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  1. #1
    Obertonmusik Gast

    Standard Gedichte und Lyrik

    Dies Bewußtsein das gewahr ist
    der Nachbarn und der Sonne
    wird auch den Tod gewahr
    und daß es selbst allein

    den Raum zu überschreiten hat
    der die Erfahrungen trennt
    Der Menschen vorbestimmten
    und tiefsten Experiment -

    Wie gemäß auch in sich selbst
    seine Eigenschaften seien
    Er selbst in sich und niemand sonst
    muß sich dazu befreien.

    Und Abenteuer meist mit sich
    die Seele so besteht -
    gefolgt von einem Treiber nur
    ihre eigene Identität.


    emily Dickinson

  2. #2
    Obertonmusik Gast

    Standard

    Frühlingsglaube

    Die linden Lüfte sind erwacht,
    Sie säuseln und weben Tag und Nacht,
    Sie schaffen an allen Enden.
    O frischer Duft, o neuer Klang!
    Nun, armes Herze, sei nicht bang!
    Nun muß sich alles, alles wenden.

    Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
    Man weiß nicht, was noch werden mag,
    Das Blühen will nicht enden.
    Es blüht das fernste, tiefste Tal:
    Nun, armes Herz, vergiß der Qual!
    Nun muß sich alles, alles wenden.


    Ludwig Uhland

  3. #3
    poetry Gast

    Standard

    Vom donnernden Leben

    Das kann doch nicht alles gewesen sein
    Das bisschen Sonntag und Kinderschreien
    Das muss doch noch irgendwo hingehen

    Die Überstunden das bisschen Kies
    Und abends in der Glotze das Paradies
    Darin kann ich doch keinen Sinn sehen

    Das soll nun alles gewesen sein
    Da muss doch noch irgendwas kommen nein
    Da muss doch noch Leben ins Leben eben

    He Kumpel wo bleibt dein Ernst mein Spass
    Nur Schaffen und Raffen und Pusten und Hast
    Und dann noch den Löffel abgeben eben

    Das soll nun alles gewesen sein
    Das bisschen Fußball und Führerschein
    Das war nun das donnernde Leben eben

    Ich will noch ein bisschen was Blaues sehen
    Und will noch ein paar eckige Runden drehen
    Und dann erst den Löffel abgeben eben

    Wolf Biermann

  4. #4
    Obertonmusik Gast

    Lächeln

    Schlängelchen zum Teufel kam,
    Ganz still und bescheiden.
    Und der Teufel das Schlängelchen nahm
    Und es streichelte.
    Mochte es gut leiden.

    Kam ein Schlängelchen
    zu einem Engelchen,
    Neigte sich und wollte wieder scheiden.
    Engelchen mochte das Schlängelchen
    gut leiden,
    sagte fromm:
    "Komm ! "


    J. Ringelnatz

    Hallo poetry,
    wenige kennen Wolf biermann, grüße Dich

  5. #5
    Obertonmusik Gast

    Standard

    Ich wohne in der Möglichkeit -
    Ein fensterreiches Haus -
    Viel heller als die Wirklichkeit
    Mit Türen - ein und aus -

    Mit Kammern wie die Zedern -
    dem Auge unsichtbar -
    Und als ein ewigliches Dach
    Des Himmels Giebelschar -

    Besucher - die allerschönsten -
    Meine Berufung - dies -
    Die schmalen Hände weit zu breiten
    Zu ernten Paradies -


    Emily Dickinson

  6. #6
    Obertonmusik Gast

    Standard

    Geh aus, mein Herz
    1)

    Geh aus, mein Herz, und suche Freud
    In dieser schönen Sommerzeit
    An deines Gottes Gaben!
    Schau an der schönen Gärten Zier,
    Und siehe, wie sie mir und dir
    Sich ausgeschmücket haben!

    Die Bäume stehen voller Laub,
    Das Erdreich decket seinen Staub
    Mit einem grünen Kleide;
    Narzissus und die Tulipan,
    Die ziehen sich viel schöner als
    Als Salomonis Seide.

    Die Lerche schwingt sich in die Luft,
    Das Täublein fliegt aus seiner Kluft
    Und macht sich in die Wälder;
    Die hochbegabte Nachtigall
    Ergötzt und füllt mir ihrem Schall
    Berg, Hügel, Tal und Felder.

