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  1. #11
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    Gibt Tradition sich selber die Berechtigung? Eine ganz gefährliche Aussage, finde ich…. Aber ich weiss, dass die rkK hauptsächlich aus der Tradition lehrt und existiert. Deshalb sind Korrekturen auch kaum möglich.


    Wie du, Provisorium auch schreibst, unterstützte, respektive verursachte hauptsächlich das hellenistische heidnische Denken die Interpretation von Jesu Wirken und besonders sein Sein in seiner Verbreitung und Akzeptanz. Dazu muss aber ergänzt werden, dass die Macht, oder besser der Machtmissbrauch, die diesem Kirchenstaat besonders zur Gute kam, der Ausbreitung sehr behilflich war.
    Kirchengeschichte ist ein spannender „Krimi“.


    Wegen den christlichen Festen…
    Ich würde es so bezeichnen, dass heidnische Feste und Bräuche sich mit hellenistisch-christlichem Denken vermengt haben. Statt dass nun Christen die heidnischen Feste feierten, benannte man sie um. Es war mitunter die Absicht, etwas einheitliches im römischen Reich zu schaffen.
    Man kann es ja so sagen, dass Jesus nicht geboren wurde, als Jesus geboren wurde….. und vieles andere mehr.

    Nirgends gab Jesus irgendwelche Anweisungen, wer was zu feiern hatte, sondern lebte seinen jüdischen Glauben in seiner Tradition.


    Wohin sich das Christum entwickelt?

    Eigentlich ist eine grosse Zersplitterung zu beobachten und die Grossen Kirchen können sich nicht mehr halten.

  2. #12
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    Zitat Zitat von Snoopy Beitrag anzeigen
    Gibt Tradition sich selber die Berechtigung?
    Ich denke es gibt grundlegend keine Berechtigung sich als Stellvertreter Gottes zu bezeichnen, oder sich als solcher zu betrachten. Es ist wie gesagt ein Festhalten an der Vorstellung, man sei die letztbegründende Instanz. Das glaubt heute sowieso kaum noch jemand und wahrscheinlich auch der Vatikan nicht wirklich, aber sie glauben an ihre Tradition. Die war ja auch recht erfolgreich in gewisser Weise. Davon zu lassen wäre meiner Meinung nach sehr weise, aber Tradition kann auch Fesseln anlegen...

    Zitat Zitat von Snoopy Beitrag anzeigen
    Dazu muss aber ergänzt werden, dass die Macht, oder besser der Machtmissbrauch, die diesem Kirchenstaat besonders zur Gute kam, der Ausbreitung sehr behilflich war.
    Ich weiß nicht, ob ich Dich da richtig verstehe?

    Also ich denke eine Interpretation des "Christusereignisses" im Sinne der damals vorherrschenden Philosophie war absolut notwendig, sonst hätte sich das Christentum niemals durchsetzen können und wäre sicher sehr bald wieder verschwunden. Es konnte also nur zur Macht kommen, weil es dem damaligen Zeitgeist nicht völlig widersprach. Aber es gab auch unter den Vertretern der Philosophie leidenschaftliche Christenfeinde und erst als es Rom sinnvoll erschien, das Christentum als Staatsreligion zu etablieren, konnte es wirklich aufblühen. Dabei ging es bestimmt nicht nur um Glaubenswahrheiten, sondern sicher auch um Macht und in der Folge auch um dessen Missbrauch, da hast Du sicher Recht.

    Aber die Frage die sich uns heute stellt ist ja vielmehr, ob auf Grundlage der damaligen philosophischen Interpretation, ein lebendiger Glauben geboren werden kann, der dann Gott aus ganzem Herzen, mit ganzer Seele, mit ganzem Verstand und aller Kraft liebt? Ich meine ja!
    Ich will es einmal so zu sagen versuchen: Die Auseinandersetzung der jüdischen Wurzel, mit den philosophischen Ästen und dem zeitgeistigen Blattwerk damaliger Weltanschauung, hat meiner Meinung nach das Antlitz Gottes nicht verdunkeln können...


    Zitat Zitat von Snoopy Beitrag anzeigen
    Nirgends gab Jesus irgendwelche Anweisungen, wer was zu feiern hatte, sondern lebte seinen jüdischen Glauben in seiner Tradition.
    Das stimmt auf jeden Fall und könnte sicher eine der Gründe sein, weshalb manche Christen ihren "eigenen Festen" heute misstrauen...

    Zitat Zitat von Snoopy Beitrag anzeigen
    Wohin sich das Christum entwickelt?
    Eigentlich ist eine grosse Zersplitterung zu beobachten und die Grossen Kirchen können sich nicht mehr halten.
    Das ist doch gut. Dann wird sich nämlich sehr bald erweisen, was sie wirklich hält...

