen unsere Fami-lie. Unser Kind hatten wir wieder in den Armen, ein tolles Gefühl. Auch Jana strahlte, sie war fröhlich, genau wie immer. Doch sie war etwas fraulicher geworden, vielleicht auch ein wenig ruhiger und ausgeglichener. Es wird halt Erwachsen das Kind.
Carrie war so wunderbar unkompliziert und spontan, es begeisterte mich. Beide verschnauften eine Weile. Wir machten Pläne und stellten einstimmig fest, dass wir alle Hunger hatten. So ging es wieder hinaus in die nasse Nacht. Das mexikanischen Restaurant bei uns an der ecke sah schon von
Weiten sehr interessant aus. „Ja“ sagten Jana und Carrie und wir verließen uns auf ihren Tipp. Die Einrich-tung war nett und wir hatten ein Tisch in einer Ecke ganz alleine für uns. Da war es wieder unser Problem. Eine hübsche Speisekarte, doch so uninteressant, wenn man es nicht übersetzen kann. Ich machte es mir immer recht einfach. Da ich so ziemlich alles mag, sagte ich, wenn jemand bestellt: „Das selbe bitte!“. Aber Jana konnte uns als Dolmetscher auch gut raten. So hatten wir alle gewählt und das Essen kam nach einer kurzen Wartezeit. Peter stocherte auf seinem Teller herum und rümpfte die Nase. Carrie sah es sofort. Sie reichte ihm eine Gabel ihres Gerichts zur Probe. Er grinste, es schmeckte ihm besser. Nichts leichter als das, ruck zuck waren die Teller getauscht und alle waren zufrieden. Alles war lecker und wie immer hatte man viel zu viel zu gegessen. Mit vollem Bauch waren wir fest entschlossen, noch ein ordentliches Stück zu marschie-ren. So ein Spaziergang hilft immer.
Wir hakten uns unter und erzählten den ganzen langen Weg, auch wenn unserer Englischkenntnisse nicht perfekt waren, hatten wir genug Gesprächsstoff. Wir bewegten uns gut gelaunt in Richtung Stadtmitte. Je dichter wir kamen, umso mehr Leute wurden es. Schon von weitem fiel uns der helle Schein auf. An einer Hauswand waren Schneeflocken aus Lichterketten angebracht, die nach klassischer Musik hellblau leuchte-ten. In der Mitte der Menge war eine Eislauffläche. Aber es gelang uns nicht, uns bis zum Rand vor zu arbei-ten, um die Schlittschuhläufer zu sehen. Der Gedanke selber zu fahren, verging uns schnell, als wir die lange Schlange sahen. Eine Menge Leute warten
Darauf auf diese Eisfläche zu dürfen.
Der größte Tannenbaum der Welt leuchtete mit seinen bunten Lichtern weit über alles hinaus. Ich weiß nicht wie viele tausend rote, grüne, blaue und Gelbe Lampen er hatte. Hell angestrahlt war das große Gebäude des „Rockefeller Center mit dem „Top of the Rock“, deren Spitze wir später erforschten.
Der Rückmarsch bis zum Hotel wurde ohne Bus und Bahn immer länger. Nur langsam wurden die Nummern der Straßen wieder kleiner. Bis zum Ziel waren es noch zwanzig Blöcke. So entstand bei uns der Ausdruck für einen langen Spaziergang „ Twenty blocks go“ „Zwanzig Blöcke gehen“, der in unseren Wortschatz auf-genommen wurde.
Glücklich erreichten wir wieder unser Zimmer. Es gab eine kleine Bescherung, denn es war immer noch Weihnachten. Jana kuschelte sich in der Mitte des Ehebetts zwischen Peter und mir ein. Carrie hatte freiwillig die klapprige Liege okkupiert. Wir wollten ihr diesen Wunsch nicht abschlagen. Schnell gingen bei mir die Lichter aus, denn zu diesem Zeitpunkt war ich bereits 44 Stunden auf den Beinen.

maiby
27.05.2009, 18:41
Ja, soll ich jetzt mehr reinstellen, oder nicht; ich machs einfach!

2 - Breakfast in Amerika

„Good morning“ sagte Carrie und lächelte mich an. Genau dieses „Good morning“ hatte ich so viele Male in E-Mails geschrieben. Jetzt auf einmal kam es aus meinem Mund. Etwas leise vielleicht, aber Carrie hörte es. Und neben mir räkelte sich das Janakind, als wenn es nie anders war.
Wir zogen uns an und freuten uns auf unser erstes Frühstück in den USA. Peter hatte gelesen, dass das amerikanische „Breakfast“ nicht besonders berühmt ist. So erwarteten wir auch nicht viel. Munter flitzten wir die Treppen herunter zur Rezeption. Auf der roten Couch am Empfang sollte es den Kaffee geben. Leider war nichts zu sehen. Die zwei, die die englische Sprache konnten, bekamen schnell heraus, dass irgendwas nicht geklappt hatte. Es stellte sich heraus, dass frühestens in einer Stunde mit einem Kaffee zu rechnen war. Das behagte uns überhaupt nicht, wir trabten traurig wieder hinauf aufs Zimmer und beschlossen in ein Re-staurant in der Nähe zu gehen. Das war eine wirklich gute Idee. Dort wurden wir mit einen richtig netten bun-ten Frühstück bewirtet. Das Geschirr war leuchtend blau und orange. Es gab gebratene Speckstreifen „Ba-con“ mit Rührei und so eine Art Kartoffelpuffer mit groben Raspeln. Die großen Tassen mit Kaffee wurden immer wieder nachgefüllt. So waren wir prima gestärkt für den Tag und konnten uns den Sehenswürdigkeiten der Stadt widmen.
Unser erstes Ziel war das „Empire State Building“. Schon am Eingang des Hauses hielten wir den Atem an. Mächtig, gewaltig! Links und rechts wehten die Flaggen der USA. Wir folgten den Pfeilen, und die Schlange wurde immer dichter, bis wir standen. Zu beiden Seiten waren große Tafeln mit Hinweisen aufgestellt. Auch in Deutsch hätte ich sie nicht gelesen und nun erst recht nicht. Es begann der Sicherheitsbereich. Alle Hand-taschen aufs Band, die Kamera in die Schale, alles raus aus den Hosentaschen zum Durchleuchten. Erst jetzt konnten wir das Ausmaß dieses Vorhabens sehen. Alle Leute standen brav in den mit Kordeln einge-zäunten Gängen. Eigentlich wusste ich nicht so genau, was da eigentlich abgehen sollte. Jana schien nicht begeistert. Auch Carrie wippte unruhig von einem Bein auf das andere. Sie hatte Schmerzen in der Hüfte und das Stehen tat ihr nicht gut. Auch Peter war sich nicht mehr sicher, denn es ging überhaupt nicht vorwärts. Wir erkundigten uns und erfuhren, dass wir sicher noch 4 Stunden stehen würden und es früh am Morgen immer ganz leer ist. Es war eine sehr sinnvolle Entscheidung, wir brachen diese Aktion ab.
Doch noch an diesem Abend gelang es uns in 260 Meter Höhe über die Straßen von New York zu schauen. Wir schlenderten noch einmal zum „Rockefeller Center“, um nun auch ein paar Fotos zu knipsen. Am Vor-abend hatte Peter seine Kamera nicht dabei. So besichtigten wir das Gebäude „Top of the Rock“ Nachdem wir den beachtlichen Eintrittspreis gezahlt hatten, konnten wir direkt zum Fahrstuhl durchgehen. An der De-cke hatten sie eine Art Kinoleinwand geschaffen, die den echten Fahrstuhl in 3D simulierte. Wir standen wie die Heringe im Glas und so ging es hinauf in die 70. Etage. Inzwischen war es dunkel, und es wehte eine steife Brise. Es war so ein Wahnsinn. Hohe Häuser mit viel Licht und Farbe. Die Marktwirtschaft lebte dort oben richtig auf. An jeder Ecke standen Fotografen, um dich zu knipsen und dich im Anschluss ordentlich zur Kasse zu bitten.
Am nächsten Morgen machten wir uns rechzeitig auf die Socken. Wir hatten uns gar nicht erst vorgenommen, das Frühstück im Hotel einzunehmen. Als wir am Empfang vorbei gingen, sahen wir die Vielfalt. Zwei Kisten mit jeweils zwölf verschiedenen Donats standen auf dem Tisch und der Kaffee war in einem großen Tetra-pack. Ich habe nicht rausbekommen, ob sie da heißes Wasser zugießen, oder ob sie ihn gleich kalt trinken.

Jungtroll
29.05.2009, 11:23
danke bin schon gespannt auf den nächsten teil

maiby
31.05.2009, 20:11
Oh, bitte, gerne!
3 - Big Apple NYC

Die Stadt sah bei dem Wetter immer noch recht grau aus. Der erste Laden in den wir in Amerika gingen, war ein Fotoshop. Wir kauften uns zwei Regenschirme, damit wir nicht völlig durchnässten.
Am „Empire-Gebäude“ konnten wir ohne Wartezeit in allen Gängen entlang gehen. Es gibt über 70 Fahrstüh-le. Einer von ihnen brachte uns nach oben. Dieser Turm ist 443 Meter hoch und hat 102 Etagen. Aber ganz bis oben kommt man nicht, die Plattform zum Laufen ist im 86. Stockwerk.
Im Gebäude war ein Laden. Da gab es die „Tausend Dinge, die die Welt nicht braucht.“ Klimbim so weit das Auge reicht. Es ist erstaunlich, auf was für Waren die Industrie dieses Gebäude verewigt hat. …und alle Leu-te wie im Wahn, damit sie noch eines dieser gar so tollen Souvenirs erhaschen.
Auch Carrie schlug zu und kaufte ein Andenken für mich. Es war ein kleiner Metallanhänger, ein Apfel mit der Silhouette von NYC. „Big Apple“, das ist der Spitzname der Stadt. Jetzt hängt er bei mir zu Hause an der Lampe über dem PC. Wenn ich ihn sehe, denke ich gerne zurück.
Drei Millionen Touristen sollen pro Jahr dort oben herumkrabbeln. Ein großer Teil davon war sicher mit uns zusammen dort oben. Wir genossen diesen genialen Blick über die ganze Stadt. Ich kann es kaum beschrei-ben und auch Fotos sind kein Vergleich mit diesem Erlebnis. Man muss es selber sehen, selber erleben! Jetzt am hellen Tag konnte man die Häuser, Flüsse und das Meer noch viel besser erkennen. Überall stan-den Tafeln mit den Namen der Gebäude. Ganz in der Ferne sahen wir das Tor von NYC. Wir schmiedeten Pläne für den Tag.
Auf dem Weg zum „Subway“ der U-Bahn kamen wir an einem großen Kaufhaus entlang. Unzählige Men-schen strömten hinein und heraus. Janas Augen leuchteten endlich richtig „Shoppen!“. Da es gerade wieder anfing zu regnen, willigten wir ein. „Macy“ heißt dieses Haus und es hatte satte 10 Etagen, auf jeder hatten wir den Fuß. Schon zu Hause hatte ich überlegt, was ich denn wohl brauchen würde. Peter und Jana lieben es, wenn sie mir beim Suchen helfen können, aber mir fiel nicht recht etwas ein. Ein neuer Badeanzug war absolut die einzige Idee, aber so was hatten sie nicht um diese Jahreszeit.
Wir schlenderten an allen Sachen vorbei. Jana und Carrie „schnöserten“ die Ballkleider durch, die sie auf Janas Abschlussball tragen könnten. Zum Kauf ist es leider nicht gekommen. In der Teenagerabteilung wur-de unser Kind dann allerdings noch fündig und es klappte mit einem neuen T-Shirt und einer Hose.
Wir betraten den U-Bahnhof. Am Automaten kauften wir Fahrkarten. Peter, Carrie und Jana hatte damit gut zu tun. Da brauchte ich mich nicht einmischen! Alle gingen durch die Schranke, nur ich nicht! Meinen Fahr-schein wollte der Automat nicht. Alles blinkte und nichts ging – Kein Durchgang! Ein Mitarbeiter des Perso-nals brüllte in sein Mikrofon und es schnarrte in Englisch. Sicher wollte er mir helfen und mir etwas erklären, aber es hatte keinen Sinn, ich verstand ihn überhaupt nicht. Zum Glück kam eine junge Frau und rettete mich, indem sie eine Tür für mich öffnete, durch die ich den anderen folgen konnte.
Wir fuhren einige Stationen zum südlichsten Teil von Manhattan und spazierten in Richtung Meer. Es war richtig kalt geworden. Es blies ein eisiger Wind. Wir hatten Schals und Mützen weit ins Gesicht gezogen. Da tauchte sie vor uns auf die „Statue of Liberty„ Wir sahen sie von weiten. In echt! Sie war ziemlich grün, wie auch all die bunten Souvenirs, die es zu kaufen gab. In allen Formen, Größen und Farben. Einmal wollte ich jetzt auch mitkaufen wie alle „Touris“!
Ich suchte eine ganz kleine Statue für meinen Vater aus, der sich so mit mir gefreut hat auf diese Reise. Die wollte ich ihm mitbringen, denn er war es, der dazu beigetragen hat, dass wir diese Reise überhaupt finanzie-ren konnten.
Dann entdeckten wir die kilometerlange Schlange der Besucher, die auf die Fähre wollten, um nach Liberty Island überzusetzen. Brav standen alle in einer Reihe, ohne Hektik und ohne Gemecker. Ich denke so 7-8 Stunden hätte man einplanen müssen! Aber wir hatten alle keine Lust unsere kostbare Zeit mit dem Anste-hen zu verschwenden. So war dieses Thema für uns schnell erledigt.
Auf dem großen Platz konnten wir jede Menge lebende Freiheitsstatuen anfassen. Junge Leute hatten tolle Kostüme an, sie waren wirklich gut zu recht gemacht und alberten mit den „Tourist“ herum. Sie hofften auf das große Geld. Darauf, dass sich jemand mit ihnen als Hintergrund fotografieren möchte. Wir knipsten sie einfach mal so, das kostet auch nichts.
Peter brachte uns mit der Karte zum „Ground Zero“, zum Ort an dem am elften September das “World Trade Centre” die „Twin Towers“ zerstört wurden. Die Türme müssen irre hoch gewesen sein. Ein riesiger weißer Zaun, wohl gut drei Meter hoch umschloss diesen riesigen Komplex. Große Kränze mit roten Schleifen und Tafeln mit vielen Fotos waren in Abständen angebracht. Stumm und beeindruckt sahen alle in dieses große Loch und erinnerten sich an diese Katastrophe. Sie haben den Grundstein für den „Freedom Tower“ gelegt. Man spricht davon, dass New York wieder aufsteigen werde. Zum zehnten Mal in der Geschichte wird in Manhattan das größte Gebäude der Welt entstehen.
Unsere Füße waren lahm. Peter war voller Energie. Wir drei Frauen trabten hinterher und unsere Lust wurde immer kleiner. Peter wollte die „Brooklyn Brücke“ sehen. Wir sahen sie schon aus der Ferne, aber es reichte ihm nicht. Er wollte rauf: „Bis zum ersten Tor“ bettelte er. Ich denke, jede von uns Frauen wäre gerne am Rand in einem Cafe sitzen geblieben und hätte gewartet, bis er fertig wäre. Aber es war kein Cafe da und so gingen wir mit. Wenn ich zu Hause die Fotos ansehe, ist es gut sagen zu können: „Da waren wir!“
Wir packten unsere Koffer, schleppten sie wieder die Treppen herunter und verließen unser Hotel. Ein Taxi zu bekommen ist in dieser Stadt kein Problem. Einer stellte sich auf die Straße und hielt die Hand hoch. So-fort hielt ein Auto an. Der Taxifahrer war nicht sehr freundlich. Mit viel Mühe schaffte er es, unser ganzes Gepäck ins Auto zu verstauen. Wortlos brachte er uns zum Busbahnhof. Es gelang uns unser Gepäck auf-zugeben, damit wir die letzten Stunden in der Großstadt genießen konnten. Wir schlenderten den „Timesqa-re“ entlang. Es war alles voller Menschen, laut und es stank nach Autoabgasen. Tausende bunt blinkende Reklamen strahlten an den Hauswänden. Das große Theater-, Kino- und Amüsierviertel war etwas unge-heuer. Wir rannten mit dem Strom mit und stoppten am Hardrock Cafe. Besonders glücklich sahen wir alle nicht aus. Wir gingen hinein, nur weg von dem Krach der Straße. Es gab schwarze T-Shirts mit irrer Schrift, eine Harley als Dekoration….Carrie nutzte noch die letzte Chance ein Schnäppchen zu machen und sie fand ein Bierglas für die Sammlung.
Die letzte Zeit verbrachten wir in der vollen Nichtraucher-Wartezone im Busbahnhof. Ein Penner, leicht ange-säuselt, hatte seinen Auftritt. Er sah mächtig schräge aus. Genüsslich öffnete er eine Dose Bier und trank sie. Alkohol in der Öffentlichkeit ist verboten! Es dauerte nicht lange, da kamen zwei Polizisten. Sie ließen sich die Papiere zeigen, sperrten so nach und nach alles ab. Ein richtiges kleines Schauspiel. Extra für uns, spannend und so verging die Wartezeit sehr schnell. Wir stiegen in den Bus, fünf Stunden Fahrt bis nach Ithaca.

Jungtroll
01.06.2009, 16:31
danke und freu mich wieder auf die fortsetzung

maiby
01.06.2009, 20:43
&spinne; na denn mein Leser!
4 - Thanksgiving Essen

„Aufwachen, wir sind gleich in Ithaca“ hörte ich es neben mir im Bus. Ich schmunzelte, denn an diesem Wort „Ithaca“ kann man einen richtigen Amerikaner entdecken. Peter konnte das typische „TH“ trotz vielen Übens nicht richtig. Die Zungenspitze muss zwischen die Zähne, dass ist schwer für uns Deutsche.
Draußen war es schon dunkel und wir waren froh, dass Carries Mann, Barry uns abholte. Er sah aus wie „Roger Whittaker“. Auch er sprach sehr langsam, so konnten wir ihn wirklich gut verstehen. Zwischendurch kam immer ein Satz an mich:„Are you o.k.? Say, Yes!“ Ich nickte, denn es war alles O.k. Wenn er mich später anschaute, brauchte er gar nicht mehr fragen, ich sagte gleich: „Yes: O.k.!“
Sie erklärten uns, dass Barrys Mutter schon sehr alt sei und ziemlich krank. Wir wurden gebeten kein Parfüm zu nehmen im Haus, weil sie darauf allergisch reagiert. Es war eine schöne Sache. Sie hatte ein eigenes Haus, in das sie sich zurückziehen konnte. Das zweite Haus stand das ganze Jahr leer bis Barry mit seiner Familie anrückte. Es war groß genug für uns alle und Mom konnte zu Besuch kommen, wenn es ihr gefiel. Die beiden Kinder waren froh, dass ihre Mutter wieder da war. Auch uns begrüßte sie herzlich. Mom war eine schlanke weißhaarige Frau, sie hatte eine raue Stimme und konnte das „R“ gut rollen.
Die Einrichtung des Hauses sah schon ein wenig kahl aus. Die Wände waren leer und es wäre noch gut Platz für ein paar Bilder. Zum Glück hatte Carrie die Dekoration mitgebracht und „Ach, wie schön!“ Es war wieder Weihnachten. An den Gardinenstangen waren zusätzlich Weihnachtsgirlanden mit einer roten Schleife ange-bracht. Aus der Ecke strahlte mich ein künstlicher Weihnachtsbaum an. Er war nicht gerade der Schönste, mit seinen blauen Kugeln und den weißen Fransenketten. Wahrscheinlich hatte er so einen hohen und kah-len Stamm, damit die vielen Geschenke besser darunter stehen konnten. Auch wir holten unsere Tasche mit den Geschenken, die der Flughafen hinterher gesendet hatte. Alle packten fleißig aus. Auf beiden Seiten war wohl so Einiges dabei von den Überraschungen, von denen man sagt: „ Nicht schlecht, brauche ich aber nicht!“
Mein gemaltes Porträt kam übrigens ganz prima an. Jetzt, wo ich die beiden Brüder gesehen hatte, war auch ich sicher, sie gut getroffen zu haben. Carrie standen fast die Tränen in den Augen und sie nahm mich fest in ihre Arme.
Barry hatte zu Weihnachten eine teure Flasche Whisky geschenkt bekommen. Es wurde erzählt, dass sie 65$ gekostet hat. Peter wurde gefragt, ob er einen testen wolle. Er freute sich, denn das Angebot an Alkohol war auf dieser Reise wirklich sehr klein. Es klapperte in der Küche. Barry servierte das edle Getränk im Pappbecher! Typisch! Peter war ziemlich entsetzt! Hier zu Hause ist es eins der Sachen, die er am Liebsten seinen Freunden berichtet.
Das Allerbeste an diesem kleinen Heiligen Abend war, dass alle Tierfreunde im Zimmer verteilt auf dem Tep-pich saßen. Es tobte und flitzte um uns herum. Drei kleine Kätzchen begannen gerade sich für das Spielen zu interessieren. Jana und Andrew hatten sich jeder eine schwarze Katze ausgesucht. Der dritte Kandidat war auch der Beste. Ein kleiner graumelierter Kater. Genau so ein Knäuel hatte ich auch, als ich so alt war wie Jana jetzt. Viele Jahre hat er mich begleitet. Auch das Schnurren hatte er gut im Griff. Wenn er nicht gerade spielte, saß er in meinem Arm und ließ sich verwöhnen. Barry wollte sie im Paket nach Deutschland schicken und sagte: „Germany-Cat!“. Ich grinste. Peter schimpfte sofort: „Never!“ (Nie). Eine Katze wäre das Letzte, was er sich für zu Hause wünschte.
Später hörte ich zwei, drei laute Worte von Carrie. Die Kinder standen sofort auf und gingen ohne Worte in ihre Zimmer. Da herrscht noch Zucht und Ordnung! Voller Respekt verschwanden auch wir.
Unser Standort war jetzt direkt unter dem Ontario See, im Gebiet der „Finger Lakes“. Auf der Landkarte kann man die Seen erkennen, sie sehen wirklich aus wie Finger. Dort herrschte ein raues Klima. Es war windig und es lag Schnee, der auch keine Anstalten machte zu tauen. Wir mummelten uns warm an, für einen großen Naturspaziergang. Der Parkwanderweg, der uns zum Wasserfall mit dem Namen „Taughan-Nock-Falls“ füh-ren sollte, schlängelte sich neben dem fließenden Wasser entlang. Ausgelassen tobten wir im Schnee und nutzten jede Gelegenheit, dem Nassen nah zu sein. Dann standen wir vor dem Wasserfall. Es war schon ganz beachtlich, auch wenn es nun nicht die „Niagara Fälle“ waren, auf die Peter sich eigentlich schon ge-freut hatte.
Es erstaunt mich immer wieder, wo das ganze Wasser herkommt, das Tag und Nacht den Berg herunterläuft. Man fühlte den leichten Wassernebel in der Luft. Die ganze Umgebung war dick vereist, ein idyllisches Bild. Peter hielt es natürlich fest, bevor wie den Rückmarsch antraten. Mit jedem Schritt freuten wir uns mehr auf unser „Thanksgiving- Essen“. Es sollte also wirklich ein Tag werden ohne Fastfood.
Carrie war zu Hause geblieben, um zu kochen. Sie hatte in der Küche noch jede Menge zu tun. Ich störte sie und konnte ihr gleich helfen, die Vanillesoße zu rühren. Zum Dessert sollte es Bananen-Pudding geben. In einem Tablett lag schon eine Schicht Bananenscheiben. Nun folgte Biskuit-Plätzchen und die Soße kam noch oben drauf. Es sieht zwar etwas merkwürdig aus, aber es schmeckt.
Peter schaute zu mir und sagte erstaunt: „Du hast Spaß in der Küche!“ Wir waren schon oft mit vielen Freun-den im Urlaub, jedes Mal gab es Streit mit den Frauen. Sie genießen es alle, den Abwasch gemeinsam zu machen und zitieren den Spruch: „Viele Hände machen der Arbeit schnell ein Ende!“ Inzwischen habe ich es begriffen, dass ich anders bin: Viele Hände und ich bin mit den Nerven am Ende. Aber mit Carrie war es an-ders. Wenn ich sie ansah, wusste ich gleich, was sie als nächstes vor hat und ich konnte ihr helfen. Wir wa-ren ein wirklich gutes Team.
Die Kartoffeln waren in ganz kleine Stücke geschnitten und lagen im Topf, wie Ananas in der Dose. Als sie gar waren, wurden sie mit einer Art Schlagring in der Hand gestampft. Da auch das Wasser nicht abgegos-sen wurde, war dieser Brei etwas durchsichtig. Von Butter und Milch keine Spur. An jeden Platz stellten wir einen großen Becher voll Leitungswasser. Carrie füllte auf und rief die anderen. „Na ja“ dachte ich etwas skeptisch, Peters Blick sah ähnlich aus. Auf meinen kleinen Frühstücksteller lagen nun ein halbes Ei, ein Löffel Stampfkartoffel, ein Löffel mit süßen Möhren und noch zwei Haufen, die nicht so genau zu definieren waren. Es wurde ein Glas mit Marmelade von Preiselbeeren herum gereicht und wärmstens empfohlen. Zwei leichenblasse, weiße Bruststücke Geflügelfleisch bildeten den Höhepunkt. Es sah aus, wie ein Stück vom Bombenhuhn. Später konnte ich in der Küche allerdings das Gerippe mit den Keulen nach oben im Topf se-hen. Es muss wohl ein Truthahn gewesen sein. Aber so lecker wie unser deutscher Entenbraten sah es nicht aus.
Für die Autofahrt nach South Carolina wurde unser Gepäck in mehrere Müllbeutel eingewickelt und schon am Abend auf der Ladefläche des Tracks verstaut. Wir beiden Frauen erledigten die Endreinigung und hatten selbst dabei viel Spaß.
Das Wecken war am Silvestermorgen zu um 5.00 Uhr morgens geplant. Irgendwie ist es allerdings doch 7:00 Uhr geworden. Ohne Kaffee, nur aufstehen und losfahren, so war es abgemacht. Wie ferngesteuert zog ich mich an und stieg ins Auto. Als die Tür wieder zuknallte, schlief ich selig ein.

