Ergebnis 1 bis 9 von 9
  1. #1
    Nachdenklich Gast

    Standard Wie geht diese Geschichte wohl aus?

    Des Königs Sohn

    Es war einmal ein mächtiger und kluger König, der seinesgleichen nicht fand. Seine Güte war legendär. Sein Reich war geeint und in jeder Hinsicht bestens geordnet und versorgt. Es litt darum auch nie jemand eine Not. Die Dienerschaft wetteiferte, den Befehlen des Königs nachzukommen, denn alle liebten ihn sehr. Nur Kinder wollten dem Könige keine werden.

    Nach langer Zeit fand sich unter der Dienerschaft ein Junge, der gerade erst das Alter erreicht hatte, um als Hilfkraft in die Dienste des Königs zu treten. Eines Tages rief der König ihn mit einigen anderen Dienern zu sich und teilte jedem eine Aufgabe zu. Als die Reihe an den Jungen kam, geschah etwas, das im ganzen Reiche nie gesehen ward. Als nämlich der König dem Jüngling einen Auftrag zuteilte, fragte der Junge keck: „Herr König, Majestät, warum erteilst du mir gerade DIESEN Auftrag? Ich hätte doch ganz gut den Botengang meines Nachbarn übernehmen können?!“ Den Anwesenden stockte der Atem. Nach einem Augenblick der Stille erhob sich der Amtsälteste und sprach: „Majestät, unser geliebter Herr König, der stets für uns sorgt wie ein Vater für seine Familie! Die Rede des Jungen beschämt mich und die ganze übrige Dienerschaft. Wir bitten dich, Herr, dass du uns erlaubst ihn aus deiner Nähe zu entfernen und an seiner Statt einen Tüchtigeren zu berufen.“
    Da stürzte der Junge hin vor den König und bat ihn weinend um Vergebung, denn er fürchtete sich sehr vor den Folgen seines Verhaltens.

    Der König aber hob den Jünglich vom Boden auf, lächelte ihn freundlich an und sagte zu ihm: „Die ganze Dienerschaft ist darauf bedacht, mir blindeifrig jeden Wunsch aufs pünktlichste zu erfüllen. Du aber wagst es, meine Befehle zu hinterfragen. Gerade darum nehme ich dich nun an Sohnes statt, denn dein Verhalten beweist, dass du Geist von meinem Geiste bist, mehr denn alle anderen. Von nun an sollst du stets um mich sein, und ich werde dir beantworten und erklären, was immer du wissen willst.“

    Viele Jahre später, als der vom König an Sohnes Stelle Angenommene längst in die Mannesjahre gekommen war und in viele Geheimnisse des Regierungsamtes eingeweiht war, da geschah an einer Audienz des Königs, dass wichtige Posten zu besetzen waren. Während der König jedem Berufenen sein künftiges Amt zuwies, unterbrach ihn sein Sohn und verkündete laut: „Herr König, Majestät, meines Erachtens hast du für dieses Amt nicht den passenden Diener ausgesucht. Ich würde einem anderen diese Aufgabe übertragen, der sich besser dafür eignet!“ - Angesichts dieses Benehmens stockte allen Anwesenden der Atem, denn es war eines, wenn der Sohn den König um allerlei befragte. Diese Rede des Sohnes aber übte offen Kritik an der Entscheidung des Herrschers, und zum ersten Mal erschien Zwietracht im Reiche des Königs.