    LG
    Provisorium
    Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)

  3. #13
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    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen

    Ich weiß nicht, ob ich Dich da richtig verstehe?

    Also ich denke eine Interpretation des "Christusereignisses" im Sinne der damals vorherrschenden Philosophie war absolut notwendig, sonst hätte sich das Christentum niemals durchsetzen können und wäre sicher sehr bald wieder verschwunden. Es konnte also nur zur Macht kommen, weil es dem damaligen Zeitgeist nicht völlig widersprach. Aber es gab auch unter den Vertretern der Philosophie leidenschaftliche Christenfeinde und erst als es Rom sinnvoll erschien, das Christentum als Staatsreligion zu etablieren, konnte es wirklich aufblühen. Dabei ging es bestimmt nicht nur um Glaubenswahrheiten, sondern sicher auch um Macht und in der Folge auch um dessen Missbrauch, da hast Du sicher Recht.

    Was bedeutet „notwendig“?
    War eine „Christentum“ dieser Art notwendig, da es sich vom Prinzip durch jüdisches rechtfertigen wollte? Denn wie oft betont Paulus und andere Schreiber jüdische Quellen, „auf dass erfüllt würde“ oder „wie geschrieben steht“.

    Hat man da in gewissen Dingen nicht selbst den Christus verleugnet, den man predigen wollte?

    Ein weiterer Grund für die Entstehung war sich er auch, dass die Lehre nicht tolerant ist. Wer nicht Christus hat, geht verloren. Und wer später nicht der rkK angehörte hatte kein Seelenheil. Das geht unter die Knochen, denn da konnte man sich nicht seinen Gott machen.

  4. #14
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    Zitat Zitat von Snoopy Beitrag anzeigen
    Was bedeutet „notwendig“?
    Ich denke Gott, der Vater Jesu, musste über das Judentum hinaus allen Nationen Gott und Vater werden. Dazu war die Auseinandersetzung mit der griechischen Philosophie notwendig. Und dafür trat zunächst zuvorderst eben Paulus ein.

    Zitat Zitat von Snoopy Beitrag anzeigen
    Hat man da in gewissen Dingen nicht selbst den Christus verleugnet, den man predigen wollte?
    Wenn Jesu Weg als "Erkenntnisweg" zur Einheit aller Menschen mit Gott begriffen wird, denke ich letztlich nein.

    Zitat Zitat von Snoopy Beitrag anzeigen
    Ein weiterer Grund für die Entstehung war sicher auch, dass die Lehre nicht tolerant ist. Wer nicht Christus hat, geht verloren. Und wer später nicht der rkK angehörte hatte kein Seelenheil. Das geht unter die Knochen, denn da konnte man sich nicht seinen Gott machen.
    Das ist dann aber schon eine überhebliche und nicht mehr "Jesuskonforme" Interpretation seiner Lehre. Die gab und gibt es natürlich, aber gerade die neuplatonisch philosophische Annäherung an das was Jesus wirkte, und die daraus resultierende Lehre, lässt solch eine Absolutheitsdenke gar nicht zu.

    LG
    Provisorium
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  5. #15
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    Nun, ich bin mir nicht so ganz sicher, ob deine Aussagen so ganz jenem Christus, also jenem Rabbi (so nanntest du ihn) gerecht werden.

    Wenn nun Gott Israel speziell vor fremden Einfluss, fremder Philosophie und Religion, ob ägyptisch, hellenistisch oder babylonisch bewahren wollte, damit diese die Gottessicht nicht vernebeln, warum sollt er sich dann dessen bedienen?


    Was heisst Erkenntnisweg? Es ist speziell in Philosophien und Ideologien, wo von Erkenntnis gesprochen wird, und zwar genau der richtigen Erkenntnis, der dann der Weg und das Heil sein soll. Also es hat schon was abslutes an sich.

    Ist es im NT nicht besonders das vom griechischen Denken stark geprägte JoEv, welches diesen Absolutheitsanspruch Jesu geltend macht und betont („niemand kommt zum Vater als durch mich….“)? Im jüdischen gibt es so viel ich weiss nichts dergleichen und Gott ist auch nirgends hinter Türen verschlossen.


    Wohin entwickelt sich das Christum? Was sich entwickeln will, muss gute Wurzelnhaben….
    Was ist „Jesuskonform“? Und genau daran scheiden sich nun bald 2000 Jahre die Geister….


    LG und bis morgen....

