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  1. #91
    Zeuge Gast

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    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Bezüglich der Botschaften die Menschen von Gott empfangen haben und von denen uns in der Bibel berichtet wird, stehen wir immer vor dem Problem der rechten Deutung (darum ja auch dieser Thread). Und gerade die Geschichte Abrahams ist diesbezüglich von herausragender Bedeutung, steht sie doch einerseits sowohl für das die abrahamitischen Religionen (Judentum, Islam, Christentum) Verbindende, als auch, in der individuellen Auslegung, im unterschiedlichen interpretieren, Trennende dieser Religionen.
    Warum soll das ein Problem sein? Es ist ein Problem nur für die, welche nicht denken können oder wollen.
    Es heißt doch: "Über dieses Gesetzbuch sollst du immer reden und Tag und Nacht darüber nachsinnen ..." (Jos. 1:8) damit du zum richtigen Verständnis kommst!
    Und genau das ist für viele ein Problem. Sie können über die Bibel nicht nachsinnen. Ihre Gedanken sind wie der Flug eines Schmetterlings: sie denken nur kurz einen bestimmten Gedanken. Im nächsten Moment schweifen ihre Gedanken ab, und sie denken einen anderen Gedanken. Aber auch nur kurz. Dann schweifen ihre Gedanken wieder ab, u.s.w. u.s.w.
    Wenn solche Menschen versuchen die Bibel zu interpretieren, und ihre Interpretation dann noch zum Dogma für alle zu machen, dann kommt sowas Wie Judentum, Christentum und Islam raus.

    Übrigens auch Boddhismus. Denn wie das Meditieren heute verstanden und Praktiziert wird, entspricht nicht dem, was Gautama gelehrt hat.
    Er sprach über "Versenkung mit Erwägung und Überlegung". Das heißt: einem bestimmten Gedanken nachgehen, ohne sich ablenken zu lassen, und ohne davon abzuschweifen. Das muß auch gelernt werden.
    Und diesen Gedanken solange zu denken, bis einem ein Licht aufgeht, bis man erleuchtet wird.

    Von solchem Nachdenken ist auch im Hinduismus, b.z.w. in den Veden die Rede.

    Und solches Nachsinnen verlangt die Bibel. Ein großes Problem!

    Zunächst stellt sich mir hier natürlich die Frage, ob denn tatsächlich von einem historischen Ereignis berichtet wird, also ob sich Gott dem Abraham tatsächlich vermittels gesprochenem Wort, das Abraham akkustisch wahrnehmen konnte, offenbarte? Oder ob nicht vielmehr der feste Glaube Abrahams in seiner Reflexion über sein Leben und dem Erlebten, seiner Gottverbundenheit und Demut, nachträglich von seinen Interpreten und Schreibern dadurch Autorität verliehen werden sollte, dass man diese direkteste Form der Kommunikation, als einzig angemessenen Ausdruck des Glaubens Abrahams als würdig erachtete und entsprechend schriftlich fixierte?
    Einfach nachlesen. Zunächst offenbarte Gott sich Abraham, wie auch vielen anderen, im Traum.
    Zu der Zeit war es die übliche Form der Mitteilungen Gottes. Ja, eigentlich auch heute noch, nur sind wir für sie nicht mehr zugänglich. Das Leben ist zu hektisch geworden.

    Der direkte Draht zu Gott ist natürlich ein sehr starkes Bild und quasi ein Totschlagargument gegen jeden Zweifler und legitimiert zudem jegliche Forderung und Unterordnung unter dem in dieser Weise mit Gott Verbundenen. Seltsam nur, dass sich an derart mit Gott Verbundenen immer wieder das Trennende, Entzweiende, das Kriegerische und Zerstörerische auftut und in der individuellen Interpretation der Gläubigen, genau an dieser Nahtstelle, die Gräben auftun, die bis heute nicht zu überwinden sind.
    Nicht von dem, der diesen direkten Draht zu Gott hat.

    Für einen direkt, in akkustischer Form, zu den Menschen sprechender Gott, müsste es doch ein leichtes sein die Menschen unter dem rechten Glauben zu vereinigen und zudem dürfte es keinerlei Zweifel mehr an der Existenz eines solchen Gottes geben.
    Etwa so?: Hört mal alle zu! Ich bin Gott! Daß es keinen Zweifler mehr gibt! Sonnst könnt ihr was erleben!
    Da hast du aber ein gewalttätiges Denken.
    Aber das bringt auch nichts, denn Israel hat diese Stimme gehört, und was hat es genutzt?

    Warum versteckt sich Gott immer wieder hinter Menschen, die behaupten seine Stimme gehört zu haben und fordert so zunächst den Glauben an diesen Menschen ein, bevor er sich dann, den Vorstellungen dieses Menschen gemäß (des Menschen, der seine Stimme gehört hat) auch anderen, die seine Stimme nicht hören können, in einer Glaubensgemeinschaft offenbart? Dabei darf man nicht vergessen, dass am rechten Glauben alles gelegen ist, entscheidet er doch über unsere Ewigkeit in Freuden, oder in Qualen.
    Weil die Menschen zu einer Gemeinschaft werden müssen.

    Jegliche Form positiver Theologie, die die Offenbarung Gottes in solch einer Form absolut setzt, trägt in ihrem Innersten den Keim der Zerstörung, der all jene infiziert, die an solch einen Gott nicht glauben mögen und dementsprechend die Strafen eines solchen, positiv offenbarten Gottes, fürchten müssen.
    Nur für den Individualisten.

    Bestände denn wenigstens Einigkeit der positiv an Gott Glaubenden und nicht dieser elendige Wust aus Konfession und Denomination, könnte man ja tatsächlich an einen sprechenden Gott glauben, aber so wie es heutzutage steht, vermute ich, dass Gott akkustisch eher stumm bleibt und dafür um so lebendiger zum Herzen des Gläubigen zu sprechen.
    Es kommt noch, denn darum hat auch Jesus gebeten: "Alle sollen eins sein ... damit die Welt glaubt ..." (Joh. 17:21) Und es gibt kein Gebet Jesu, daß nicht erhört wurde.
    Dazu muß aber der zweite Gesalbte kommen.
    Geändert von Zeuge (16.09.2012 um 09:21 Uhr)

  2. #92
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    @Zeuge
    Das wir in allzu hektischen und kurzlebigen Moden unterworfenen Zeiten leben, in denen das bewusste Denken und der achtsame Umgang miteinander viel zu kurz kommt, sei Dir hiermit vollumfänglich eingestanden, das sehe ich genauso!