maiby
03.06.2009, 19:00
5 - Silvester im anderen Land

Seit elf Stunden saßen wir im Auto, was für eine lange Zeit. Peter war sehr froh, dass er nur Beifahrer war. Die Familie war extra mit zwei Autos gekommen, damit auch wir Platz hatten. So brauchten wir kein Auto zu mieten.
Mit seinem Handy sendete er Silvestergrüße nach Deutschland. Die Erinnerung daran kam uns, als wir zu Hause die Rechnung sahen.
War es wirklich der richtige Tag? In Deutschland sollten die Sektkorken knallen und wir fuhren mit 75 Meilen pro Stunde immer den Highway entlang, gerade auf South Carolina zu. Am Himmel nicht eine Rakete, keine Knaller und überhaupt schien das Neue Jahr hier Niemanden zu interessieren.
Wir stoppten, denn Carrie war müde und sie brauchte eine kleine Pause. Die Autos wurden voll getankt. Je-der ging auf Toilette und auch die kleinen Hunde. Carrie schrie mit greller Stimme: „ go pi, go pi“. Sie sollten sich an dieses Geräusch gewöhnen und auf Befehl ihr Geschäft erledigen. Sie hüpften auf der Wiese herum und es klappte auch. Peter nutzte die Chance und kaufte eine Kiste „Berliner“, na ja „Donaus“, wie die Amis halt sagen. Aber Alkohol gab es an der Tankstelle nicht, keine Flasche Sekt.
Weiter ging es. Endlich tauchten die Lichter von Lancaster auf. Wir erklärten Barry unsere Tradition und un-sere Problem, keinen Sekt zum Anstoßen zu haben. Kurze Zeit später bog er zu einem Laden ab. Der Schlüssel steckte schon im Schloss der Tür und es sah sehr schlecht aus! Da waren wir also im großen Ame-rika und nach 19.00 Uhr gab es nichts zu „saufen“. Verrücktes Amerika: so war das also gemeint. Doch Barry war ein echter Freund, er hatte noch eine Idee er gab nicht auf. Er fand eine Kaufhalle die geöffnet war. Mit der ganzen Familie schritten wir zur Alkoholsuche. Wir fanden jede Menge Sekt. Die Bezeichnung auf den Etiketten war uns genauso egal, wie der Preis. Wir griffen eine Flasche und gingen zur Kasse.
Mit einer ordentlichen Geschwindigkeit raste Barry am Wald entlang, es wurde immer dunkler, alle Lichter verschwanden wieder. Ich schaute aus dem Fenster und wunderte mich: „Hier soll noch jemand wohnen?“ fragte ich mich. Tatsächlich, links und rechts am Straßenrand standen Briefkästen. Jeder sah aus wie ein Polizei-Blitzer.
Plötzlich bogen wir scharf in die Einfahrt ein. Das Haus der Familie Ford lag inmitten von vielen Bäumen vor uns. Es hatte eine ungewohnte Form, wie es wohl so auch kein zweites gibt. Es war mit schwarzen Brettern gebaut und etwas mit Rot abgesetzt. Das Dach war rund und aus Blech.
Wir rannten Barry mit all unserem Gepäck hinterher. Der erste Raum war eine Art Vorflur. Zwei große Kühl-schränke hatten hier Platz. An der Seite stand ein großes selbstgebautes Regal mit jeder Menge Futter für Tiere, Töpfen und Schalen. Es schien möhlig, aber es war alles am richtigen Platz. Da alle Schuhe bereits in einer Ecke standen, wollten wir auch unseren die Möglichkeit geben, dabei zu sein.
Hinein ging es in die gute Stube! Gleich kamen wieder Weihnachtsgefühle auf. Der erste Blick fiel auf den großen kunterbunten Tannenbaum. Auf der Treppe saßen zahlreiche Teddys und Snupi´s in allen Varianten. Auf dem weißen glitzernden Kunstschnee war eine Eisenbahn liebevoll gestaltet. Das ganze Zimmer war voll mit vielen weihnachtlichen Kleinigkeiten. Auf dem Foto hatte ich diese Dekoration bereits gesehen, aber so in echt sah es noch viel netter aus.
Ich war sehr froh, dass es nicht so eine piekfeine Vorzeigewohnung war, in der man vom Fußboden essen könnte. Nein, hier konnte man sehen, dass hier jemand wohnt.
Wir wurden in Janas Zimmer einquartiert. Es war klein aber sehr nett eingerichtet. Gegenüber vom Schreib-tisch wächst ein dicker Baum mit zwei Stämmen.
Es war wirklich nicht viel Platz in diesem kleinen Haus. Die beiden Jungs hatten auch jeder nur ein winziges Zimmer. Janas Notlager wurde in einer Bücherecke aufgebaut. Die Liege füllte den gesamten Innenraum komplett aus.
Carrie war froh, endlich wieder zu Hause zu sein. Es dauerte nicht lange, da kam sie wieder aus ihrem Zim-mer und hatte bequeme „Tobersachen“ an. Ihre Schwester schaute mit ihrem Freund ein. Sie hatten, wäh-rend alle weg waren, auf Haus und Hof geachtet.
Barry packte die zahlreichen Kisten mit Nahrungsmittel aus und suchte für uns alle etwas Essbares. So ent-schieden wir uns für ein „Sandwich“. Hört sich schon besser an, als eine einfache Stulle. In der Küche waren alle Sachen in einer Reihe aufgestellt. Salatblätter, Tomaten, die Reste vom Truthahn und Käse, dazu gab es windelweiches Weizenbrot. Auch wenn es nicht traditionell Kartoffelsalat mit Bockwurst war, schritten wir einer nach dem anderen an diesen Platz, und mampften es mit viel Appetit.
Besonders schön an diesem kleinen Heim war der Pool. Ein angebauter Schuppen mit allerhand verschiede-nen Materialien verkleidet. Die Wände hatten Bambusstangen und die Decke diese Badematten, auf denen man am Strand liegt. Sie hatten bunte Lampen aus Korea aufgehängt. Sie waren sicher von der Gastschüle-rin, die im letzten Jahr in dieser Familie lebte. Jede Menge Kerzen in Gläsern, in allen Duftnoten waren am Rand aufgestellt. Das Becken war mit leuchtend türkisfarbener Folie ausgeklebt. Das Wasser lud, mit gleich bleibender Temperatur von 35 °C zu jeder Tageszeit zum Schwimmen ein. An diesem Tag lockte es beson-ders, So sprangen wir ins Wasser und hatten viel Spaß. Es ging also auch ohne „Dinner for one“ im Fernse-hen.
Inzwischen war es schon nach 23:00 Uhr. Einige Schlafanzüge waren inzwischen schon aufgetaucht. Da kam schon etwas Müdigkeit auf. Peter streikte. „Jetzt wird nicht geschlafen!“. Das traute sich auch keiner. Wir spielten noch etwas mit den Katzen. Zwei schwarz-weiße Hundebabys, kleine Chinesische Schopfhunde, durften unter Aufsicht mit in die Stube. Sie hatten es noch nicht so richtig verstanden, dass man sein Ge-schäft draußen erledigen muss. Sie waren sehr wild und klebten ständig zusammen.
Peter öffneten die Flasche Sekt. Wir fanden im Schrank vier gleiche Gläser. Die beiden Teenager durften „zur Feier des Tages“ auch ein kleines Schlückchen trinken, welches wir in ein Saftglas gossen.
Prosit Neujahr! Da startete es auch bei uns, das Jahr 2006. Wir aßen jeder noch einen Berliner und ehe wir uns versahen, waren alle im Bett verschwunden.

Jungtroll
08.06.2009, 14:17
&spinne; na denn mein Leser!

danke für die geschichte les ich gern und bin sicher ich bin nich der einzige leser traut sich wohl sonst nur niemand dazwischen zureden

maiby
08.06.2009, 14:24
6 - Viele Tiere und ich

Die dünne Zudecke mit dem bunten Dschungelmuster hatte ich mir weit über den Kopf gezogen. So richtig warm war es nicht. Federbetten, so kuschelige wie zu Hause, gibt es wohl nicht in Amerika?
An meiner Bettseite war auf dem Fußboden ein Gitter eingebaut. Daraus strömte in Abständen warme Luft heraus. Die Pumpen machten es zu einem lautstarken Erlebnis. So arbeitet die Heizung dieses Hauses. Wir beschlossen: „Dann lieber erfrieren!“ Bücher sind doch sehr nützlich, ein großes und schweres aus Barrys Sammlung legten wir über das Gitter und es war eine idyllische Ruhe in unserem Zimmer.
Aus der Stube hörten wir bekannte Geräusche eines Fernsehers. Mit einer Kindersendung wurde hier der kleine Chase betreut.
„ Kiddi, kiddi, kiddi!“ schrie Carrie mit greller Stimme. Peter zuckte im Bett. Das war der Lockruf für die Kat-zen. Gleichzeitig landeten ein paar trockene Futtermurmeln im Napf. Vor lauter Hunger schluckten die kleinen Schnurrer es. Sicher wissen die Erwachsenen dort nicht, dass davon ein kleines Kätzchen nicht groß werden kann. Sie hätten ja selber mal etwas Gesundes probieren können, statt Hamburger. Ich nutze jedenfalls jede Gelegenheit, wenn ich alleine war, um die Kleinen zu verwöhnen. So ein richtiges leckeres „Deutsches Kat-zenmahl“; ein angewärmter Brei aus Milch, Butter, Toast und etwas Truthahn. Das war ein Spaß. Die kleinen Köpfchen schauten nicht eher hoch bis der Napf leer war. Im Anschluss startete die große Putzaktion. So eine kleine schwarze Katze mit weißem Milchbart sieht ja auch wirklich nicht schick aus.
Draußen war es richtig angenehm, die Sonne strahlte an diesem Tag noch nicht. Angenehm konnte ich meinen Erkundungsgang im T-Shirt beginnen. Jetzt war es Zeit heraus zu bekommen, was hier so an Tieren lebt.
Am lautesten zu hören war ein größerer heller Hund. Im Zwinger lief er aufgeregt hin und her. Ein Englisch Setter mit einer schlanken Körperform, wie ein richtiger Jagdhund. Sein Reich war nicht gerade komfortabel eingerichtet.
„Wer bist Du denn?“ dachte ich. Barry hatte gesagt: „Mein Haus ist auch Dein Haus!“ Also: Ist Barrys Hund auch mein Hund. Ich öffnete den Zwinger und packte den erfreuten Hund am Halsband. Er schleckte mich ab und tobte herum. Ich fand eine alte Wäscheleine, schnitt mir ein passendes Stück ab und knotete es so zu-sammen, dass es die Funktion einer Leine erfüllte. So waren wir nun zu zweit. Ich erzählte ihm einiges in Deutsch und wenn ich konnte auch in Englisch, aber es war ihm relativ egal.
Hinter dem Haus war ein großes Gehege mit zwei Teichen. Auf dem Boden lagen viele Blätter, es sah aus wie bei uns im Herbst. Ganz am Ende gackerten die weißen Gänse. Das waren die, erfuhr ich später, die nächstes Jahr auf der Speisekarte stehen. Ein Emu sah mich seitlich an und verschwand wieder. Es ist kein Streicheltier, sie nutzen die Eier. Eins davon habe ich im Kühlschrank liegen gesehen.
Im Hühnerstall waren zehn fleißige Hühner und ein Hahn zu Hause. Sie hatten noch keine Ahnung von der Vogelgrippe, aber auch sie wohnten in einem Gehege mit Dach. In einer ziemlich alten Voliere flatterten ein kleiner blauer Wellensittich und ein Nymphensittich. Wer für die beiden verantwortlich war, weiß ich nicht.
Die Sau hatte ein kleines eigenes Haus. Was für ein fettes, schwarzes, borstiges, faltiges Vieh. Es lag “brä-sig“ mit der Schnauze nach draußen im Eingang. Ich war nicht sicher, ob die kleinen Beinchen überhaupt in der Lage waren, den gewaltigen Körper zu tragen. Da fielen mir die Reste in der Küche ein, die ich schnell holte. Als ich meine Spaghettis in die Futterschale tat, setzte sich das Teil in Bewegung und kam auch wieder zum Stehen. Es war eine Herausforderung! Die Sau die! Eine Nudel nach der anderen zog sie schmatzend ein, wie es Kinder gerne tun. Da erschien noch ein weiteres lebendes Exemplar zum Fressen. Am Kopf standen zwei schneeweiße Federn, die anderen hatten irgendwann vielleicht auch mal diese Farbe. Das konnte man jedoch nur ahnen. Die Füße waren sehr kurz, das Tier sah aus wie abgesägt. Wer weiß, was das für eine Züchtung war? Sicher so ein Truthahn, wie beim Thanksgiving Essen!
Im Zaun war ein Loch, und ich stieg mit meinem Gefährten durch. Der etwas größere Teich lag gleich dahin-ter. Ein netter Platz. Der Boden hatte eine kräftig orange Farbe und war sehr feucht und glitschig. Mit jedem Schritt sackten wir tiefer ein. Das Wasser war trübe und sah aus wie Milchkaffee. Auf der anderen Seite war ein kleiner Steg, der fast bis zur Mitte des Wassers reichte. Da sprang doch tatsächlich was und kurz darauf noch einmal. Ein Fisch! Mein Entschluss stand fest, hier werden wir angeln. Nun gut wir drehten wieder um.
Am Haus traf ich Peter und mit einem Hund ließ ich mich gerne zu einem Spaziergang überreden! Wir gingen die Straße entlang, bis die Häuser endeten und der Wald begann. Aus jedem Auto, das an uns vorbeifuhr, grüßte uns jemand freundlich. An jedem Haus, an dem wir vorbeikamen, bellte uns ein Hund an.
Auf unserem Gelände im Rasen reinigte ich meine Schuhe, wie ich es zu Hause gelernt habe. Meine schwar-zen Lederschuhe sahen ganz schön miserabel aus. Auf der Terrasse zog ich sie aus und versuchte den Dreck mit ein paar Servietten abzubekommen. Nach dem Trocknen sahen sie dann noch schlimmer aus als vorher. Ich fragte meinen Lieblingsmann, ob er nicht die unendliche Güte hätte, sie für mich zu putzen. Willig stiefelte er zu Barry, um nach Materialien zu fragen. Kurz darauf kam er mit einem dicken Pinsel in der Hand wieder und lachte sich fast kaputt. So werden also Schuhe geputzt. Am nächsten Tag kauften wir eine Tube Schuhkrem, damit ich wieder stadtfein herumlaufen konnte.
Dann trennte ich mich von meinem Hund. Er ließ sich ohne Probleme auch wieder in seinen Zwinger schie-ben.
Die Familie war im Haus damit beschäftigt, ihre Taschen auszupacken, die Wäsche zu waschen und alle Weihnachtsdekorationen wieder in der Kiste zu verstauen. Wir konnten nicht helfen, aber Jana musste mit ran. Wir retteten sie, weil wir los wollten, und Jana sollte uns den Weg zeigen.
So setzten wir uns in unser neues Auto, was uns für die Urlaubszeit zugeteilt wurde. Es war ein Oldsmobil. Peter drehte erst mal an allen Knöpfen, um deren Funktionen zu testen. Aber da Männer ja so viel techni-sches Verständnis haben, konnte Peter auch diese Probleme anstandslos lösen. Er war stolz unser Chauf-feur nach Lanchester zu sein. Wir fanden eine tolle Eisdiele und wir schlemmten fürstlich.

maiby
12.06.2009, 14:20
7 - Janas Schule

Carries Arbeitswoche begann bereits um 6:30 Uhr. Erheblich später startete unser 2.Januar mit einem gemüt-lichen Frühstück. In der fremden Küche versuchte ich mich zurechtzufinden. Peter freute sich, dass ich diese Aufgabe übernommen hatte. So wartete er, bis ich ihm irgendetwas Essbares und frischen Kaffee servierte. Es gab zwar keine Tageszeitung, aber er genoss es immer wieder, seine Prospekte durchzublättern.
Ich nahm den großen Kanister mit der Milch aus dem Kühlschrank, den wir für den Kaffee brauchten. Ich suchte nach einer Scheibe Wurst, Schinken oder überhaupt irgendwas, was man auf ein Brot schmieren konnte. Von einem leckere Fleischsalat keine Spur. Im Angebot nur Marmeladen oder verschiedene Korn-flaks. Abgelehnt!
Dieses große Kaltlager war wirklich voll, unten standen unzählige Soßen. In der Mitte lagen viele undefinier-bare Tüten, deren Inhalt nicht klar war, vielleicht war es auch Tierfutter? Ich tat einen Teufel und ging da nicht bei. Außerdem interessierte es mich auch nicht wirklich. Ein bisschen erinnerte es mich an einen Män-nerhaushalt!
Zum Glück entdeckte ich frische Eier. Ruck zuck landeten sie als Rührei in der Pfanne.
Anschließend merkte ich, wie es Peter juckte etwas Neues zu entdecken. Jana wollte uns ihre Schule zei-gen. Eine gute Idee. Den Weg dorthin konnte sie gut beschreiben. Kein Wunder, denn jeden Morgen fuhr sie diese Strecke zusammen mit ihrem Bruder Andrew im Schulbus. Wir stiegen ins Auto und fuhren, vorbei an dem kleinen Wartehäuschen, welches Barry oben an der Straße für die Teenager gebaut hatte, vorbei an den ersten Häusern der kleinen Stadt. Lanchester war sicher nicht größer als Crivitz. Wir stellten unser Auto auf dem großen Schul-Parkplatz ab und bei herrlich blauem Himmel und warmen Sommerwetter gingen wir die letzten Schritte zu Fuß. Alles war verschlossen, denn es war der letzte Ferientag. Eine riesige Rasenfläche - ein richtiger Park umschloss diesen großen Komplex. Gegenüber vom Haupteingang waren mit Pflanzen die Buchstaben „LHS“ Lanchester High School abgesetzt. Das Gebäude war aus roten Backsteinen gebaut und hatte zwei Etagen.
Etwas erhöht war ein Sportplatz angelegt. Die hochmoderne Laufbahn strahlte im leuchtenden Dunkelrot. Diese Anlage kann zu jeder Zeit von jedem genutzt werden. Eine junge farbige Familie lief an uns vorbei. Sie hatten leuchtende hellblaue und rosa Jogginganzüge an. Die kleine Tochter hatte zu Zöpfen zusammen ge-flochtene, schwarze Haare. Warum nur war hier alles normal. Hier würde keiner auf die Idee kommen die Straßenseite zu wechseln, weil ein Ausländer vorbei geht. Alles war friedlich, harmonisch und die Sauberkeit überall, eine Freude für das Auge.
Am nächsten Tag war in der Schule ordentlich „Action“. Barry lud uns zur Besichtigung ein. Der Parkplatz war richtig voll, aber wir fanden noch einen Platz. Am Eingang kam uns gleich ein stattlicher Polizist entgegen. Die schwarze Uniform hat sicher eine Konfektionsgröße, die wir hier zum Glück nicht kennen.
Am Empfang wurden wir registriert, und wir erhielten jeder einen dicken Aufkleber. Die fachkundige Führung übernahm ein farbiges Mädchen. Ihre Sprache konnte ich überhaupt nicht verstehen. Na ja nicht schlimm, denn man konnte es sich denken. Wir liefen gemeinsam durch die langen Gänge, schauten uns die Aula, die Bibliothek und die riesige Sporthalle an.
Jeder der Lehrer, der uns begegnete, sprach uns an und begrüßte uns herzlich: „Nice to meet you!“. (Schön, Sie kennen zu lernen!) Immer das gleiche Spiel! Das hatte ich auch schnell drauf. Die Antwort war einfach, das Gleiche noch mal sagen und am Ende „too“ (ich auch) ergänzen. In Kombination mit einem freundlichen Lächeln reichte es immer.
Zwei Mädchen liefen hinter uns her und gackerten. Sie hatten unsere deutsche Sprache erkannt. Wir konnten sie trotz aller Bemühungen nicht verstehen. Sie wiederholten es, bis wir begriffen. Sie sagten: „ Volkswagen „ im South Carolina Dialekt. Sie lachten sich fast kaputt. Sie hatten also ein deutsches Auto.
Durch einige Türen konnten wir die Schüler und die Lehrer in gemütlicher Runde sehen. Völlig zwanglos sa-ßen sie zusammen. Mit dem Unterricht in den USA läuft es etwas anders. Es gibt einige Pflichtfächer und solche, die man frei wählen kann. So entscheidet sich jeder Schüler zu Beginn des Schulhalbjahrs für vier Unterrichtsfächer und die entsprechende Schwierigkeitsstufe. Dann ist jeder Tag gleich, immer die gleiche Reihenfolge und das ein halbes Jahr lang. Zum Ende des Halbjahres gibt es einen Bericht, halt wie unser Zeugnis. Jana hatte die Fächer Sport, Theater, Spanisch und Geschichte. In allen Fächern erreichte sie ein Superergebnis: 100% das heißt A.
Dann klingelte es. Aus allen Räumen strömten die Schüler auf den Flur hinaus. Es war laut – aber kein Lärm. Jeder ging schnell – aber keiner rannte. Auf der Treppe war das Nadelöhr. Zwei geregelte Schlangen schli-chen sich nach oben und nach unten. Wir reihten uns brav ein und erreichten wenig später den Empfang. Still saßen wir an dem Rand, um keinem im Wege zu sein. Jana wurde über die Sprechanlage ausgerufen. Es dauerte nicht lange, da war sie bei uns. Erfreut stellte sie uns noch einige ihrer Lehrer vor. Mit ihrem Fleiß und ihrer aufgeschlossenen Art hatte sie alle bezirzt!
Sie zeigte uns ihre Mensa in der gerade Betrieb war. In der langen Schlange standen ihre zwei Schulkame-raden. Britnay, Janas beste Freundin, eine sehr großes, schlankes Mädchen, kam gleich auf uns zugestürmt. Sie umarmte uns innig, als wenn sie uns schon immer kannte. Ich musste grinsten bei dem Gedanken, dass in diesem Essenraum 1800 Schüler sitzen und hier täglich Hamburger, Pommes frites und Pizza essen. Wie sie es wohl in den Griff bekommen, das viele Essen gleichzeitig fertig zu haben. Sicher sind sie froh, wenn es einigen Schülern aus dem Hals hängt und sie auch mal nicht kommen.
Wir knipsten noch ein Foto mit dem Wahrzeichen der Schule dem „Schwarzbären“. Mit dem Klingelzeichen brachten wir Jana zum Unterrichtsraum zurück. Sie flehte uns an: „Bloß nicht mit reinkommen!“ Das ist doch peinlich, am ersten Tag des neuen Schulhalbjahres.
Auf der Heimfahrt fuhr vor uns ein Schulbus. Es war ein Erlebnis. Wenn an diesem Schülerzubringer die Warnleuchten blinkten, kippte der Fahrer vorne aus seinem Fenster ein Stopp-Schild herunter. Wenn der Bus stand, kam auf beiden Seiten sämtlicher Verkehr sofort zum Stehen. So ein Schulbus ist für alle heilig. Jeder wartet, bis er seine Fahrt wieder antritt. Da sich dieses Halteschauspiel alle 200 Meter wiederholte, versuch-ten wir ihn möglichst schnell zu überholen.

