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Provisorium
Die Welt (Raum, Zeit, Materie) geht nach Eckhart aus dem göttlichen Urgrund (dem Einen, über das keine positive Aussage getätigt werden kann) hervor. Gott erschafft das alles in einem ewigen Nun, hält das Geschaffene im Sein und nur durch ihn erhält es sein Sein. Dieses Sein ist aber nur geschaffen, vergänglich, letztlich substanzlos (ähnlich dem hinduistischen Maya, die Welt als Trugbild, Illusion). Das Substantielle (im Hinduismus Brahman, die wirkliche Welt) gibt es in den weltlichen Strukturen gar nicht und hat hier kein Sein, sondern ist immer nur das lautere, klare, reine Eine, abgetrennt von aller Zweiheit, das Gott, so wie er Gott ist entspricht und dementsprechend auch nicht identisch mit dem bis ins Kleinste ausgegliederte in der Welt ist.
Die Schöpfung ist im Hinduismus nicht von Brahman getrennt, sondern ein Teil von ihm. Denn Ishvara, das personifizierte Brahman, hat die Welt aus einem Drittel seiner Selbst geschaffen, und mit zwei Drittel ragt er über sie hinaus. Darum:
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Brahman ist die Unendlichkeit, das Allgegenwärtige, die Schöpfung, die Erhaltung und die Zerstörung.
Die sichtbare Welt ist Maya. Sie erscheint, wie wir sie sehen, verbirgt in sich jedoch eine andere Wirklichkeit.
http://www.hinduismus-religion.de/html/brahman.html
Maya ist nur die Form der Schöpfung, und Brahman ihre wahre Substanz.
Das "Eine" bei Eckhart aber ist unteilbar, weil er es aus der Sicht des Individualismuses sieht. Ein Individualist kann sich nicht teilen. Und das überträgt Eckhart auf Gott.
Und weil er individualistisch denkt, kann er die Einheit mit Gott nicht verständlich erklären:
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Nun erklärt sich auch das Missverständnis, dass ich selbst es sei, das sich in der Einheit befindet. Ich selbst bin ja ebenfalls nur geschaffen, nur Kreatur, gehöre zu den weltlichen Strukturen die vergänglich sind und ihr Sein nur durch Gott erhalten, es aber substantiell nicht besitzen, als etwas mir zugehöriges, das mit meinem Ich, oder meinem Selbst verbunden wäre. Meine Verbindung zu Gott besteht nicht in meinem Ich, nicht in meinem „Provisorium-Sein“, sondern sie besteht in Gott, ist Gott und das lautere, klare, reine Eine selbst.
Der Individualist kann mit Gott nicht eins sein. Er muß ein Nichts werden, sterben, aufhören zu existieren. Die götliche Substanz des Menschen (Seele, Geist?) muß eine neue Denkweise, ein neues Bewußtsein erhalten, um (wieder!) eins mit Gott zu sein.
Wie Jesus sagte: "Ihr müßt von neuem geboren werden." (Joh. 3:7)
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Der „Weg“ zu dieser Einheit, in der er (Gott) und ich (Provisorium, oder Du, oder sonstwer...) eins „werden“, ist ein Weg der Erkenntnis, dass alles von uns Erkannte nicht real und von unserer Erkenntnis unabhängig existiert, sondern vollständig aus dem Gottesgrund hervorgehend in unserer Erkenntnis konstruiert und geschaffen wird (es hat ja kein substantielles Sein, sondern nur ein Geschaffenes, von uns soundso Erkanntes). Wir können zwar nicht erkennen wie Gott das macht, aber wir können diesen im Innersten des Geistes stattfindenden Prozess zum aussetzen bringen.
Eckhart sagt dazu: Darum, willst du leben und willst du, dass deine Werke leben, so musst du für alle Dinge tot und zunichte geworden sein. Es ist der Kreatur eigen, dass sie aus etwas etwas mache; Gott aber ist es eigen, dass er aus nichts etwas macht. Soll daher Gott etwas in dir oder mit dir machen, so musst du vorher zu nichts geworden sein. Darum ist einzig der nur ein gerechter Mensch, der alle geschaffenen Dinge zunichte gemacht hat und geradlinig ohne alles Auslugen auf das ewige Wort hin gerichtet steht und darin eingebildet und widergebildet der Gerechtigkeit. Ein solcher Mensch empfängt dort, wo der Sohn empfängt und ist der Sohn selbst. Könntest du dich selbst vernichten nur für einen Augenblick, ja, ich sage, selbst für kürzer als einen Augenblick, so wäre dir alles das eigen, was es in sich selbst ist.
Willst du leben und willst du, dass deine Werke leben, so musst du, als Individualist, für alle Dinge tot und zunichte geworden sein.