    Das aber all die bibellesenden Menschen, die dann in ihrer individuellen Interpretation des Gelesenen zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, alle nicht richtig denken können, oder wollen und deshalb zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, halte ich für Unsinn.


    Die Bibel ist nunmal kein derart eindeutiges Werk, dass es in der Auseinandersetzung mit ihr nicht zu unterschiedlichen Interpretationen kommen könnte. Und ich halte dies auch nicht für einen Mangel, sondern finde im Gegenteil, dass der Reichtum der Schrift gerade darin begründet liegt, dass sie im Kopf des Lesers/der Leserin, unterschiedlichste Bilder hervorzurufen vermag, die dann übertragen auf die jeweils individuelle Lebenssituation des einzelnen Menschen, ganz persönliche Assoziationen hervorzurufen vermag, die den Menschen ganzheitlich, in seinem individuellen Sein, Weisheit und Lehre, Trost und Mut zuzusprechen versteht.

    Nur wenn die Bibel als absolut gesetztes und unmissverständlich und eindeutiges Wort Gottes, als keinen Interpretationsspielraum zulassendes Werk betrachtet wird, das für jeden auf gleiche Weise verbindlich ist, müsste man hier einen Mangel erkennen und sich zudem noch sehr darüber wundern, dass es ganz einfach eine derart gestaltete eindeutige Interpretation noch nicht gibt und das nach vielen tausend Jahren biblischer Exegese.

    Für derart denkfaul, oder -unffähig halte ich die Menschen nun auch wieder nicht und wenn ich die vielen positiven Gottesoffenbarungen, egal ob im Traum oder sonstwie, berücksichtige und es tatsächlich möglich wäre eine positive Aussage über Gott zu tätigen, dann müsste es doch auf Grundlage eines Minimalkonsenses möglich sein, einen Glauben größtmöglicher Einheit im Kontext biblischer Überlieferung, zu verwirklichen.

    Aber warum geschieht gerade das eben nicht und dies nach vielen tausenden von Jahren biblischer Interpretation? Die Unterschiede der jeweiligen Konfession und Denomiation werden im Gegenteil ja eher noch feiner, streben in die Vielfalt hinaus, anstatt in Einheit zusammen zu kommen und sind so Ausdruck einer Individualgesellschaft, in der jeder, seinem Glauben gemäß, das für ihn passende herauspickt.

    Nur in einer negativen Theologie, in der keine positive Aussage über Gott möglich ist und keine positive Aussage seiner Transzendenz gerecht wird, kann die Erkenntnis der Einheit nicht nur vollzogen werden, sondern ist sie bereits substantiell vollzogen, nämlich in Gott, der diese Einheit ist.
    Hier wird der Blick nämlich nicht nach außen, auf die Vielfalt, die Unterschiede gelenkt, sondern er geht nach innen, in die Einheit, die bereits substantiell in Gott vollendet ist.

    Meister Eckhart sagt dazu: Nichts hindert die Seele so sehr an der Erkenntnis Gottes wie Zeit und Raum (d.h. die kompletten weltlichen Strukturen und alles was dazugehört). Zeit und Raum sind Stücke, Gott aber ist Eines. Soll daher die Seele Gott erkennen, so muss sie ihn erkennen oberhalb von Zeit und Raum; denn Gott ist weder dies noch das, wie diese (irdischen) mannigfaltigen Dinge (es sind): denn Gott ist Eines. Soll die Seele Gott sehen, so darf sie auf kein Ding in der Zeit sehen; denn solange die Seele der Zeit oder des Raums oder irgendeiner Vorstellung dergleichen bewusst wird, kann sie Gott niemals erkennen. Wenn das Auge die Farbe erkennen soll, so muss es vorher aller Farbe entblößt sein. Soll die Seele Gott erkennen, so darf sie mit dem Nichts nichts gemein haben. Wer Gott erkennt, der erkennt, dass alle Kreaturen (ein) Nichts sind. Wenn man eine Kreatur gegen die andere hält, so scheint sie schön und ist etwas; stellt man sie aber Gott gegenüber, so ist sie nichts.
    Und weiter: Daher soll deine Seele allen Geistes bar sein, soll geistlos dastehen. Denn, liebst du Gott, wie er Gott, wie er Geist, wie er Person und wie er Bild ist, - das alles muss weg. ‚Wie denn aber soll ich ihn lieben?‘ – Du sollst ihn lieben wie er ist ein Nicht-Gott, ein Nicht-Geist, eine Nicht-Person, ein Nicht-Bild, mehr noch: wie er ein lauteres, reines, klares Eines ist, abgesondert von aller Zweiheit. Und in diesem Einen sollen wir ewig versinken vom Etwas zum Nichts. Dazu verhelfe uns Gott. Amen. (Klammerzusätze von Provisorium)

    Will man der Bibel gerecht werden, darf man sie nicht als eindeutigen Weg zu Gott betrachten, als eindeutige Wegbeschreibung, sondern als stärkende Nahrung auf dem Weg zu Gott, der ein Weg nach innen ist und sich im Tod vollendet, wo die weltlichen Strukturen ebenfalls ihr Ende finden und alle positiven Aussagen über Gott ihr Ende finden und jede Unterschiedenheit ihr Ende findet...

    LG
    Provisorium

  3. #93

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    Warum soll das ein Problem sein? Es ist ein Problem nur für die, welche nicht denken können oder wollen.
    Es heißt doch: "Über dieses Gesetzbuch sollst du immer reden und Tag und Nacht darüber nachsinnen ..." (Jos. 1:8) damit du zum richtigen Verständnis kommst!
    Das aber all die bibellesenden Menschen, die dann in ihrer individuellen Interpretation des Gelesenen zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, alle nicht richtig denken können, oder wollen und deshalb zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, halte ich für Unsinn.
    Weil die Menschen zu einer Gemeinschaft werden müssen.
    Wann werden Menschen denn zu einer "Gemeinschaft"? Wann denkt Mensch denn "richtig", glaubt oder sinnt "richtig"...

    Wenn solche Menschen versuchen die Bibel zu interpretieren, und ihre Interpretation dann noch zum Dogma für alle zu machen, ...
    vielleicht wären solche Diskussionen überflüssig, wenn wir Menschen endlich einander nebeneinander stehen lassen könnten- nicht im Raster "richtig oder falsch" sondern als Teil eines gleichwertigen Daseins, dass zusammengefügt einfach ein rundes (fast) Ganzes ergeben könnte...