Blizzard
12.06.2009, 16:23
Schöne Geschichten

&freu

&kopflos

maiby
13.06.2009, 12:33
8 - Kreativ-Nachmittag

Erster! Ich war angezogen und startbereit, während Peter und Barry noch daran arbeiteten. Es war Zeit tief durch zu atmeten und ich ahnte, dass heute wieder einer der Tage werden sollte, von denen wir sagen, sie gefallen uns.
Neben mir plätscherte das Wasser von einem Becken zum anderen. Die Bauart dieses Komplexes erinnerte mich an die Sandkisten, die es in unseren Baumärkten zu kaufen gibt. Aber sicher hatte Barry dies alles in mühsamer Kleinarbeit, mit eigenen Händen gebaut. Ein Springbrunnen sprudelte Tag und Nacht. Auch das große Wasserrad stand nie still. Diese Anlage passte sehr gut in diese natürliche Umgebung. Es ist der Le-bendbereich für zahlreiche Fische, die bereits eine stattliche Größe erreicht hatten.
Mir wurde bewusst, was ich an deutschen Vorgärten nicht mag. Jeden Quadratzentimeter, der gar so kostba-ren Fläche, haben sie mit Rabatten akkurat gestaltet.
Aus der Gärtnerei werden die verschiedensten Pflanzen herangetragen, die, die bereits zu diesem Zeitpunkt auf dem Höhepunkt der Blütenpracht waren, die, die ab Werk nur noch eingehen. Einige Menschen sind be-strebt mit viel Kraft und Liebe den Zeitpunkt des Verblühens hinauszuzögern. Vielleicht gelingt es manchen sogar einige Pflanzen zu vermehren. Andere hingehen scheuen sich nicht, möglichst schnell in diesen Kreis-lauf einzugreifen. Sie freuen sich, sich wieder mit neuen blühenden Pflanzen belohnen zu können und das möglichst früher als es der Nachbar es schafft.
Besonders „reizvoll“ finde ich immer wehende Preisschilder an den Blumen, Büschen oder Pflanzen. Viel-leicht geben die Käufer damit zu, dass sie sich die Namen der Pflanzen nicht merken können. Aber es sieht doch so aus, als wenn sie es tun, damit alle besser sehen können, was sie sich etwas Teures leisten haben.
Alle da! Los ging es! Barry fuhr uns im Track zu Carries Arbeit. Wir stoppten am Pförtner der Firma Allvac. Er genehmigte uns auf dem großen Gelände eine Schleife zu drehen. Überall lagen Metallteile, Rohre und Ähn-liches. Hier schuftet Carrie als Dispatcher. Sie sorgt am PC dafür, dass die Arbeitsgebiete immer die nötigen Rohstoffe haben. So ganz genau habe ich es allerdings auch noch nicht begriffen. Diese Firma ist Weltführer in der Produktion von Nickel-, Kobalt- und Titanlegierungen. Sie fertigen Spezialstähle für die Luftfahrtindust-rie an. Die hergestellten Metalle sind außergewöhnlich verschleißfest und hitzebeständig. Carries Arbeitsplatz haben wir zwar nicht gesehen, aber ich weiß jetzt, wo sie die Woche über ihre Zeit verbringt und E-Mails an mich schreibt.
Unsere Sehnsucht nach Kartoffeln, Gemüse und einem braun gebratenem Fleisch lockte uns in den Wal-Mart. Wir suchten nach einigen Zutaten, damit ich an diesem Abend ein schönes deutsches Essen vorberei-ten konnte. Wir fanden frische Koteletts und eine Dose Erbsen. Die fertigen Möhren gab es nur in Sirup, also richtig süß. Peter drehte die Dose hin und her und rümpfte die Nase. Wir stellten sie wieder in das Regal und griffen sicherheitshalber zu frischem Gemüse. Ja Semmelmehl hätte ich noch gebraucht zum Panieren. Aber das gab es nicht. So nahm ich Toastbrot mit, welches ich später nach dem Toasten rieb.
Wunderbar. Wir hatten alles zusammen, um Jana mit ihrem Lieblingsessen zu verwöhnen.
Neugierig schoben wir trotzdem weiter durch die helle und menschenleere Kaufhalle. Ich amüsierte mich über die Reste der Weihnachtsware. Überhaupt sah ja fast alles irgendwie anders aus als bei uns in Deutschland. Beeindruckend war auch das Angebot an Waffen. Verschiedene Gewehre und Pistolen standen zum Kauf in der Vitrine. Eine ganze Ecke war voll mit Angelzeug und Campingartikeln. Es gab jede Menge Tarnzeug, als Jacken, Pullover, Mützen und Gummistiefel.
Als wir am Alkoholregal vorbeikamen, entdeckten wir den gleichen Wein in rose, der uns am Abend zuvor von Barry angeboten wurde. Wir stellten einen 5 Literpack als Nachschub in unseren Korb. An der Kasse schau-te uns die Verkäuferin mit großen Augen an. Sie sprach sehr schnell, wir stutzten. Jana dolmetschte. Am Sonntag darf man keinen Alkohol kaufen. Jetzt wusste Jana es auch.
Später zu Hause sah ich, dass jemand meinem Lieblingshund frisches Wasser gegeben hat. Ein Schlauch endete im Trog, der bereits seit einiger Zeit voll war. Die Wassermenge im Zwinger hätte gereicht, um eine Schwimmstufe belegen zu können. Ich suchte und fand den Hahn zum Abstellen. Jetzt wo, ich auch den Na-men meines Freundes kannte, verstand ich sofort, dass er spazieren gehen wollte. Wir verließen das Grund-stück, überquerten die Straße und bogen in den Wald ein. „Wenn man nicht vom rechten Weg abgeht…“ so dachte ich und so sagte auch die Großmutter Rotkäppchens: „ dann wird man sich auch nicht verlaufen!“. Apropos „Laufen“ das konnte „Darley“ wirklich gut. Ein richtiger Jagdhund. Er jagte mich und zwar von einem Baum zum anderen. Sicher witterte er wilde Tiere. Vielleicht einen Hasen oder weiß der Fuchs, was da für Tiere leben. An den Bäumen waren die Ranken eines Geißblatts herauf gewachsen. Ihr Spitzname ist auch „Je länger – je lieber“. Ich versuchte, ein besonders langes Stück heraus zu brechen. Es gelang und ich fing mit den Fingernägeln an, die Rinde abzupulen. Lange Fasern ließen sich auf einmal ablösen und in kurzer Zeit zeigte sich eine helle glatte Oberfläche, wie ungelacktes Kiefernholz. Was liegt näher, als daraus einen Kranz zu wickeln.
An einer Lichtung fielen mir schon von weiten leuchtende hellgrüne Flecken auf. Es war wunderschönes Is-land-Moos. Ich breitete mein
T-Shirt aus, wie Sterntaler ihr Kleidchen, als sie den Goldregen auffangen wollte. So viel ich tragen konnte, zupfte ich ab. So trat ich voll beladen den Heimweg an.
Barry und Peter kamen gerade aus dem Haus. Sie fragten mich gar nicht erst, ob ich sie begleiten wollte. Sie wollten sich noch einiges in der Nähe ansehen. Sie stiegen ins Auto und verschwanden.
Jetzt suchte ich mein Notfall-Bastelset. Eigentlich ist es immer griffbereit in meiner Handtasche, aber in die USA war gar keine mitgekommen. Außerdem darf man Cutter und Nagelschere auch nicht im Handgepäck transportieren. So suchte ich im Koffer nach meinen Arbeitsmaterialien. Ich fand auch noch zwei kleine Ton-töpfchen von einem noch übrigen Gastgeschenk. Ein geeigneter Arbeitspatz war die Holzabdeckung des Brunnens. Weiter ging es mit meinem Kreativ-Nachmittag. Ich wickelte mit meinem Nähgarn etwas Moos auf meinem Kranz, befestigte noch einige andere Naturmaterialien und auch, die kleinen Töpfe. In einem Balkon-kasten steckte ein alter Strauß, den sicher keiner vermissen würde. Ich riss die Köpfe der Blumen ab und befestigte sie mit Draht. Perfekt! Stolz trug ich mein Werk in die Küche. Nun, wo die Weihnachtsdekoration weggeräumt war, schien fast überall etwas zu fehlen. Ich fand einen geeigneten Platz, gleich an der Ein-gangstür. Auf unserer Reise war mir aufgefallen, dass es wirklich nirgends irgendwelche Gestecke, Türkrän-ze oder ähnliches zu finden waren. Wenn es überhaupt jemand, ganz vereinzelt, mit einer Gestaltung ver-suchte, war es ein Strauß Kunstblumen in der Vase.
Ich spielte mit dem Gedanken, das Plastik-Stillleben auf dem Stubentisch zu zerstören. Es hätte sowieso nur noch einen Stoß gebraucht, dann wäre es auseinander gefallen. Ob Carrie mich wohl steinigen würde? Mit mir hätte man das nicht machen dürfen. Aber ich beantwortete mir meine Frage selbst und sammelte mutig, alle Kunstblumen, Plastikgrünpflanzen und ein paar Körbe ein.
Ich schaute neugierig in Barrys Werkstatt. Gleich auf dem ersten Blick fiel mir eine große Astschere auf. „Na Klasse!“ dachte ich und gleich schlich ich wieder zurück in den Wald, um auch ein paar dicke Ranken zu be-sorgen. Aus dem Moos wickelte ich Kugeln in verschiedenen Größen. In Kombination mit einzelnen Blumen aus meinem Fundus entstanden mehrere Gestecke und Tischschmuck. Für den Pool habe ich eine zwei me-terlange Girlande aus Buchsbaum gefertigt und mit bunten Blättern verziert.
Zum Abendbrot machen war es noch zu früh. Angel-Zeit! Ich rührte mir Teig an und schnappte Hund und Angel. Wir stiegen durch das dichte und stachlige Gestrüpp bis zum Steg. Die Angel landete schnell im Was-ser und ich überlegte, ob ich meine Schuhe ausziehe und auch die Füße eintauche. Doch da fielen mir Ja-nas Worte ein. Barry hatte erzählt: „ Da sind Blutegel und Schnapp-Schildkröten drinnen!“ Mit den Schildkrö-ten hatte er Jana sicherlich reingelegt. Aber Blutegel, das könnte schon sein. Allerdings warum sollten die Fische dann meine weiße Teigmurmel fressen? Taten sie ja auch nicht. Einmal musste ich mein Gespräch mit meinem Hund doch unterbrechen, schnell stand ich auf, das Flott war verschwunden, ich zog an, spürte noch etwas Widerstand. Vorbei! Traurig, ich war zu blöd, es war nicht zu ändern. Es stand fest: Es war der falsche Köder! Wir waren nicht traurig, es war Zeit Kartoffeln aufzusetzen.
Das bisschen Haushalt war kein Problem. Erst recht nicht, wenn man so lange wie ich, nichts gemacht hat. Ein Handgriff nach dem anderen saß, auch wenn es nicht die eigene Küche war. Pünktlich auf die Minute hatte ich das Essen fertig, alle Teller aufgefüllt und Leitungswasser aufgestellt. Carrie kam von der Arbeit und wir konnten zusammen Hamburger Schnitzel mit Erbsen und Möhren und Salzkartoffeln essen.
Ein herrlicher Brauch ist es, wenn man nach dem essen so richtig voll und träge ist, lehnt man sich zurück. Die Kinder sind dran. Unter dem Tisch wird mit den Fingern eine Zahl zwischen 1-10 gezeigt. Jeder der Kin-der hat die Chance, die Zahl zu raten. Wer dichter am Ergebnis war, musste abwaschen. Hoffentlich hat Jana dieses Spiel nicht vergessen, wenn sie wieder bei uns ist.
Carrie freute sich, über das leckere deutsche Mahl und auch über die gelungene Dekoration. Sie strahlte über das ganze Gesicht und sagte sogar in Deutsch “Danke!“

maiby
14.06.2009, 20:11
9 - Mallorca für Amerika

Trotz unseres Besuchs ging für Jana alles wie gewohnt weiter. Viel freie Zeit blieb ihr nicht in der Woche. Gegen 16:30 Uhr kam sie nach Hause und setzte sich sofort an ihre Hausaufgaben. Bei der Planung für den nächsten Tag erfuhren wir, dass sie sich schon mit ihren Leuten verabredet hatte. So hatten wir also keine Chance sie zu sehen.
Der Wetterbericht im Fernsehen versprach nur Gutes. Peter schlug vor, ans Meer zu fahren. Er kennt mich schon gut und wusste, dass dieses Ziel wohl so ziemlich das Einzige war, was mich von dieser Naturidylle weglocken könnte. Ich zögerte keine Sekunde und packte ein paar Sachen zusammen.
Nach dem Frühstücken stiegen wir ins Auto. Als der Sicherheitsgurt eingerastet war, flog sofort ein großer Stapel Karten auf meinen Schoß. Peter piekte mit dem Zeigefinger auf den Punkt, wo wir uns gerade befan-den und danach auf einen weiteren, wo wir heute hinwollten. „Na toll!“ dachte ich. Was Peter an diesen Kar-ten liebte, dass schien mir zu missfallen, diese Unmengen von Namen und Nummern!
Wenig später war wieder so ein typischer Fall. Du denkst, du weißt genau wo du bist, hast alles in Griff! Schon standen wir ohne Vorwarnung an der Kreuzung. Ich sah das Schild mit Zahlen, die ich nie zuvor gele-sen hatte. Es beginnt mit dem großen Zweifeln - die Entscheidung fällt – natürlich die falsche Abfahrt! In sol-chen Situationen ist Peter sehr tolerant. Gerne und in aller Ruhe wendet er, um wieder auf den richtigen Weg zu kommen.
So richtige Dörfer gab es gar nicht auf dem Lande. Irgendwie wohnten überall Leute. So gab es auch keine Ortseingangsschilder, so dass man selten wusste, wo man sich gerade befanden. An den Abfahrten der gro-ßen Bundesstraßen las man immer wieder im Wechsel die Ankündigung der verschiedenen Fastfood Buden. Wir kannten sie inzwischen alle. Mindestens fünfzehn verschiedene Namen könnte ich aus dem Stand auf-zählen. Unser Hunger war noch nicht groß genug und wir konnten uns nicht für eine entscheiden. So rollten wir auf der US-Bundesstraße Highway 17 immer weiter nach Nordosten, nahe der Grenze zu North Carolina.
Gegen Mittag erreichten wir Myrtle Beach. Die Stadt ist heute das Mallorca der Amerikaner. Die Preise sind erschwinglich. Es ist einer der bedeutendsten Urlaubsorte an der amerikanischen Ostküste. Es gibt jede Men-ge Freizeitparks, Golfplätze und Theater. Wir parkten unser Auto irgendwo in der zweiten Reihe und stiefelten erst einmal in Richtung Meer. Es gab jede Menge Cafes, Bars und Restaurants. Alle waren geschlossen. Ein 4-D Kino hatte einen brüllenden Dinosaurier an der Hauswand. Es war ein riesiger T-Rex und er konnte sein Maul weit aufreißen. Aber es reichte nicht, um uns am helllichten Tag in diese Dunkelkammer zu locken.
Wir wollten jetzt den Atlantik sehen. Kurz hinter den Häusern tauchte er vor uns auf. Wir gingen zum Wasser und ich tauchte meine Hände ein. Es schmeckte salzig und sofort steigerte sich die Lust hineinzuspringen. Die Wellen schoben eine nach der anderen den weißen Schaum an Land, und mein Badeanzug lag im Auto! Der Strand war spiegelglatt und ohne Steine. Wir schlenderten ein Stück. Ganz vereinzelt fand ich ein paar Muschelteile, die schon nach etwas größeren Lebewesen aussahen. Ein paar riesige Möwen beobachteten uns und die etwas kleineren Vögel liefen um ihre Beine Slalom. So weit das Auge reichte, ein Hotel neben dem anderen und weit und breit kein Mensch in Sicht. Das ist Urlaub pur!
Vor uns stand das Hotel mit dem Namen „Holiday Inn“. Diese Kette wurde uns vielfach empfohlen. Wir fan-den den Eingang und checkten ein. Warum lange suchen! Der Preis stimmte, alles klar. Wir holten unser Auto und besichtigten erst mal unsere Zimmer in der 5.Etage. Mir fiel sofort auf, dass die Bettdecke und die Gardinen das gleiche Muster hatten. Der Stoff war dennoch unterschiedlich. Die Gardinen waren aus glän-zendem Satin. Wir schoben sie weit auf und öffneten die Tür zum Balkon. So genossen wir eine Zeit das Rauschen des Meeres.
Wir spazierten an den vielen Hotels entlang. Für die Kinder hatten sie riesige Anlagen gebaut, als Spielplatz und für Minigolf. Ab und an fegte ein Mitarbeiter den Gehweg, oder eine kleine Baubrigade tat ihr Werk. Wir schauten in einen kleinen Laden. Auf bunten, blauen, gelben und roten T-Shirts stand der Schriftzug Myrtle Beach. Quitsch bunte Kleidung überall. Muschelkästchen, Tassen und Teller mit Aufdruck. Ich hatte meine Hände provokativ tief in der Hosentasche, weil es bei dem Angebot keine Veranlassung gab, sie dort heraus-zuholen.
Kurz darauf lächelte uns die Leuchtreklame von Burger King an. Wir brachen nicht gleich in Jubel aus, aber auf einen heißen Kaffee freuten wir uns schon. Natürlich gab es auch einen kleinen Burger, denn wir wussten ja nicht, wann wir etwas anderes finden würden.
Peter hatte in einem Prospekt die Werbung gesehen, von einem Hardrock Cafe in einem großen Komplex, mit vielen Restaurants und Geschäften: „BRODWAY AT THE BEACH“ Der sollte also irgendwo in der Rich-tung sein, in die wir schlenderten. Langsam setzte auch die Dämmerung ein. Wir dachten: Sicher hinter der nächsten Kreuzung. Da war aber noch nichts! Neugierig trieb der Hunger uns voran. Es wurde dunkler. Wir zwei bescheuerten Deutschen trabten immer noch alleine durch die Nacht. Kein Wunder, dass wir keine Men-schenseele trafen, solche Strecken fährt man einfach mit dem Auto. Irgendwann erreichten wir die Einfahrt. In der Mitte des riesigen Parks sahen wir den Parkplatz und an dessen Seite die Lichter der Gaststätten. Aber auch bis dahin konnten wir nicht fliegen. Mit Mühe und Not erreichten wir unser Hardrock Cafe. Es war eine hübsche große Pyramide mit großen Palmen an beiden Seiten. Wir gingen hinein. Durch das Geschäft er-reichten wir erstaunt das Restaurant. Es waren einige Leute dort, von denen man erwartet, dass sie wissen was schmeckt. So ließen wir uns erschöpft nieder. Das erste Bier leerten wir gleich mit dem ersten Zug. Wäh-rend wir in der Speisekarte blätterten, sahen wir, wie am Nachbartisch ein Riesenteller mit wahnsinnigen Mengen serviert wurde. Wir stutzten und einigten uns dann darauf, erst mal gemeinsam so eine Portion zu verspeisen. Es gab richtig leckeres Essen, mit verschiedenen Fleischsorten, gebratenen, panierten Zwiebel-ringen, Salat und viele Soßen. Den Gedanken, die ganze Strecke wieder zurück zu laufen, hatten wir schnell verworfen. Im Taxi war die Fahrstrecke schnell überwunden. Wir fragten unsere Taxifahrerin und sie erzählte uns, dass es 4 Meilen, also 6,5 km waren.
Der Morgen färbte den Himmel in den schönsten Farben. Er leuchtete durch den kleinen Spalt der Gardinen, die Peter zur Seite zog. Vor uns lag das Meer, mit seiner unendlichen Weite. Die Sonne begann sich am Ho-rizont zu zeigen. Vom Bett aus sahen wir zu, wie sie langsam höher und höher stieg. Ein toller Sonnenauf-gang! Dann verschwand der leuchtende, orange Ball unter einer Wolkenschicht, und auch wir drehten uns genüsslich noch einmal um.
Später begrüßte ich den neuen Tag auf dem Balkon. Die Wellen waren noch etwas kräftiger geworden. Ich dachte: „Unsere Ostsee braucht sich wirklich nicht verstecken!“ Während Peter seine Tasche zusammen-packte und dann „für Stunden“ im Bad verschwand, überlegte ich, ob ich nicht ins Meer springe. Einmal im Atlantic baden? Ich wusste, dass man mir diesen Wunsch nicht von den Augen ablesen konnte. Sollte ich nun in den Tagesablauf eingreifen und meinen Willen durchsetzen? Der Entschluss stand fest.
Wir checkt im Hotel aus und verstauten unser Gepäck im Auto. Ich erklärte Peter mein Vorhaben. Kein Prob-lem! Es war nicht so ungewöhnlich, als dass Peter sich darüber wunderte. Ich breitete mein Handtuch aus und schlüpfte in Windeseile in meinen Badeanzug. Nur nebenbei sei erwähnt, dass ich auch hier die Einzige war. Ich wagte mich hinein. Es kribbelte an den Beinen, denn das Wasser war richtig kalt. Der Sand wurde unter den Füßen weggespült. Einige Male lehnte ich mich gegen die Wellen, und sie zerbrachen an meinem Körper, an dem die Hamburger auch nicht spurlos vorbei gegangen waren. Gerne hätte ich jetzt einmal auf den Grund des Bodens geschaut, mit Tauchermaske und Schnorchel nach der Tierwelt gesehen. Aber diese Ausrüstung hatte ich bewusst im Auto gelassen. Denn der Kopf war nicht im Wasser, das will schon was hei-ßen. Auf den Balkons unseres Hotels hatten sich bereits einige Zuschauer eingefunden, die eine Verrückte beim Morgenbad beobachteten. Als ich völlig munter und gut durchblutet wieder auf meinem Handtuch saß, kam auch gleich ein Polizeiauto mit blinkenden Lichtern an. Peter stand mit dem Fotoapparat schützend vor mir. Doch sie zeigten kein Interesse und fuhren zum Glück langsam an uns vorbei
Wir führten unseren Erkundungsgang am Broadway dieser kleinen Touristenstadt dort weiter, wo wir am A-bend aufgehört hatten. Allerdings fuhren wir natürlich mit dem Auto hin. Es war gar nicht weit. Auch zu dieser Zeit waren kaum Leute unterwegs. Vor dem Hardrock Cafe nutzte ich die Gelegenheit, um mich endlich mal auf eine Harley zu setzen. Ich startete, und mit lautem Geräusch fuhr ich langsam los. Quatsch! Man glaubt doch nicht alles! Das Ding war am Eingang fest verankert und bewegte sich natürlich keinen Meter.
Einen Augenblick hatten wir beide Freude daran, an den Schaufenstern entlang zu bummeln. Ein, zwei inte-ressante Läden schauten wir sogar von innen an, und wir waren froh, dass wir nichts zu kaufen brauchten. Die Anlage hatte viel Wasser, zahlreiche Brücken und war wie ein Vergnügungspark aufgebaut.
Das war unser Myrtle Beach. Leider mussten auch die letzten Besucher diese Stadt verlassen. Wir setzten uns in unser Auto und mit der Karte in der Hand lotste ich Peter wieder in Richtung Lancester.

