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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hohelied



Fisch
16.10.2006, 10:56
Ich möchte euch immer mal wieder Bibelverse aus der Schrift die Martin Buber übersetzte posten. Lasst euch mal auf die Schönheit der Worte ein und lest wie lieblich es übersetzt wurde. Ich hoffe ihr empfindet diese Schönheit und werdet in Liebe darin getragen.
Immer mal wieder werde ich hier weiter schreiben und das mit großer Freude.

Eure Fischi


Der Gesang der Gesänge, der Schlomos ist.

Er tränke mich mit den Küssen seines Mundes! –

Ja gut tut mehr als Wein deine Minne,
gut tut der Duft deiner Öle,
als Öl hat sich dein Name ergossen,
darum lieben dich die Mädchen.
Zieh mich dir nach, laufen wir!

Brächte der König mich in seine Gemächer,
jauchzen wollten wir und uns freuen an dir.
Mehr als Wein rühmen wir deine Minne:
Geradeaus liebt man dich.

Schwarz bin und anmutig ich,
Töchter Jerusalems,
wie die Zelte von Kedar, wie die Behänge Schlomos.
Sehet nimmer mich an,
dass ich Schwärzlich bin,
drum dass mich die Sonne versengte!

Die Söhne meiner Mutter sind entflammt wider mich.
Sie setzten mich als Hüterin der Wingerte ein,
aber meinen eignen Wingert habe ich nicht gehütet.

Melde mir doch, den meine Seele liebt,
wo doch weidest du,
wo doch lagerst du am Mittag, -
denn warum soll ich wie eine Schmachtende sein
an den Herden deiner Genossen!
-Wenns dir nicht zu wissen getan ist,
Schönste unter den Weibern,
zieh vor dich hin in den Spuren des Kleinviehs,
und weide deine Zicklein um die Wohnstätten der Hirten!

Einer Stute in Pharaos Gefährt
vergleiche, meine Freundin, ich dich,
Anmutig sind deine Wangen in Kettlein,
dein Hals im Muschelgeschling, -
Goldkettlein machen wir dir,
Silberklümplein daran.

-Solang der König an seiner Tafel ist,
gibt meine Narde ihren Duft,
Ein Myrrhenbüschel ist mir mein Minner,
es weilt mir zwischen den Brüsten,
ein Zypertraube ist mir mein Minner,
in Engedis Wingertsgeländ.


Da, schön bist du, meine Freundin,
da, schön bist du, deine Augen sind Trauben,
Da, schön bist du, mein Minner, gar hold,
frisch gar ist unser Bett,
das Gebälk unsres Hauses sind Zedern,
unsere Sparren sind Wacholder.



Ich bin das Narzisslein des Scharon,
die Lilie der Tiefebenen.
Wie eine Lilie unter den Dornen,
so ist meine Freundin unter den Töchtern.
Wie ein Apfelbaum unter demWaldgehölz,
so ist mein Minner unter den Söhnen.
Nach seinem Schatte begehre ich, sitze nieder,
und süß ist seine Frucht meinem Gaum.

Popcorn
16.10.2006, 12:04
Oh ja das Hohelied ist einfach tiefgründig und wenn man sich darauf einlässt kommt man nicht ohne Veränderug weg.

Seit einiger Zeit lasse ich es auf mich wirken und lasse es mir von Gott erklären. Es ist einfach einmalig.

Im Hohelied kann man auch viel lernen und herausholen für die Ehe, das als Tipp so nebenbei.

Danke Fischi :D

Gerhardt
16.10.2006, 13:16
Ich habe mit diesem Buch grosse Verstaendnisproblem. In meinen Augen ist das Hohelied nichts anderes als erotische Literatur. Wenn es nach mir ginge, wuerde das Buch aus dem Kanon gestrichen.
Gruss Gerd

poetry
16.10.2006, 13:29
Mein lieber Gerhard,

Da müßte man aber einiges aus dem Kanon entfernen, denken wir nur an halbnackt herumspringende Musikanten oder betrunkene, nackige Kapitäne.

Einen nicht ganz so ernst gemeinten Gruß,
Poetry

tanuki
16.10.2006, 13:30
Hi, lieber Gerd,
schau mal, was Franz Rosenzweig dazu meint:
"Nicht obwohl, sondern weil das Hohe Lied ein "echtes", will sagen: ein "weltliches" Liebeslied war, gerade darum war es ein echtes "geistliches" Lied der Liebe Gottes zum Menschen. Der Mensch liebt, weil und wie Gott liebt. Seine menschliche Seele ist die von Gott erweckte und geliebte Seele." ("Stern der Erlösung", Ffm 1988, S. 222)
tanuki

Fisch
16.10.2006, 13:38
Liebe tanuki

Franz Rosenzweig hat es auf den Punkt getroffen - danke dir für`s posten.

Grüßle
Fischi

Samu
16.10.2006, 15:35
Ja, da stimme ich meinen Vorrednern zu, da gibt es so manches, was man da streichen müsste! Allein wenn ich an David denke.

Die Autoren der Bibel hatten eben ganz andere Intentionen zu den Schriften, wie viele heute haben.

Samu

Gerhardt
16.10.2006, 18:27
Dass man schon immer versucht hat das Buch zu vergeistigen, weiss ich. Das aendert aber nichts am erotischen Charakter des Buches.

(2,6) Seine Linke liegt unter meinem Haupte, und seine Rechte herzt mich.

