Hallo Zeuge, hallo Gnadenkinder,
der Name Gottes, unter dem er sich Mose offenbart hat, lautet laut Schlachter 2000 „ich werde sein, der ich sein werde“ und die Elberfelder Bibel 2006 übersetzt mit „ich bin, der ich bin“. (2.Mose 3,14)
„Beide“ Namen zeigen meines Erachtens recht deutlich, dass wir Menschen, vermöge unseres Erkenntnisapparates (Gehirn) und innerhalb der Strukturen (Raum, Zeit, Materie) in denen für uns Erkenntnis stattfindet, mit „ich bin der ich bin“ und „ich werde sein, der ich sein werde“ recht wenig anfangen können.
In unserem Alltagsbewusstsein erleben wir uns als „Ich“. Dieses „Ich“ ist zuvorderst Negation, ein tätiges „Sichheraushalten“.
Ich schaue mich in meinem Zimmer um, nehme die Gegenstände um mich herum wahr, spüre den Druckpunkt meiner Tastatur, höre ihr klacken...
Draußen regnet es, ich vernehme das Säuseln des Windes und höre wie die Regentropfen auf die Erde fallen – und immer weiß ich, das bin nicht ich!
Ich bin nicht mein Zimmer, nicht die Gegenstände darinnen, ich bin nicht die Tastatur und nicht das Klacken. Ich bin nicht das da draußen, nicht der Wind und nicht der Regen. Ich bin sozusagen in mir eingeschlossen, ohne zu wissen, was das nun genau bedeutet und was das „Ich“, in das ich eingeschlossen bin, denn überhaupt ist und dadurch bin ich abgetrennt von allem anderen.
Vermag ich es auch über die Sinne in mir aufzunehmen – ich bin es nicht.
So kann ich am besten sagen was ich bin, indem ich sage, was ich nicht bin. Dazu ist es aber nötig, den Dingen einen Namen zu geben, sie ein- und zuzuordnen. Im Laufe unserer Entwicklung wissen wir dann: Das da, das ist ein Tisch, das ein Stuhl und das ist der Post, den Zeuge heute geschrieben hat. So bekommen die Dinge um uns herum ihr Sein, werden „Realität“ und wir können sie untersuchen und dazu Stellung beziehen. Sie sind geschaffen in unserer Erkenntnis.
Gott entzieht sich aber dieser Festlegung. Er ist, was er ist, er wird sein, was er sein wird, aber wir wissen nicht was genau. Hier ist er unserem Ich verwandt, das sich in einem prozesshaften Geschehen aus Werden, Sein, Vergehen, nicht eindeutig festlegen lässt. Es ist im Vollzug und lässt sich, wie gesagt, am besten bestimmen, indem wir sagen, was es nicht ist. So ist es unserem Alltagsbewusstsein gemäß, auf diese Weise ist es menschlich.
Die negative Theologie Eckharts macht nun nichts anderes. Sie bestimmt nicht was Gott ist, sie legt ihm keine Attribute bei. Sie sperrt ihn nicht ein in weltliche Vorstellungen, die häufig doch mehr Wunsch und Sehnsucht sind, als das sie wirklich Gottes Wesen entsprächen. Sie huldigt der absoluten Transzendenz und Heiligkeit Gottes, sie lässt ihn sein, was er sein will und übersteigt auf diese Weise auch das eigene geschaffene Sein, soweit wir es als getrenntes Sein auf dieser Welt erleben.
Nichts hindert die Seele so sehr an der Erkenntnis Gottes wie Zeit und Raum. Zeit und Raum sind Stücke, Gott aber ist Eines. Soll daher die Seele Gott erkennen, so muss sie ihn erkennen oberhalb von Zeit und Raum; denn Gott ist weder dies noch das, wie diese (irdischen) mannigfaltigen Dinge (es sind): denn Gott ist Eines
In Gott ist man dann Zimmer und Gegenstand, Tastatur und Wind und Regen. In Gott da kommt das Ich zu sich selbst, da darf es in Gott vergehen.
Eckhart beschreibt es einmal so:
Lausche denn auf das Wunder! Draußen stehen wie drinnen, begreifen und umgriffen werden, schauen und zugleich das Geschaute selbst sein, halten und gehalten werden - das ist das Ziel, wo der Geist in Ruhe verharrt, der lieben Ewigkeit vereint.
Ich bin, was ich bin, ich werde sein, was ich sein werde, so offenbart sich Gott dem Mose. Das heißt für uns Menschen, dass wir ihn nicht bestimmen können. Er bleibt souverän und deshalb hat er in unseren menschlichen Erkenntnisstrukturen kein bestimmbares Sein und so kann Eckhart sagen:
Sage ich ferner: Gott ist ein Sein - es ist nicht wahr; er ist (vielmehr) ein überseiendes Sein und eine überseiende Nichtheit. Ehe es noch Sein gab, wirkte Gott; er wirkte Sein, als es Sein noch nicht gab. [...] Ich würde etwas ebenso Unrichtiges sagen, wenn ich Gott ein Sein nennte, wie wenn ich die Sonne bleich oder schwarz nennen wollte. Gott ist weder dies noch das.
(Quint,Meister Eckehart, Pred.10, S. 196)
LG
Provisorium
PS @Zeuge: Gibt es denn Gemeinden, die Deiner Definition des Kommunismus gemäß leben? Kennst Du solche?
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