    Keiner liegt völlig richtig- keiner völlig falsch... keiner braucht Interpretation, sondern jeder zeigt und berichtet von seinem eigenen Erleben...

    Darüber denke ich schon länger nach, aber so einfach es eigentlich klingt, es scheint nicht praktikabel zu werden- dieses Raus aus dem "richtig- falsch"... schwarz- weiß... gut- böse...

    dabei wäre es so einfach- wie lese ich ein Buch?... aus meiner persönlichen, subjektiven Sicht heraus , die mein Denken formen und verändern kann und damit auch mein Handeln prägt.

    LG bonnie

  4. #94
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    @bonnie
    dabei wäre es so einfach- wie lese ich ein Buch?... aus meiner persönlichen, subjektiven Sicht heraus , die mein Denken formen und verändern kann und damit auch mein Handeln prägt.
    So sehe ich das auch. Über unsere Subjektivität hinaus, in eine wahre Objektivität hinein, können wir Menschen nun mal nicht gelangen. Aber das sind natürliche Grenzen die uns gesetzt sind und die wir entsprechend akzeptieren sollten.
    Selbst in den Naturwissenschaften, die immer der Objektivität verpflichtet sind, zeigt sich in der Quantenphysik, dass das Subjekt nicht herausgerechnet werden kann, sondern immer Teil des Systems ist, das die Messung entscheidend beeinflusst. Die einzig wahre objektive Stellung nimmt wohl einzig Gott ein und kommt nur ihm alleine zu, wobei wir dann nicht verstehen können, wie oder was Gott letztlich ist - er steht über uns, jenseits unserer weltlichen Strukturen und Vorstellungen.

    LG
    Provisorium

  5. #95
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    @Zeuge
    Etwa so?: Hört mal alle zu! Ich bin Gott! Daß es keinen Zweifler mehr gibt! Sonnst könnt ihr was erleben!

    Da hast du aber ein gewalttätiges Denken.

    Er müsste ja nicht unbedingt so schreien, sondern dürfte natürlich einem jeden Menschen im Traum begegnen. Dann würden sich Menschen, die sich nahe stehen erzählen, dass sie letzte Nacht etwas eigenartiges geträumt hätten und sich dann gegenseitig bestätigen, dass sie dasselbe geträumt hätten und irgendjemand würde das heutzutage sicher twittern und plötzlich würden sich alle Menschen bewusst, dass sie den selben Traum, in der selben Nacht hatten und so wäre die Menschheit im wahrsten Sinn des Wortes zum Glauben erwacht und könnte auf dieser Basis aufbauend eine einige Glaubensgemeinschaft errichten...

    Das fände ich nicht sonderlich gewalttätig. Wenn man hingegen in die Religionsgeschichte schaut, in der sich die Menschheit beständig aufgrund ihres unterschiedlichen Glaubens gegenseitig getötet und Leid angetan hat, erkenne ich schon eine gewisse Gewalttätigkeit, die im Glauben Vieler ja auch noch zu ihrem absoluten Höhepunkt, dem so genannten Jüngsten Gericht, gelangen wird, in dem dann endgültig mit Gewalt die Spreu vom Weizen getrennt werden wird...

    LG
    Provisorium;-)
    Geändert von Provisorium (16.09.2012 um 13:45 Uhr)

  6. #96
    Zeuge Gast

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    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Er müsste ja nicht unbedingt so schreien, sondern dürfte natürlich einem jeden Menschen im Traum begegnen. Dann würden sich Menschen, die sich nahe stehen erzählen, dass sie letzte Nacht etwas eigenartiges geträumt hätten und sich dann gegenseitig bestätigen, dass sie dasselbe geträumt hätten und irgendjemand würde das heutzutage sicher twittern und plötzlich würden sich alle Menschen bewusst, dass sie den selben Traum, in der selben Nacht hatten und so wäre die Menschheit im wahrsten Sinn des Wortes zum Glauben erwacht und könnte auf dieser Basis aufbauend eine einige Glaubensgemeinschaft errichten...
    Das ist der ideale Traum des Individualisten: auf keinen Mensch angewiesen zu sein. Auf diese Weise würden wir nie Gemeinschaft lernen.
    Zu dieser Haltung steht im Koran: "... Sie leugneten die Offenbarung, weil sie aus Neid nicht annehmen konnten, daß Gott dem Seiner Diener Seine Gunst erweist, wem immer Er will. ..." (2:90)

    Die Bibel ist nunmal kein derart eindeutiges Werk, dass es in der Auseinandersetzung mit ihr nicht zu unterschiedlichen Interpretationen kommen könnte. Und ich halte dies auch nicht für einen Mangel, sondern finde im Gegenteil, dass der Reichtum der Schrift gerade darin begründet liegt, dass sie im Kopf des Lesers/der Leserin, unterschiedlichste Bilder hervorzurufen vermag, die dann übertragen auf die jeweils individuelle Lebenssituation des einzelnen Menschen, ganz persönliche Assoziationen hervorzurufen vermag, die den Menschen ganzheitlich, in seinem individuellen Sein, Weisheit und Lehre, Trost und Mut zuzusprechen versteht.
    "Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind. Als ich ein Mann wurde, legte ich ab, was Kind an mir war (das Kindische)." (1Kor. 13:11)

    Nur wenn die Bibel als absolut gesetztes und unmissverständlich und eindeutiges Wort Gottes, als keinen Interpretationsspielraum zulassendes Werk betrachtet wird, das für jeden auf gleiche Weise verbindlich ist, müsste man hier einen Mangel erkennen ...
    "Wenn ihr Mose glauben würdet, müßtet ihr auch ihr auch mir glauben; denn über mich hat er geschrieben.
    Wenn ihr aber seinen Schriften nicht glaubt, wie könnt ihr dann meinen Worten glauben?"
    (Joh. 5:46-47)
    "Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben, sondern um zu erfüllen.
    Amen, das sage ich euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird auch nicht der kleinste Buchstabe des Gesetzes
    (alle fünf Bücher Mose) vergehen, bevor nicht alles geschehen ist." (Mt. 5:17-18)
    "... alles in Erfüllung gehen soll, was in der Schrift steht." (Lk. 21:22)
    "Dadurch ist das Wort der Propheten für uns noch sicherer geworden, und ihr tut gut daran, es zu beachten; denn es ist ein Licht, das an einem finsteren Ort scheint, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in euren Herzen." (2Pet. 1:19)
    "Jede von Gott eingegebene Schrift ist auch nützlich zur Belehrung, zur Wiederlegung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit." (2Tim. 3:16)
    "Denn lebendig ist das Wort Gottes, kraftvoll und schärfer als jedes zweischneidiges Schwert; es dringt durch bis zur Scheidung von Seele und Geist, von Gelenk und Mark; es richtet über die Regungen und Gedanken des Herzens." (Hebr. 4:12)

    Die Bibel ist das absolut gesetzte und unmissverständlich und eindeutiges Wort Gottes.

