Diese Diskussion führt für mich am Kern vorbei. Gott ist Liebe und der kann meines Erachtens nach kein Mangel anhaften. Unsere Gedanken sind Gebete und uns geschieht nach unserem Glauben. Wie soll Gott uns Überfluss schenken, wenn wir schon voller Sorge zum Briefkasten gehen, weil wieder Rechnungen reingekommen sein könnten (ganz abgesehen davon, dass man für Rechnungen dankbar sein sollte, weil man durch das Bezahlen von Rechnungen das Gleichgewicht wieder herstellt zwischen schon erhaltenen Segnungen und unserem Beitrag dazu.) Wie können wir erhalten, woran wir nicht glauben.

Wenn es darum geht, uns jenen zuzuwenden, denen "es nicht so gut geht", denke ich, dass es vor allem darum geht, vorzuleben, wie man GLAUBEN lebt. Etwas Besseres und Wertvolleres kann es in dieser Hinsicht nicht geben. Wenn jemand finanziell angeschlagen ist, hat dies seine Ursachen. Einem solchen Menschen Geld zu geben, ist vergleichbar mit den Perlen und den Schweinen. Ein solcher Mensch, wenn er nicht lernt, was Glauben und Vertrauen heisst, wird immer wieder Unterstützung materieller Art brauchen. Besser, wir sind ein Zeugnis, dafür, was Glauben alles zu bewirken vermag. Ein Beweis dafür zu sein, dass die Bibel recht hat, mit allem was sie über den Glauben und das Vertrauen sagt.

Bernd, Du schreibst:
"Haben wir Christen diesen Zug schon bemerkt, sind unsere Gemeinden offen für diese Thematik? Oder wird allseits immernoch "Gott macht schon" gelebt?"
Genau darum geht es doch: Anzunehmen und bedingungslos zu glauben, "das Gott das schon macht". Und dies auch vorzuleben. Anstattdessen sinnieren wir darüber, wo wir unseren Beitrag leisten können, wo Gott es offenbar nicht kann/tut.

Weiter schreibst Du:
"Erschreckende Korruptionen, Zweiklassen-Gesellschaft, Unterschiede in der Bildung, eine Gesundheitsreform wo das Leben des Einzelnen an der Kassenzugehörigkeit hängt. Eine völlig vermurkste Ausländerintegration, Politiker die sich nicht mehr verantwortlich fühlen, hartz4 (er will es gar nicht gewesen sein) und und und, eine ellenlange Liste von Unglaublichkeiten der Ungerechtigkeit. (...) Aber die Grundtendenz vergangener Jahre, also die fetten Jahre des Wohlstandes sind eindeutig vorbei."
Uns geschieht nach unserem Glaube. Denkst Du, dass dies nur im Positiven der Fall ist?

Natürlich hat die Fürsorge einen wichtigen Stellenwert. Dabei geht es aber nicht um das Helfen um eines Resultates Willen, sondern um das Helfen des Helfens Willen. Das Denken von sich selbst weg und dem Leben zu zu wenden. Ich kann mir selbst nichts besseres tun, als anderen bedingungslos zu helfen. Dies hat durchaus etwas Paradoxes an sich: Man segnet sich selbst, indem man anderen hilft. Und dahinter steht durchaus auch Eigennützigkeit. Ich weiss, dass ich mir selbst vielleicht mehr helfe, als dem, dem ich helfe, wenn ich ihm helfe und trotzdem geht es mir nur darum, zu helfen. Aber die Tatsache, dass ich mich selbst damit segne, für andere da zu sein, lässt sich nun mal nicht verleugnen.

"Ich möchte mit der Diskussion nicht in eine grundsätzlich ablehnende Haltung geraten, sondern dazu anregen Missstände zu sehen und anzusprechen und sich in lebensbejahender Weise zu engagieren."

Das geht mir ebenso. Aber wenn Du ansprichst, "Missstände zu sehen", gehen mir all die Dinge durch den Kopf, bei denen man die Misstände sah und gegen sie vorging: Kampf gegen Aids - Resultat mehr Aids, Kampf gegen Krieg - Resultat mehr Krieg, Kampf gegen Terror - Resultat mehr Terror, Kampf gegen Armut - Resultat mehr Armut, usw. Deshalb sehe ich eine lebensbejahende Haltung darin, diese Missstände nicht zu beachten, sondern uns dem Schönen und Guten zuzuwenden und dies zu vermehren. Mutter Theresa sagte einmal: "Ich werde nie an einer Anti-Kriegs-Demo teilnehmen. Aber an eine Friedensdemonstration können Sie mich gerne einladen."

Selbstlose Hilfe gegenüber anderen ist etwas vom Schönsten und Wertvollsten was es gibt. Aber ich denke, dass es auf das Motiv ankommt, auf unser Denken und unseren Glauben.