    Der König aber sprach zum einst erkorenen Sohne: „Mein Sohn, ein Reich hat nur Bestand, wenn es in sich geeint ist. Darum hat es in jeglichem Reiche nur Platz für EINEN König. Die Dienerschaft kann nicht zwei Herren gleichzeitig dienen, ohne dass es Zwietracht gibt. Wo Zwietracht herrscht, wird das Reich geschwächt und zerfällt mit der Zeit. Ich habe den heutigen Tag lange vorausgesehen und habe dir darum in einem entlegenen Winkel meines Reiches ein Land bereitet. Erwähle dir eine Anzahl Diener und Knechte aus meinen Reihen und mache dich auf, um dieses Land in Besitz zu nehmen. Mein getreuester Knecht soll dich bis zum Tunnel des Vergessens geleiten, der als einziger Zugang in das Gebiet führt, das künftig alleine deinem Willen untersteht. Wer den Tunnel des Vergessens passiert, kann nicht mehr zurück. Dort im fernen Lande wirst du Gelegenheit haben, dein eigenes Reich zu gründen und in dir deine ganz eigenen Grundsätze zu finden, nach denen du Land und Leben ordnen und leiten willst. Die Erfahrung wird dich Weisheit lehren. Was sich bewährt, hat Bestand. Was nicht taugt, zerfällt früher oder später von selbst. Wenn du einst dein ganzes Gebiet bis an die Grenze überblicken kannst und dein Reich geeint dasteht, werde ich den Tunnel des Vergessens aufheben, so dass zwischen mir und dir, zwischen meiner Dienerschaft und deiner Dienerschaft wieder freier Austausch möglich ist.“
    Da erschrak der Sohn. Voller Angst stürzte er hin zum König, bat ihn weinend um Vergebung und flehte: „Mein Herr und mein König, schicke mich doch nicht in die Verbannung. Ich verspreche dir jede andere Strafe willigst anzunehmen. In Zukunft halte ich meine Zunge im Zaum. Nie mehr soll eine Anmassung über meine Lippen kommen.“

    Der König aber sprach: „Geliebter Sohn und mein angehender Freund und Bruder, höre mich an: Ich schicke dich nicht in dieses abgelegene Land, um dich zu verbannen. Siehe, der Sohn schuldet seinem Vater ein gewisses Mass an Liebe und Gehorsam, solange er von ihm abhängig ist. Der Bruder und Freund aber ist frei und liebt frei, weil er mir in allem ebenbürtig ist. Aus meinem Sohne soll mir nun auch ein Freund und Bruder werden. Danach sehnt sich mein Herz schon lange. Du hast mir heute eine grosse Freude bereitet. Fürchte dich also nicht vor dem Kommenden, denn meine Liebe für dich ist ungeschmälert. Du weißt, dass mein Auge alles überblickt, weshalb ich um alles weiss, was geschieht. Konnte ich mit meinem Arm in der Ferne dies Land für dich bereiten, so wird meine Liebe dich auch erreichen, wenn du dort angelangt bist. Solltest du in Not geraten und Hilfe benötigen, so werde ich es wissen. Dann werde ich jeweils meinen getreuesten Diener zu einem Boten und Berater für dich erwählen und ihn zu dir senden, damit er dir zur Seite steht. Ja, ich werde mich nicht scheuen, dich sogar persönlich aufzusuchen und dir aufzuhelfen, wenn dies zu deinem Wohl und Heile nötig sein sollte. Auch werde ich aus meiner Dienerschaft laufend Helfer in dein Land senden, die dir unerkannt als Fremde in meinem Auftrage dienen. Alle Gesandte von mir sollen aber für immer deinem Reiche angehören. Du wirst an der Zahl der Menschen in deinem Reiche erkennen, wie viele Abgesandte ich zu deiner Unterstützung an dich aussandte, und an ihrer Zahl auch meine Liebe zu dir bemessen können. Meine väterliche Fürsorge wird verschleiert, aber stets ungemindert bei dir sein. Sei gewiss, die Zeit, da du dein Land bis an die von mir gesetzte Grenze überblicken kannst, wird kommen. Dann wisse, dass der Tag deiner Reife nahe ist. Wenn du einmal das Land ganz überblickst, wird es ein Leichtes sein, das Reich zu einen, sei es, weil du anwendest was du bei mir erlernt hast, indem du meine Grundsätze zu deinen eigenen machst, oder sei es, weil die Erfahrung dich mit der Zeiten Dauer gelehrt hat, welche Ordnung Bestand hat. Mein geliebter Sohn, ziehe nun aus, werde mir ebenbürtig, und frei aus dir mein lieber Freund und Bruder, mit dem ich mich dann auf einer nie dagewesenen Ebene austauschen kann und die Freuden des Herrschers im vollen Masse teilen kann.“

    Nach diesen ermutigenden Worten des Königs warf sich der Sohn an des Königs Brust und weinte, diesmal vor Freude. „Mein König, geliebter Vater!“ rief er aus, „jetzt empfinde und begreife ich zum ersten Male im ganzen Ausmasse, was es bedeutet, des Königs Sohn zu sein. Ich bin ergriffen von deiner Grosszügigkeit und Liebe, und mein Herz glüht vor Gegenliebe. Wie könnte ich dich aber ausgerechnet jetzt verlassen?“