  6. #16
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    Zitat Zitat von Snoopy Beitrag anzeigen
    Nun, ich bin mir nicht so ganz sicher, ob deine Aussagen so ganz jenem Christus, also jenem Rabbi (so nanntest du ihn) gerecht werden.
    Das kann ich gut verstehen! Ich bin mir da ja auch nie ganz sicher. Ich könnte mich selbstverständlich auch irren. Aber gleichzeitig könnte ich auch niemals jemand sein, der diesen Jesus nicht aus ganzem Herzen lieben würde!

    Zitat Zitat von Snoopy Beitrag anzeigen
    Wenn nun Gott Israel speziell vor fremden Einfluss, fremder Philosophie und Religion, ob ägyptisch, hellenistisch oder babylonisch bewahren wollte, damit diese die Gottessicht nicht vernebeln, warum sollt er sich dann dessen bedienen?
    Wenn er sich tatsächlich davor bewahren wollte, dann würde er sich ganz sicher nicht dessen bedienen. Aber warum sollte er das tun? Dann wäre er ja allein im Judentum "verborgen" und nur als Jude hätte man den rechten Blick auf ihn. Das wäre dann aber auch irgendwie sehr absolut und würde viele Menschen, die doch aber alle nach seinem Bild geschaffen sind, ausschließen.


    Zitat Zitat von Snoopy Beitrag anzeigen
    Was heisst Erkenntnisweg?
    Das hat Jesus selbst ganz wunderbar geschildert. Und zwar im Matthäus-Evangelium, Kapitel 11, die Verse 27-30:

    Alles ist mir übergeben worden von meinem Vater; und niemand erkennt den Sohn als nur der Vater, noch erkennt jemand den Vater als nur der Sohn, und der, dem der Sohn ihn offenbaren will.

    Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen! Und ich werde euch Ruhe geben.
    Nehmt auf euch mein Joch, und lernt von mir! Denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und „ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen“; denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.


    Das ist die "Lehre des Lassens", die auch die neuplatonische Philosophie vermittelt.
    Durch das Lassen alles Kreatürlichen und Geschaffenen verschwindet die Mühsal und das Beladensein. Die wunderbare Liebe Jesu kommt hier in Gänze zum Ausdruck.
    Er weist uns den Weg zur "Vatererkenntnis" durch das Lernen von ihm. Sein Joch ist sanft, weil es uns lehrt alles zu lassen und dadurch werden wir gelassen und unsere Seele wird Ruhe/Frieden finden.
    Er lädt uns ein uns alles abzunehmen, auch unsere individuelle Vorstellung von Gott, denn er allein erkennt den Vater. Ach so wunderschön! Und meiner Meinung nach ein ganz klarer Hinweis auf die negative Theologie, die später dann in der (neuplatonischen) Philosophie Eckharts zu einem Höhepunkt kam...Und es ist eine Einladung an alle Menschen, also keinerlei "Absolutheitsdenke" nur für bestimmte Auserwählte. Die "Sohnerkenntnis" vom Vater steht allen offen!


    Zitat Zitat von Snoopy Beitrag anzeigen
    Es ist speziell in Philosophien und Ideologien, wo von Erkenntnis gesprochen wird, und zwar genau der richtigen Erkenntnis, der dann der Weg und das Heil sein soll. Also es hat schon was abslutes an sich.
    Ja, es gibt solche absolut gesetzten Denkweisen. Aber es gibt sie z.B. nicht in der Philosophie Eckharts. Da ist ausnahmslos in jedem Menschen der göttliche Funken.
    Aber ob Du diesem gewahr werden willst und quasi zu brennen beginnst, liegt allein an Deiner freien Entscheidung. Das hat Jesus auch gelehrt. "Das Reich Gottes ist inwendig in euch" (Lukas 17,21)...


    Zitat Zitat von Snoopy Beitrag anzeigen
    Ist es im NT nicht besonders das vom griechischen Denken stark geprägte JoEv, welches diesen Absolutheitsanspruch Jesu geltend macht und betont („niemand kommt zum Vater als durch mich….“)? Im Jüdischen gibt es so viel ich weiss nichts dergleichen und Gott ist auch nirgends hinter Türen verschlossen.
    Das "niemand kommt zu dem Vater als nur durch mich" solltest Du vielleicht aus dem Blickwinkel der substantiellen Einheit jedes Menschen mit Gott heraus verstehen.

    Jesus begriff sich als diese Einheit und wenn wir Menschen alle tatsächlich auch substantiell in dieser Einheit sein sollten und das nur noch nicht recht verstanden/ergriffen haben, weil wir uns in den weltlichen Strukturen immer nur als getrennt von Gott begreifen können und also noch nicht zur "Sohnerkenntnis", zur Gottesgeburt im Seelengrund (würde Eckhart sagen) gekommen sind, dann sollten wir vielleicht tatsächlich noch zu der Erkenntnis kommen, zu der Jesus einst kam und dann kämen wir schließlich auch zum Vater, wie er zum Vater kam. Und das würde bedeuten, dass dann schlussendlich eben tatsächlich niemand zum Vater
    käme, als nur durch ihn allein...

