Liebeslied an meine Feinde

Tage gibt‘s, da mach‘ ich mir dann doch Gedanken,
da überprüf' ich all mein Reden all mein Tun.
Ich seh' mich grade steh‘n, und manchmal schwanken,
doch meistens selbstgerecht in gutgemeinte Taten ruh‘n.

Ich habe oft mit Streitigkeiten angefangen,
meist ahnend, daß ich wieder mal Verlierer bin,
doch Opportunes hab‘ ich mir bewußt verhangen,
da zog‘s mich eher schon zum Einzelkämpfer hin.

Ich fühlte mich von euch oft übers Ohr gehauen,
so daß sich meine Seele jetzt mit einer Hornhaut schützt.
Verwundbar bin ich noch, mir fehlt nur das Vertrauen,
ob das in meinem Leben hier noch etwas nützt?

So sind wir uns beharrlich ferngeblieben,
wir grüßen uns, und achten fair des andern Sein,
doch leider können wir uns nicht mehr wahrlich lieben,
ich frage mich: Fiel jedes Wort an uns auf Stein?

Das glaub ich nicht, da sind bestimmt noch Türen offen,
da sind nicht alle Brücken gänzlich abgebaut,
manch‘ Wort von euch, und mancher Blick läßt hoffen,
daß ihr, wie ich, nach neuen Möglichkeiten schaut.
© by Günter Otto von Deyen