    Da sprach der Vater, während er den Sohn in seinen Armen hielt: „Mein Sohn, deine grosse Liebe zu mir bewegt mich dazu, dich nun selber bis zum Tunnel des Vergessens zu geleiten. Weil ich im Voraus wusste um den Schmerz, den dir die Trennung von mir bereiten würde, habe ich diesen Übergang so geschaffen, dass du meiner bis auf eine leise Ahnung ganz vergessen wirst. Sei getrost, wenn du den Tunnel betrittst, wird alle Erinnerung verblassen. Von all dem, was du bisher in meinem Reiche gekannt hast, wirst du nur mehr den Schemen einer Ahnung in dir haben. Ich selbst werde für dich nur wie ein vager Traum sein aus längst vergangenen Zeiten. So muss es sein bis zu deiner Reife! Dafür wirst du das Gefühl deiner eigenen Freiheit deutlich spüren. Es ist dein freier Wille, der sich als freudige Kraft in dir regt. Diesem Zuge gehe nach. Erkunde deinen Willen, lebe ihn und lerne, ihn auf weise Art zu gebrauchen, so werden wir uns bald wiedersehen. Denn vom rechten Gebrauch des freien Willens hängt ab, wann ich dir die Schlüssel zu meiner Vollmacht geben kann.“

    Und so geschah es - und die Geschichte nahm ihren Verlauf...
    Geändert von Nachdenklich (08.09.2011 um 20:40 Uhr)

  2. #2
    Nachdenklich Gast

    Standard

    Nach Erhalt einer PM füge ich an:
    Die Geschichte "Des Königs Sohn" stammt aus mir (verfasst im Oktober 2010); ich bin der Autor
    Umsonst hab ich sie empfangen, umsonst gebe ich sie weiter und stelle sie für jeglichen Gebrauch zur freien Verfügung

  3. #3
    Registriert seit
    11.07.2006
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    5.546
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    7

    Standard

    Hallo Nachdenklich

    danke für deine Geschichte an der du uns teilnehmen lässt. Beim lesen dachte ich... das ist die Geschichte zwischen Gott und seinen Kindern :)
    Hatte es einen Grund diese Geschichte aufs Blatt zu bringen? Schreibst du noch mehr solcher Geschichten?

  4. #4

    Standard

    ich mag geschichten auch danke

  5. #5

    Standard

    oh, noch eine geschichte ^^


    Umsonst hab ich sie empfangen, umsonst gebe ich sie weiter und stelle sie für jeglichen Gebrauch zur freien Verfügung

  6. #6

    Standard

    Zitat Zitat von Jungtroll Beitrag anzeigen
    ich mag geschichten auch danke
    geht mir ebenso ^^

    geht es dir auch so, dass du dich in geschichten wiederfindest? also ich meine damit, dass du ganz in die handlung eintauchst und dich dort mit einer person identifizierst?
    dasselbe passiert mir auch bei filmen ^^

  7. #7

    Standard

    Zitat Zitat von thread überschrift
    Wie geht diese Geschichte wohl aus?
    was denkst du nachdenklich, was für ein ende diese geschichte nehmen wird? du bist ja nicht nur der autor, sondern auch ein sohn dieses königs ^^

  8. #8
    Nachdenklich Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Pamela Beitrag anzeigen
    was denkst du nachdenklich, was für ein ende diese geschichte nehmen wird? du bist ja nicht nur der autor, sondern auch ein sohn dieses königs ^^
    Schön, dass du schreibst: auch ein Sohn dieses Königs, denn sie ist so gedacht, dass sich ein jeder darinnen findet!

    Ich bin stets am Schauen, wie sich die Geschichte gestaltet und welchen Verlauf sie nimmt! - Die Richtung gefällt mir, und ich bin zuversichtlich für das ganze Reich, dass alles eine gute Wende ohne Ende nimmt!

  9. #9

    Standard

    Zitat Zitat von Nachdenklich Beitrag anzeigen
    Schön, dass du schreibst: auch ein Sohn dieses Königs, denn sie ist so gedacht, dass sich ein jeder darinnen findet!

    Ich bin stets am Schauen, wie sich die Geschichte gestaltet und welchen Verlauf sie nimmt! - Die Richtung gefällt mir, und ich bin zuversichtlich für das ganze Reich, dass alles eine gute Wende ohne Ende nimmt!
    und ich finde es wiederum schön, dass du zuversichtlich für das ganze reich bist. ich sehe das nämlich auch so mit dem reich und seinen kindern.


 

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