    ... und sich zudem noch sehr darüber wundern, dass es ganz einfach eine derart gestaltete eindeutige Interpretation noch nicht gibt und das nach vielen tausend Jahren biblischer Exegese.
    "Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit." (Koh. 3:1)
    "... was beschlossen ist, muß ausgeführt werden." (Dan. 11:36)

    "Am Ende der Tage wird es geschehen: Der Berg mit dem Haus des Herrn steht fest gegründet als höchster der Berge; er überragt alle Hügel. Zu ihm strömen alle Völker.
    Viele Nationen machen sich auf den Weg; sie sagen: Kommt, wir ziehen hinauf zum Berg des Herrn und zum Haus des Gottes Jakobs. Er zeige uns seine Wege, auf seinen Pfaden wollen wir gehen. Denn von Zion kommt die Weisung des Herrn, aus Jerusalem sein Wort.
    Er spricht Recht im Streit der Völker, er weist viele Nationen zurecht. Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus ihren Lanzen. Man zieht nicht mehr das Schwert, Volk gegen Volk, und übt nicht mehr für den Krieg."
    (Jes. 2:2-4)

    Nur in einer negativen Theologie, in der keine positive Aussage über Gott möglich ist und keine positive Aussage seiner Transzendenz gerecht wird, kann die Erkenntnis der Einheit nicht nur vollzogen werden, sondern ist sie bereits substantiell vollzogen, nämlich in Gott, der diese Einheit ist.
    Hier wird der Blick nämlich nicht nach außen, auf die Vielfalt, die Unterschiede gelenkt, sondern er geht nach innen, in die Einheit, die bereits substantiell in Gott vollendet ist.
    Und jeder bleibt für sich selbst allein in der "Einheit" mit seinem eigenen Gott. Die Einheit untereinander wird nicht gesucht. Individualismus.
    Geändert von Zeuge (17.09.2012 um 10:10 Uhr)

  7. #97
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    @Zeuge
    Und jeder bleibt für sich selbst allein in der "Einheit" mit seinem eigenen Gott. Die Einheit untereinander wird nicht gesucht. Individualismus.
    Hier liegt wohl das grundsätzliche Missverständnis in der Interpretation einer strikt negativ theologischen Sichtweise Eckhartscher Prägung verborgen, dass es das Selbst wäre, das sich in der Einheit befindet, oder das die Summe von allem, das Ganze, die Vielfalt ins Kleinste ausgegliedert und ins Eine zusammengeführt, das Wesen der Einheit bestimmen würde.
    Aber das Eine ist mehr als die Summe seiner Teile ins Eine zusammengeführt, es ist sogar das Gegenteil davon, nämlich ein lauteres, klares, reines Eine, abgetrennt von aller Zweiheit und dementsprechend auch nichts Zusammengesetztes zu Einem.

    Nicht wenige Interpreten der Theologie Meister Eckharts betrachten ihn als Pantheisten und führen zum Beweis gerne den Eckhart-Spruch „wer all die Welt nähme mit Gott, der hätte nicht mehr, denn ob er Gott alleine hätte“ an. Aber dabei wir häufig übersehen, dass Eckhart zwischen dem gedachten Gott, positiver Bestimmung, über den der Mensch in den weltlichen Strukturen nachsinnt und der (von ihm häufig so genannten) Gottheit unterscheidet, die sich jeglicher positiven Bestimmung entzieht, über die keine gültige Aussage getroffen werden kann und letztlich dem Einen, abgetrennt von aller Zweiheit entspricht.

    Die Welt (Raum, Zeit, Materie) geht nach Eckhart aus dem göttlichen Urgrund (dem Einen, über das keine positive Aussage getätigt werden kann) hervor. Gott erschafft das alles in einem ewigen Nun, hält das Geschaffene im Sein und nur durch ihn erhält es sein Sein. Dieses Sein ist aber nur geschaffen, vergänglich, letztlich substanzlos (ähnlich dem hinduistischen Maya, die Welt als Trugbild, Illusion). Das Substantielle (im Hinduismus Brahman, die wirkliche Welt) gibt es in den weltlichen Strukturen gar nicht und hat hier kein Sein, sondern ist immer nur das lautere, klare, reine Eine, abgetrennt von aller Zweiheit, das Gott, so wie er Gott ist entspricht und dementsprechend auch nicht identisch mit dem bis ins Kleinste ausgegliederte in der Welt ist.

    Bis ins kleinste Atom erhält die Welt (das Universum und alles was darinnen ist) ihr Sein durch Gott und nur durch ihn ist sie ein Sein, deshalb kann Eckhart sagen: „wer all die Welt nähme mit Gott, der hätte nicht mehr, denn ob er Gott alleine hätte“ . Aber dieses Sein ist nur geschaffen, kreatürlich, vergänglich und letzlich nicht mit dem substantiellen Einen, das Gott ist, identisch und deshalb ist Eckhart auch kein Pantheist, obwohl alles Sein der Welt nur durch Gott allein sein Sein erhält und nur durch ihn besteht.
    Will man Eckhart verstehen muss man dazu in der Lage sein einen Perspektivwechsel vorzunehmen und das Geschaffene, dass, was uns in unserer Vorstellung soundso erscheint, von dem Substantiellen, von dem wir uns keine Vorstellung machen können, zu unterscheiden.

    Nun erklärt sich auch das Missverständnis, dass ich selbst es sei, das sich in der Einheit befindet. Ich selbst bin ja ebenfalls nur geschaffen, nur Kreatur, gehöre zu den weltlichen Strukturen die vergänglich sind und ihr Sein nur durch Gott erhalten, es aber substantiell nicht besitzen, als etwas mir zugehöriges, das mit meinem Ich, oder meinem Selbst verbunden wäre. Meine Verbindung zu Gott besteht nicht in meinem Ich, nicht in meinem „Provisorium-Sein“, sondern sie besteht in Gott, ist Gott und das lautere, klare, reine Eine selbst.