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In seiner berühmten Armutspredigt führt Eckhart dann weiter aus: Wenn einer mich nun fragte, was denn aber das sei: ein armer Mensch, der nichts will, so antworte ich darauf und sage so: Solange der Mensch dies noch an sich hat, dass es sein Wille ist, den allerliebsten Willen Gottes erfüllen zu wollen, so hat ein solcher Mensch nicht die Armut, von der wir sprechen wollen; denn dieser Mensch hat (noch) einen Willen, mit dem er dem Willen Gottes genügen will, und das ist nicht rechte Armut. Denn, soll der Mensch wahrhaft Armut haben, so muss er seines geschaffenen Willens so ledig sein, wie er's war, als er (noch) nicht war. Denn ich sage euch bei der ewigen Wahrheit: Solange ihr den Willen habt, den Willen Gottes zu erfüllen, und Verlangen habt nach der Ewigkeit und nach Gott, solange seid ihr nicht richtig arm. Denn nur das ist ein armer Mensch, der nichts will und nichts begehrt.
Auch das betrifft nur den Individualisten. Der Gott erkennen und seinen Willen tun, um seiner eigenen Selbst willen sucht. Um selbst besser da zustehen.
Wer aber sein individualistisches Selbst abgelegt hat, und Gott um Gotteswillen sucht, um sich unterzuordnen und einzuordnen, für den heißt es: sucht, und ihr werdet finden.
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Du sollst ihn bildlos erkennen, unmittelbar und ohne Gleichnis. Soll ich aber Gott auf solche Weise unmittelbar erkennen, so muss ich schlechthin er, und er muss ich werden. Genauerhin sage ich: Gott muss schlechthin ich werden und ich schlechthin Gott, so völlig eins, dass dieses »Er« und dieses »Ich« Eins ist, werden und sind und in dieser Seinsheit ewig ein Werk wirken. Denn, solange dieses »Er« und dieses »Ich«, das heißt Gott und die Seele, nicht ein einziges Hier und ein einziges Nun sind, solange könnte dieses »Ich« mit dem »Er« nimmer wirken noch eins werden.
Dieses "Einswerden mit Gott" geht nur in der Gemeinschaft, der der Mensch sich anschließt, wenn er sein individualistisches Ich abgelegt hat.
Von dieser Gemeinschaft sprach Jesus. Er ist die Tür zu dieser Gemeinschaft. Für sie ist er gestorben, um sie ins Leben zu rufen.
Daß Meister Eckhart diese Gemeinschaft nicht sieht, zeigt daß er, auch in seiner Philosophie, den Standpunkt des Individualisten nie verlassen hat.
Ja, die ganze negative Theologie steht auf dem Individualismus.
Ein Individualist darf sich kein Bild von Gott machen, denn es wird immer individualistisch sein, und darum falsch.
Ein Individualist muß zu Nichts werden, um eins mit Gott zu sein. U.s.w. u.s.f.
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Zurück zum Thema. Wie lesen wir also die Bibel? Für Dich ist die Bibel das absolut gesetzte, unmissverständliche und eindeutige Wort Gottes, für mich ein Buch der Weisheit, in der gläubige Menschen ihrer Verbundenheit mit Gott Ausdruck verleihen und andere (die Leser) daran teilhaben lassen wollten.
Für mich ist Gott eine Gemeinschaft. Und jeder Mensch, der zu dieser Gemeinschaft gehört, ist ein Teil Gottes. Darum ist auch alles, was er sagt, das Wort Gottes. Und Gott wird dafür sorgen, daß es in Erfüllung geht.
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Tätige Liebe braucht doch eigentlich gar nicht soviel Wissen um das rechte Verständnis von Worten, Gleichnissen oder ähnlichem. Sie liebt aus freien Stücken, wie es ihrem Wesen entspricht und nicht weil irgendwo steht, dass sie lieben soll. Wenn ich also nichts von dem, was in der Bibel steht, richtig verstehen würde, aber ich diente meinem Nächsten in aufrichtiger und ehrlicher Liebe, wäre dann nicht unmissverständlich, eindeutig und absolut gesetzt alles verstanden, was es zu verstehen gäbe?
Alles, auch die Liebe, muß gelernt werden. Und jeder Mensch lernt von anderen Menschen und aus eigener Erfahrung.
Ein Kind, das keinen(!) auf zwei Beinen gehen sieht, wird kaum den Wunsch haben, zu gehen.
Die göttliche Liebe (Agape) hat Jesus gebracht. Es steht in der Bibel.
Wer die Bibel nicht gelesen hat, kann von dieser Liebe nur von anderen Menschen wissen. Und nur so, und soviel, wie diese Menschen erklären und zeigen konnten.
Und da wir in einer Gesellschaft leben, die gewissermaßen von der Bibel geprägt ist (so wie der Orient vom Koran), haben wir hier und da einiges "biblisches" gehört und uns angeeignet, selbst wenn wir nicht wissen daß es "biblisches" ist.
Darum sind die Bibelkritiker wie das Schwein unter der Eiche: http://www.fabelnundanderes.at/Ivan_...nter_der_Eiche
Manche aber wie der Affe mit den Brillen (siehe auch da).