maiby
15.06.2009, 10:26
10 - Auf den Spuren der Indianer

Da waren wir wieder! Gleich am Eingang des Hauses fiel mir ein seltsames Gartengerät auf. Es war so eine Mischung aus Spaten und Schaufel. Während wir unsere Reisetasche hineinschleppten, arbeiteten schon meine grauen Zellen. Ich überlegte, wo ich wohl die besten Regenwürmer finde.
Barry war neugierig. Sicher hat er jetzt einen Reisebericht erwartet. Etwas schwer für uns. So spuckte Peter den ziemlich einzigen Satz aus: “It was a very nice trip”! (Es war ein schöner Ausflug!) Mir fiel dann gerade noch ein: „I was swim in the Atlantic“. (Ich war schwimmen im Atlantic).
Barry fragte mich. „War es kühl?“ ich antwortete: „Nur cool“. Gemütlich tranken wir Kaffee und zeigten ein paar Bilder. Dann ließ Barry sich in seinen Sessel fallen. Peter versank selig in seine Prospekte. Es schien die „Jeder macht -Was er will - Zeit“ zu beginnen.
So nutzte ich die Gelegenheit, um eine Auszeit zu nehmen. Ich verschwand mit dem ulkigen Spaten hinter dem Haus. Beim Umgraben entdeckte ich ein einziges, winziges rotes Würmchen, welches sich kringelte und sich sträubte in meinen Coca-Cola-Becher einzuziehen. Sollte es alles sein, was an Leben was in diesem Grant-Canon Boden war? Ich versuchte es an mehreren Plätzen und fand wenigsten ein paar dieser kleinen Regenwürmer. Im Kühlschrank schnitt ich mir ein kleines Stückchen vom Kotelettfleisch ab. Ich griff Angel und Hund und zog los.
Ich probierte es auf der anderen Seite. Am Ufer ragten einige Pfähle aus dem Wasser, ich wollte Darley dar-an festbinden. Aber schon beim ersten Widerstand brachen die Hölzer in sich zusammen und schwammen auf der Oberfläche. So knotete ich meine Schnur um eins meiner Beine. Das war überhaupt nicht witzig. Der Hund wollte meist nicht in die gleiche Richtung wie ich. Bei jedem Schritt zog ich ihn hinter mir her. Jedes Mal, wenn ich mich etwas herunterbeugte, versuchte er mich zu überwältigen. Sicher hatte er lange kein Weibchen gesehen! Aber auf mich konnte er auch nicht zählen! Er nervte mich ganz schön.
Auf meinen Angelhaken zog ich gleich drei dieser winzigen Würmer und schmiss mein Flott mit der Wurfan-gel weit hinaus. Fast bis zur Mitte des Teiches. Ob der große Barsch in der Brühe meinen Köder sehen wür-de? Gegenüber am Steg sprangen die Fische. Es war so gemein und bei mir war tote Hose! Zwischendurch versuchte ich es mit Fleisch. Es war schon etwas nervig. Plötzlich, meine Angel lag schon hoffnungslos an der Seite, da zuckte mein Flott. Ich war voll bei der Sache und schaute gespannt, aber mehr tat sich nicht.
Mir ging durch den Kopf, was ich überhaupt mit diesem Fisch angefangen hätte. Wohl möglich hätte ich ihn noch selber braten müssen! Wer hätte ihn dann aber gegessen?
Die Sonne schien. Barry machte den Vorschlag, spazieren zu gehen. Ich freute mich und stutzte, denn auch von Jana kam kein: „ Ach nee! Nicht jetzt! Warum denn? Muss ich wirklich mit?
Wir zogen uns an und quetschten uns alle in den Truck. Carrie hatte Angst wegen der Polizei, aber Barry tat es mit einer Handbewegung ab. So platzierten wir Carrie zwischen den beiden Männern vorne, genau da, wo sich an unserem Auto der Schalt-Knüppel befindet. Ich amüsierte mich mit den drei Kindern auf der Rück-bank. Wir rollten auf dem Highway und ich wunderte mich, dass man so weit fahren muss, um ein paar Schritte zu laufen. So weit war es allerdings doch nicht. Ungefähr 20 Minuten fuhren wir.
Am Eingang des Landsford Canal State Park konnten wir gleich erst mal Parkgebühren löhnen. Das strö-mende Wasser des Catawba war schon von weitem zu sehen. Das war schon mal ein beachtlich breiter Fluss. Lachse waren nicht da, aber wer weiß, vielleicht gibt es da welche? Auf einer großen Tafel fanden wir Hinweise auf „Spider Lilie“, einer hübschen weißen Blume, die in dieser Gegend einen der letzten Standorte auf der Welt hat. Aber um diese Jahreszeit konnten wir keine dieser Blumen bewundern.
So wanderten wir neben dem Fluss, den Lehrpfand entlang, auf den Spuren alter Zeiten. Bevor die Weißen nach Amerika kamen, lebten dort ausschließlich Indianer. Wir erfuhren vom Stamm der Catawa. Es gibt über 1400 Indianer, heute versucht sich der Stamm in der Töpferei und Perlenstickerei.
Die alten Steinmauern, an den wir jetzt entlang liefen, waren früher die Seitenwände alter Handelsstraße. In diesen Kanälen wurde das Wasser gestaut. So konnten die Kajaks und andere Boote von beiden Seiten von Pferden gezogen werden. Hier wurden die verschiedensten Waren verkauft und getauscht. Jeder genoss diese Wanderung auf seine Weise. Der große Andrew wurde wieder ganz klein und versuchte wie ein Affe auf jeden Baum zu klettern. Er freute sich sehr, wenn Peter ihn knipste. Der kleine Chase war froh, dass er seine Mutter mal so richtig „zutexten“ konnte. Hier hatte Carrie endlich mal Zeit. Barry ging gern alleine. Man merkte, dass er diesen Ort liebte. Peter pendelte immer hin und her. Er war froh, sich zu bewegen und freute sich schon wieder auf das nächste Mal. Jana und ich hatten uns fest eingehakt und alberten voran. Wir schnackten über alle möglichen Themen, sangen alle deutschen Volks- und Wanderlieder durch, deren Texte wir kannten.
An der Erde fanden wir dicke fette schwarze Kugeln. Sie waren so ungefähr sieben Zentimeter groß. Ich wunderte mich. Barry zeigte uns, was es war. Wallnüsse, nur etwas größer als bei uns. Jana sagte gleich ganz spontan: „Solche Walnüsse kenne ich nicht“ Es dauerte etwas bis sie kapierte, dass die Schale entfernt werden muss, damit die Nuss aussieht wie aus dem Supermarkt.
Es war ein ordentlicher Marsch und der Rückweg unserer Schleife wurde immer länger. Die Familie Ford wurde immer ruhiger. Sie hatten einen richtigen Sauerstoffschock. Jana sagte, solche Aktionen stehen sonst nicht auf der Tagesplanung.
Der PC war frei. Die Computerecke mit einer Musikanlage stand in einer hellen Veranda. Ein Schaukelstuhl und ein Couch mit vielen Kissen luden zum Verweilen ein. Durch die Fenster, die sich in diesem Haus alle nicht öffnen ließen, konnte man die Teiche mit den Gänsen sehen. An einem der Bäume tobte meistens eins der kleinen blassgrauen Eichhörnchen herum. Es war ein Pärchen. Putzig verspeisen sie immer Nüsse und Eicheln. „Squirrels“ sagte Carrie, so heißen sie in englischer Sprache, gleichzeitig drehte sie ihre Hände, als wenn sie jemanden erwürgen wollte. Was an diesen niedlichen Tierchen, kann man denn nicht lieben, dachte ich und schaute sie fragend an. Sie erzählte dann, dass die beiden nachts auf dem Blechdach des Hauses herumflitzten und ihr den Schlaf raubten. So sind sie in ihrer Skala der Beliebtheit ganz unten gelandet. Als ich etwas schadenfroh grinste, musste ich flüchten, um nicht geboxt zu werden.
Über dem Keyboard hingen viele unterschiedliche Musikinstrumente. Ich kannte sie nicht, vielleicht waren sie von den Indianern. Barry war ein großer Fan von ihnen, von ihrer Einstellungen und ihrem Handeln. Gerne zitierte er sie: „Das Wichtigste ist die Natur - der Ursprung von allem!“
Das Leben im Haus am Wald mit den vielen Tieren bereitete dem Vorruheständler viel Freude. Trotz aller Hausarbeit verbrachte er viel Zeit unter freiem Himmel. Gerne schraubt und bastelt er an den zahlreichen Autos herum. Sie hatten einen richtigen Fuhrpark auf dem Hof. Die Techniker muss ich leider enttäuschen, aber zu den Marken kann ich leider keine Auskunft geben. Außer dem Truck einem Ford F250 und unserem Leihauto dem silberblauen 98 Olsmoble, gab noch ein rotes Chrysler LeBaron Kabriolett, eine Suziki 750, eine rote Covette, Pontiac Firebird und eine silberne Honda. Barrys größte Liebe galt den Trikes. Ein ganz besonderes Modell, welches er selbst gebaut hatte, war seine Samari.
Interessiert hatte ich danach gefragt, denn noch nie bin ich damit gefahren. Stolz holte Barry es aus der Ga-rage und wir bestaunte dieses irre Geschoss. Hinten waren dicke Boxen eingebaut und der Motor lag vorne frei ohne Verkleidung. „Das muss so sein“ sagte Barry. Damit Peter besser einsteigen konnte, nahm er das Lenkrad heraus. Ich rutschte auf den Beifahrerplatz, gerne hätte mal eine Runde gedreht. Aber irgendwas hatten wir gerade vor, wir mussten dringend weg.
So blieb es bei diesem Wunsch. Als wir wiederkamen, war das gute Stück wieder eingeparkt und sauber mit einer Plane abgedeckt.
Barry liebt seine Kinder und auch Jana, die genau wie seine eigenen behandelt wird. Die Kinder sollten den Sinn des Lebens lernen. Wahrscheinlich lief deshalb nicht den ganzen Tag der Fernseher. Seine Meinung war „Es vernebelt die Sinne!“ Ähnlich sah er es auch mit dem PC. Das fand ich allerdings nicht. Ich freute mich schon, wenn mein Kind mir gelegentlich eine E-Mail sendete. Leider musste ich feststellen, dass ich in der Reihenfolge der Wichtigkeit irgendwo in der Mitte von ihrem Freundeskreis gelandet bin. Wie gut, dass ich meine Carrie hatte, die mich mit den nötigen Informationen über mein Kind gerne versorgte.
Das Naturkonzept dieser Familie geht allerdings auch nicht so ganz auf. Ich habe zu Hause schon ein schlechtes Gewissen, wenn ich den vollen Kaffeefilter in den Mülleimer werfe und nicht als Humus sammele. In diesem Haus hatte allerdings überhaupt noch keiner etwas von Mülltrennung gehört. So landeten Peters Bierflaschen, Papier, Plastik und einfach alles in der Mülltüte. Draußen stand die große Tonne, sie wurde aufgemacht und rein damit. Wenn die voll war, trat Plan B in Kraft. Auf dem Hof wurde alles vorbereitet für die eigene Verbrennung. Auf einem Haufen türmten sich die vielen schwarzen Plastiksäcke, die um unsere Rei-setaschen gewickelt waren, viele Weihnachtskartons, Joghurtbecher und vieles mehr. Bei der Entflammung dieses Höllenfeuers war ich nicht dabei, ist wohl auch besser so!

maiby
19.06.2009, 10:06
11 - Vanderbilt und Appalachen

Morgens starteten Peter und ich mit dem Auto in Richtung Norden. Trotz einer langen Fahrstrecke von unge-fähr 300 km war es ein entspanntes Fahren. Für mich allerdings noch mehr als für Peter. Die großen breiten Straßen waren fast leer, die Fahrer diszipliniert und es gibt keine Hektik. Mit dem Tempo nehmen sie es rich-tig ernst. Wir auf alle Fälle, denn sie hatten uns gewarnt. Wer die erlaubte Geschwindigkeit mit 10 Meilen pro Stunde überschreitet und erwischt wird, darf locker 500$ abdrücken. Das ist schon heftig und so stellte Peter brav seinen Tempomat auf Limit und wir rollten langsam dem ersten Ziel entgegen.
Das „Biltmore Estates“ ist das größte Haus der USA im Privatbesitz. Die unzähligen Hinweisschilder führten uns direkt zum Eingang. Neben der Kasse stand ein Modell, welches den riesigen Park mit seiner mehr als 30qkm Fläche zeigte. Das Gelände ist vergleichbar mit dem Potsdamer Park Schloss Sanssouci
Wir fuhren mit dem Auto im Schneckentempo hinein, stellten es wie angewiesen am Parkplatz ab und liefen das letzte Stück zu Fuß. Ich erfreute mich an den interessanten Bäumen, springenden Eichhörnchen und Vögeln. Peter erspähte schon von weitem das Bauwerk. Inzwischen hatte ich mich schon daran gewöhnt, dass es auf jeder Tour ein Schloss oder eine Burg sein musste. Es heißt ja auch Bildungsreise. Schau einer an dachte ich, da können wir Schweriner ja wirklich stolz sein, denn unser Schloss sieht diesem Anwesen wirklich sehr ähnlich.
Auch wenn es mich nicht sonderlich interessiert, habe ich inzwischen herausbekommen, dass dieses Haus 1889 nach europäischen Vorbildern gebaut wurde. Sechs Jahre später zog dort George Washington Vander-bilt ein. Er war der Enkel des Eisenbahnmagnaten Cornelius Vanderbilt,
Wir betraten das Haus. Sofort schwappte uns eine dicke Welle von Touristen entgegen. Die meisten hatten Stöpsel im Ohr und rannten wie verzaubert umher. Das hätte mir gerade noch gefehlt, dass mir da einer un-unterbrochen ins Ohr säuselt! Zum Glück war auch Peter damit zufrieden, dass er alles sehen konnte.
Es gelang uns trotzdem, das Billardzimmer und auch die Bibliothek als diese zu erkennen. Auch der Sinn des Esszimmers war uns klar. Peter schaute durch die Linse und drückte ab. Schon von weiten sah ich, wie einer der Aufpasser jetzt zielstrebig auf Peter zusteuerte. Er schimpfte, denn fotografieren war verboten. Peter konnte sich nur entschuldigen. Sein „Sorry“ schien ihn doch zu rühren und er verschwand wieder! Ist ja auch logisch, wer selber Bilder macht, kauft natürlich nicht die Broschüre. Aber wir taten es trotzdem nicht.
So schauten wir nun nacheinander in alle 250 Zimmer und versuchten krampfhaft, die 65 Kamine zu zählen. Irgendwie sind wir nach einer Zeit dann doch durcheinander gekommen. Mich hat viel mehr interessiert, wa-rum die Betten so kurz waren, als wenn dort eine andere Sorte Menschen lebte. In diesem Haus gab es ja bereits zu Bauzeiten elektrisches Licht und viele technische Geräte, die wir von unseren Schlössern und Bur-gen in Deutschland aus dem Mittelalter nicht kennen. Es gab auch schon ganz normale Toiletten, die eigent-lich wie zu DDR-Zeiten aussahen. Sogar eine Schwimmhalle hatten sie eingerichtet, eine Sauna und einen Fitness-Raum.
Dann streiften wir im Auto noch zahlreiche Brücken, die Reitställe, einige Gartenanlagen und Hotels, die uns allerdings nicht heraus lockten. Eine weitere Attraktion, die unser Interesse weckte, war das Weingut Blitmo-re, die Estate Winery. Durch Glasscheiben erhielt man einen kleinen Einblick in die Herstellung von Wein und Sekt.
Eine große Traube Menschen kündigte die Weinprobe an. Peter hatte eh Pech, denn unser Auto wartete draußen, er durfte nichts trinken. Wir marschierten an der Schlange vorbei zur Weinhandlung. Während ich alle möglichen Cremes und Soßen probierte, schwebte Peter mit den verschiedenen Weinsorten auf Wolke Sieben. Bereits zu Hause hatte er erfahren, dass dieser hochwertige Wein auf Grund der geringen Menge nicht exportiert wird. Peter trifft sich gelegentlich mit seien Weinkennerfreunden, um die eine oder andere teure Flaschen zu testen. So wurde er schwach und wir kauften eine Rote und eine Weiße für zu Hause.
Mit dem Dunkelwerden fanden wir ein kleines Hotel in der Stadt Asheville. Nachdem wir unser Zimmer bezo-gen hatten, ruhten wir etwas aus. Später erkundeten wir die Altstadt. Mit einem kleinen Stadtplan liefen wir den größten Teil des Zentrums ab. So richtig sagten uns die Gaststätten alle nicht zu. Peter wollte nicht zum Chinesen und ich mochte keinen Fisch. Einiges war uns zu teuer und zum Imbiss wollten wir auch nicht. Manche Gaststätten waren total voll, andere so leer, dass es verdächtig war. So suchten wir unschlüssig eine ganze Zeit lang.
Leider musste ich feststellen, dass es in dieser Stadt überhaupt keine dunkle Ecke gab. So wurde uns die Entscheidung abgenommen, weil ich dringend zum „Restroom“ zur Toilette musste. Während Peter sich bei den Wartenden am Eingang einreihte, startete ich gleich durch. Anders als bei uns kann man in den USA überall auf die Toilette gehen, ohne am Morgen danach mit „Garken“ am Mund aufzuwachen. Es ist einfach überall sauber, wie bei uns im 5-Sterne-Hotel. Die Toilettenbrille ist nicht ganz rund wie bei uns, sondern sie hat vorne eine Öffnung von 10cm, wahrscheinlich, damit da kein letzter Tropfen hinauffallen kann. Die Form des Beckens ist wie ein großes halbes Ei. Bis zur Hälfte ist es immer mit Wasser gefüllt. Unten befindet sich ein winziges kleines Löchlein. Sofort stellt sich die eine Frage: „ Passt da alles durch?“ Mit Luftdruck und Höl-lenlärm wurde abgesaugt. Für die Betätigung gab es verschiedene Varianten. Manchmal durfte man selber den Knopf drücken oder den Hebel drehen. einige Toiletten spülten sobald man aufstand. Aber das Aufre-gendste war, wenn die Absaugung in Intervallen erfolgte und man noch ahnungslos auf dem Topf saß. Mit einem Herzinfarkt fühlte man sich wie sterilisiert.
Wesentlich erleichtert hatte ich nun auch kein Problem noch einige Minuten zu warten, bis in dieser Kultknei-pe ein Platz frei wurde und wir an einen kleinen 2-er Tisch gebracht wurden. Auf der Karte standen 90 Biersorten. Die Kellnerin hatte Mitleid mit uns und nahm uns die Wahl ab. Die hauseigene Brauerei war direkt im Keller. Peter war erstaunt, denn das Bier schmeckte richtig gut. Am Nebentisch wurde ein riesiger Teller mit einer Pizza gebracht, die gut einen halben Meter Durchmesser hatte. Es sah richtig lecker aus und so stand meine Wahl fest. Ich bestellte ein einzelnes großes Stück und war auch sehr zufrieden. Peter las lange in der Karte und stutzte über das Wort: „Steak“. Ihm lief schon das Wasser im Mund zusammen. Dann ser-vierten sie das Essen. Peters Steak war in ganz kleine Stückchen geschnitten und wurde wie ein Burger ser-viert. Wir lachten, denn das hatte er nicht erwartet. Wieder war es kein Steak! Geschmeckt hatte es aber trotzdem prima, so gab es dann noch ein oder zwei Bier mehr. Am Morgen freute sich Peter schon auf sei-nen Blue Ridge Parkway. Das ist eine Straße, die sich auf den Kuppen des Grossen Smokey Mountains, eines Teils der Appalachian Bergkette, entlang schlängelt. Das Gebirge streckt sich von der westlichen Gren-ze von North Caroina bis Gatlinburg, Tennessee. Die Namen kommen von den Cherokee Indianern, die die Berge Shoconage nannten, weil die Berge einen blau-grauen Dunstschleier auf den Gipfel zeigen. Alle Pros-pekte versprachen eine landschaftlich reizvolle Fahrt mit spektakulären Aussichten. Neben der Straße fiel uns ein Besucherzentrum auf. Wir gingen hinein um noch ein paar neue Prospekte und Karten für Peter zu be-sorgen. Da erfuhren wir, dass es am Abend zuvor unerwartet geschneit hatte und sie aus Sicherheitsgründen diese Strecke gesperrt hatten. Das war ärgerlich und Peter war richtig enttäuscht. Ein paar Kilometer konnten wir noch fahren und so reichte es wenigstens für ein Foto mit den Bergen im Hintergrund.
Genau zur Mittagssuppe erreichten wir wieder die Stube der Familie Ford. Wir holten uns gleich zwei Scha-len und setzten uns dazu. Im Topf war eine Rinderbrühe mit Fleisch und Nudeln. Sie roch ganz prima. Das Rindfleisch hatte Barry von seiner Mutter gefroren mitgebracht. Ganz stolz sagte er, dass es richtiges Fleisch ist, nicht solches aus der Kaufhalle. Dazu gab es salzige Kräcker und süße Kekse, die dick mit Erdnussbutter aus einem großen Fass bestrichen wurden. Im ersten Moment schon etwas ungewohnt. Aber bereits nach dem zweiten schmeckte es uns auch. Aber sicher ist wohl auch, dass es besonders gut „dickt“!

Mirjamis
19.06.2009, 20:20
Hallo liebe Maiby,

du kannst wunderbar erzählen. Da bekommt man richtig Fernweh, wenn man das liest.
Da habt ihr ja viel erlebt. Schön, dass du uns dran teilnehmen lässt.

Grüßle
Mirjamis

maiby
20.06.2009, 12:47
Danke für´s Kompliment; über ein Echo freue ich mich natürlich riesig.
So its dieses Buch auch entstanden. Meine Eltern, Freunde und Kursteilnehmer haben mich hinter her gelöchert und so hab ich im nachhinein einen Teil nach dem anderen geschrieben. Immer wenn ich im Kurs hab ich vorgelesen.
Inzwischen hat sich Verhältnis zu Gott geändert; aber die Geschichte und meine Worte habe ich nicht geändert, denn zu derzeit waren meine Gedanken so.

12 - Sonntag ist Kirchentag

Ich war gespannt, was es bewirken konnte, dass ein Teenager wie Jana, am Sonntag freiwillig um 6:00 Uhr morgens aufsteht. Sie weckte Peter und mich, strahlte uns fertig geschminkt und fröhlich an. Ihre Haare wa-ren ordentlich nach hinten gebunden und sie hatte ihre „festlich elegante Kleidung“ an, die wir bei der Einrei-se auf Anraten der Familie in die Reisetasche gepackt hatten.
Ich hatte zwar nicht das „Kleine Schwarze“ mit, aber mein bestes Stück, einen langen schwarzen Jerseyrock, dessen unterer Abschluss einige Spitzen sind. Mir war schon klar, dass Jana uns vielen Leuten vorstellen wollte. Ich fragte sie nach ihrer Meinung und sie fand es gut. So „bretzelte“ ich mich halt angemessen auf. Über einen schwarzen Rolli zog ich meinen roten weiten „Jupper“, trat mit meiner Schminktasche vor den Spiegel und erledigte das ganze komplette Programm. Das letzte Problem waren die Schuhe. Was für ein Glück, dass es nicht so kalt war, so konnte ich meine echt ledernen Leisetreter anziehen. Mit Stiefeln wäre mein Konzept nicht aufgegangen.
Peter musterte mich von oben bis unten, da er nichts sagte, war er wohl beeindruckt. Ich hörte, wie sofort seine Gehirnwindungen arbeiteten, denn er stand noch im Unterhemd neben mir. So kramte er in seinem Koffer, suchte und fand auch in seinem Fundus etwas Besonderes.
Mein Mann ist mit der evangelischen Kirche aufgewachsen. Wie selbstverständlich zahlt er auch jetzt noch seinen Beitrag. Meine Eltern hatten nicht viel mit der Kirche am Hut. Mein zwölf Jahre älterer Bruder wurde getauft und bei mir war es etwas aus der Mode gekommen.
Ich glaube auch und zwar daran: Dass nichts zufällig passiert: Das alles im Leben Teil eines Kreises ist. Für mich hat es einen Sinn, etwas Gutes zu tun, auch ohne darüber zu reden. So erfreue ich mich an den Taten Lohn, an den kleinen Zeichen, die ich schon erkenne.
Peter und ich heirateten ohne den kirchlichen Segen. Jana wurde geboren und wir entschieden ihren Weg nicht. Später meldeten wir sie beim Konfirmationsunterricht an. Sie besuchte diese Gruppe gerne, erkannte jedoch bald, dass es nicht ihre Richtung ist. Auch ich hatte Gelegenheit an einem Elternnachmittag teilzu-nehmen. Stur und wie angenagelt saßen die Eltern, die alle in meinem Alter waren, auf den Stühlen und lauschten relativ gelangweilt dem Pastor, einer stattlichen Vaterfigur. Er erzählte eine Geschichte, dass ir-gendwo in Deutschland ein junger Mann in der Mitte seines Lebens plötzlich die Kirche entdeckte und nun halt einen Sinn gefunden hatte.
Alle stellten sich und ihre Meinung vor. Ich erzählte von mir und Jana, die fest entschlossen war nicht konfir-miert zu werden. Diese erstaunten Gesichter hatten so etwas noch nie gehört. Die Krönung war das gemein-same Singen. Ein allgemeines Volksgemurmel. Mit den Texten in diesem umschriebenen Bibel-Deutsch ste-he ich etwas auf Kriegsfuß. Warum nur wird nicht auch so gesungen, wie man heute spricht? Warum auch all die anderen die Augen verdrehten, sich lieber flüsternd mit dem Nachbarn unterhielten oder im Terminkalen-der blätterten, konnte ich nicht verstehen.
Vielleicht wollte ich mit, um zu beweisen, dass es nichts für mich ist. So stiegen wir ins Auto. Es war ein gan-zes Ende bis zur Kirche. Einige waren auch dichter, aber irgendwie waren wohl in dieser Gemeinde alle Freunde, dass die ganze Familie diesen Ort gewählt hat.
Unterwegs kamen wir an mehren Friedhöfen vorbei. Barry hatte uns erklärt, dass sich die Leute in Amerika freuen, wenn Kinder zwischen den Grabstätten spielen. Es ist für sie ein tolles Gefühl zu sehen, wie das Le-ben weitergeht. Auf den Friedhöfen gibt es keine Grabsteine. In Abständen von ungefähr zwei Metern sind in der Erde Blumenvasen eingelassen. Dort steht dann für jeden Toten ein leuchtender Strauß Kunstblumen. Wie sie diese beschriften, habe ich nicht gesehen, vielleicht sind kleine Plattem am Boden oder an den Va-sen.
Wir fuhren bis zum riesigen Parkplatz, der den roten Backsteinkomplex der Kirche umschloss. Aus den Autos stiegen die ersten Jugendlichen, die wir kennen lernten. Wir folgten den anderen die Treppen hinauf. Treff-punkt war in einem Raum. Links sahen die Jungs, alle noch etwas jünger, eine Liga unter Jana und rechts die Mädchen, alle adrett geschminkt und frisiert. Es war Zufall, dass sie sich so sortierten, Bedingung war es nicht. Viele Lehrer, Pastoren und Freunde kamen herein, um uns zu begrüßen. Peter wurde als Taxifahrer gebraucht. So stiegen noch drei ihrer Freundinnen mit bei uns ein. Der Unterricht wurde in das eigene Haus der Teenager verlegt, welches extra angeschafft wurde. Sie sind dabei sich alles nach ihren Vorstellungen einzurichten. In dem kleinen Raum waren die Stühle im Halbkreis in 4 Reihen aufgestellt. Ohne zu zanken, nahmen alle Platz. Einer aus der Gruppe begann einen Absatz aus der Bibel zu lesen. Dann stand ein Lehrer vorne, sprach diesen Text noch einmal mit den eigenen Worten. Inzwischen wurden Kuchen und Kekse ge-reicht. Die Mädchen in der ersten Reihe hatten auch ihre Getränke dabei. Völlig ungezwungen wurde eine Stunde gespeist und diskutiert. Hier fühlte Jana sich also wohl, sie hatte sich taufen lassen und interessiert sich brennend für den Baptismus. Sie lernt und lehrt, unternimmt viel mit der Gruppe und hilft, wo Hilfe ge-braucht wird!
Es ging wieder zurück. Inzwischen hatten sich viele Leute angesammelt. Wir wurden als „Neue“ identifiziert. Schon am Eingang zog mich eine Frau an die Seite. Sie erzählte. Ich verstand sie. Es gelang mir sogar, sie über unsere Herkunft aufzuklären. Ich hatte keine Chance, sie hielt mich fest und erzählte immer weiter. Ich war nicht sicher, ob sie jemals wieder aufhört! Ich erfuhr von ihrem deutschen Cousin….Endlich kam Jana; die Rettung! Sofort ließ sie von mir ab und wechselte zu Jana. Bevor Jana ihren Dolmetscherjob starten woll-te, konnte ich ihr mitteilen, dass ich bereits alles selbst verstanden und erzählt habe. So gelang es uns zu entkommen.
Wir gingen die langen Flure entlang. Hinter jeder Tür saßen Gruppen, ein einziges Menschengewimmel. Plötzlich und unerwartet standen wir am Eingang dieser riesigen Halle. Der Raum war hell und sehr hoch. Das Dach hatte die Form einer Pyramide. Die kleinen Fenster hatten als Scheiben bunte Bleiverglasungen. Die einfachen modernen Motive strahlten in leuchtenden Farben. Vor uns war eine große Bühne. Mehrer Rednerpulte, ein Klavier, ein Schlagzeug waren aufgestellt. Der Chor hatte bereits Aufstellung genommen.
Alles war freundlich, harmonisch und still. Wir gingen bis zu den mittleren Reihen, wo Carrie und Barry bereits saßen. Es war genug Platz. Ich dachte an zu Hause, an unseren jährlichen Kirchenbesuch am Heiligen A-bend. Dort sorgen Schwiegereltern seit vielen Jahren dafür, dass wir mindesten eine Stunde vor Beginn die Plätze blockieren. Während für einige Leute Weihnachten beginnt wenn sie in der Kirche sitzen, startet mein Fest erst danach. Bevor überhaupt der erste Ton aus dem Mikrofon erschallt, ist hier ein wahres Schauspiel zu beobachten. Es startet eine hemmungslose Schlacht um die letzten Plätze. Die inzwischen völlig gelang-weilten Kinder werden von den noch mehr genervten Eltern zur Ruhe gebracht.
In diesem Raum war nicht ein einziges Kind, Sie sind in unterschiedlichen Altersgruppen untergebracht. Hier kommen alle zur Ruhe und können Kraft schöpfen. Es ging los. Ein Mann und eine Frau begannen mit einem Sketsch. Sie spielten: „ Eine nervende Autofahrt zur Kirche“. Mit meinen Englischkenntnissen konnte ich zwar nicht alles verstehen, aber es reichte. Dann ergriff der Pastor das Mikrofon und begrüßte alle. Er konnte es sich nicht verkneifen, auf uns aufmerksam zu machen. Die Leute brachen in lautem Beifall aus. Wir nickten freundlich. Der Chor machte sich bereit. Alle standen auf. Zwei große Bildschirme wurden eingeschaltet, auf idyllischen Hintergründen blendeten sie synchron die passenden Textabschnitte des Liedes ein. Das Klavier begann zu spielen, und einfach alle sangen aus Herzenslust. Es war mir ein Vergnügen, mein Bestes zu ge-ben. Hinter mir ertönte eine besonders schöne Stimme. Es kribbelte am ganzen Körper und man konnte die Nähe, die die Menschen zu Gott haben spüren. Carrie stand neben mir. Sie hatte ein ganz entspanntes Lä-cheln. Die verschiedenen Redner lösten sich ab. Jeder hatte eine andere Art. Sie sprachen mit sehr viel En-thusiasmus und versuchten alle ihre Gefühle in Worte zu legen.
Sie erzählten über Wege des Lebens. Über den richtigen Weg, den man für sich finden muss. Auch wenn ich nicht jedes Wort übersetzen konnte, ging mir diese Stunde mächtig unter die Haut. Ich werde noch lange an dieses Erlebnis denken.

