Nein, es ist nicht alles schlecht, was sich in der kath. Kirche zuträgt und zugetragen hat. Es ist auch nicht alles schlecht, was sich im Protestantismus zuträgt oder zugetragen hat. Es ist auch nicht alles schlecht, was sich im Islam, Judentum, Hinduismus, Buddhismus zuträgt oder zugetragen hat. Jede Religion hat seine guten und seine schlechten Zeiten und Seiten.

Meine persönlichen Erfahrungen mit Menschen aus der kath. Kirche in Deutschland sind zu weit über 90% rein positiv. Das sage ich ganz ehrlich und offen und dies im Bewusstsein, dass ich in kath. Bildungszentren über viele Jahre hinweg religionswissenschaftliche Vorträge gehalten habe, sehr gut mit einem Franziskaner befreundet bin und letztlich sogar mich dafür entschied unsere Tochter in einen kath. Kindergarten betreuen zu lassen. Bedingt dadurch habe ich erneut auch Kontakt zur kath. Kirche und ich weiß darum, wie bemüht man zumindest im hiesigen Kindergarten ist auf gewisse Dinge Rücksichten zu nehmen. Es kommt mir natürlich da sehr entgegen, dass viele muslimische Kinder auch in diesem Kindergarten sind und damit eine gewisse Sensibilität und Selbstverständlichkeit für andere Kulturen und Religionen bei dem Kindergartenpersonal vorhanden ist.

Vor drei Wochen waren wir in einem Kindergartengottesdienst in einer kath. Kirche und ich war leicht erstaunt, mit welcher Inbrunst unsere Tochter sich am Kindergartenchor begeistert und lautstark mit singt. Die Lieder sind in soweit akzeptabel, dass sie nicht wesentlich spezifische konfessionelle Inhalte vermitteln (z.B. Marienkult), sondern „Gott“ zum Grundthema haben. Der Kindergottesdienst drehte sich im Wesentlichen um die Bewahrung der Schöpfung, was spielerisch anschaulich von den Kindern mitgestaltet wurde. Ich war doch davon sehr angetan. Als dann der sog. liturgische Teil begann wurde es freundlicher Weise allen Gottesdienstbesuchern frei gestellt zu gehen, was ich wirklich als eine freundliche Geste empfand, da zudem doch relativ viele islamisch geprägte Mütter mit ihren Kindern anwesend waren (die dazugehörigen Männer suchte man vergebens).

Ich führe deshalb diese Geschichte an, weil ich aufzeigen will, wie sich im Alltag Teile der kath. Kirche verändert haben, sich Entwicklungsprozesse abzeichnen, die durchaus positiv und begrüßenswert sind. Es geht dabei, wie im Beispiel aufgezeigt, nicht nur um Toleranz gegenüber anderen Kulturen und Religionen, sondern um Respekt gegenüber diesen. Und hier kann ich eigentlich nur Danke sagen, denn es war einst ganz anders.

Ich bin mir darüber hinaus allerdings auch bewusst, dass meine Tochter mit religiösen Gedankengut konfrontiert wird, dass mir eventuell nicht gefallen könnte. Doch es liegt letztlich in meiner Verantwortung Aufklärung zu tätigen und mein Kind dahingehend zu fördern in mündiger und selbstverantwortlicher Weise selbst für sich zu prüfen, was an Religionsinhalten für die weitere Zukunft bestand haben kann und was nicht.

Das eine jede Religion ihre religiösen Ansichten bewahrt, ihren Traditionen treu bleiben möchte, an ihrem kulturellen Erbe festhalten will, ja oft muß, ist ein Tatbestand, der in allen Konfessionen und Religionen gang und gebe ist. Allein die Anhänger dieser Religionen können auf diese Religionsinhalte Einfluss nehmen und diese dem Zeitgeist und neueren Erkenntnissen anpassen oder eben auch nicht.
Kirchen, Moscheen, Synagogen, etc sind Orte des Lebens, gefüllt von Menschen, die gemeinschaftlich Anteil an ihrem religiösen- und traditionellen Erbe und ihren kulturellen Errungenschaften nehmen wollen. Das ist erste einmal ein Fakt, denn wir bei aller Religionskritik sehen müssen. Sprechen wir von „Kirchen“, „Moscheen“ und „Synagogen“ etc., dann sprechen wir in erster Linie von Menschen und nicht von Institutionen. Eine andere Sache ist, wenn wir über das religiöse und kulturelle Erbe und Dasein einer Religion sprechen und hier dann explizit über Theologien, Philosophien und andere Religionsinhalte (z.B. Traditionen) und deren Auslebung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Und genau hier sind die Institutionen gefragt, die eben diese Dinge verantwortlich verwalten, gestalten und wegweisend und bestimmend formulieren. Und natürlich, die jeweiligen Anhänger einer Religion sitzen mit ihrer Institution auch in einem Boot, ob konform oder nicht, und werden letztlich von Außenstehenden mit den Aussagen und Handlungen ihrer Institutionen identifiziert. Das ist zwar immer eine sehr oberflächliche Sichtweise aber es ist die menschliche Herangehensweise.

Ich weiß z.B., dass sehr viele Christen, die der kath. Konfession angehören nicht mit allen Entscheidungen ihrer Religionsinstitution zufrieden sind, ja sogar offen Protest erheben und doch werden sie letztlich als Bestandteil dieser Religion von Außenstehenden wahrgenommen und gelten als Repräsentanten dieser Religion. Und ich weiß auch, dass viele Muslime überhaupt nicht mit Ansichten und Handlungsweisen gewisser Islamischer Kreise konform sind, ja diese sogar als Verunglimpfer ihrer Religion verstehen und doch werden diese sog. gemäßigten Moslems zumeist mit den „Verunglimpfern“ in einen Topf geworfen.

Abhilfe aus diesem Dilemma schafft letztlich nur die Sichtweise, dass wir es in erster Linie nicht mit einem katholischen Menschen, moslemischen Menschen, protestantischen Menschen, etc, etc, zutun haben, sondern mit einem Geschöpf Gottes – einem Menschen und in dritter Linie erst die Religions- oder Volkszugehörigkeit beachtenswert ist.
Eventuell mag man gegenüber so mancher Religion oder auch Konfession feindlich gesinnt sein, doch dann sollte man deutlich zwischen Religionsaussagen und den Menschen als Geschöpf Gottes unterscheiden. Ich weiß, es ist oftmals nicht möglich, weil wir Menschen sind und uns nur all zu gern über und durch Ideologien, Theologien und Philosophien identifizieren wollen. Welch ein Dilemma.

Absalom