Die Dreifaltigkeitsdebatte will ich nun keinsfalls auch noch hier rein verschleppen, aber wenn dir zum Thema "fleischgewordenes Wort" noch ein paar Beiträge Eckharts oder anderer "Scholastiker" bzw. Mystiker bekannt sind, dann nur her damit. Hiesiges Forum - vor allem der Thread - kann sowas noch gebrauchen, finde ich.

Und meine kleine Quizfrage: Von wem stammen die Worte "Vox und Sermon" (ursprünglich)?
Zum Thema Dreieinigkeit habe ich folgenden Artikel gefunden http://www.tabularasa-jena.de/artikel/artikel_328/.

Deine Quizfrage kann ich aber leider nicht lösen und möchte deshalb gerne das Publikum fragen..

Aber ich möchte an dieser Stelle auch gerne noch einmal zurück zum Eingangsthema.

Manchmal nehme ich doch recht verwundert wahr, mit welchen Assoziationen so manches Bibelwort verbunden wird.
Ich kann mich dann gelegentlich nicht des Eindrucks erwehren, dass der Glaube zuvorderst als ein moralisches Verhalten, als eine spezielle ethische Gesinnung betrachtet wird, die uns alle Mühe abverlangt, um den zahlreichen Versuchungen des Lebens widerstehen zu können und nur mit äußerster Willensanstrengung überhaupt zu bewerkstelligen sei.

Selbstverständlich hat Glaube auch immer etwas mit Moral und Ethik zu tun. Aber wenn ich zum Glauben komme, dann wird mir doch nicht zuerst ein neues moralisches Korsett übergestülpt, das mich zwingt, ganz bestimmte Verhaltensweisen auszuüben, bzw sein zu lassen, sondern ich werde in der Tiefe meines Herzens von einer Wahrhaftigkeit ergriffen, die umfassender, ganzheitlicher und größer ist, als mein eigenes personales Sein und durch das ich mich verbunden weiß mit einem Zuhause, das ich hier auf Erden nicht finden kann, weil mein Ich- und Alltagsbewusstsein, sich immer als von den Dingen unterschieden und getrennt wahrnimmt und begreift.

Dieser tieferen und innigeren Verbundenheit nachjagend mache ich dann meine ersten Schritte als gläubiger Mensch und sicher wird das nach und nach auch meine Moral, meine ethische Gesinnung verändern. Als Christ habe ich aber manchmal den Eindruck, dass der Apostel Paulus, mit seiner Rede über den alten Menschen im Fleische und den neuen Menschen im Geiste (dargestellt vor allem in Römer 7 und Römer 8), eine Spaltung im Wesen des Menschen beschreibt, die er vielleicht tatsächlich auch so empfunden haben mag (man denke an die Metamorphose vom Saulus zum Paulus), die aber substantiell gar nicht wirklich besteht.

Nicht wenige Christen sehen sich dann hin- und hergerissen zwischen Römer 7 und Römer 8 und eine der bestimmendsten Erfahrungen wird ihnen dann nicht selten die Erkenntnis, dass der Geist zwar willig, aber das Fleisch schwach ist.
Daraus resultiert dann häufig, ein eher negatives Selbst- und Menschenbild, welches versucht durch strenge Moral und selbstauferlegte Religiösität, möglichst großen Abstand vom alten Menschen aus Römer 7 zu halten.

Natürlich darf das jeder sehen und machen wie er will, aber ich sehe noch eine weitere Gefahr in der paulinischen Vorstellung vom alten und neuen Menschen. Wenn man zunächst das Bekenntnis zu Jesus benötigen sollte, um überhaupt ein neuer Mensch werden zu können und damit der alte Mensch im Fleisch gekreuzigt wird und stirbt, warum will der alte Mensch im Fleische dann eigentlich nicht so richtig tot sein und lässt uns immer wieder die deprimierende Erfahrung machen, dass wir durchaus noch zu sündigen im Stande sind?

Paulus hatte gesagt (Römer 8,2): "Das Gesetz des Geistes, das in Christus Jesus lebendig macht, hat euch befreit vom Gesetz der Sünde und des Todes".
Was ist das für eine gesetzesmäßige Freiheit, wenn man trotzdem noch weiterhin sündigt und auch ganz sicher sterben wird? Wird hier letztlich nicht einfach nur ein Exklusivitätsverhältnis beschrieben, das andere ausschließt, andere geringachtet? Ist der Weg zu Gott nur dann frei, wenn ich im paulinischen Verständnis neu geboren bin, ein neuer Mensch bin, oder kann auch der Mensch im Fleische, wenn er von Herzen bereut und sich zu Gott wendet echte Vergebung, echten Glauben erfahren?

Mit diesen fragwürdigen Fragen im Hinterkopf, möchte ich nun noch einmal den Magister Eckhart zu Wort kommen lassen, der meiner Meinung nach der Moralität den rechten Platz anwies und Gott überall da nahm, wo er ihn bekommen konnte....

Du mußt wissen, daß sich noch nie ein Mensch in diesem Leben so weitgehend gelassen hat, daß er nicht gefunden hätte, er müsse sich noch mehr lassen. Der Menschen gibt es wenige, die das recht beachten und darin beständig sind. Es ist ein gleichwertiger Austausch und ein gerechter Handel: So weit du ausgehst aus allen Dingen, so weit, nicht weniger und nicht mehr, geht Gott ein mit all dem Seinen, dafern du in allen Dingen dich des Deinen völlig entäußerst. Damit heb an, und laß dich dies alles kosten, was du aufzubringen vermagst. Da findest du wahren Frieden und nirgends sonst. Die Leute brauchten nicht soviel nachzudenken, was sie tun sollten; sie sollten vielmehr bedenken, was sie wären. Wären nun aber die Leute gut und ihre Weise, so könnten ihre Werke hell leuchten. Bist du gerecht, so sind auch deine Werke gerecht.

Nicht gedenke man Heiligkeit zu gründen auf ein Tun; man soll Heiligkeit vielmehr gründen auf ein Sein, denn die Werke heiligen nicht uns, sondern wir sollen die Werke heiligen. Wie heilig die Werke immer sein mögen, so heiligen sie uns ganz und gar nicht, soweit sie Werke sind, sondern: soweit wir heilig sind und Sein besitzen, soweit heiligen wir alle unsere Werke, es sei Essen, Schlafen, Wachen oder was immer es sei. Die nicht großen Seins sind, welche Werke die auch wirken, da wird nichts daraus. Erkenne hieraus, daß man allen Fleiß darauf verwenden soll, gut zu sein, nicht aber so sehr darauf, was man tue oder welcher Art die Werke seien, sondern wie der Grund der Werke sei.

LG
Provisorium