maiby
21.06.2009, 12:50
13 - Chicken Duft hängt in der Luft

Die ganze Familie trudelte nach der Kirche wieder zu Hause ein. Gemeinsam wollten wir zu Carries Mutter fahren. Sie lobten sie alle als gute Köchin, und wir wurden zum „Christmas Dinner“ erwartet. Carrie packte eilig einige Päckchen zusammen. Ich ging zu meiner Reisetasche und holte etwas aus meinem Geschenk-fundus. Dann schlüpfte ich aus meinem Rock wieder in eine praktische Hose. Es war eine schwarze Cordho-se und auch jetzt sah mein Outfit noch recht festlich aus. Barry grinste etwas, was wohl so viel hieß, dass es ihm gefiel. Carrie betrachtete mich und machte Komplimente. „Na, ja“ dachte ich, nun ist ja gut, wenn sie sich morgens zur Arbeit fertig gemacht hatte, sah sie ja auch super aus.
Peter schnüffelte in der Küche herum, auf der Suche nach etwas Essbarem. Das Frühstück hatte er inzwi-schen längst verdaut und er hatte Hunger. Er konnte selber nichts finden und löcherte mich. Die anderen warteten schon in der Tür und sagten: „Wir sind zum Essen eingeladen!“. So griff ich schnell noch eine Hand-voll Äpfel von der Fensterbank und stieg in den Truck. Meine Beiden nahmen mir gerne diese Obstmahlzeit ab. Die anderen sind nicht für so etwas Gesundes.
Nach einer kurzen Fahrt hielten wir bei Kentucky Fried Chicken. Barry bestellte und kurz darauf wurde ein großer Eimer in das Auto gereicht. Der kleine Chase zappelte vor Vergnügen und schrie „Yami, Yami!“. Der Chickenduft verteilte sich im ganzen Auto. Uns lief das Wasser im Mund zusammen. Auch ich hätte nicht abgelehnt, wenn sie etwas angeboten hätten. Taten sie aber nicht, Carrie hatte den Schatz sicher in ihren Arm. Barry hatte die Heizung voll aufgedreht und ich fühlte ich mich, wie ein Grill-Hähnchen.
Zu Hause hatte Carrie erzählt, dass sie ihre Mutter nicht mag. Sie erwähnte, dass sie seit der Kindheit kein gutes Verhältnis hatten. Dem Vater war wohl mal die Hand ausgerutscht. Genau wusste ich es auch nicht und ich fragte auch nicht. Die Mutter ist starke Raucherin und auch das eine oder andere Bier verschmäht sie nicht am Tag. Dieses Verhalten kann Carrie überhaupt nicht verstehen. Aus diesem Grund darf sie ihr Haus nicht betreten. Sie treffen sich höchstens alle zwei Monate. Dieser Tag war nun. Wir hielten an einer großen freien Rasenfläche, an einem allein stehenden Haus. Eine schlanke, rüstige Frau mit kurzen schwarzen Haa-ren trat freundlich heraus und begrüßte uns. Wir gingen durch die Küche und setzen uns in die Stube. Die ganze Familie war eine ordentliche Invasion. Die Wohnung war picobello aufgeräumt und blitz-sauber. Eine dicke, graue Kugel mit Augen und vier Streichholzbeinen kam uns entgegen. Es muss wohl ein Hund gewe-sen sein. Im Elternhaus wohnt auch die kleine Schwester von Carrie. Kandy war ungefähr 30 Jahre alt. Mehr ein flippiger Teenager, sie schob einen kugelrunden Bauch vor sich her. Dieses Baby war kein Wunschkind. Der Vater hat sich verkrümelt. Aber sie kann die Zeit bis zum Geburtstermin im Mai kaum erwarten.
Es war wieder Weihnachten. Nun inzwischen das fünfte Mal. Die Bescherung begann, alle schleppten ihre Kartons heran. Zuerst wurden die Kinder versorgt. Der kleine Chase war glücklich über sein Spielzeug. Auch Jana war erstaunt, denn sie hatten ihren Geschmack getroffen. Es gab ein Duftwässerchen mit den passen-den Cremes. Andrews Pullover war schick, und das Preisschild mit 50 $ war auch noch dran. Anders sah es dann hingegen bei den Erwachsenen aus. Carrie schaute schon etwas skeptisch. Sie wusste wohl, dass die Mutter sie nicht kennt und dass all diese Geschenke nicht vom Herzen sondern aus dem Geldbeutel kom-men. So erhielt Barry, der mit der Lunge so viele Probleme hat, einen neuen Jogginganzug. Carrie rannte mit rosa Frotteepuschen herum, die die Füße massierten. An ihren Mundwinkeln erkannte ich, dass sie bald in der Mülltonne verschwinden werden …Und als ob ich es nicht geahnt hätte, auch für uns war was dabei. Das passte ja gut, schnell holte ich meine Schachtel Lübecker Marzipan-Herzen und einen gefilzten Apfel heraus und reichte es Mom. Sie war überrascht und verschwand gleich im Schafzimmer, um eins zu probieren. Wir rissen unsere Geschenke auf und Kandy ging mit dem großen blauen Müllsack herum, um das ganze Papier einzusammeln. Peter erhielt einen schneeweißen Jogginganzug. Er war sicher, dass er den nie anziehen wird. Meine schwarze Strickjacke fand ich erst gar nicht so schlecht, jetzt hängt sie auch im Schrank. So ist das mit der „Schenkerei“! Meist erfüllt sich nur der Schenker einen Gefallen.
Jetzt verschwand Mom wieder in der Küche, um die letzten Handgriffe am Essen zu erledigen. Tochter Carrie folgte artig, um zu helfen. Sie kam wieder zurück und zog mich mit in die Küche. Sie platzierte mich an einen kleinen Bar-Tisch. So konnte ich ihr etwas zur Hand gehen. Das Wichtigste jedoch war für sie, dass sie nicht mit ihrer Mutter alleine war.
Die ganze Küche war rot weiß einrichtet. Die Uhr und viele kleinen Dekorationen waren von Coca Cola, ir-gendwie witzig. Passend dazu erhielten wir auch ein Glas mit rotem Erdbeerwein. Die Beiden waren ein ei-genartiges Gespann. Sie konnten sich nicht in die Augen sehen. Dabei hatten sie fast die gleichen Augen und sie waren sich sehr ähnlich.
Sie kamen mir vor wie zwei Pfähle im Fluss. Es ist schon viel Wasser an ihnen entlang geflossen, jeder Pfahl war mal ein Baum. Alleine sind sie schwach, man könnte sie zusammenbinden, dann hätten sie Kraft für viele Jahre. Die kleine Schwester hatte schon „das Seil“ in der Hand. Kandy versuchte sie krampfhaft zu überre-den, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und sich wieder zu vertragen.
Es roch gut, alles was da auf dem Herd entstand: Ein großer Topf war voller weißer Bohnen, der Kohl hatte die gleiche Farbe wie unser Spinat, nur halt nicht so klein gehackt. Der Kartoffelsalat und die Nudeln sahen aus, wie bei uns zu Hause.
Jetzt hatte Mom einen Augenblick Zeit. Sie schmiss den riesigen Propeller in der Küche an und zog eilig ein paar Züge an ihrer Zigarette. Carrie hatte überhaupt kein Verständnis und rollte mit den Augen. So schlimm war es wirklich nicht.
Zum Trinken hatten sie süßen kalten Tee mit Zitronenscheiben vorbereitet. Den kann man in den USA fast überall bekommen. In einer roten Coca-Cola-Kühltasche warteten jede Menge Eiswürfel. Nachdem ich am Anfang alle möglichen Getränke probiert hatte, blieb ich jetzt immer bei Cola. Zu Hause schaue ich dieses Zeug nicht an, aber hier war wenigstens das drinnen, was drauf stand. Als auch das Kräuterbrot im Backof-fen fertig war, wurden wir zum Essen gerufen. Peter kam verwundert herein, weil nirgends eine Tafel zum Essen aufgebaut war. Da sahen wir die Vorbereitung, Christmas Dinner mit Papptellern und Plastik-bestecken, aber auch das passend im Coca Cola Trend. Andrew fragte, ob sie kein Geschirr haben. Gleich bekam er einen Anranzer von seiner Mutter. Sie sagte: „Willst du hinterher abwaschen?“ Er verneinte und so war das Thema durch!
Das Geheimnis der Chicken Eimers wurde gelüftet. Es waren leckere panierte Hühnerkeulen, die jetzt dieses Essen ergänzten. Jeder schaufelte sich etwas auf seinen Teller und suchte sich irgendwo einen Platz. Ich blieb gleich mit in der Küche. Einige saßen in der Stube. Wieder mal wurde zu viel gegessen!
Zum Nachtisch wurden wir mit selbst gemachten Lebkuchen, mit Nüssen und Früchten gefüttert. Es war wirk-lich kein Platz mehr im Magen. Wir mussten uns dringend hinlegen.
Ich kuschelte mit Jana auf der Couch. Das Lieblingstier von Mom versuchte mit mir Kontakt aufzunehmen. Aber irgendwie konnte ich mich nicht für dieses Hündchen begeistern. Carrie schnarchte im Nebenzimmer und Barry lag mir zu Füßen auf dem Fußboden. Auch er begann immer tiefer zu atmen.
Peter ergriff schnell die Flucht und ging mit Chase an der frischen Luft die Gegend erkunden.
Damit er seinen Wissensdrang auch an diesem Tag noch etwas stillen konnte, zeigte uns Barry auf der Heim-fahrt noch ein paar alte Häuser. An diesem Ort wurde der Kinofilm über den Bürgerkrieg „Der Patriot“ mit dem Schauspieler Mel Gibson gedreht.
Zu Hause begann das große Geschenke tauschen. Peter freute sich über Barrys dunkelblauen Jogginganzug. Mit einem Lächeln entsorgte er sein weißes Gewand an Carrie. &frosch

Mirjamis
21.06.2009, 15:51
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen .....

Inzwischen stell ich mir die ganze Familie, bzw. beide Familien, schon richtig vor.

Jungtroll
22.06.2009, 18:19
da komm ich ja kaum noch mit mit lesen hab nur schnell angelesen und spar mir das für nachher auf danke wie mirjamis sagt man hat das gefühl man sei dabei

maiby
25.06.2009, 09:08
Na, wenn ihr uns jetzt kennt, dann lest mal weiter!

14 - Daytonas Sperrmüll auf Palmen

Es war Sonntag. Die zweite Woche Urlaub war um. Eine blieb uns noch. Peter schaute in seine neue Glanz-Karte von Florida, die er sich gekauft hatte. Am liebsten wollte er nach Key West, der südlichsten Stadt der Vereinigten Staaten. Übrigens hat hier Ernest Hemingway, der große amerikanische Schriftsteller, für eine gewisse Zeit gewohnt. Dort wurde eine Brücke gebaut die mehr als 160 km (100 Meilen) vom Festland Flori-das ins Meer reicht.
Bei uns zu Hause brachte vor etwa einem Jahr eine meiner Teilnehmerinnen im Malkurs eine Freundin mit. Sie war zu Besuch aus Delray Beach, Florida. Irgendwie ist es mir gelungen, dass auch sie einen Pinsel in die Hand nahm. Mit ein bisschen Anleitung, stellte sie am gleichen Abend noch ihr erstes Acryl-Bild fertig. Bevor wir unsere Reise begannen, hatte ich mit ihr Kontakt aufgenommen. Sie war so was von freundlich und interessiert. Ganz eifrig schrieben wir beide E-Mails und sie lud uns ein, ein paar Tage bei ihr zu verbringen. Dieser Gedanke kreiste in unserem Kopf, aber es sind natürlich wahnsinnige Entfernungen, die wir hier in Deutschland nie an einem Tag fahren würden. Wir hätten dann gut vier ganze Tage im Auto verbringen müs-sen.
Mir gelang es auch einmal an den heiß begehrten PC zu kommen und ich fragte per E-Mail an, ob wir mal anklopfen können? Auf die Antwort brauchten wir nicht lange warten. Sie schrieb, dass ihre Tochter gerade erst weggefahren ist und sie eigentlich gar keine Zeit habe. So wurde uns diese Entscheidung abgenommen. Jana verfolgte interessiert unsere Pläne und war nicht sonderlich begeistert. So lange im Auto sitzen, dann alleine mit den Eltern. Aber, dass wir die ganze Woche alleine weg wollten, schien ihr auch nicht zu behagen. Carrie hatte ihr gesagt, wenn sie mit will, kann sie fahren, mit der Schule ist es kein Problem. Sie schwankte. Gerade jetzt, wo sie seit einer Woche neue Fächer und Lehrer hat, wollte sie in der Schule nicht fehlen. Am Mittwochabend wollte sie sich mit Freunden treffen, die sie aus ihrer Kirchengruppe kennt.
So einigten wir uns: Wir wollten nicht so weit fahren und am Mittwochabend zurück sein. So startete die Fa-milie Wendig am Montag früh komplett in Richtung Süden. Die Fahrstrecke auf den großen Autobahnen war prima ausgeschildert und das Auto rollte richtig gut. Wir hörten Musik, „snackten“ und zum Essen stoppten wir in irgendeiner der Imbissgaststätten. Peter sagte, je weiter wir runter fahren, so wärmer wird es. So sta-chelten Jana und ich ihn ordentlich an und er fuhr immer weiter. Am Straßenrand tauchten immer mehr Pal-men auf. Hier waren sie nicht angepflanzt, wie wir es aus der Türkei kennen.
Kurz vor der Stadt Detona Beach war wieder ein Besucherzentrum ausgeschildert. Wir bogen vom Highway ab und parkten. Meine beiden Kundschafter gingen hinein. Sie fragten danach, was man hier so unterneh-men kann. Einen ganzen Stapel mit Prospekten brachten sie mit raus. Beim Anschauen quietschte unsere Tochter vor Vergnügen, weil so viele bunte Fische auf den Fotos zusehen waren. Eine Adresse von einer Tauchbasis war auch dabei.
Eine riesige Brücke, die aussah, als wenn man direkt in den Himmel startet, überquerten wir gleich am Stadt-rand. Bei der ersten Gelegenheit stoppten wir, um nach dem Weg zu fragen. Zuerst wollten wir die Taucher sprechen. Das klappte prima und wir waren nur knapp vorbei gefahren. Wir drehten um und fuhren ein klei-nes Stück zurück. Da wehte auch schon eine große bekannte Fahne. Wir betraten den Laden und Jana ü-bernahm als Dolmetscher das Gespräch. Die Verkäuferin war sehr hilfsbereit und nett, aber sie wollte auch nicht mit uns tauchen. Sie erklärte uns, dass um diese Jahreszeit hier kaum einer ins Wasser geht. Höchs-tens am Wochenende laufen ein paar Aktivitäten. „Alles Weicheier“ dachten wir. Warum die sich so anstellen, man hat doch einen Anzug an. In Deutschland habe ich meinen ersten Tauchgang im Schweriner See bei ganzen 3°C absolviert. Aber es nützte nichts, das Tauchen konnten wir uns also abschminken.
Wir suchten erst einmal ein Hotel und landeten wieder im „Holyday Inn“. Kurz darauf tauchten Jana und ich erst einmal im hauseigenen Pool. Wir stellten uns die bunten Fische vor, die neben uns schwimmen könnten. Peter konnte an unserem Spaß leider nicht teilhaben. Er war froh, alleine im Zimmer zu sein und sich unter der Dusche berieseln zu lassen.
Den Rest des Abends wollten wir nun doch nicht im Hotelzimmer verbringen. Wir wollten uns draußen tref-fen. Da ich mal wieder als erster fertig war, schlenderte ich noch mal gemütlich die Grenzen des Hotelgelän-des ab. Es gab keine Schilder mit „Schutt abladen verboten“, auch nicht in übersetzter Form. Vielleicht lagen deshalb so viele ausrangierte Möbel herum. Der ganze Waldrand sah wirklich nicht gut aus. Ein großer Hau-fen Sperrmüll war aufgetürmt auf Palmen. Das war wirklich ein Trauerspiel. Die armen kräftigen Pflanzen hatten dicke Holzplatten, Gardinenstangen und Bettteile auf dem Kopf. Ich schritt sofort zu guten Taten und stellte mich als wahrer Lebensretter dieser Phönixpalmen
dar. Mit dem Fuß trat ich die gröbsten Teile zur Seite und man konnte sofort sehen, wie sich ein Blatt nach dem anderen aufrichtete. Aber viele andere waren verschüttet! Allen konnte ich nicht helfen. Ein kleiner Able-ger stand etwas abseits. Da musste ich einmal dran ziehen, aber er war fest im Boden verankert. Da tat sich nichts. Was soll es auch, es gibt sie bei uns auch in jedem Baumarkt zu kaufen. Außerdem habe ich eine Palme zu Hause, die schon seit zehn Jahren prima wächst.
Als meine beiden kamen, fuhren wir gleich mit dem Auto los, damit wir nicht wieder km-weit latschen müssen. Wir besorgten uns in einer Kaufhalle noch ein 6Pack Bier für den Abend und gingen noch etwas Essen. Dann endete unser Tag gemütlich im Hotelbett.
Das Frühstück am Morgen wurde nicht im Hotel serviert. Wir hatten einen Gutschein für eine Gaststätte die gleich nebenan war. Dort war ein großes Büfett aufgebaut. Ein Paradies. Aber die einzige die so richtig zu-schlug, war ich. Peter mag morgens nicht deftig essen und Jana war mit einer Schale Kornflaks zufrieden. So schlug ich ordentlich zu, damit der Preis auch gerechtfertigt war.
In einem von Peters zahlreichen Prospekt hatten wir eine Anlage mit Fischen gesehen. Jana erkundigte sich über das Telefon. Es war geöffnet, aber der Preis war erschreckend. Diese Stadt Orlando war auf alle Fälle ein gutes Ziel, so konnten wir uns die Sache einmal von dichtem
Betrachten.
Vorher wollte uns Peter das Daytona Speedway-Stadion zeigen. Wieder mal war er bestens im Bilde. Ziel-strebig erreichten wir den Parkplatz und das riesige Stadion lag direkt vor uns. Das Gelände war voller Pal-men, der Himmel war strahlend blau und die Sonne schien schon ordentlich warm. Wie konnte es denn auch anders sein, der Eingang war nicht auf unserer Seite. So konnten wir, wie jeden Tag, erst mal wieder eine ordentliche Strecke laufen. Vor der Eingangstür stand ein richtig toller, gelber Flitzer. Jana tanzte wie ein Fotomodell davor herum. Sie funkelte ihren Vater mit dem schönsten Augenaufschlag an, damit er durch die Linse schaut. Innen gab es jede Menge Geschäfte, mit Fotos, Souvenirs und allen möglichen Formel1 Sa-chen. Wir waren erstaunt, dass wir für das Stadion keinen Eintritt bezahlen mussten. Vielleicht gehen deshalb immer so viele Leute zum Formel1-Rennen, dachte ich. Das könnte mir ja nicht gefallen. Da fährt dann alle „zehn Minuten“ mal ein Flitzer vorbei.
Ein hoher Zaun trennte uns von der vier km langen, ovalen Rennbahn. Auf den Rängen saßen schon ein paar Leute. Der Stadionsprecher sagte ein kleines Rennen an, das in wenigen Minuten starten sollte. Na, das passte ja gut. Das Jana-Kind konnte dem Vater noch ein T-Shirt aus dem Kreuz leiern, denn auf so ein Sommerwetter war sie nicht eingestellt.
Da sahen wir auch schon die ersten Putzfahrzeuge, die die Rennbahn reinigten. Ein wenig später hörten wir es knattern, im Hintergrund. “ Wuuschhhhhhhh!“ Da raste ein Flitzer an unserer Nase entlang. Ein Höllen-lärm, dass man sich die Ohren zuhalten möchte, aber dann war es ja eh zu spät. Irre! Man konnte es kaum aushalten. Der Fahrtwind wirbelte den Dreck hoch. …Und zack, da kam noch ein zweiter. Das war ja doch irgendwie ganz witzig, muss ich zugeben. Peter versuchte ein Foto zu machen, nach ein paar Versuchen schaffte er es auch.

