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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Die Rose spricht alle Sprachen der Welt.



Victor
23.10.2006, 02:33
http://www.welt-der-rosen.de/Grafik/rosen_direct/gloriadei.jpg

Wie geschickt verdeckt die Erde jede Falte ihres unvorstellbar hohen Alters unter Rosen.

Ralph Waldo Emerson (1803-1882)

Fisch
23.10.2006, 07:37
Und wie betörend umweht der Duft der Rose den Gestank dieser Welt.

tanuki
23.10.2006, 12:38
Rainer Maria Rilke - die Geschichte von der Rose:

Während seines ersten Aufenthalts in Paris ging er jeden Mittag in der Begleitung einer jungen Französin an einer älteren Bettlerin vorbei. Stumm, starr, unbeweglich und unbeteiligt saß sie Tag für Tag auf dem Mauerstück eines öffentlichen Gartens. Zu keinem Geber sah sie auf. Sie bat nicht und dankte nicht. Hatte jemand ein Geldstück in ihren Handteller gelegt, dann holte sie die Hand zu sich zurück, ließ die Münze in ihrer Kleidertasche verschwinden und schicke die aufgetane Hand wieder von sich fort. Während nun die Französin die Bettlerin stets mit einer ansehnlichen Gabe bedachte, spendete Rilke keinen Sou. "Man müsste ihrem Herzen schenken, nicht ihrer Hand" sagte er ihr, als sie sich über sein Verhalten wunderte. Am nächsten Mittag trug der Dichter eine kaum erblühte weiße Rose zart, behutsam und gütig zwischen den Spitzen seiner Finger. Über das Gesicht der Freundin lief Freudenröte. Sie dachte: mir, eine Rose aus der Hand Rainer Maria Rilkes. Doch sie bekam die Rose nicht. Bei der Bettlerin angekommen, stand der Dichter still und legte die weiße Rose in die geöffnete Hand der alten Frau. Da geschah, was bisher noch nie geschehen war: Die Bettlerin sah zum Geber empor - mehr noch, sie stand auf, griff nach der Hand des fremden Mannes, küsste sie und ging mit der Dichter-Rose fort. An den folgenden Tagen mied Rilke die Straße der Bettlerin. Die Freundin hingegen konnte es nicht unterlassen, alle Tage den gewohnten Weg zu gehen. Doch zu ihrer großen Verwunderung traf sie die Bettlerin nicht an. Nach einer Woche ging der Dichter mit ihr wieder diesen Weg. Die alte Bettlerin saß wie gewohnt auf dem Mauerstück. Die Freundin aber hatte eine Frage, die sie nicht unterdrücken konnte: Wovon hat sie all die Tage, da niemand Geld in ihre Hand legen konnte, gelebt? Rainer Maria Rilke antwortete ihr: "Von der Rose".

Tanuki

Popcorn
23.10.2006, 13:46
Liebe tanuki, vielen vielen Dank für diese Geschichte.

Mein erster Gedanke: Wie oft habe ich im Leben nur die Dornen statt die Rosen geschenkt. Ich möchte es ändern und Rosen weitergeben.

Popcorn

tanuki
23.10.2006, 13:53
Hi, liebes "Popcornchen"
schön, dass dir mein Posting gefällt.
Das hier ist für dich :22
tanuki

vielleicht
23.10.2006, 14:42
Rosenstock am Lebensrand,
hölzern stehst du da.
Die Trockenheit hat dein Wachstum gehemmt,
Leben auf ein Minimum reduziert.
Nicht eine Blüte,
welke Blätter,
abgestorbene Triebe.

Am Skelett deiner ausgedorrten Verästelung,
dicht an dicht,
scharf und mächtig,
Dorne an Dorne.
Zeugen deines Kampfes,
deines Überlebens.

Warnend stehen sie da,
verbieten anderen zu nah zu kommen,
zu dir hindurchzudringen.
Es scheint, als hättest du deine letzten Kraftreserven
in das Wachstum deiner Dornenmauer investiert.
Eine klare Absage gegen die Verletzbarkeit.
Eine bewusste Entscheidung für die Abschätzbarkeit.

Dennoch bist du voller Sehnsucht nach Wasser.
Nach der Wärme, Sonne, Licht.
Nach dem Wachsen, Werden, Sein.
Traumbildillusion, dass Dornen Rosen tragen.

Leise suchen deine Wurzeln nach dem lebensgebenden Wasser.
Und erst beim Finden entdeckst du, wie nah es dir immer war.
Zaghaft streckst du dich der Sonne entgegen.
Ein übersehbarer Gefühlstrieb am Dornenrand.
Ängstlich lässt du dem Wachstum Raum.
Durch die Dornenwand hindurch,
hinein in die Verletzbarkeit.
Schritt für Schritt in dein neues Leben,
getragen von der Hoffnung,
dass Dornen Rosen tragen.

Asko
23.10.2006, 15:59
Eine junge Frau ging mit einer etwas älteren im Garten spazieren.
Da sie unsicher war, was sie nach Gottes Willen tun sollte, bat sie die ältere um Rat.
Statt zu antworten trat die ältere Frau an einen Rosenstrauch heran und reichte ihr eine Rosenknospe. „Öffne die Knospe, ohne ein Blütenblatt abzureißen“, forderte sie die Fragestellerin auf. Die junge Frau sah die ältere ungläubig an und versuchte sich vorzustellen, was eine Rosenknospe wohl mit ihrer Frage zu tun haben könnte. Doch aus Respekt vor der älteren Frau begann sie die Rose vorsichtig zu entfalten, und versuchte jedes Blütenblatt unbeschädigt zu lassen. Es dauerte nicht lange, bis sie merkte, dass das unmöglich war. Als die ältere Frau sah, dass es der jüngeren nicht gelang die Rosenknospe zu öffnen, ohne sie zu zerstören, zitierte sie das folgende Gedicht:

„Eine winzige Knospe im Sonnelicht, geschaffen nach Gottes Plan,
doch ihre Blütenblätter kann ich nicht öffnen mit grober Hand.
Wie Rosenblüten sich entfalten, bleibt ein Geheimnis so reich.
Von Gott geöffnet, behutsam gehalten, sterben sie in meiner Hand sogleich.
Wenn ich schon die Blüte nicht öffnen kann einer Rose, vom Schöpfer gegeben, woher soll ich nehmen die Weisheit dann, zu entfalten mein eigenes Leben!
So werde ich ganz auf ihn vertrauen, der mich leitet von Tag zu Tag.
Er ist der Hirte, auf ihn kann ich bauen, was immer auch geschehen mag.
Auf dem Weg, den ich auf Erden reise, führt mein himmlischer Vater mich weise.
Er wird ihn entfalten behutsam und sacht, wie er`s bei der Rosenknospe gemacht.“

(Autor unbekannt)

http://www.gifs.ch/Blumen/blumen/images/25.gif