Das Lied eines alten Christen
Günter von Deyen

Was bin ich doch gelaufen,
für Gottes Reich und seinem Wort,
nahm selten Zeit mir, zu verschnaufen,
so sehr riß mich der Eifer fort.
Und was hab' ich gerungen,
gebetet und gefleht,
hab' mir die Kehle aus dem Hals gesungen,
in nächtelangem Zung’gebet.

Und wie ihr wißt hab ich gestritten,
natürlich immer nur ums eigne Recht.
Mal hat der eine, mal hab' ich gelitten,
ja, ja ich war bestimmt nicht schlecht

Nun ist die Zeit vorangeschritten
und vieles hat mich umgestimmt
ich habe mehr an mir gelitten
und Zweifel mir ins Herze rinnt;
ob all mein Wirken all mein Tun
mein Fasten, Ringen und Gebet
mein Streiten und mein Dicketun
allein auf meine Kappe geht?

Denn jetzt in meinen letzten Tagen,
da ahn’ ich woran alles hing:
ich wurde viel, viel mehr getragen,
als daß ich für Gott ging.