Lieber Lyko, was soll dein Text nun letztlich aussagen?
Es gibt keine Originale mehr, sondern nur Abschriften von Abschriften von Abschriften. Das ist die Sachlage. Der letzte historische Kronzeuge einer Originalschrift, die direkt auf die Jüngerschaft Jesu zurückgeht, war Hieronymus. Was mit dieser letzten Originalhandschrift geschah wissen wir übrigens sehr genau, die Kirche verwarf diese Handschrift - sie war zu jüdisch. Übrigens alle großen Kirchenväter wussten um diese Handschrift und bestätigten einmütig ihre Echtheit und zugleich wissen wir auch, dass diese die einzige Überlieferungsschrift war, die aus dem direkten Jüngerkreis entstammte. Heute nennt die Wissenschaft diese Quellschrift Q. Alles andere entstammte späteren Generationen und Traditionen und dazu gehören bereits die noch heute erhaltenen ältesten Papyri. Denn bereits diese sind nachweislich Abschriften von Abschriften.
Es gibt heute Bemühungen die Textlage - zumindest die der drei Synoptiker - zu rekonstruieren, denn alle drei Schriften verweisen auf eine Grundüberlieferung hin -Synopse -. Die Unterschiede in der Darstellung der Geschehnisse um Jesu sind jedoch bei einer Zusammenschau dieser drei Schriften deutlich unterschiedlich, was Orte, Handlungsinhalte, Redeinhalte und Zeitangaben betrifft. Zudem kommt die große Schwierigkeit der sprachlichen / schriftlichen Überlieferungsform. Jesus sprach bekanntlich nicht griechisch und soweit ist die Linguistikforschung mittlerweile (besonders gestützt durch die Schriftfunde von Qumran), dass man weiß Jesus sprach auch nicht rein aramäisch. Viele Aussagen in den Evangelien kann, allein schon aus rein linguistischem Hintergrund, Jesus so nie gesagt haben, weil es den Rahmen der mischnaischen - aramäischen Begriffswelt sprengen würde und zudem dem Sprachwortschatz der Überlieferungsjahrhunderte angepasst wurde. Es dürfte bekannt sein, dass Wort- und Sinninhalte einer Sprache sich im Verlauf von Generationen immer wieder verändert. Ein klassisches Beispiel dafür ist das Johannesevangelium, dass die philosophische - alexandrienische - griechische Begriffswelt des 3. Jahrhundert beinhaltet. Eine Schreib - und Ausdrucksweise, ja Begriffswelt, die es im 1. Jahrhundert so überhaupt gar nicht gab.
Wie dem auch sei, die heutige Bibel unterliegt einem sehr langen Überlieferungs-, Reaktions- und Revidierungsprozess, den man eigentlich anhand der Kirchengeschichte sehr gut nachvollziehen kann. Insbesondere die Unmengen an Überlieferungsschriften zeigen sehr deutlich die historischen und theologischen Entwicklungen auf. Und dies wird übrigens bis zum heutigen Tag so praktiziert. Genau deshalb gibt es so viele verschiedene Bibeln mit doch ganz erheblichen Unterschieden in der Textgestaltung.
Zumindest gehen die Bibelanstalten doch sehr freizügig mit „Gottes Wort“ um. Und man fragt sich nicht zu Unrecht, wie hat denn nun eigentlich Gott gesprochen (das fragte schon Luther), babylonisch, hebräisch, koptisch, griechisch, aramäisch, lateinisch, englisch, deutsch? Es verwundert nicht, dass ein Martin Luther einst ausrief 50 Gulden (sehr viel Geld damals), wer ihm das biblische Wort „Chen“ richtig Sinnübersetzen könne. Und so ist es wie Luther schon einst sagte: „Wir zwingen die Propheten deutsch zu reden, doch sie können es nicht, denn die Hebräer trinken aus goldenen Schalen, die Griechen aus silbernen Schalen, die Latiner aus bronzenen Schalen und die Deutschen aus Pfützen.“ Und somit wusste auch ein Herr Luther: „Jede Übersetzung ist und bleibt eine Fälschung und man mag es gar nicht mehr Wort Gottes nennen.“ (Aus Tischreden Luthers)
Bedarf es eigentlich eines Koran, einer Bibel, etc um Gott begegnen zu können?
Absalom
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