maiby
29.06.2009, 09:55
15 - Das Paradies gleich hinten links

Bis nach Orlando war es nicht weit. Dreißig Meilen waren inzwischen mit dem Auto keine Entfernung mehr. Ich hatte mich blöd genug angestellt, jetzt übernahm Jana meinen Job als Karten-Leser. Wir erreichten den Parkplatz des Discovery Cove. Ich hatte Zeit, die tollen Bepflanzungen dieses Geländes zu bewundern und erfreute mich an den vielen großen Palmen, die wirklich eine Augenweide waren.
In unserem Prospekt waren Bilder von Delphinen, Walen und vielen bunten Fischen. Aber was in diesem Komplex abläuft, hatte ich noch nicht begriffen. Auf alle Fälle hatte der Eintrittspreis uns mächtig schockiert. Eigentlich war es nichts für unseren Geldbeutel! Noch war die Entscheidung, ob wir hineingingen nicht gefallen.
Janas Augen leuchteten, aber sie riss sich zusammen, um keinen Piep von sich zu geben. Denn, wenn Peter in solcher ungewissen Situation, von uns genervt wird, kann es schon mal passieren, dass er ruck zuck ins Auto steigt und die Heimfahrt antritt. Er sagte: „Die Badesachen nehmen wir gleich mit!“ Das hörte sich doch schon mal ganz gut an. Meine Aufgabe war es, im Auto die nötigen Badesachen zusammenzupacken. Die Reisetasche war schnell fertig.
Der Eingang sah von außen aus, wie ein altes Bauernhaus. Das Dach war allerdings nicht mit Stroh gedeckt, sondern mit Palmenblättern. Wir betraten die große Empfangshalle. Die Wände waren in orange und gelben Farben gestrichen. Viele tolle Zimmerpflanzen waren aufgestellt. An der Decke hingen große, blaue Delphine und aus den Lautsprechern tönte leise romantische Entspannungsmusik. Alles Werbung! Eine junge Frau wartete am Schalter und sie erklärte uns gerne, was alles geboten wird und dass es einen Tarif gibt, in dem man den Eintritt für diesen Aktionspark erhält und gleichzeitig noch für den auf dem Gelände auf der anderen Seite, dort wo sich auch die Killer-Wale befinden. Mit jedem Satz den Jana hörte, wurde sie immer aufgeregter, und auch ich bekam schon ganz weiche Knie. Peter trug es mit Fassung und sagte dann „Jo!“ Da plumpsten uns schon mal die Steine vom Herzen. Jetzt wieder so nach Hause fahren, wäre ja auch saublöd gewesen. Die Frau tippte unsere Namen ein. Dann kam die Frage: Wollen Sie mit den Delphinen schwimmen? Peter fragte:„Was kostet es denn?“, in dem er mit den Fingern das Money-Money Zeichen vorführte. Die Antwort kam schnell: „100$ pro Person dazu“. Peter schaute mich an „Das gönnen wir Jana“ sagte er und wartete auf meine Meinung. Ich nickte und stimmte zu. „Willst Du auch?“ kam es dann gleich noch hinterher. Diese Frage hatte ich mir schon die ganze Zeit gestellt, aber ich konnte sie mir nicht beantworten. Eigentlich ist die Frage doch eindeutig und die Antwort genau so. Wer will den nicht mit Delphinen schwimmen? Aber diese Reise war schon jetzt sehr teuer. Sogar das Anschauen der Wolkenkratzer in New York hatte Geld gekostet, allerdings für alle drei. Für 100$ muss ich zu Hause zwei Abend-Mal-Kurse geben! Jetzt war aber keine Zeit mehr zum Überlegen, Peter wollte eine Antwort. Ich spuckte es aus „ Ja, ich will!“ Dann fing ich an zu zittern und musste an das „Ja-Wort“ im Standesamt denken.
Doch was kam, Peter sagte: „Mit Delphinen: drei Mal“ Ich stutze, dass auch er sich entschieden hatte. Jetzt hielt Jana es nicht mehr aus, sie fiel mir um den Hals und schrie: „Delphine, Delphine!“
Peter reichte elegant seine Kreditkarte rüber. Sie verschwand und mit ihr der nächste Türkei Urlaub, der es wohl sonst gewesen wäre. Aber egal. Nun war es passiert und wir freuten uns voller Erwartung auf diesen Tag.
Einer nach dem anderen trat vor die Kamera, um ein Foto zu schießen. In kürzester Zeit hatte jeder eine Art Kreditkarte mit Foto um den Hals. Dann teilte sie uns unseren Termin mit den Delphinen mit, die also um 14:30 Uhr auf uns warten. Sie stellte uns einen sportlichen Taucheranzug vor, in dem ein junges Mädchen steckte. Zusammen verließen wir den Eingang. Auf einer großen Terrasse, konnte man einen großen Teil der Anlage überblicken. Aber keiner würdigte diesen Ausblick. Jana berichtete sofort von unserer Herkunft und die beiden Mädels übernahmen die Spitze. Achtlos liefen sie weiter. Eine Palme war hübscher als die nächste, sie hatten die verschiedensten Formen, die ich noch nie im Leben gesehen hatte.
Ich hatte aufgeholt und ging jetzt neben Jana. Vor uns lag ein langer gerader Weg. Am Rand leuchteten viele bunte Pflanzen. Das Ende war eine dunkelgrüne Hecke. Ich sagte zu Jana:„Da hinten links muss das Paradies sein.“ Sie lachte und wollte es gleich unserer Führung übersetzen. Ich knuffte sie, das musste ja nicht sein. Dann waren wir am Treffpunkt, wo wir später abgeholt werden sollten. Sie erklärte uns, was wir jetzt alles unternehmen können und wünschte uns einen schönen Tag.
Eigentlich hätte ich gleich noch mal wieder zurückgehen können, aber auch an diesem Platz war es genau so toll.
Alle Leute liefen hier in einer schwarzen Pelle herum, so suchten wir die Ausleihstation. Sie war gleich neben uns. In einem großen Karree standen Kleiderständer mit vielen Taucheranzügen auf Bügeln. Mit sicherem Blick musterte uns eine junge Frau von Kopf bis Fuß und reichte uns jeweils die passende Größe.
Wir suchten uns ein Schließfach und schritten zum Umziehen in die Waschräume. Alles in diesem Park war auf viele Leute eingestellt. Es gibt für alles „Normzeiten“. So gelang es uns in wenigen Minuten wieder im schwarzen Dress vor der Tür zu stehen. Wir schlenderten vorbei am weißen Sandstrand und an den vielen weißen Liegen, die alle nicht belegt waren. Es war eine herrliche Ruhe! Es gab so viel zu entdecken!
Aber erstmal knurrten unsere Mägen und das ganz schön heftig. Essen „all inklusive“ das Zauberwort. Was kann es Besseres geben. Nach dem Eingang des Speiserestaurants brauchten wir nicht lange suchen, wir folgten unserer Nase und gingen einfach dem Duft entgegen. Diesmal brauchten wir keine englische Speisekarte zu lesen. Auf einem großen Tisch hatten sie auf Eiswürfeln die Muster des Essens auf Teller aufgefüllt. Das war echt Klasse, so konnte man gleich sehen, wie alles aussieht! Peter wählte wieder einen dicken Burger, Jana suchte sich ein paar Chicken Nugats mit Pommes aus, und mich lächelte das Lachsfilet mit Reis an. Es war richtig lecker
Jana und ich wollten dringend ins Wasser. Es kribbelte wie doll. Wir sahen uns an und rollten mit den Augen. Peter genoss Löffel für Löffel seine dicke Sahnetorte zum Nachtisch. Aber mit unseren Blicken ist sie ihm dann doch im Hals stecken geblieben. Er konnte sie nicht aufessen.
Wir rannten zum Wasser. Das Becken war ein künstlich angelegter See. Ringsherum waren Naturfelsen und ein richtiger kleiner Sandstrand. Bis zu den Knöcheln waren wir im Wasser und die Temperatur ging. Aber die Anzüge waren schon angebracht. Unsere Tauchermasken und unsere Schnorchel hatten wir ja zum Glück aus Deutschland mitgebracht. Jetzt kamen sie zum Einsatz. Wir spuckten kräftig in unsere Masken, damit die Scheiben nicht beschlugen. Voller Spannung gingen wir tiefer.

Jungtroll
29.06.2009, 16:14
das geht ja schlag auf schlag danke vielmal für die erzählungen ich les mir das nachher in aller ruhe durch

maiby
05.07.2009, 15:24
Wow - doch so viele Besucher auf dem Thread, dann werd ich mal wieder einen Teil reinsetzen.

16 - Schweben mit dem Teufelsrochen

Inzwischen reichte mir das Wasser bis zu den Knien. Etwas in Gedanken erschrak ich wahnsinnig. Wild schwankte ich hin und her und konnte mich gerade noch an Jana festhalten, um nicht ins Wasser zu kippen. Fast wäre ich auf einen dicken Manta getreten. Er lag im Sand auf dem Boden und war mit seiner schokola-denbraunen Farbe kaum von einem Felsen zu unterscheiden. Aufgescheucht schwamm er davon.
Dann tauchten wir ab, um noch mehr zu sehen. Das Wasser war super klar und sauber. Unter der Oberfläche sahen wir die schönsten bunten Fische, sie bewegten sich völlig normal und fühlten sich überhaupt nicht belästigt.
Plötzlich erschien ein großer Teufelsrochen direkt unter mir. Ich streckte meine Arme weit aus. Wenn ich meinen Finger streckte, hatten seine gewaltigen Seitenflossen die gleiche Größe wie ich. Wir schwebten zu-sammen durchs Wasser. Ich war beeindruckt, denn es war kein Film. Es war echt und ich konnte es kaum fassen. Dann wollte mein Freund tiefer. Ich holte tief Luft, tauchte hinterher, und ich konnte ihn mit der Hand streifen. Er fühlte sich an, wie ein großer nasser Butterpilz.
Nachdem ich diese ersten schönen Eindrücke verdaut hatte, konnte ich auch Jana wieder wahrnehmen. Sie war genau neben mir, am farbenfrohen Korallenriff. Wir begleiteten die Schwärme der tropischen Fische. Auf einmal starrten uns aus der Tiefe der Mitte zehn große Haie an. Sie hatten eine stattliche Größe und wir dachten an den „Weißen Hai“. Wie konnte es sein? Wir näherten uns der Höhle und einer Glasscheibe. Es war perfekt gemacht. Oben bildete ein Bootswrack gut getarnt den Abschluss, so dass keiner etwas ahnte. Die großen Ungeheuer waren in einem extra Becken. Sie genossen die Anwesenheit der vielen zappelnden Menschen. In der nächsten Höhle waren die Barrakudas. Wir schwammen ganz nah vor der Scheibe, Auge um Auge - Zahn um Zahn waren wir ihnen gegenüber. Jana und ich tauchten auf und wir quietschten vor Spannung. Jana wollte versuchen die Scheibe zu berühren. Sie versuchte es einige Male, schreckte im letz-ten Moment jedoch wieder zurück. Sie sahen so gruselig aus. Das Maul hatten sie weit aufgerissen, so dass wir ihre großen Zähne sehen konnten! Vielleicht wären sie blitzartig auf uns zu gekommen? Aber ich versuch-te es nicht.
Im Nebenbecken sammelte sich eine Gruppe Leute. Es schien Irgendetwas zu beginnen. Auch wir wechsel-ten die Örtlichkeit. Es war ein ganzes Becken voll kleinerer Mantas. Wir wurden aufgefordert unsere Füße auf dem Boden zu lassen und nicht zu schwimmen. Fütterung war jetzt angesagt, und da kann so ein Fisch schon mal den anderen Zeh mit verspeisen. Wir schauten etwas skeptisch und hielten uns selbstverständlich an die Anweisungen.
Die Manta-Mama öffnete einen Eimer mit frischen Fischen. Wahrscheinlich waren es Heringe. Die Köpfe hatten sie sauber abgeschnitten. Dann wurde gezeigt, wie es mit dem Füttern geht. Man streckt die Hand wie zur Begrüßung, greift den Fisch an der untersten Schwanzflosse, so dass die Schnittfläche zum Kopf nach oben zeigt. Dann muss nur noch der Daumen sicher versteckt werden, damit er nicht mit verspeist wird. Dann hält man den Arm tief unter Wasser. Jeder erhielt drei Fische und durfte es selbst versuchen. Die Mantas kreisten bereits aufgeregt in unserer Nähe, sie kamen von allen Seiten. Ich machte mich startklar für diese akrobatische Leistung. Meine beiden Reservefische hielt ich in der linken Hand hoch in die Luft. Den dritten hatte ich, wie ich es gelernt hatte festgehalten. Jetzt schaute ich mit der Maske unter Wasser und tauchte meinen Fisch unter die Oberfläche. Es klappte. Sofort wurde ein Kandidat aufmerksam. Glitschig glitt er auf meinem nackten Arm entlang. Wie durch einen Strudel zog er mir den Fisch aus den Fingern. Es schien, als ob er vor Dankbarkeit mit mir kuschelte. Ein Schauspiel! Ich tauchte wieder auf, nahm die Hand aus dem Wasser und zählte meine Finger. Es waren noch alle da. Auch die anderen beiden Fische konnte ich fach-männisch abgeben ohne irgendwelche körperlichen Verluste.

maiby
07.07.2009, 18:43
17 - Wer hat einen Vogel

Schon erwartete uns ein nächster Höhepunkt. Wir hatten etwas von einem Freiflugvogelhaus gelesen. Es war nicht leicht zu finden, aber wir hatten ja einen Mund zum Fragen. Der Eingang war wirklich sehr unscheinbar, denn große Pflanzen versperrten die Sicht zur Tür. Wir gingen durch die kleine Schleuse, ein warmes, feuch-tes Klima schlug uns entgegen. Das Licht war etwas gedämpft, wie in einem der großen Gewächshäuser die man so kennt. Gleich am Rand stand jemand mit einem Eiswagen. Er hatte was. Erst mal war er ein richtig hübsch, junger Mann und dann zauberte er aus seiner Kiste noch etwas viel besseres als Eis. Er verteilte quick lebendige Würmer. Jeder streckte bettelnd seine Hand hin. Sofort krabbelte es wie wild, in meiner Faust. Skeptisch drehte ich mich um. Sofort landete der erste Vogel auf meinem Arm. Er hatte die Größe einer Taube. Sicher, er war keine exotische Schönheit, aber wer kann das schon von sich behaupten! Mit seiner Zutraulichkeit hatte er gleich meine Sympathie erobert, und er durfte einen meiner kostbaren Würmer kosten. Weil es so schön war, kam auch gleich noch einer von dieser Sorte auf meinem Kopf. Das waren schon andere Kaliber, als so kleine „Hansis“ die süßen kleinen blauen Wellensittiche, die ich so liebe. Peter hatte den Fotoapparat zur Hand. Gerade als er abdrücken wollte, setzte der Kandidat zum Angriff auf ihn an. Er landete sicher auf seinem Kopf und so sind auf diesem Foto auch die wunderschönen langen schwarz-weißen Schwanzfedern drauf.
Jana durfte noch mehr Farbe auf ihrer Hand bewundern. Das Vögelchen leuchtete in Neonfarben mit einem gelbem Körper und einem orange Kopf. Mir wurde per E-Mail von einem Vogelfreund mitgeteilt, dass es ein Sonnensittich war.
In diesem riesigen Areal flatterte so einiges herum. Alle kamen allerdings nicht so dicht. Vielleicht hatten sie keinen Hunger. Ein lustiges Tier, dessen Namen ich nicht kenne, war auch noch nicht satt. Es sah aus wie ein Reh auf Kängurubeinen. So eine Rasse habe ich zuvor noch nie gesehen.

http://666kb.com/i/bag187kfrszcge45n.jpg

maiby
11.07.2009, 23:46
18 - Mit Flipper auf Du und Du

Aufgeregt fragten wir oft nach der Uhrzeit, um unseren Termin nicht zu verpassen. Wir kamen an der großen künstlichen Meeresbucht vorbei, in der mindestens 30 Delphine leben. Durch eine kleine Glasscheibe konn-ten wir den ersten sehen. Er schwamm aber sehr entfernt vorbei. Ab und zu sprang der eine oder andere im hinteren Teil des Gewässers. Noch waren sie alle unerreichbar. Doch wir wussten, dass es sich gleich än-dern wird. Wir überlegten und keiner sagte etwas. Wie werden sie es organisieren? Wie wird die Haut eines Delphins sein? Samtig? Wie Gummi? Oder aalglatt? Viele offene Fragen. Wir brauchten nicht mehr lange auf die Antworten warten.
Wir erreichten den vereinbarten Treffpunkt. Es war ein kleines, kreisrundes Häuschen mit einem Dach aus Palmenblättern. In der Mitte waren im Halbkreis Plastikstühle aufgestellt. Zwei dicke Heizstrahler sorgten für angenehme Temperaturen. Wir waren die ersten und setzten uns. Wenig später trudelte noch ein weiteres Ehepaar ein. Gleich wurden wir von einer jungen Frau begrüßt, und sie erklärte uns wie alles abläuft und untersuchte uns auf Ohrringe, Ketten und anderen Schmuck. Auch unsere Schnorchel mussten wir abgeben. Auf das Klauen solcher Kleinteile sind die Delphine spezialisiert. Wir erfuhren, dass die Tiere es nicht mögen, wenn man ihnen im Gesicht oder an den Augen herumkrabbelt. Dann schaltete sie uns einen großen Bild-schirm an. Wir sahen einen kleinen Film, der über die Lebensweisen der Delphine informierte.
Ich stand bis zum Bauchnabel im Wasser und streichelte diesen liebenswerten Delphin. Er fühlte sich wie ein Neoprenanzug an. Eigentlich weiß ich nicht, wie ich dort hingekommen bin. Ich wurde magisch angezogen. Während die anderen seine Schwanzflosse bewunderten, sah ich ihm als erste in der Reihe genau in die Augen. Du denkst, dass er alles versteht, was du denkst. Er hieß zwar nicht „Flipper“ sondern Max, aber er machte die gleichen Geräusche, wie im Film. Als wenn er mit den Menschen spricht. Ein junger Mann konnte dieses gut zwei Meter lange Tier wie eine Boje drehen. Max genoss die 10 Hände. Von wegen Gefangen-schaft. Es machte ihm mächtig Spaß! Der mochte dieses Spiel und noch mehr die frischen Fische, die es zwischendurch gab. Wir durften auch füttern. Jeder bekam einen Fisch. Ich tauchte mit meinem Fisch unter Wasser und reichte ihm den Imbiss. Ganz vorsichtig nahm er ihn mir aus der Hand.
Inzwischen waren auch noch einige Fotografen mit im Wasser. Wie bei den Dreharbeiten eines Hollywood-Film schlichen sie um uns herum. Über ihre Kameras hatten sie zahlreiche durchsichtige Plastiktüten ge-stülpt.
Max hatte Pause und war nicht mehr zu sehen. Unser Betreuer beschäftigte uns. Jeder sollte unter Wasser seine rechte Hand auf sein linkes Knie legen. Dann wollte er pfeifen und wir sollten die Hand dann schnell aus dem Wasser ziehen und den Arm nach oben strecken. Er hatte die Pfeife im Mund und blies kräftig hin-ein. Wir taten es. Im selben Moment, als unsere Hand aus dem Wasser kam, schoss auch Marx mit seiner gesamten Länge nach oben und platschte voller Wucht vor uns auf die Oberfläche. Was da für eine Kraft hinter steckt. Das ganzes Gewicht bis auf die letzte Schwanzspitze aus dem Wasser zu heben. Sie schaffen es mit einer Leichtigkeit. Es ist wirklich Wahnsinn. Jeder durfte Max zum Dank küssen. Ich ging auf ihn zu und hob langsam seine Schnauze aus dem Wasser und drückte ihm einen dicken „Schmatzer“ auf. Es gab keinen Knall, wie bei der Prinzessin, die den Frosch küsste, aber als ich das Nasse auf meinem Lippen spür-te, war sicher, dass ich wach war.
Nun stellten wir noch mal ein richtiges Foto. Ich fasste Max mit beiden Armen um den Bauch und er hob die Schwanzflosse weit aus dem Wasser, damit es auf dem Foto gut aussieht. Er kannte den Ablauf ganz ge-nau. So entstand auch unser Familienfoto.
Wir drei Wendigs schwammen zur Mitte der Bucht. Unsere Betreuerin erklärte uns, wie wir uns am Delphin festhalten sollten. Wir Frauen ließen Peter den Vortritt, denn er ist nicht so ein guter Schwimmer und er wäre sonst noch in Schwierigkeiten gekommen. Auf einen Pfiff kam Marx an die gewünschte Parkposition. Peter „stieg auf“ und ab ging es wieder ans Ufer.
Nach Jana war ich an der Reihe, ich durfte meinen linken Arm um die Flosse legen und mich gut festhalten. Die Fahrt begann. Ich merkte, wie er kräftig mit seiner Schwanzflosse gegen meine Füße schlug. In einem Affenzahn zog er ab und das Wasser spritzte zur Seite. Ein richtiger Kraftakt. Ich musste schon ordentlich zupacken, um nicht abzurutschen. Auch wir erreichten sicher das Ziel.
Zum Abschied winkten wir alle und auch Max hatte das gut gelernt. Er verschwand in seiner Bucht und wir verließen das Wasser. Es waren die schönsten „100€“Ausgaben meines Lebens und ich habe es nicht be-reut.
Eigentlich war geplant, dass wir an diesem Tag wieder ein Stück in Richtung Norden fahren. Der Park auf der anderen Seite sollte um 18:00 Uhr schließen. Das lohnte sich ja gar nicht hinein zu gehen. Jana war es bei diesem Angebot nicht mehr wichtig am Mittwochabend zurück zu sein. So beschlossen wir in diesem Para-dies zu bleiben und uns ein Zimmer zu suchen, damit wir den nächsten Tag im Park „Sea World“ beginnen können.
Peter wollte sich zurückziehen. Sein Bedarf an Wasser war gedeckt und er hatte Angst, dass ihn sonst doch noch Schwimmhäute zwischen den Fingern wachsen. So zog ich mit Jana los und wir begannen noch mal von vorne.
Wir tauchten und verabschiedeten uns von den bunten Fischen, grüßten noch einmal die bösen Raubfische. Wir durften auch noch mal die Rochen füttern. Dann stiegen wir in den schönen warmen Badekanal. Dieser künstliche, tropische Fluss mit den versunkenen Ruinen und versteckten Grotten schlängelte sich durch den ganzen Park. Wir ließen uns von der Strömung treiben und genossen die Umgebung mit den vielen Wasser-fällen. Ich erschrak noch einmal. Unter mir war ein dicker brauner Fleck. „Wieder ein Manta?“ Nein. Diesmal war es aber eine Imitation. Diese Schweinebacken! Sie wussten es ganz genau! Die Aufpasser lachten sich fast schlapp! Genauso geht es wohl allen, die dort vorbeischwimmen.
Wir stoppten auf eine heiße Schokolade an einer kleinen Bar. Jana schäkerte mit den jungen Männern. Ich bewunderte ihre Englischkenntnisse. Mir gelang es gerade mal mit Ja oder Nein zu antworten. Wir erfuhren, dass es sieben Orka Wale gibt im Park auf der anderen Straßenseite. Sie empfohlen uns die verschiedenen Shows. Es gelang ihnen, uns den Mund so richtig wässerig zu machen.
Der Wasserkanal durchquerte auch das Vogelhaus. Ein dicker Wasserfall verhinderte, dass die Vögel abhau-en. Wir tauchten durch. Jetzt gab es Obst zum Füttern für die Vögel. Als wir die ganze Anlage noch einmal umrundet hatten, waren wir zufrieden. In aller Ruhe gingen wir zu den Kabinen und begannen mit dem Um-ziehen.
Mit normalen Sachen setzten wir drei uns gemütlich an einen Tisch mit Strandblick. Es gab noch ein Täss-chen Kaffee und Schokolade und ein paar Chips. Wir ließen den Tag Revue passieren, nicht eine Sekunde davon wollten wir missen!
Der Weg zum Ausgang führte an den tollen Palmen entlang. Wir schlenderten langsam an ihnen vorbei. Ich machte meine Familie auf diese ungewöhnlichen Formen aufmerksam. Ein junger Mann vom Personal kam uns mit einer Kamera entgegen. Wir stellten uns für ein Abschlussfoto auf. Es war im Preis enthalten und so warteten wir gerne ein paar Minuten, bis wir es mitnehmen konnten.

Mirjamis
12.07.2009, 19:30
Hallo liebe Maiby,
du kannst so richtig interessant und spannend berichten.
Ich bewundere deinen Mut, Fische anzufassen und sogar Würmer.
Aber es muss ja ganz toll gewesen sein, was ihr da erlebt habt.

Jungtroll
15.07.2009, 15:53
danke und freu mich schon auf die fortsetzungen

maiby
15.07.2009, 21:40
19 - Augen zu und durch

Morgens standen wir rechtzeitig auf, um möglichst früh im Park „Sea World“ zu sein. Der Parkplatz war riesig. Alles lief sehr geordnet ab. Langsam, aber sicher begann die Völkerwanderung in Richtung Eingang. Peter war skeptisch und nicht sonderlich begeistert. Er erwartete den Abklatsch unseres Hansa-Parks. Mit Fahren mit Karussells hat er nichts am Hut, und die damit verbunden nervenden Menschenmengen hasst er auch. Bereits am Eingang erinnerte alles daran. Nur das Logo war anders. Was bei uns die Robbe ist, war in die-sem Park der Wal.
Wir gingen zum Tor und mit unserer Karte konnten wir problemlos eintreten. Auf einmal waren alle Menschen verschwunden. Durch diese riesige Größe hatte sie sich verteilt. Jana und ich hatten freiwillig den Plan in der Hand und Peter war bereit, willenlos hinter uns her zu laufen.
Vor uns waren schöne Gehege. Wir sahen die Flamingos, die noch viel roter waren als unsere im Tierpark. Es gab Schildkröten, Krokodile und vieles mehr. Die ganze Anlage war auch hier wunderschön bepflanzt.
Als Ziel hatten wir uns eine fette Achterbahn ausgesucht. Jana wollte auf alle Fälle damit fahren. Früh am Morgen bestanden gute Chancen, ohne lange Wartezeiten einsteigen zu können. Ich hatte gesagt, ich kom-me mit. Auf dem Weg dorthin hatte ich schon ein komisches Gefühl. Mit dem „Twister“ oder einer Walzerbahn fahre ich schon mal ganz gerne, aber die Achterbahn ist nicht so ganz mein Fall. Aber ich kenne das Gefühl wie es ist gut, wenn man irgendetwas tun will und jemanden braucht, der mitmacht. Meine Dankbarkeit ist sehr groß, wenn es mir gelingt eine Begleitung zu finden. Nun war ich an der reihe. Mein komisches Gefühl verstärkte sich, als ich direkt davor stand. Die vielen Loopingschleifen der Bahn sahen gefährlich aus. Leider brauchten wir nicht warten. Ehe ich mich versah, saß ich in diesem Geschoss. Der Bügel klappte herunter. Während Jana aufgeregt sabbelte, war ich total ruhig und völlig mit mir beschäftigt. Ich stellte mir die Frage: „Was tust du hier?“. Da ruckte es auch schon und es ging los. Es ging höher und höher. Dann stoppten wir in fast senkrechter Lage und schauten direkt zum Himmel. Ein Sprecher forderte uns auf für das Foto zu win-ken. Jetzt noch winken? Meine zwei Hände waren viel zu wenig, um mich festzuhalten und auf gar keinen Fall interessierte mich irgendein Foto. Ich wusste, dass es in wenigen Sekunden von dieser Höhe wieder herunter geht. Auf diesen Moment musste ich nicht lange warten. Alle kreischten, als wir auf dem höchsten Punkt waren. Die Abfahrt war nicht zu sehen, denn sie war exakt senkrecht unter uns. Der Wagen kippte nach unten. Augen zu und durch. Mein Herz blieb stehen. Wir fielen, fielen und fielen. Wir schienen über-haupt nicht unten anzukommen. Ich öffnete meine Augen und tatsächlich; ich hatte es überlebt. Die kleinen Loopings, die dann noch folgten, waren völlig harmlos. Am Ausgang schauten wir gespannt auf das Foto. Ich war leider so weit zusammen gefaltet, dass man mich nicht sehen konnte. Jana wollte gleich noch mal. Ich lehnte dankend ab, denn mein Bedarf war gedeckt. Vielleicht steige ich Mal wieder ein!
Die nächste Anlage war eine Wasserrutsche mit einem richtigen Schloss. In einem Wagen, der wie ein Baumstamm aussah, fuhren die Leute herunter und wurden unten so richtig geduscht. Ich war eigentlich ganz froh, dass Jana kein Interesse hatte, nass zu werden.