Obiger Vers beschreibt eine Kopulation. Um das auf die Liebe Gottes zu den Menschen zu deuten, muss ich schon einige Verrenkungen machen. Da komme ich schlicht nicht mit.
Gruss Gerd

Samu
16.10.2006, 21:17
Da stimme ich dir zu Gerd, vergeistlicht zu verstehen, wäre wirklich komisch, auch für mich!

Samu

tanuki
16.10.2006, 22:55
Ach, heul, jetzt hat Fischi so einen schönen Text gepostet und ihr mögt ihn nicht. Ok, wenn es erotisch ist - so what - hat jemand mal "Once upon a time in America" (Sergio Leone) geguckt? Da könnt ihr sehen, wie ein sehr junges, hübsches jüdisches Mädchen diesen Text benutzt - damit ihr junger Freund nun endlich versteht, was sie von ihm will. :wink: Ich bin mir sicher: dieses Lied hatte in vergangenen Jahrhunderten und Jahrtausenden seine absolute Berechtigung in der Bibel/Tenach - zumal wenn in vielen Familien in früheren Zeiten eben die Bibel als einziges Buch überhaupt im Haus vorhanden war. Jeder Mensch liest's und versteht es anders und gerade das ist doch schön! :lol:
eure tanuki

Gerhardt
18.10.2006, 22:02
Ich sage nicht, dass das Hohelied haesslich ist. Fuer mich gehoert es zur Weltliteratur, auch oder gerade wegen des erotischen Charakters. Nicht umsonst meiden fast alle Literaten erotische Themen, weil man schnell die Grenze zur Pornografie ueberschreitet.

Erotik zeichnet sich fuer mich durch Verdecken, Verhuellen, Umschreiben aus. Das Gegenteil ist ein "Geile Schlampen zeigen alles". Das hat naemlich nichts mit Erotik, dafuer umso mehr mit Pornografie zutun.

Trotzdem bleibt meine Frage, warum erotische Literatur Aufnahme in den Kanon gefunden hat.
Gruss Gerd
Edit: Rechtschreibung

Fisch
18.10.2006, 22:13
Trotzdem bleibt meine Frage, warum erotische Literatur Aufnahme in den Kanon gefunden hat.


für mich kann ich das so beantworten:
in der ganzen bibel geht es um eine liebesgeschichte zwischen gott und seinen menschen. um ein umwerben, ein sich hingeben und lieben und geliebt werden.
so ist es auch beim hohelied, und gerade darin kann ich dieses umwerben ganz besonders heraus spüren.

vielleicht fällt es dir als mann schwerer dich da hineinfallen lassen zu können.

ich finde daran überhaupt nichts anstößiges, sondern ich schwelge darin und ich kann darin eine großartige liebe erkennen.

lieben gruß
fischi

Fisch
29.10.2006, 10:35
Er hat ins Haus des Weins mich gebracht,
und über mir ist sein Banner, Liebe.
Stärket mich mit Rosinengepreß,
erquickest mich mit Äpfeln,
denn ich bin krank vor Liebe.
Seine Linke ist mir unterm Haupt,
und seine Rechte kostet mich. –
Ich beschwöre euch,
Töchter Jerusalems,
bei den Gazellen oder bei den Hinden der Flur:
störet, aufstörtet ihr die Liebe,
bis ihrs gefällt,…..!

Hall meines Minners!
Da, eben kommt er!
hüpft über die Hügel!
Mein Minner gleicht der Gazelle
oder dem Hirschböcklein.
Da, eben steht er
hinter unserer Mauer,
lugt durch die Fenster,
guckt durch die Gitter.
Mein Minner hebt an,
er spricht zu mir:
„Mach dich auf,
meine Freundin,
meine Schöne,
und geh vor dich hin!
Denn da, vorbei ist der Winter,
der Regen schwand, er verging,
die Blüten lassen im Lande sich sehn,
angelangt ist die Zeit des Liedes,
der Stimmhall der Turteln lässt in unserem Lande sich hören,
die Feige färbt ihre Knoten,
die Reben, knospend, geben Duft, -
mach dich auf zum Gehen,
meine Freundin, meine Schöne,
und geh vor dich hin!“

-Meine Taube in den Felsschlüften,
im Verstecke des Steigs,
laß mich dein Angesicht sehn,
laß mich deine Stimme hören,
denn süß ist deine Stimme,
anmutig ist dein Gesicht.

- Fangt uns die Füchse,
die kleinen Füchse,
Wingerte verderben sie,
und unsre Wingerte knospen!

- Mein Minner ist mein,
und ich bin sein,
der unter Lilien weidet.
Solang der Tag im Verwehn ist
und die Schatten weichen,
wende dich herzu,
gleiche du, mein Minner,
der Gazelle oder dem Hirschböcklein
über die Berge der Trennun hin!

Auf meiner Ruhestatt
in den Nächten
suche ich ihn,
den meine Seele liebt,
suche ich ihn
und finde ihn nicht.
Aufmachen will ich mich doch
und die Stadt durchziehen,
über die Plätze, über die Gassen,
suchen, den meine Seele liebt!
Ich suchte ihn
und ich fand ihn nicht.
Mich fanden die Wächter,
die in der Stadt einherziehn –
„Den meine Seele lieb,
saht ihr ihn?“
Kaum war ich an ihnen vorbei,
da fand ich,
den meine Seele liebt.
Ich fasste ihn an
und ließ ihn nicht los
bis dass ich ihn brachte
ins Haus meiner Mutter,
in die Kammer meiner Gebärerin.
Ich beschwöre euch,
Töchter Jerusalems,
bei den Gazellein oder bei den Hinden der Flur:
störtet, aufstörtet ihr die Liebe,
bis ihrs gefällt,…..!