    Eckhart sagt dazu: Du sollst ihn bildlos erkennen, unmittelbar und ohne Gleichnis. Soll ich aber Gott auf solche Weise unmittelbar erkennen, so muss ich schlechthin er, und er muss ich werden. Genauerhin sage ich: Gott muss schlechthin ich werden und ich schlechthin Gott, so völlig eins, dass dieses »Er« und dieses »Ich« Eins ist, werden und sind und in dieser Seinsheit ewig ein Werk wirken. Denn, solange dieses »Er« und dieses »Ich«, das heißt Gott und die Seele, nicht ein einziges Hier und ein einziges Nun sind, solange könnte dieses »Ich« mit dem »Er« nimmer wirken noch eins werden.

    Der „Weg“ zu dieser Einheit, in der er (Gott) und ich (Provisorium, oder Du, oder sonstwer...) eins „werden“, ist ein Weg der Erkenntnis, dass alles von uns Erkannte nicht real und von unserer Erkenntnis unabhängig existiert, sondern vollständig aus dem Gottesgrund hervorgehend in unserer Erkenntnis konstruiert und geschaffen wird (es hat ja kein substantielles Sein, sondern nur ein Geschaffenes, von uns soundso Erkanntes). Wir können zwar nicht erkennen wie Gott das macht, aber wir können diesen im Innersten des Geistes stattfindenden Prozess zum aussetzen bringen.

    Eckhart sagt dazu: Darum, willst du leben und willst du, dass deine Werke leben, so musst du für alle Dinge tot und zunichte geworden sein. Es ist der Kreatur eigen, dass sie aus etwas etwas mache; Gott aber ist es eigen, dass er aus nichts etwas macht. Soll daher Gott etwas in dir oder mit dir machen, so musst du vorher zu nichts geworden sein. Darum ist einzig der nur ein gerechter Mensch, der alle geschaffenen Dinge zunichte gemacht hat und geradlinig ohne alles Auslugen auf das ewige Wort hin gerichtet steht und darin eingebildet und widergebildet der Gerechtigkeit. Ein solcher Mensch empfängt dort, wo der Sohn empfängt und ist der Sohn selbst. Könntest du dich selbst vernichten nur für einen Augenblick, ja, ich sage, selbst für kürzer als einen Augenblick, so wäre dir alles das eigen, was es in sich selbst ist.

    In seiner berühmten Armutspredigt führt Eckhart dann weiter aus: Wenn einer mich nun fragte, was denn aber das sei: ein armer Mensch, der nichts will, so antworte ich darauf und sage so: Solange der Mensch dies noch an sich hat, dass es sein Wille ist, den allerliebsten Willen Gottes erfüllen zu wollen, so hat ein solcher Mensch nicht die Armut, von der wir sprechen wollen; denn dieser Mensch hat (noch) einen Willen, mit dem er dem Willen Gottes genügen will, und das ist nicht rechte Armut. Denn, soll der Mensch wahrhaft Armut haben, so muss er seines geschaffenen Willens so ledig sein, wie er's war, als er (noch) nicht war. Denn ich sage euch bei der ewigen Wahrheit: Solange ihr den Willen habt, den Willen Gottes zu erfüllen, und Verlangen habt nach der Ewigkeit und nach Gott, solange seid ihr nicht richtig arm. Denn nur das ist ein armer Mensch, der nichts will und nichts begehrt.

    Es geht Eckhart hier nicht um eine äußere Armut, sondern um eine geistige Armut, einen wahrhaft armen und darin letztlich heiligen Geist. Und wenn der wahrhaft arme und darin heilige Geist verwirklicht ist, in dem nicht nur das eigene Sein, sondern auch das der ganzen Welt zunichte geworden ist, so geschieht darin das Göttliche für Meister Eckhart in einer gesetzmäßigen Weise, d.h. wenn die Dualität des geschaffenen und darin in Zeit und Raum getrennten Seins umfassend zunichtegeworden ist (auch das Sein des Erkennenden und sein Erkennen), dann „ist“ genau dadurch nur noch die Einheit eines Jenseitigen. Es ist im Grunde ein und derselbe Prozess und so sagt Eckhart darüber:

    Ebenso sage ich von dem Menschen, der sich zunichte gemacht hat in sich selbst, in Gott und in allen Kreaturen: Dieser Mensch hat die unterste Stätte bezogen, und in diesen Menschen muss sich Gott ganz und gar ergießen, oder - er ist nicht Gott. Ich sage bei der ewigen und immerwährenden Wahrheit, dass Gott sich in einen jeglichen Menschen, der sich bis auf den Grund gelassen hat, seinem ganzen Vermögen nach völlig ergießen muss, so ganz und gar, dass er in seinem Leben, in seinem Sein, in seiner Natur noch auch in seiner ganzen Gottheit nichts zurückbehält: das alles muss er in befruchtender Weise ergießen in den Menschen, der sich Gott gelassen und die unterste Stätte bezogen hat.

    In diesem Ergießen geschieht die völlige Einheit des Göttlichen mit der zunichtegewordenen Seele. Und um den Kreis zu schließen, möchte ich nochmal das schon oben genannte Eckhartzitat wiederholen, wobei das „ich“ im nachfolgenden Zitat nicht mit dem kreatürlichen Ich gleichgesetzt werden kann. Denn dieses ist ja gerade zunichtegeworden, zumindest in seinem Selbstverständnis als getrenntes Sein:


    Du sollst ihn bildlos erkennen, unmittelbar und ohne Gleichnis. Soll ich aber Gott auf solche Weise unmittelbar erkennen, so muss ich schlechthin er, und er muss ich werden. Genauerhin sage ich: Gott muss schlechthin ich werden und ich schlechthin Gott, so völlig eins, dass dieses »Er« und dieses »Ich« Eins ist, werden und sind und in dieser Seinsheit ewig ein Werk wirken. Denn, solange dieses »Er« und dieses »Ich«, das heißt Gott und die Seele, nicht ein einziges Hier und ein einziges Nun sind, solange könnte dieses »Ich« mit dem »Er« nimmer wirken noch eins werden.