    Die Glucke führt ihr Völklein aus,
    Der Storch baut und bewohnt sein Haus,
    Das Schwälblein speist die Jungen;
    Der schnelle Hirsch, das leichte Reh
    Ist froh und kommt aus seiner Höh'
    Ins tiefe Gras gesprungen.

    Die Bächlein rauschen in dem Sand
    Und malen sich in ihrem Rand
    Mit schattenreichen Myrten;
    Die Wiesen liegen hart dabei
    Und klingen ganz vom Lustgeschrei
    Der Schaf' und ihrer Hirten.

    Die unverdrossne Bienenschar
    Fleucht hin und her, sucht hie und da
    Ihr' edle Honigspeise:
    Des süßen Weinstocks starker Saft
    Bringt täglich neue Stärk' und Kraft
    In seinem schwachen Reise.

    Der Weizen wächset mit Gewalt,
    Darüber jauchzet Jung und Alt
    Und rühmt die große Güte
    Des, der so überflüssig labt
    Und mit so manchem Gut begabt
    Das menschliche Gemüte.

    Ich selber kann und mag nicht ruhn;
    Des großen Gottes großes Tun
    erweckt mir alle Sinnen;
    Ich singe mit, wenn alles singt,
    Und lasse, was dem Höchsten klingt,
    Aus meinem Herzen rinnen.



    Paul Gerhardt
    (1607 - 1676)
    vertont von Augustin Harder 1813

  7. #7
    Obertonmusik Gast

    Standard

    Ein modernes Beispiel der Spinne als Weltenweberin
    aus dem Gedicht „Quartär" (1948) von Gottfried Benn:

    Riesige Hirne biegen
    sich über ihr Dann und Wann,
    sehen die Fäden fliegen,
    die die alte Spinne spann,
    mit Rüsseln in jede Ferne,
    und an alles, was verfällt,
    züchten sich ihre Kerne,
    die sich erkennende Welt.
    Einer der Träume Gottes
    blickte sich selber an.
    Blicke des Spiel, des Spottes
    vom alten Spinnenmann,
    dann pfückt er sich Asphodelen
    und wandert den Styxen zu -,
    laß sich die Letzten quälen,
    laß sie Geschichten erzählen -
    Allerseelen -

  8. #8
    Obertonmusik Gast

    Standard

    GINKGO BILOBA

    Dieses Baums Blatt, der von Osten
    Meinem Garten anvertraut,
    Gibt geheimen Sinn zu kosten,
    Wie's den Wissenden erbaut.

    Ist es ein lebendig Wesen,
    Das sich in sich selbst getrennt,
    Sind es zwei, die sich erlesen,
    Daß man sie als eines kennt.

    Solche Frage zu erwidern
    Fand ich wohl den rechten Sinn,
    Fühlst du nicht an meinen Liedern,
    Daß ich Eins und doppelt bin.


    Goethe

  9. #9
    Registriert seit
    10.01.2011
    Ort
    Mülheim/Ruhr
    Beiträge
    11

    Standard

    Ich denke mal, dass ich mit meinem Gedicht hier in dem richtigen Thread bin.
    Zwischendurch schreibe ich selbst welche. Die Erde ist meine letzte Schöpfung.

    Zwei Sterne strahlt auf die Erde
    Bis einer sagte, dass ist meine Erde
    Beide stritten um diese Erde
    und weinten lange um diese Erde
    Der eine Regen, der andere Hagel
    Bis beide sagten
    jetzt reicht es uns mit dieser Erde
    Jetzt ist es wieder unsere Erde

    Könnt ihr den Sinn verstehen? Ich versuche damit etwas ganz bestimmtes auszusagen. Leider hat das bisher noch keiner so richtig verstanden. Versteht ihr das denn wenigstens?

  10. #10
    Registriert seit
    11.07.2006
    Beiträge
    5.546
    Blog-Einträge
    7

    Standard

    hmmm - ich habs jetzt zweimal gelesen, aber ich verstehe nicht, was damit ausdrücken möchtest. Erkläre es uns doch, vielleicht schließt es sich dann für uns auf oder wir können dir einen Tipp geben wie es leichter zu verstehen ist.


 

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