Jungtroll
17.07.2009, 15:01
beim lesen hat man das gefühl man fahre da selber mit ich mag achterbahnen und auch diese wasserbahnen da kann ich nich genug kriegen wenn nur das anstehen nicht immer wäre

maiby
17.07.2009, 15:23
Freud mich, wenn Ihr Euch beim Lesen mitfreuen könnt!

20 - Viel mehr im Meer

Nach dem Teil des Vergnügungsparks erwartete uns jetzt ein gemütlicher Spaziergang durch einen wunder-schönen Tierpark mit Meerestieren. Das nächste Gehege auf unserem Weg, war das der Seekühe. Sie wer-den in englisch „Manaties“ genannt. Gleich vor der Anlage hatten sie zwei Buchsbäume auf die Form dieser Tiere geschnitten. Von einer Brücke aus sahen wir auf die Anlage herunter und entdeckten gleich drei dieser witzigen Gestalten. Sie trieben wie Bomben im Wasser und leuchteten mit ihrer knalligen hellblauen Farbe. Gehört hatte ich schon mal von diesen Tieren, aber sie nun life zu sehen, war Klasse. Die Pfeile und Weg-weiser lockten uns nach unten. Eine digitale Anzeige zählte rückwärts und verriet uns, dass die Tür, vor der wir standen, in 10 Minuten aufgehen sollte. Gespannt standen wir davor und warteten mit allen anderen ge-duldig. Punkt Null wurden wir hinein gebeten und in einen kreisrunden Raum geführt. Da schnell die ersten Leute auf der Auslegware Platz nahmen, taten wir es auch. Das Licht ging aus und es begann ein kleiner Film in 3 D. So umkreisten uns die dicken Seekühe in Animation und wir erfuhren, dass sie vom Aussterben bedroht sind und es von dieser Spezis nur noch 2000 Stück gibt. Durch die Glasscheibe konnten wir diese sanften Riesen bei der Fütterung beobachten. Diese sonst eher trägen Tiere liefen jetzt zur Höchstform auf. Die Kohlköpfe hatten sie schnell in ihren Vorderpfoten, um genüsslich davon abzubeißen. Das war ja so was von niedlich!
Wir kamen auf eine große Menschentraube zu. Die Anlage der Delphine war heiß begehrt. Hier hatte man die Möglichkeit Flipper & Co anzufassen. Bis an den Rand des Beckens zukommen war kaum möglich. Alle lehn-ten sich zum Wasser und grabbelten mit den Händen im Wasser herum, um einen Delphin anzulocken. Ab und an tauchten sie aus dem Wasser auf und ließen sich streicheln. Die Haut von ihnen war voller Kratzer. Trotz der vielen Aufpasser hatten irgendwelche „Unterirdischen“ es sich nicht verkneifen können mit den Fin-gernägeln ihre Spuren zu hinterlassen. Es bestand auch die Möglichkeit, selber zu füttern: mit
5,00 $ war man dabei. Jana beobachtete dieses Schauspiel. Sofort, wenn jemand mit einer weißen Papier-schale und den darin liegenden drei Fischen ankam, tauchten Interessenten auf. Der liebste Vater schlich natürlich sofort los und beschaffte dem Kind auch eine Portion Fisch. So konnten wir noch einmal ganz nah an die Delphine heran.
Gleich daneben war das Delphinarium bereits geöffnet. Die Zuschauer strömten scharenweise heran, und auch wir suchten uns einen Platz. Die ersten Reihen der Sitzplätze waren noch ganz leer, denn es waren Schilder angebracht, mit dem Hinweis, dass es dort etwas nass werden könnte. Jana und ich fanden genau das richtig lustig und wir setzten uns genau deshalb dort hin. Auch Peter blieb bei uns. Wir bewunderten die farbenfrohe Bühne. Kurz darauf begann die Show. Mehrere Delphine schossen synchron in die Luft und zeig-ten hinreißende Kunststücke. Kunstspringer mit wunderschönen Kostümen sprangen aus Schwindel erre-gender Höhe ins Wasser. Mehre große bunte Papageien drehten ihre Runden über dem Publikum. Mit der musikalischen Untermalung war es ein Fest für die Augen.
Eine junge Frau hatte jeweils einen Fuß auf einem Delphin, und sie ließ sich schieben. Das Wasser spritzte wie bei einem Motorboot. Dann tauchten sie ab, und durch die Glasscheiben am Rand des Beckens konnten wir sehen, wie sich die Delphine unter der Oberfläche wie Quirle drehten. Ich staunte immer wieder aufs Neue, was man den Delphinen so alles beibringen kann. Sicher waren dazu viele Stunden Dressur nötig.
Ein kleiner, schwarzer, quicklebendiger Wal sorgte für ordentliche Stimmung. Er nahm mehrfach kräftig Schwung, sprang hoch und ließ sich wieder mit voller Wucht auf die Wasseroberfläche fallen. Die ersten Zu-schauerreihen, uns eingeschlossen, amüsierten sich über den Wasserspaß. Peter hatte seine Kamera schon ängstlich unter seinem T-Shirt versteckt. Aber diese Dusche brachte uns nicht um, bei diesem tollen Som-merwetter. Die Artisten und die Tiere hatten ihren langen Beifall wirklich gut verdient
Pinguine findet man nicht nur auf der südlichen Halbkugel, sondern auch in einem tollen Areal in diesem Park. Auch hier hatten sie wieder ein riesiges Haus gebaut, mit endlosen langen Gängen und Wartehallen für viele Menschen. Man wurde direkt an der Glasscheibe auf einem Laufband vorwärts transportiert. Die unter-schiedlichsten Sorten von Pinguinen amüsierten sich munter über die Schneeflocken, die leise von der Decke rieselten.
Danach gelangten wir in ein Tunnelsystem, wo die Fische nicht nur links und rechts an uns vorbei schwim-men, sondern direkt über unsere Köpfe hinweg! Ist schon ein toller Anblick, die dicken Haie so nah. Aber nichts gegen die Streichelaktion am Vortag!
Endlich hatten wir den Orka Wal gefunden. Wie gebannt standen wir vor der großen Scheibe. Im blauen Wasser drehten ein kleiner und ein großer Killerwal eine Runde nach der anderen. Wir konnten uns gar nicht satt sehen. So nah, das war schon was! Oft und gerne habe ich den Film „Free Willy“ gesehen, aber, dass ich ihn einmal in echt treffe, hätte ich nicht zu träumen gewagt.
Gleich dahinter lag auch die Showbühne und die ersten Schlangen bildeten sich bereits. Peter opferte sich und reihte sich ein. Jana und ich verschwanden im Haus gegenüber. Durch dunkle Gänge und viel künstli-chem Eis erreichten wir ein paar weitere Aquarien. Hier trafen wir Walrosse. Na, die waren ja erst mal genial. Sie schwammen frech auf dem Rücken, hatten die Vorderflossen auf dem Bauch gekreuzt. Sie steuerten immer direkt auf die Zuschauer zu, prallten voll gegen die Scheibe und drehten dann wieder ab. Es war so interessant, wir merkten gar nicht wie die Zeit verging. Als wir raus kamen, war die Schlange weg. Na toll, wir nahmen unsere Beine in die Hand. Wie gut, dass Peter uns kannte. Er stand geradezu in der Mitte, ziemlich weit vorne und wartete auf uns. Wir winkten und setzten uns schnell auf unseren Platz. Keiner sagte was, es war ja nicht mehr zu ändern.
Das Show-Programm begann mit einem riesigen Wal, der mit einem Mann auf der Schnauze, direkt in der Mitte senkrecht aus dem Wasser kam. Es war wirklich unglaublich. Es kribbelt unter der Haut, diese Kolosse zu sehen. Da fehlen selbst mir die Worte.
Ein Wal hatte ein Baby mit. Es war zum Piepen! Es war gerade vor Weihnachten geboren. Genau das gleiche Muster und alles dran, wie an den großen Walen. Wenn Mama die Kunststücke zeigte, schwamm das Kleine brav hinterher.
Inzwischen hatten wir auch schon mal eine ordentliche Dusche abbekommen. Jana und ich hatten den Park-Plan schützend vor uns gehalten. Peter sah richtig nass aus, aber er lachte noch. Sie warnten per Lautspre-cher, dass nun mit etwas mehr Wasser zu rechnen sei. Peter bekam mit seiner Kamera Angst, er verzog sich in den oberen Teil des Zuschauerbereichs. Viele hatten bereits Regenumhänge an. Diese „blauen Müllsäcke“ gab es natürlich hier zu kaufen. Immer wieder sagten sie es durch, bis auch wir beiden Frauen Bedenken bekamen und flüchteten. Der Weg bis zum Auto war doch ein ganzes Ende.
Dann kam der größte Killerwal herein. Er schaufelte mit seiner großen Schwanzflosse das Wasser auf die Reihen, dass es nur platschte. Da blieb keiner trocken. Dann schlidderte der Riese auf die Plattform und war-tete auf seine Belohnung. Es gab Fisch und zwar einen ordentlichen. Er hatte wohl gut einen halben Meter Länge. Er schnappte ihn und verschwand wieder. Diese Eindrücke reichten und wir traten den Rückmarsch zum Auto an. Gut, dass wir all unsere Sachen dabei hatten. Peter versteckte sich zwischen den Autoreihen, um sich erst einmal komplett umzuziehen.

maiby
19.07.2009, 12:34
21 - Flugzeugträger USS Yorktown

Langsam begann es dunkel zu werden und wir saßen immer noch im Auto. Peter fuhr schon seit zehn Stun-den, so schnell er durfte. Wir rollten und rollten. Uns war klar, dass die Kilometer, die wir an diesem Tag schafften, uns am nächsten erspart blieben. Auf der Karte entdeckten wir eine kleine Abkürzung. Dankbar über diese Abwechslung verließen wir die eintönige Autobahn. So hatten wir nun gut zu tun, auf den richtigen Weg zu achteten. Wenn wir ein schönes Hotel gesehen hätten, wären wir wohl auch eingekehrt. Aber es war weit und breit nichts dieser Art zu finden.
Am Stadtrand von Charlestons leuchteten uns die ersten Lichtreklamen mehrerer Hotels an. So landeten wir im „Best Western Hotel“. Gleich an der Rezeption erfuhren wir, dass in der Nähe keine Gaststätten zu erwar-ten sind. Nur ein Imbiss gegenüber hatte noch geöffnet. Mächtig hungrig saßen wir wenige Minuten später am Tresen und was gab es? Richtig! Wieder mal einen Burger. So langsam konnten wir sie nicht mehr se-hen, aber es war nichts anderes zu bekommen.
Als wir wieder ins Hotel kamen, entdeckte Jana in der Empfangshalle einen PC. Sie war selig, ihre Freunde im Internet zu sprechen. Wir hörten im Hintergrund Musik und folgten den Klängen. Ein Mann spielte, in einer kleinen Bar, auf der Gitarre Life Musik und sang dazu. Viele bekannte Titel hatte er drauf, sogar Nil Young, der mich immer an meine Jugendzeit erinnert. Wir setzen uns an den Tresen und bestellten Bier. Es dauerte nicht lange da kamen wir mit den Leuten ins Gespräch. Peter natürlich mehr als ich. Mit Händen und Füßen gelang es mir inzwischen, mich auch ein wenig verständlich zu machen. Als Jana sich dann auch noch zu uns gesellte waren wir eine lustige Runde.
Am Vormittag freute Peter sich schon riesig auf sein Ziel, an diesem Tag sollte er auf seine Kosten kommen. Zielsicher steuerte er die USS Yorktown, einem US-amerikanischen Flugzeugträger, in Charleston an. An der Kasse dieses Denkmals fragte er uns „Wollt Ihr mit?“ Wir beiden Frauen schauten uns an. So war die Frage ja nicht gemeint. So richtig „wollen“ konnte man das nicht nennen. Aber wir begleiteten den Mann und Vater natürlich gerne auf seinem sicher lehrreichen Pfad. Peter strahlte. Mit den Eintrittskarten erhielt er auch einen Zettel für den Gang an Bord. Während wir gemeinsam die endlos lange Brücke entlang liefen, versorgte er uns mit den wichtigsten Informationen. Wir erfuhren, dass dieses riesige Schiff 250 Meter lang und knapp 30 Meter hoch ist. Wir standen davor und konnten schon ordentlich an den grauen Stahlwänden hinauf schauen. Es wurde auch „The Fightig Lady“ genannt und fuhr Einsätze während des Zweiten Weltkriegs im Pazifik und im Korea- und Vietnamkrieg.
Zuerst erklommen wir eine große Eisentreppe, um auf die Höhe des Eingangs zu kommen. Eine große Halle mit Flugzeugen und jeder Menge Technik lag vor uns. Ein roter Farbstreifen auf dem Fußboden markierte unseren Weg direkt zu einem kleinen Modell der Yorktown. Ein Kapitän in toller Galauniform steuerte direkt auf uns zu und startete sein Begrüßungsprogramm. Während er wild mit den Fingern „umherfuchtelte“ redete er wie aufgezogen. Es war englisch, aber ich verstand genug! Hier gab es sehr viel zu sehen: „ Tour 1, Tour 2, ….Tour 8!“ Wir standen da wie angenagelt. Er sabbelte und sabbelte. Jana und ich hatten schon arge Zweifel an unsere Entscheidung mitzugehen. Dann holte er Luft und er wurde in seinem Konzept gestoppt. Peter rettete uns und sagte, dass wir nicht viel Zeit hätten und wir nur einmal nach oben auf die Brücke woll-ten. Super, wir waren einverstanden und starteten zum Aufstieg. Der Weg führte an vielen Kojen, Waschräu-men, Kombüsen, einem Zahnarzt und anderen Krankenstationen entlang. Es war an Bord wie in einer kleiner Stadt, denn über 3400 Mann Besatzung konnten mitfahren.
Jana ließ sich vor den alten restaurierten Flugzeugen fotografieren. In Kampfzeiten hatten an Deck bis zu 80 Modelle Platz gefunden. Witzig war, wie sie diese Flieger zusammenfalten konnten, damit viele auf kleinsten Raum stehen konnten. Die Brücke war ganz schön weit oben. Wir drehten am Steuerrad des Kapitäns und konnten auf dessen Stuhl sitzen. Es war einen genialer Blick über die Stadt Charleston. Aber wir waren nicht besonders traurig, dass keine Zeit mehr war, sie zu besichtigen.
Ein Flugsimulator, wie man ihn vom Rummel kennt, wartete auf Interessenten. Sonst steht ja meist eine lange Schlange davor. Jana wollte schon lange mal dort hinein. So stiegen wir alle ein. Sie schüttelten uns ein we-nig durch und zeigten uns einen kleinen Flieger-Film. Na ja, das haben wir schon besser gesehen, aber kann man mitnehmen.
Der Rundgang war beendet und wir waren wieder draußen. Leider blieben uns viele der außerordentlichen Andenken und der den Opfern gewidmeten Ausstellung- und Erinnerungsstücke erspart.
Vor uns im Wasser lag ein schwarzes U-Boot. Das hat mich auch interessiert. Im Film sieht man ja immer, wie eng es dort ist. Es war auch wirklich so. Das wäre wirklich nichts für mich, da länger mitzufahren. Wir stiegen die Leitertreppe herunter. Links und rechts hingen die Torpedos, jede Menge Strippen und Kabel. Die Betten der Passagiere, gleich drei übereinander im winzigen Raum. Einmal gingen wir das ganze Boot ent-lang. Wir waren froh, wieder an der anderen Seite frische Luft zu schnappen.

maiby
28.07.2009, 00:16
22 - Zu Hause in Amerika

Wieder ging es zurück ins Auto, es nützte nichts. Bei der nächsten Gelegenheit besorgten wir uns frischen Kaffee, für jeden gleich einen riesigen Becher. So schafften wir zügig einen Kilometer nach dem anderen. Jana versank sofort in den Tiefschlaf. Sie hatte inzwischen ein wenig mit einer Erkältung zu tun, Kopfschmer-zen nervten sie und die Nase lief. Aber auch das sollte wohl genau so sein! Denn Barry hatte in der Schule angerufen und sie dort krank gemeldet. Diese Entschuldigung wurde Jana später ohne alle Zweifelt abge-kauft.
Gleich am Stadtrande von Lanchester stoppten wir, um noch ein kleines Geburtstagsgeschenk für Carrie zu besorgen. Eines unserer tollen Familienfotos aus dem Park wollten wir mit einem Bilderrahmen versehen. Eigentlich ist es ja mein Aufgabengebiet, aber ich hatte drei Gründe, mich im Auto zurückzulehnen. Ich hatte Urlaub; es sollte Janas Geschenk werden; Peter hatte den Geldbeutel. So ließ ich die beiden laufen. Wenige Minuten später bewunderte ich Janas guten Geschmack.
Auch Peters Geburtstag stand kurz bevor. Er ist am selben Tag, wie Carries. Als wir unsere Reise planten, sagten wir Jana, sie möge es nicht verraten. Es sollte sich dadurch keiner verpflichtet fühlen. Aber irgendwie ist es doch herausgekommen. Ich war froh, dass ich mich nicht auf die Suche nach irgendwelchen sinnvollen Geschenken machen musste. Dieses Thema haben wir schon seit Jahren beendet. Wenn einer von uns Wünsche hat, beraten wir uns im ganzen Jahr. Im Rahmen unserer Möglichkeiten erfüllen wir sie uns.
Wir bogen in die Einfahrt der Fords und es war schon ein wenig ein „Zuhause-Gefühl“. Barry war mit Außen-arbeiten beschäftigt. Mit einer Maschine pustete er die Blätter von den Wegen. Stolz zeigte er auf seinen großen Wohnwagen. Peter schmunzelte. Auf der Ladefläche des weißen Trucks wird dieses riesige Teil ein-gehängt. Barry sagte, wir sollten wiederkommen und mit diesem Gespann durch Amerika ziehen. „Oh, Oh“ sagte Peter skeptisch. Solche Fahrkünste traute er sich noch nicht zu. Barry erzählte, dass sie die Camping-plätze extra so eingerichtet haben, dass man vorwärts herein und auch wieder herausfahren kann. Wenn wir hier zu Hause davon erzählen sind alle begeistert und der Gedanke reift in Peter.
Ich freute mich und begrüßte alle Tiere. Es schien, als wenn die kleinen Katzen selbst in dieser einen Woche gewachsen wären. Die kleinen Hündchen hatten ein Gelände vor dem Haus bekommen und jeder hatte eine Leine zum Ausführen.
Nachdem ich ein paar wertvolle Tipps erhielt, gelang es mir auch ein paar brauchbare große Regenwürmer auszugraben. Ich startete meinen dritten und letzten Kampfangriff auf die Fische im Teich. Um mich dieses Mal voll auf meine Aufgabe zu konzentrieren, verzichtete ich sogar auf den Hund. Ich startete zum Steg. Das Dickicht schien mir jetzt
noch dichter als vorher. Ich kämpfte mich durch die Brombeerbüsche. Ich biss die Zähne zusammen, doch einige Stacheln erwischten mich auf den nackten Armen. Schon etwas von der Natur gezeichnet, verhakte sich die Sehne der Angel in den Zweigen. Beim Versuch sie zu entwirren, kippten die Regenwürmer auf den Boden. Eigentlich hätte ich
auch gleich wieder zurückgehen können. Trotzdem versuchte ich es und warf die Angel später doch noch ins Wasser. Ich hatte auch an diesem Tag kein Glück. So sollten die Fische die Chance haben, noch ein wenig zu wachsen in ihrer dicken, dreckigen Brühe!
Ich kehrte zum Haus zurück und ließ mich im warmen Poolwasser treiben. Ich schaltete mir die Blubberbla-sen an und sie massierten mir den Nacken.
Peter wollte gerne mal ein Basketballspiel life sehen. In Charlotte, ungefähr 40 Kilometer von Lanchester entfernt, gab es die „Charlotte Arena“. Dort haben 18500 Zuschauern Platz. Barry fand heraus, wann die Mannschaft der „Charlotte Bobcats“ dort ihr nächstes Heimspiel hatte. Über das Internet bestellte er vier Kar-ten. Wenn Peter etwas Genaueres wissen wollte, grinste er nur. Keiner wusste so genau, was die Karten kosten werden und für wen sie sind.
Jana fand diese Idee gut und sie wollte gerne mit. Ich war mir nicht sicher, auf diese Aktion konnte ich schon aus Preisgründen locker verzichten. Ich ließ es auf mich zukommen. Freitagvormittag teilten uns Carrie und Barry mit, dass sie zu einem Treffen eingeladen waren. Sie planten im nächsten Jahr die Aufnahme einer Gastschülerin aus China. Carries Firma hatte eine Zweigstelle in diesem Land, und sie hoffte auf diese Wei-se etwas über das Land zu erfahren und die Sprache zu lernen. So wollten sie, mit dem kleinen Chase schon am Freitag in Richtung Süden aufbrechen und sich ein Hotelzimmer nehmen, damit sie am Morgen pünktlich zur Veranstaltung kommen. Auch Andrew meldete sich zu Hause ab. Er wollte bei seinem Freund übernach-ten.
So waren wir Wendigs unter uns. Vier Karten für das Basketballspiel waren bestellt. Ich freute mich schon auf meinen entspannten Abend alleine mit den Tieren. Doch die Tatsache, dass ich alleine sein würde, bewirkte, dass Jana und Peter ein energisches Überredungsprogramm starteten. Als ich dann noch erwähnte, dass ich wegen des Eintrittspreises verzichten würde, hatte ich ganz verspielt.
So zogen wir zu dritt los. Je dichter wir an die große Stadt kamen, um so mehr Autos waren auf der Straße. Jetzt waren die Autofahrer auch nicht mehr so brav. Wie in Deutschland rasten sie vorbei, hupten und ver-breiteten Stress. Es war dunkel und die Zeit saß uns im Nacken. Wir hatten einen Stadtplan und eigentlich fanden wir das Stadion relativ problemlos. Gleich daneben war auch ein Parkplatz. Ein junger Mann mit einer Warnweste hielt die Hand auf, für eine Gebühr und winkte uns herein. Peter war begeistert, wie gut es klapp-te. Er verschloss sein Auto und legte seinen Gute-Laune-Kippschalter auf Spaß. Wir harkten uns ein und folgten dem Besucherstrom zur Sportstätte.
Überall die totale Kontrolle. Alle zehn Meter stand ein Polizist und dazwischen noch irgendwelche Angestellte, die ständig bereit waren, Fragen zu beantworten oder den Weg zu weisen. Wir kamen zur Kasse. Keine lange Schlange. Es waren gleich ungefähr fünfzehn Schalter. Man wurde genau da hingeschickt, wo keine Leute standen. Perfekte Organisation. Wir schoben unser Kind direkt an die Basis, und sie gab sich mit der Dame hinter dem Glas ordentlich „die Kante“. Trotz alledem waren keine Karten für uns bestellt. Auch wenn, wäre es schwierig geworden, denn nur Barry hätte sie abholen können. Aber es war ja kein Problem, denn es gab noch genügend Eintrittskarten. Peter griff in seine Geldtasche und bezahlte sie.