    Die Welt, so wie wir sie erkennen, ist nicht real, hat keine Substanz (was uns übrigens auch die Quantenphysik und Erkenntnisse der Neurowissenschaften durchaus Nahe legen), sondern nach Eckhart im Erkennen geschaffen und nur im Erkennen scheint sie substantiell und real. Mein als Ich, als Provisorium erkanntes Wesen gehört ebenfalls zu dieser Welt, ist ebenfalls letztlich substanzlos und nicht real, auch wenn wir es uns hier auf der Welt gar nicht anders vorstellen können und es uns sogar auch so vorstellen müssen, als wäre es real. Aber in seiner Substanz, in der „realen Realität“ (die wir hier in der Welt gar nicht kennen) ist Ich und Provisorium und Du und alles und jeder/jede letztlich Gott, der Eine, abgetrennt von aller Zweiheit, in der Begrifflichkeiten und Wesenheiten wie „Ich“ und „Du“ und „Zeuge“ und „Provisorium“, als substanzlos erkannt werden und ins einige Eine zusammenfallen, als das Eine.

    Wir stehen letztlich alle in unserem ersten Grund, der Gott ist, sind nie wirklich herausgetreten aus diesem ersten Grund und nur im Erkennen (man denke an den Sündenfall) erscheint es uns so, als seien wir getrennt von Gott in einer bösen Welt daheim, in der wir uns aber niemals wirklich Zuhause fühlen können. Das ist, weil wir hier nicht Zuhause sind, sondern in einer Art (schlimmen) Traum aus dem wir erwachen werden, als (ehemals) verlorene Söhne und Töchter Gottes...

    LG
    Provisorium

  8. #98
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    @Zeuge
    Sorry, für vorangegangenes Off-Topic.
    Kurzer Anflug transzendentalphilosophischen Fiebers. Inkubationszeit war wohl vorrüber;-)

    Zurück zum Thema. Wie lesen wir also die Bibel? Für Dich ist die Bibel das absolut gesetzte, unmissverständliche und eindeutige Wort Gottes, für mich ein Buch der Weisheit, in der gläubige Menschen ihrer Verbundenheit mit Gott Ausdruck verleihen und andere (die Leser) daran teilhaben lassen wollten.

    Der hauptsächliche Unterschied in diesen beiden Betrachtungsweisen liegt wohl darin, dass für mich „die Qualität“ (schlechtes Wort, aber mir fällt gerade kein besseres ein) meiner Beziehung zu Gott nicht so sehr vom rechten Verständnis der Schrift abhängt, während in Deiner Vorstellung mehr oder minder alles am rechten Verständnis gelegen ist, um überhaupt im Glauben erwachsen werden zu können um nicht, bezugnehmend auf 1.Kor. 13,11, ewig kindisch zu bleiben.

    Jetzt würde mich natürlich interessieren, wie viel Kindigkeit ein lebendiger Glaube aushält, bevor er zum Unglauben wird? Was sind also die zentralen, unmissverständlichen, eindeutigen und absolut gesetzten Botschaften dieser Schrift, die unbedingt beachtet und befolgt werden müssen, damit auf dieser Grundlage aufbauend, das ganze Glaubensgebäude ein festes Fundament erhält und nicht auf Sand gebaut wird?

    Mit genau solchen Fragen haben sich Menschen ja zu allen Zeiten beschäftigt und so auch eine Gesetzeslehrer von dem uns in Lukas 10, 25-28 berichtet wird:
    Und siehe, ein Gesetzesgelehrter trat auf, versuchte ihn und sprach: Meister, was muß ich tun, um das ewige Leben zu erben? Und er sprach zu ihm: Was steht im Gesetz geschrieben? Wie liest du? Er aber antwortete und sprach: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft und mit deinem ganzen Denken, und deinen Nächsten wie dich selbst!« Er sprach zu ihm: Du hast recht geantwortet; tue dies, so wirst du leben!


    Leider geben wir Menschen uns aber nicht so gerne mit so einfachen Regeln zufrieden und möchten alles ganz genau wissen, nicht selten auch noch mit Hintergedanken, wie das „versuchte ihn“ aus Vers 25 schon andeutet. Wir lesen dann weiter in Lukas 10, 29-37:
    Er aber wollte sich selbst rechtfertigen und sprach zu Jesus: Und wer ist mein Nächster? Da erwiderte Jesus und sprach: Es ging ein Mensch von Jerusalem nach Jericho hinab und fiel unter die Räuber; die zogen ihn aus und schlugen ihn und liefen davon und ließen ihn halbtot liegen, so wie er war. Es traf sich aber, daß ein Priester dieselbe Straße hinabzog; und als er ihn sah, ging er auf der anderen Seite vorüber. Ebenso kam auch ein Levit, der in der Gegend war, sah ihn und ging auf der anderen Seite vorüber; Ein Samariter aber kam auf seiner Reise in seine Nähe, und als er ihn sah, hatte er Erbarmen und er ging zu ihm hin, verband ihm die Wunden und goß Öl und Wein darauf, hob ihn auf sein eigenes Tier, führte ihn in eine Herberge und pflegte ihn. Und am anderen Tag, als er fortzog, gab er dem Wirt zwei Denare und sprach zu ihm: Verpflege ihn! Und was du mehr aufwendest, will ich dir bezahlen, wenn ich wiederkomme. Welcher von diesen Dreien ist deiner Meinung nach nun der Nächste dessen gewesen, der unter die Räuber gefallen ist? Er sprach: Der, welcher die Barmherzigkeit an ihm geübt hat! Da sprach Jesus zu ihm: So geh du hin und handle ebenso!


    Tätige Liebe braucht doch eigentlich gar nicht soviel Wissen um das rechte Verständnis von Worten, Gleichnissen oder ähnlichem. Sie liebt aus freien Stücken, wie es ihrem Wesen entspricht und nicht weil irgendwo steht, dass sie lieben soll. Wenn ich also nichts von dem, was in der Bibel steht, richtig verstehen würde, aber ich diente meinem Nächsten in aufrichtiger und ehrlicher Liebe, wäre dann nicht unmissverständlich, eindeutig und absolut gesetzt alles verstanden, was es zu verstehen gäbe?

