Vers 3: Es war aber nach Ablauf einer Zeit, da brachte Kajin von der Frucht der Erde Gott ein Opfer. 4. Und auch Hewel brachte gleichfalls von den Erstgeburten seiner Schafe und von deren besten. Da wandte sich Gott zu Hewel und seinem Opfer, 5. aber zu Kain und seinem Opfer wandte Er sich nicht, und es senkte sich sein Angesicht.

מִנְחָה (minchah) Opfer. Mincha ist ein Opfer aus Mehl und Öl. Selten (in Malachi) werden auch Tieropfer Minchah genannt. Ausserhalb des Tempels heisst Minchah auch Geschenk, zum Zeichen der Huldigung einer Untergebenen an einen Höheren. Wortwurzel ist etwas ungewiss, vielleicht נחה führen im Verhältnis vom Hirten zur Herde. So unterstellt sich oder anerkennt der Darbringende die Führung oder Botmässigkeit des anderen. Also eine Huldigungsgabe.

Opfer sind keine Konzession des Polytheismus, denn es gab da noch kein Götzentum. So sind Opfer Ursprung reiner menschlicher Empfindung und Gedanken. Ferner erscheint hier sogleich bei dem ersten Opfer ein verworfenes neben einem wohlgefälligen. Es war also von vornherein dem Opfer nie ein absoluter Wert beigelegt. Dies wurde nicht „erst“ durch die Propheten so gesagt und sie sprachen auch nicht gegen die „Opfer“, sondern gegen die Haltung, Gesinnung.

Es heisst hier nicht, dass sich Gott Hewels Opfer zuwendet, und sich von Kajins Opfer abwendet, sondern Er wendet sich Hewel und seinem Opfer zu, und wendet sich nicht zu Kajin und seinem Opfer. Die Verschiedenheit liegt in der Persönlichkeit des Opfernden, nicht im Opfer.

Nach Ablauf einer Zeit, da der Ackerboden und die Herde unter Gottes Segen gediehen, war es „Zeit“, eine Veranlassung, ein Huldigungsopfer darzubringen.
Kajin nahm von seinen (Erd-)Früchten, ohne Wahl, was da so ihm in die Hände fiel. Er muss doch Gott „etwas“ darbringen. Es spricht sich darin die Verwerfliche Anschauung aus, welche auch Malchia geisselt. Eine Gottesbeziehung wird als „Zubehör“ der menschlichen Angelegenheiten betrachtet, den man doch nicht ganz ausser acht lassen will, und von dem man im Leben nur die verlorenen Momente, „das Kranke und Schwache“ ihm zuwendet.
Hewel aber nahm von den Erstlingen, und davon die Besten. Wer dem anderen das Beste gibt, stellt die Beziehung zum anderen in den Vordergrund. Die Darbringung des Ersten erscheint überall als stellvertretende Weihe des Ganzen.

גַם־הוּא auch er, auch Hewel. Wir hätten erwarten sollen, dass Hewel nicht auch seinerseits ein Opfer darbringt.
בְּכוֹר b’chor, der Erstgeborene: Wenn wir die spätere Bedeutung des Erstgebornen in diese Betrachtung mit einbeziehen, so hat ja der Erstgeborene nicht allein für sich, sondern für das ganze Haus, für die Familie geopfert. So dürfte dann auch hier in Kajins Opfer Hewel mitvertreten sein können und sollen. In eigentümlicher Weise sehen wir den בְּכוֹר, der bestimmt war, die materiellen und Geistige Bedeutung des Hauses zu tragen, überall, auch hier, verworfen. So Kajiin, Esau, Ruwen, und die Erstgeborenen in der Wüste (dieses wurde an die Leviten übertragen). Und doch sollte ursprünglich anders sein. Erst derjenige, der als „Gewächs“ der Zeiten kommen soll, wird zugleich die Priester und Fürstenkrone vereint auf dem Haupte tragen, „wird Priester sein auf dem Throne“ (Sach. 6,13.14). So wird nun hier hervorgehoben, dass Hewel auch ein Opfer darbringt, so muss nun Hewel sich in Kajins Opfer nicht vertreten gefühlt, oder aber Kajin in seiner Selbstsucht befangen, ihn gar nicht vertreten wollte.

חֵלֶב (chelew) Fett, wie Milch, Chalaw. חֵלֶב ist der Überschuss des nahrungsstoffes, den der Organismus augenblicklich nicht braucht, quasi zurückgelegtes Kapital. Chalaw, Milch ist der fertige Nahrungsstoff für das Junge.

וַיִּשַׁע von שעה und Gott blickte/wandte sich zu Hewel. Für ganze, volle Zuwendung und ganzer Aufmerksamkeit ist פנה (pneh) (Angesicht), während hier nur ein augenblickliches Hinwenden ist.

וַיִּחַר zornig, wörtlich: es brannte diese den Kajin sehr. חרה Charah ist das Gefühl der Entrüstung, den ein Vorgang, welchen wir für Unrecht halten in uns hervorruft.

נָפְלוּ פָנֶיךָ (naflu fanejka) Das Angesicht senken. Warum hat sich dein Angesicht gesenkt? Das Wort deutet auf eine Niedergeschlagenheit, eine Hoffungslosigkeit hin, nicht aus Bosheit.