maiby
30.07.2009, 21:29
23 - Basketball der Bobcats

Ich weiß, dass Dirk Nowitzki ein außergewöhnlich talentierter deutscher Basketballspieler ist und dass die Bälle zum Punkt in den Korb müssen. Aber das ist allerdings auch schon alles an Kenntnissen über diese Spielart.
Wir schauten auf unsere Eintrittskarten und suchten den richtigen Eingang. Alles war sehr gut ausgeschildert. Schnell fanden wir unseren Sitzplatz. Ziemlich weit oben in den Zuschauerreihen, ein ordentliches Stück vom Spielfeld entfernt. Es war nicht sehr voll. Das Publikum war gemischt, der größte Teil war dunkelhäutig. Man hatte genug zu beobachten. Es war ordentlich Aktion. Laufend kamen neue Leute die Treppe herauf, zwi-schendurch mussten wir aufstehen, weil Fans in unsere Reihe wollten. Auf der anderen Seite gab es bei ei-ner Familie Pommes frites, hinter uns alberten ein paar Teenager. Wirklich genug zu beobachten. Peter er-klärte uns, dass eine Spielzeit des Basketballs vier Abschnitte mit jeweils zwölf Minuten umfasst. Ich war etwas skeptisch und rechnete mit einer Stunde Dauer.
Es ging los, Licht aus: Das Spielfeld leuchtete rot. Im grellen weißen Scheinwerferkegel marschierten sechs Soldaten ein. Sie hatten tolle Paradeuniformen an, wie ich es eigentlich nur aus dem Märchen „Das Feuer-zeug“, kenne. Ausdrucksstark rissen sie bei jedem Schritt die Beine hoch in die Luft. Ein schwarzer Sänger wurde eskortiert. Er trat nach vorne und stimmte die Nationalhymne an. Alle Leute im Stadion standen auf. Ehrwürdig schauten sie auf die Bildschirme, die aus der Mitte von allen Himmelsrichtungen zu sehen waren. Bei der Größe blieben keine Schweißperlen unentdeckt.
Im Anschluss erschien eine Gruppe Artisten in glitzernden Kostümen. Sie spielten mit einer großen Flamme und das Licht wechselte in die verschiedensten Farben. Mit den Scheinwerfern konnten sie allerhand Effekte erzielen. Fontänen und Feuerwerkskörper beendeten die Show. Das haben die Amis schon drauf!
Jetzt liefen die Spieler unter schallendem Beifall ein. Unter dem hellen Licht sah nun auch das Parkett der Spielfläche aus, wie in einer normalen Sporthalle. Der Schiedsrichter pfiff an. Es ist ein schnelles Spiel! Zack, zack war der Ball einige Male im Korb gelandet. Allerdings wesentlich öfter bei den Gegnern, als bei der Heimmannschaft. Der Punktestand auf der Leuchttafel verriet es uns deutlich. Doch bereits nach 3 Minuten wurde wieder abgepfiffen. Wir staunten: Auszeit. Schon liefen die ersten Schierlider ein. Hübsche Mädels mit kurzen Röckchen wackelten mit den Hüften und führten ihre Tänzchen vor. Die Schiedsrichter hatten zu tun, sie zum Gehen zu überzeugen.
Weiter ging es mit dem Sport. Die „Bobcats“ waren einfach nur schwach. Die Fans neben uns schimpften und waren echt sauer. Die nächste Unterbrechung ließ nicht lange auf sich warten. Planmäßig waren diesmal Artisten, die sich alle der Höhe nach aufeinander aufbauten. Nach insgesamt vier Unterbrechungen, der ersten 12 Minuten der Spielzeit war jetzt eine längere Pause. Es war wirklich lustig. Ich bereute es nicht, dass ich mich überreden lassen hatte. So hatte ich es mir nicht vorgestellt.
Sie spielten „Happy birthday“ Musik Das Maskottchen, ein Mensch im Kostüm des Rotfuchses, trug eine di-cke Geburtstagstorte herein. Begleitet von noch ein paar Clowns schlenderten sie am Spielfeldrand entlang, auf die gegenüberliegende Zuschauerreihen zu. Alle verfolgten es interessiert. Eine Gruppe Jugendlicher winkte. „Ach ja“ überlegten wir, dass ist eine witzige Idee, so jemanden zu grüßen. Aber denkste, da drehten sie ab, steuerten direkt auf einen Fan der Gegner zu und klatschten ihm die Torte voll ins Gesicht. Der Typ war bedient, er sah aus wie ein begossener Pudel. Die Leute im Stadion lachten.
Die Mannschaft, für die wir klatschten, bekleckerte sich nicht mit Ruhm. Mit Mühe und Not schafften sie es jedoch auf einen Gleichstand heran zu kommen. Es ist aber ein amerikanisches Basketball-Team der Profi-Liga NBA.
Viel interessanter waren aber die Unterbrechungen und da gab es wirklich genug von. Sie schmissen Fan T-Shirts in die Zuschauerreihen. Dafür hatten sie richtige Kanonen gebaut, damit auch die Fans in den oberen Bereichen Chancen hatten. Es wurde eine Wettfahrt für Kinder auf Minimotorrädern organisiert. Den Rotfuchs der Bobcats gab es auch als riesiges aufblasbares Tier. Ferngesteuert kreiste er über den Zuschauern und verteilte irgendwelche Gewinnzettelchen, um die sich alle mächtig rissen.
Zum Schluss wurde das Spiel richtig spannend. Aber der Gegner hatte den längeren Atem und gewann mit einem Punkt.
Als sich alle gleichzeitig von ihren Plätzen erhoben, befürchteten wir das große Chaos. Aber nichts derglei-chen. Es ging zügig vorwärts. Überall standen die Mitarbeiter des Stadions, bedankten sich für das Kommen und zeigten auf die Ausgänge. Selbst auf der Rolltreppe standen alle brav und warteten bis sie wieder einen Fuß vor den nächsten setzen konnten. Draußen war es dunkel. Wir gingen zum Auto und reihten uns in der Ausfahrt ein. Jana hatte die Karte in der Hand. Viel hat es auch nicht genützt, es war richtig voll, und wir fuh-ren mit Sicherheit im Kreis. Peter hatte Hunger und damit waren alle Vorraussetzungen für einen ordentlichen Familienkrach erfüllt. Ich schlug vor zu Hause zu kochen, wir fanden die richtige Ausfahrt und so konnten wir eine größere Katastrophe abwenden. Peter hielt an einer Tankstelle. Er besorgte sich etwas Bier für unseren Abend allein zu Hause. Jana griff nach Nervennahrung. Sie schob sich ein paar Schokoriegel rein.
Um 11:30 Uhr waren wir zu Hause. Ich steuerte gleich in die Küche und schälte zügig meine Kartoffeln. Ir-gendwie sind sie dort nicht wie bei uns. Total hart, dazu kam, dass sie keine ordentlichen Messer dafür besa-ßen. Die Klopse hatte ich schon vorher gebraten und im Tiefkühlschrank versteckt. Ich taute sie in der Mikro-welle auf und brutzelte sie in der Pfanne knusprig braun. Das ging hier manchmal schneller als gewollt, denn zum Braten hatten sie nur Butter. Dazu gab es grüne Bohnen aus der Dose mit schöner dicker, weißer Soße. Jana half beim Aufdecken, und genau um 0:00 Uhr konnten wir Peter sein Geburtstagsständchen singen.

Mirjamis
31.07.2009, 17:04
Liebe Maiby,

ich lese sehr gern deine Geschichten. Du kannst so richtig anschaulich erzählen.
Die Zwischeneinlagen waren wohl schöner und interessanter als das ganze Spiel.
Ich bin gespannt, wie es weiter geht.

maiby
01.08.2009, 11:50
Danke; dann werd ich mal noch einen Teil reinsetzen.

24 - Carries und Peters Geburtstag

Morgens hörte ich die kleinen Kätzchen und die Hündchen wimmern. Zur Nacht wurden sie immer in eine Box gesperrt, damit sie nichts anstellen. Carrie ist immer früh auf den Beinen und versorgt sie dann. Heute war sie aber nicht da. Jana schlief fest. Auch wenn sie dichter daran lag, schien es sie nicht zu interessieren. Peter schnarchte noch neben mir. Bevor er von den Tieren geweckt wird, die dann noch weiter in seiner Gunst sinken würden, stand ich auf. Ich ließ die Kätzchen laufen und goss ihnen frische Milch in ihr Schäl-chen. Die Hündchen brachte ich in ihr Gelände nach draußen. Genüsslich schlüpfte ich noch eine Weile unter meine Bettdecke.
Gegen 10:00 Uhr standen wir alle auf und setzten uns gemeinsam an den Frühstückstisch. Wir ließen unse-ren letzten Urlaubstag ganz entspannt angehen. Peter kramte alleine in unserem Zimmer herum und packte mit akkurater Genauigkeit seinen Koffer. Er ist da ganz eigen. Ich machte einen großen Bogen um ihn.
Meine kleine Tagesaufgabe war Mittag zu kochen. Es stellte aber keine größere Herausforderung da. Ir-gendwie ergriff Peter nach dem Essen wieder eine unheimliche Schwäche und das erste Mal in diesem Ur-laub legte er sich zum Mittagsschlaf ins Bett. Ob die Lieben aus Deutschland das wohl ahnten? Auf alle Fälle klingelte sein Handy. Die große Schwester, die hier in Deutschland nie in der Mittagsruhe gestört werden möchte, wollte ihm an seinem Ehrentag gratulieren.
Aufgescheucht lief mein Mann umher. Er wusste nicht recht etwas mit sich anzufangen. Mein Vorschlag, et-was Kuchen zu besorgen, gefiel ihm schnell. Ich bat ihn auch nach einem Strauß Blumen für Carrie zu schau-en. Aber Blumen waren uns auf der ganzen Fahrt nicht begegnet. In keiner Gaststätte stand eine Vase. Wir haben keine Blumengeschäfte entdeckt und auch an der Tankstelle oder in der Kaufhalle sind sie nicht im Sortiment. Mit so etwas Vergänglichem beschäftigen sie sich nicht. So schwirrten Peter und Jana ab.
Ich machte es mir in der Stube mit den Kätzchen auf der Couch bequem. Das Telefon klingelte. Pech; es war keiner da, außer mir. So musste ich ran. Voll konzentriert sprach ich ein englisches Wort nach dem anderen. Wie gut es doch geht, wenn man sich bloß traut. Das erste Mal war es Janas Freundin. Mir gelang es prima, mich ordentlich vorzustellen. Ich verstand, was sie wollte und konnte eine ordentliche Auskunft geben. Im Anschluss sprach ich mit Barrys Kollegen. Auch hier gab es nichts zu meckern. Alles klappte perfekt. Ich kam mir vor wie in der Zentrale. Beim dritten Klingeln meldete sich Carrie. Sie lachte, weil ich am Telefon war; sie warnte uns, dass sie gleich alle zu Hause ankommen.
Nun klingelte es auch noch an der Tür und Janas Kumpel kam. Ihm durfte ich meine sämtlichen Englisch-kenntnisse vorführen. Es reichte vom „Nice to meet you“ bis zum Angebot einer Tasse Kaffee. Ich war richtig stolz auf mich. Aber als Jana kam, war ich doch froh, denn langsam ging mir der Gesprächsstoff aus. Jana funkelte mit ihren Augen und verschwand mit dem Jüngling.
Wir deckten den Kaffeetisch und wenig später kamen Carrie, Barry und Chase. „Happy birthday, Carrie“ ich drückte sie und gab ihr unser kleines Geschenk. Wir hatten einem Frosch aus Glas, eine Tiffaniarbeit, gefun-den. Sie freute sich sehr, denn Frösche sind ihre Lieblinge. Auch Peter bekam noch etwas. Einen Schlüssel-anhänger, der piepen sollte. Aber er tat es nicht mehr! Wir tranken gemütlich Kaffee und unterhielten uns.
An unserem letzten Abend schlug Peter vor, gemeinsam Essen zu gehen. Er hatte gleich klargestellt, dass er die Rechnung übernehmen möchte. Sie zuckten kurz, aber willigten doch ein. Schließlich haben sie uns auch die ganze Zeit ihr Auto zur Verfügung gestellt und überhaupt, dass Jana bei ihnen leben kann, ist ja beacht-lich. Sie haben nicht viel Kohle, sehr wenig Platz und eigentlich auch genug Arbeit mit der eigenen Familie und dem Hof. Unsere Dankbarkeit wollten wir sie gerne noch ein Mal spüren lassen.
So trudelte zum Abend Andrew wieder ein. Jana kam mit zwei ihrer Freundinnen. Sie wollten uns kennen lernen. Die Teenager wollten am Liebsten zum Essen zusammenbleiben. Aber wir hielten es für keine gute Idee, denn dieser letzte Abend sollte in der Familienrunde ausklingen. So verabschiedeten wir sie und wir stiegen ins Auto. Barry hatte die Gaststätte „Appelbees“ ausgewählt. Wir hofften natürlich, wenigstens einmal eine Gaststätte zu finden, in diesem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, in der es nicht nur Burger, Frites, Pizzas, Tachos und Co gibt. Wir kamen an, und vor der Tür standen bereits eine ganze Menge Leute, die darauf warteten einen Platz zu bekommen. Carrie kämpfte sich nach vorne und meldete uns an. So gedulde-ten wir uns gerne ein paar Minuten, denn was so begehrt ist, wird ja auch gut sein. Wenig später hatten sie einen großen runden Tisch für uns, alles sah sehr sauber und gemütlich aus. Auf der Speisekarte waren so-gar ein paar kalorienreduzierte Menüs. So waren bei den Gerichten von Weight Watchers sogar die „Punkte“ angegeben. Bei der Wahl ließen wir uns wieder beraten und als die riesigen Portionen kamen,
waren wir sehr erfreut. Mit dicken Backen waren wir alle super voll. Alle Gerichte waren sehr gut und preis-wert.
Der kleine Chase war so müde, denn es war schon etwas später am Abend. Er ließ mächtig die Ohren hän-gen, seine Augen fielen zu und zwischendurch musste er seinen Kopf auf den Tisch legen. So was kennen wir nicht von Jana. Sie war immer dankbar, wenn sie nicht ins Bett musste.
Der Kellner hatte mitbekommen, dass Peter Geburtstag hat. Er brachte ihm einen dicken Eisbecher mit bun-ten Fähnchen. Geschickt und großzügig reichte er diese Kalorienbombe zum Geburtstagskind Carrie her-über. Wir konnten es gerade noch abwürgen, dass der Kellner noch einen weiteren Eisbecher brachte. Auch kein anderer war in der Lage nach diesem ausgiebigen Essen, diesen Nachtisch zu vertilgen. So begann Carrie die Portion zu verteilen. Sie fütterte jeden in unserer Runde mit einem vollen Teelöffel. Alle schlemm-ten gemeinsam.
Peter und ich mögen diese unkomplizierte Familie. Besonders froh war ich, dass es auch dort noch Men-schen gibt, die nicht an ihrer Pingeligkeit ersticken. Sie können noch von einem fremden Löffel essen oder mal aus einem benutzen Glas trinken, ohne auch nur einen Gedanken an Ekel oder an Angst vor Bazillen zu verschwenden. Sicher war es richtig, Jana auch an diese einfachen Dinge im Leben heranzuführen. Auch sie öffnete ohne zu zucken den Mund und probierte.
Es ist leicht all den Wohlstand zu nutzen, aber sollte man nicht ab und an bereit sein, kleine Abstriche zu ertragen? Manchmal jedoch frage ich mich, ob all die „feinen Leute“ überhaupt noch überleben könnten, ohne diesen Luxus. Peter beruhigt mich dann immer und beantwortet mir gerne diese Frage: „Das müssen sie auch nicht!“
Ob wohl wirklich all das Glück dieser Welt an einer heißen Dusche am Tag, an einer sterilen Wohnung und tollen Klamotten hängt? Ich bin stolz, dass ich meine Stulle auch ohne Teller auf einem Baumstumpf schmie-re kann. Auch weiterhin werde ich voller Genuss in einen ungewaschenen Apfel beißen!

maiby
04.08.2009, 12:55
25 – Auf Wiedersehen South Carolina

Wir ließen den Abend auf der Couch ausklingen. Alle unsere Sachen waren gepackt. Es war ein komisches Gefühl. Jeder war mit anderen Gedanken beschäftigt. So richtig konnte man sich nicht mehr unterhalten.
Wir überlegten, wann wir morgens aufstehen müssen, damit wir rechtzeitig am Flughafen sind. Barry wollte uns fahren und Jana sagte, dass sie uns begleite. Ihren Tagesplan für diesen Sonntag hatte sie schon fertig. Sie wollte sich mit Freunden treffen. Wir waren sehr froh, dass sie keine Abschiedssorgen plagten. Es wäre auch kein gutes Ende gewesen für unseren Urlaub. Sicher hätten wir uns Vorwürfe gemacht.
Carrie war sehr müde. Ihre Augen fielen laufend zu. Sie stand auf, um sich von uns zu verabschieden, nahm mich in den Arm und ich drückte sie ganz fest. Auch wenn es niemand gesehen hat, fühlte ich, wie langsam eine Träne an meiner Wange herunterrollte. Ich wischte sie ab und ahnte, was Carry denkt! Ich war ein biss-chen traurig, doch die Frage, ob wir uns wieder sehen, stellte ich nicht. Die Zeit wird sie beantworten.
Morgens standen wir um 7:00 Uhr auf. Barry und Jana brachten uns zum Flughafen. Das Auto hielt an und wir luden die Koffer und Taschen aus. Wir drückten uns - ein kurzer Abschied! Unsere Wege trennten sich. Wir wünschten Jana noch viel Spaß für ihre letzten fünf Monate. Wir hatten ein gutes Gefühl, weil wir nun wussten, dass sie in guten Händen ist. Peter klopfte Barry kameradschaftlich auf die Schulter und ich fiel ihm zum Abschied um den Hals. Ein Pfundskerl – er verschwand mit Jana im Truck.
Peter steuerte zielstrebig auf die Anzeigetafel zu. Ich unterstützte ihn so gut ich es konnte. So gelang es uns schnell, die richtige Schlange zu finden, zum „Check in“. Es war nicht ganz leer, aber wir hatten alle Zeit der Welt. Als wir unser schweres Gepäck los waren, setzten wir uns zum kleinen Picknick auf eine der zahlrei-chen Bänke. Es standen leckere gekochte Eier, frische Äpfel und Bananen zur Auswahl. Mit einer guten Ver-pflegung kann man die längsten Wartezeiten ertragen. Danach steuerten wir den Transitbereich an. Neben vielen Duty Free Shops gab es hier auch noch einen großen Bereich mit Cafes, Gaststätten und Imbissbu-den. Peter setzte sich an einen der freien Tische. Er drückte mir Geld in die Hand, ich konnte es nicht ableh-nen. Das erste Mal auf unserer Reise hatte ich einen Dollarschein in der Hand. Ich schlenderte an den ver-schiedenen Lebensmitteln vorbei, gesättigt eigentlich von allem. Bei Mc Donald hatten sie schöne große Bil-der mit Nummern. Genau das Richtige für mich. Es war leicht. Ich bestellte; sagte die Zahl und „ Two caffee with creme, please“. Ich bekam zwei Kaffee mit Kaffeesahne und einen Burger mit Ei in der Mitte und einen Haufen Klappergeld. Zugegeben, ich war nicht die Schnellste. Peter wollte schon eine Suchmeldung aufge-ben. Wir schlürften unseren Kaffee aus. Wenig später konnten wir im ersten Flugzeug einsteigen. Es war nicht sehr groß, aber es startete pünktlich. Wir überflogen die Freiheitsstatue und landeten um 12:00 Uhr in NYC am LGA-Airport. Unser nächster Abflug war erst für 18:00 Uhr, allerdings am anderen Ende der Stadt. Peter hatte im Internet extra darauf geachtet, dass genügend Zeit zwischen den Verbindungen liegt. Wir suchten den Charterbus und nutzten den Transfer zum Flughafen JFK. Alle halbe Stunde startete eine Tour, und so brauchten wir nicht lange zu warten. Im Bus blieben wir gleich ganz vorne sitzen. Diese kleine Stadt-rundfahrt durch New York wollten wir noch einmal genießen. Der Fahrer war ein richtig gesprächiger Italiener. Er fachsimpelte mit Peter über den internationalen Fußball. Er kannte sogar unsere grauhaarige Labertasche „Franz Beckenbauer“.
Diese Flughäfen sind wirklich riesig. Irgendwie ist man immer am falschen Ende und kann diese langen Flure entlanglaufen. Ob man richtig ist, ist allerdings die zweite Frage. Wir fanden auch hier die richtige Schlange und kamen durch den Zoll. Jetzt wollte Peter eine Kleinigkeit essen. Wie gut, sonst wäre die Zeit auch über-haupt nicht vergangen. Wir setzten uns in eine Gaststätte, wo Peter seinen Burger mit Pommes frites ver-speiste.
Freiwillig setzte ich mich mit dem Handgepäck in die Wartezone. Ich glaube, es waren immer noch gut zwei oder drei Stunden Zeit. So konnte Peter sich in Ruhe alles ansehen. Er machte ein paar Fotos und natürlich kontrolliere und hinterfragte er immer wieder, ob wir am richtigen Platz sind. Da er immer alles bestens im Griff hat, öffnete ich meinen Rucksack und holte mein Buch heraus. Es ist ja sonst nicht meine Art, aber nun, wo so viel Zeit war, hatte ich Lust zum Lesen.
Es war wieder ein Stück geschafft! Wir durften in das zweite Flugzeug. Wir gingen hinein, ich setzte mich gleich und nahm meinen Rucksack unter die Füße. Sofort war ich bereit dieses wunderbare Schauspiel zu beobachten. Es läuft fast immer ähnlich ab.
Panisch strömten einige Leute herein, denen die Angst auf der Stirn stand. Wird man im Innenraum den rich-tigen Platz finden? Mit Blindheit geschlagen, rennen sie hin und her, an allen Nummern vorbei und wieder zurück. Interessant auch die Sache mit der Unterbringung des Handgepäcks! Was sie aber auch für dicke, fette Taschen mitschleppen. Es ist wirklich unglaublich. Was braucht man denn für diese kurze Zeit. Problem-fall - Die Klappe! Manche schafften es gleich beim ersten Versuch sie zu öffnen, anderen gelingt es selbst später nicht. Irgendwann sind aber alle auf und das große Stopfen beginnt. Sie quetschen ihr Handgepäck hinein. Man kann es nur schwer ertragen, weil man befürchtet, dass im nächsten Moment jemand erschla-gen werden könnte. Die Lage spitzt sich zu! Die Letzten schreien: „Hier ist noch Platz!“ Die Jacke wird in die eine Ecke geknüllt und auf der anderen Seite passt noch der Regenschirm hinein. Ein wirres Durcheinander. Ich grinste und dachte: Was wird beim Aussteigen für eine Panik entstehen, wenn sie es wieder finden wol-len. Es wird ruhiger. Die Stewardessen haben die Chance zu Wort zu kommen. Sie schaffen es, die letzten Unruhestifter zum Sitzen zubringen.
Nun nahm ich wieder mein Buch in die Hand. Ich hatte schon einige Seiten gelesen und das Flugzeug war immer noch nicht in der Luft. Ich sah aus dem Fenster. Es wurde Gepäck eingeladen. Ein paar weitere Pas-sagiere stiegen noch zu. Über Lautsprecher sagten sie durch, dass ein Rad defekt ist. Wegen der Reparatur verzögerte sich der Abflug. So hielt ich meine Nase wieder über meine Zeilen, bis mir die Augen zufielen.
Peter tickte mich an: „Wir starten, schnall dich an!“ Inzwischen hatten wir nun schon zwei Stunden Verspä-tung.
Es war so laut während des Fluges. Ich kam nicht mehr zum Schlafen. Meine Füße hatten überhaupt keinen Platz, die Sitze waren eng aneinander. Ich versuchte jede Haltung, es ging nichts. Das Essen war auch nicht der Renner. Lieber wollte ich schon zu Hause sein!
Natürlich war unser Anschlussflug von Brüssel nach Hamburg weg. Sie versorgten uns gleich mit einer neuen Verbindung. So mussten wir noch einmal in Frankfurt am Main zwischenlanden. Wir telefonierten mit unse-rem Freund, der inzwischen schon am Flughafen auf uns wartete. Er hatte die unendliche Güte auf uns zu warten. Den Flughafen konnte er sehr gut kennen lernen, denn wir kamen nicht wie geplant um 10:00 Uhr sondern erst um 15:00 Uhr in Hamburg an.
Müde und ausgelaugt standen wir am Laufband und warteten auf unser Gepäck. Neben uns zwitscherten schon alle mit ihren Sachen ab. Kein Koffer, keine Tasche. Der letzten Koffer wurde vom Laufbandband her-unter gestellt. „Das war es, mehr ist nicht!“ sagte ein Mann. Wir waren bedient! Ich nahm Peter den Rucksack ab, und er ging wieder los zum Meckern. Ach, wie gut, man konnte wieder in Deutsch schimpfen. So gab er ziemlich sauer unsere Adresse an. Im Anschluss stolzierten wir locker und luftig ohne Gepäck durch den Zoll. Im Auto hatten wir jede Menge Gesprächsstoff. Wir rasten über die Autobahn, so schnell, wie wir lange nicht mehr gefahren waren.
Peter freute sich schon auf die Abfahrt der Autobahn. An der Tankstelle holten wir uns eine knackige Bock-wurst. Endlich wieder in Deutschland!
Unsere verschollenes Gepäck wurden uns am nächsten Abend vollständig nach Hause gebracht.
Inzwischen ist es schon Ende März. Der Winter ist in diesem Jahr besonders lang. Wann hatten wir um diese Jahreszeit noch -15°C und noch Schnee.
Jana hat mir per E-Mail Bilder gesendet. Sie läuft draußen im T-Shirt und im Minirock herum. Bei ihr ist nicht nur die Jahreszeit Frühling, sondern er ist auch in ihrem Herzen. Sie hat einen Jungen gefunden, der sie auf Händen trägt. Sie schmieden Pläne für die Zukunft und sie freuen sich schon auf den Sommer in Deutsch-land.
Mit Carrie tausche ich fast jeden Tag über das Internet Grüße. Wir haben uns viel zu berichten. Ich möchte diese Freundin nicht missen, die zuhören kann und auch mal Trost braucht.
Barry hat schon viele Vorbereitungen für die Ausstellung meiner Bilder in Charlotte NC im Museum getroffen. Ich habe hier bei der Post zwei große Pakete mit 56 gemalten Werken aufgegeben. Heute kam die Meldung, dass sie alle heil angekommen sind. Gespannt verfolge ich, wie es weiter geht.
Englisch hat für mich eine völlig neue Bedeutung bekommen. Ich habe immer gesagt: „Das brauche ich nie!“ Jetzt sitze ich jede Woche über Vokabeln und Texten. Es ist mir gelungen eine nette Gruppe Freunde der englischen Sprache zu finden, die mich in ihrer Runde aufgenommen haben. Einiges an Wissen ist schon hängen geblieben, und ich arbeite weiter daran. Inzwischen bin ich sicher, dass wir diese Familie wieder sehen.