    LG
    Provisorium

  9. #99
    Zeuge Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Die Welt (Raum, Zeit, Materie) geht nach Eckhart aus dem göttlichen Urgrund (dem Einen, über das keine positive Aussage getätigt werden kann) hervor. Gott erschafft das alles in einem ewigen Nun, hält das Geschaffene im Sein und nur durch ihn erhält es sein Sein. Dieses Sein ist aber nur geschaffen, vergänglich, letztlich substanzlos (ähnlich dem hinduistischen Maya, die Welt als Trugbild, Illusion). Das Substantielle (im Hinduismus Brahman, die wirkliche Welt) gibt es in den weltlichen Strukturen gar nicht und hat hier kein Sein, sondern ist immer nur das lautere, klare, reine Eine, abgetrennt von aller Zweiheit, das Gott, so wie er Gott ist entspricht und dementsprechend auch nicht identisch mit dem bis ins Kleinste ausgegliederte in der Welt ist.
    Die Schöpfung ist im Hinduismus nicht von Brahman getrennt, sondern ein Teil von ihm. Denn Ishvara, das personifizierte Brahman, hat die Welt aus einem Drittel seiner Selbst geschaffen, und mit zwei Drittel ragt er über sie hinaus. Darum:
    Brahman ist die Unendlichkeit, das Allgegenwärtige, die Schöpfung, die Erhaltung und die Zerstörung.

    Die sichtbare Welt ist Maya. Sie erscheint, wie wir sie sehen, verbirgt in sich jedoch eine andere Wirklichkeit.
    http://www.hinduismus-religion.de/html/brahman.html

    Maya ist nur die Form der Schöpfung, und Brahman ihre wahre Substanz.

    Das "Eine" bei Eckhart aber ist unteilbar, weil er es aus der Sicht des Individualismuses sieht. Ein Individualist kann sich nicht teilen. Und das überträgt Eckhart auf Gott.

    Und weil er individualistisch denkt, kann er die Einheit mit Gott nicht verständlich erklären:
    Nun erklärt sich auch das Missverständnis, dass ich selbst es sei, das sich in der Einheit befindet. Ich selbst bin ja ebenfalls nur geschaffen, nur Kreatur, gehöre zu den weltlichen Strukturen die vergänglich sind und ihr Sein nur durch Gott erhalten, es aber substantiell nicht besitzen, als etwas mir zugehöriges, das mit meinem Ich, oder meinem Selbst verbunden wäre. Meine Verbindung zu Gott besteht nicht in meinem Ich, nicht in meinem „Provisorium-Sein“, sondern sie besteht in Gott, ist Gott und das lautere, klare, reine Eine selbst.
    Der Individualist kann mit Gott nicht eins sein. Er muß ein Nichts werden, sterben, aufhören zu existieren. Die götliche Substanz des Menschen (Seele, Geist?) muß eine neue Denkweise, ein neues Bewußtsein erhalten, um (wieder!) eins mit Gott zu sein.
    Wie Jesus sagte: "Ihr müßt von neuem geboren werden." (Joh. 3:7)

    Der „Weg“ zu dieser Einheit, in der er (Gott) und ich (Provisorium, oder Du, oder sonstwer...) eins „werden“, ist ein Weg der Erkenntnis, dass alles von uns Erkannte nicht real und von unserer Erkenntnis unabhängig existiert, sondern vollständig aus dem Gottesgrund hervorgehend in unserer Erkenntnis konstruiert und geschaffen wird (es hat ja kein substantielles Sein, sondern nur ein Geschaffenes, von uns soundso Erkanntes). Wir können zwar nicht erkennen wie Gott das macht, aber wir können diesen im Innersten des Geistes stattfindenden Prozess zum aussetzen bringen.

    Eckhart sagt dazu: Darum, willst du leben und willst du, dass deine Werke leben, so musst du für alle Dinge tot und zunichte geworden sein. Es ist der Kreatur eigen, dass sie aus etwas etwas mache; Gott aber ist es eigen, dass er aus nichts etwas macht. Soll daher Gott etwas in dir oder mit dir machen, so musst du vorher zu nichts geworden sein. Darum ist einzig der nur ein gerechter Mensch, der alle geschaffenen Dinge zunichte gemacht hat und geradlinig ohne alles Auslugen auf das ewige Wort hin gerichtet steht und darin eingebildet und widergebildet der Gerechtigkeit. Ein solcher Mensch empfängt dort, wo der Sohn empfängt und ist der Sohn selbst. Könntest du dich selbst vernichten nur für einen Augenblick, ja, ich sage, selbst für kürzer als einen Augenblick, so wäre dir alles das eigen, was es in sich selbst ist.
    Willst du leben und willst du, dass deine Werke leben, so musst du, als Individualist, für alle Dinge tot und zunichte geworden sein.

    In seiner berühmten Armutspredigt führt Eckhart dann weiter aus: Wenn einer mich nun fragte, was denn aber das sei: ein armer Mensch, der nichts will, so antworte ich darauf und sage so: Solange der Mensch dies noch an sich hat, dass es sein Wille ist, den allerliebsten Willen Gottes erfüllen zu wollen, so hat ein solcher Mensch nicht die Armut, von der wir sprechen wollen; denn dieser Mensch hat (noch) einen Willen, mit dem er dem Willen Gottes genügen will, und das ist nicht rechte Armut. Denn, soll der Mensch wahrhaft Armut haben, so muss er seines geschaffenen Willens so ledig sein, wie er's war, als er (noch) nicht war. Denn ich sage euch bei der ewigen Wahrheit: Solange ihr den Willen habt, den Willen Gottes zu erfüllen, und Verlangen habt nach der Ewigkeit und nach Gott, solange seid ihr nicht richtig arm. Denn nur das ist ein armer Mensch, der nichts will und nichts begehrt.
    Auch das betrifft nur den Individualisten. Der Gott erkennen und seinen Willen tun, um seiner eigenen Selbst willen sucht. Um selbst besser da zustehen.

    Wer aber sein individualistisches Selbst abgelegt hat, und Gott um Gotteswillen sucht, um sich unterzuordnen und einzuordnen, für den heißt es: sucht, und ihr werdet finden.

    Du sollst ihn bildlos erkennen, unmittelbar und ohne Gleichnis. Soll ich aber Gott auf solche Weise unmittelbar erkennen, so muss ich schlechthin er, und er muss ich werden. Genauerhin sage ich: Gott muss schlechthin ich werden und ich schlechthin Gott, so völlig eins, dass dieses »Er« und dieses »Ich« Eins ist, werden und sind und in dieser Seinsheit ewig ein Werk wirken. Denn, solange dieses »Er« und dieses »Ich«, das heißt Gott und die Seele, nicht ein einziges Hier und ein einziges Nun sind, solange könnte dieses »Ich« mit dem »Er« nimmer wirken noch eins werden.
    Dieses "Einswerden mit Gott" geht nur in der Gemeinschaft, der der Mensch sich anschließt, wenn er sein individualistisches Ich abgelegt hat.
    Von dieser Gemeinschaft sprach Jesus. Er ist die Tür zu dieser Gemeinschaft. Für sie ist er gestorben, um sie ins Leben zu rufen.

    Daß Meister Eckhart diese Gemeinschaft nicht sieht, zeigt daß er, auch in seiner Philosophie, den Standpunkt des Individualisten nie verlassen hat.
    Ja, die ganze negative Theologie steht auf dem Individualismus.
    Ein Individualist darf sich kein Bild von Gott machen, denn es wird immer individualistisch sein, und darum falsch.
    Ein Individualist muß zu Nichts werden, um eins mit Gott zu sein. U.s.w. u.s.f.

    Zurück zum Thema. Wie lesen wir also die Bibel? Für Dich ist die Bibel das absolut gesetzte, unmissverständliche und eindeutige Wort Gottes, für mich ein Buch der Weisheit, in der gläubige Menschen ihrer Verbundenheit mit Gott Ausdruck verleihen und andere (die Leser) daran teilhaben lassen wollten.
    Für mich ist Gott eine Gemeinschaft. Und jeder Mensch, der zu dieser Gemeinschaft gehört, ist ein Teil Gottes. Darum ist auch alles, was er sagt, das Wort Gottes. Und Gott wird dafür sorgen, daß es in Erfüllung geht.

    Tätige Liebe braucht doch eigentlich gar nicht soviel Wissen um das rechte Verständnis von Worten, Gleichnissen oder ähnlichem. Sie liebt aus freien Stücken, wie es ihrem Wesen entspricht und nicht weil irgendwo steht, dass sie lieben soll. Wenn ich also nichts von dem, was in der Bibel steht, richtig verstehen würde, aber ich diente meinem Nächsten in aufrichtiger und ehrlicher Liebe, wäre dann nicht unmissverständlich, eindeutig und absolut gesetzt alles verstanden, was es zu verstehen gäbe?
    Alles, auch die Liebe, muß gelernt werden. Und jeder Mensch lernt von anderen Menschen und aus eigener Erfahrung.
    Ein Kind, das keinen(!) auf zwei Beinen gehen sieht, wird kaum den Wunsch haben, zu gehen.

    Die göttliche Liebe (Agape) hat Jesus gebracht. Es steht in der Bibel.
    Wer die Bibel nicht gelesen hat, kann von dieser Liebe nur von anderen Menschen wissen. Und nur so, und soviel, wie diese Menschen erklären und zeigen konnten.
    Und da wir in einer Gesellschaft leben, die gewissermaßen von der Bibel geprägt ist (so wie der Orient vom Koran), haben wir hier und da einiges "biblisches" gehört und uns angeeignet, selbst wenn wir nicht wissen daß es "biblisches" ist.
    Darum sind die Bibelkritiker wie das Schwein unter der Eiche: http://www.fabelnundanderes.at/Ivan_...nter_der_Eiche
    Manche aber wie der Affe mit den Brillen (siehe auch da).
    Geändert von Zeuge (21.09.2012 um 07:22 Uhr)

  10. #100
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    Standard

    @Zeuge
    Dein Engagement für die Gemeinschaft in Gott und gegen den Individualismus in Ehren, aber ich fürchte ich verstehe immer noch nicht so recht, wo die Eckhartsche Philosophie einem Individulismus frönen sollte.

    Wenn das Substantielle(http://www.aurora-magazin.at/wissens...t_kant_frm.htm) mit sich selbst identisch ist und also das Eine ist, was völlig unterschiedslos und einig nicht nur das Gleiche, sondern das Selbe ist, nämlich Gott der Eine, dann gibt es da keinen Individualismus, sondern alleine Gott, den man sich aber nicht als Individuum vorstellen darf (den man sich nämlich gar nicht vorstellen kann), sondern der jenseits aller menschlichen Vorstellung sein mag was er will, wir können ihn nicht erkennen, wir können uns ihn nicht vorstellen. Deshalb ja auch negative Theologie, die jede positive Bestimmung von Gott verneint, also auch den angeblichen Individualismus seines Wesens.

    Wir Menschen erkennen aber in dieser Welt eine ins Vielfältigste zerteilte, von uns als Realität bezeichnete, so genannte Wirklichkeit. In dieser Wirklichkeit geben wir uns selbst dann die Bezeichnung Individuum, definieren und erleben uns als Person mit einem „Ich-Erleben“, das getrennt von anderen „Ichs“ sein Leben erlebt und in der Auseinandersetzung mit den so oder so erkannten Dingen (Ich, Du, Er, Sie, Es...) seinen Alltag gestaltet.

    Nach Eckhart sind das aber nicht die wirklichen Dinge, sondern nur die im Erkennen konstruierten. Die wirklichen Dinge (Kant würde sagen „die Dinge an sich“) kennen wir gar nicht und können sie nicht kennen, da uns jedes Ding nur in der Erscheinung vorstellbar ist. Eckhart spricht nun im Gegensatz zu Kant aber nicht von Dingen an sich, sondern vom einigen Einen, dass für ihn Gott ist. Und da dieser Gott unerkannt ist, war und sein wird, kann man ihn natürlich nicht mit dem Begriff des Individualismus beschreiben.

    Es ist im Gegensatz sogar viel mehr so, dass „Eckharts Gott“ in nicht zu übertreffender Weise das Gegensätzliche (also das Individuelle, allein für sich Stehende) im Einen vereinigt und also jede Form des Dualismus, der Gegensätzlichkeit, des Individualismus, des nur für sich allein stehens überwindet und in der göttlichen Substanz vollendet, die allein Realität, Wirklichkeit und Wahrheit ist.

    Deshalb besteht in der Substanz auch keinerlei Unterschied zwischen Dir und mir, oder Lieschen Müller und Otto Normalverbraucher. Wir sind eins in Gott, weshalb ich mir auch schaden würde, würde ich Dir schaden. Eine tiefere Verbindung ist zumindest mir nicht denkbar, den substantiell bin ich ja mit Dir identisch, völlig unterschiedslos ein und das Selbe. Da wird die Nächsten- und Fernstenliebe nicht zum Gebot, sondern zur Notwendigkeit aus Vernunft-, aus Einsichtsgründen. Und einem Individulismus, der nur sich und seine Bedürfnisse betrachtet und dem alles andere egal ist, ist mit dieser Philosophie, diesem Glauben, vollends der Boden unter den Füßen weggezogen und unmöglich geworden.

    LG
    Provisorium


 

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