    Das ist keine Absolutsetzung im Sinne von "das muss jetzt so sein, sonst gehst du verloren", sondern das ist eine Frage, ob Du den Erkenntnisweg vollständig gehen magst. Du musst das aber nicht, weil es nichts an Deiner substantiellen Einheit mit Gott ändert, aber es wäre Dir der allergrößte Segen in diesem Leben, weil Dir dann alles Gott würde...



    Zitat Zitat von Snoopy Beitrag anzeigen
    Wohin entwickelt sich das Christum? Was sich entwickeln will, muss gute Wurzelnhaben….
    Was ist „Jesuskonform“? Und genau daran scheiden sich nun bald 2000 Jahre die Geister….
    Ja , bitte bitte teilt euch alle diesbezüglich doch mal mit. Ihr müsst doch auch Vorstellungen haben, Träume, Sehnsüchte. Die dürfen, nein, müssen doch auch sein!
    Wie kann, wie wird es sich entwickeln, das, was sich Christentum nennt und sich auf diesen Jesus beruft?
    Ich würde mich sehr über noch weitere Gedanken dazu freuen!

    LG
    Provisorium
    Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)

  7. #17

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    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Der Ursprung von Weihnachten soll wohl das heidnische Lichterfest gewesen sein und der Ursprung von Ostern geht wohl auf eine Feier zum Frühlingserwachen zurück, der sogenannten Tag-Nacht-Gleiche.
    Ja, diese Behauptungen kenne ich auch. Ich halte aber zumindest diese Formulierung (Ursprung ...) für Quatsch. Weihnachten ist für Christen die lange verheißene Ankunft des Messias auf der Erde, und Ostern ist die Feier seiner Auferstehung. Beides sind ausgesprochen gute Anlässe zum Feiern. Auf welches Kalenderdatum das gelegt wurde, ist letztlich unwichtig. Mit Wintersonnenwende bzw. Frühlingserwachen steht es auch nur auf der Nordhalbkugel im Zusammenhang - frag danach doch mal einen Australier oder einen Feuerländer.

    Aber aufgrund zumindest dieser Nähe zu ursprünglich heidnischen Festen, gibt es wohl zunehmend Christen, die diese Feste ablehnen, oder ihnen zumindest kritisch gegenüber stehen.

    Und ich denke, das ist häufig nur ein Vorwand. Für wahrscheinlicher halte ich, dass der wahre Grund ist: Keine Lust auf Familienfeier oder Ablehnung von allem, was mit Kirche zu tun hat.

    Oder man ist 100 % bibeltreu und lehnt alles als unbiblisch ab, was nicht wörtlich da drin steht. Das wäre dann richtig, wenn die Bibel eine Sammlung von Vorschriften wäre, die genauestens zu befolgen sind, und alles andere hat zu unterbleiben. Das ist aber meiner Meinung nach nicht der Fall.

    Ich denke man kann das immer auf ganz unterschiedliche Weise sehen. Tatsächlich hört man doch immer wieder klagen, dass z.B. Weihnachten zunehmend seines eigentlichen Inhaltes beraubt und dafür der Kommerz die bestimmende Kraft wird. Bei Ostern ist das ähnlich.
    Es steht jedem frei, Weihnachten und Ostern so zu feiern, wie es dem eigentlichen Inhalt entspricht. Niemand muss bei diesem Kommerz mitmachen. Die christlichen Feste zu canceln und stattdessen andere Anlässe zu feiern ist meiner Meinung nach die falsche Konsequenz. Es sei denn, derjenige ist eh gerade dabei, zum Judentum zu konvertieren.

    Ich glaube, wenn ich Jude wäre, würde ich die Christen fragen, was ihnen eigentlich einfällt, aus einer Unzufriedenheit mit ihrer eigenen Tradition heraus einfach mal irgendein jüdisches Fest zu kapern. Ich würde wissen wollen, ob sie überhaupt verstanden haben, was Laubhüttenfest bedeutet.

    Aber erzähl doch mal was Du Dir vorstellen kannst und was Du im Christentum gerne verändert sehen würdest.

    Ganz allgemein gesprochen wünsche ich mir, dass die Christen damit aufhören, ihre eigene Glaubensrichtung als die einzig wahre anzusehen, und zwar sowohl die verschiedenen christlichen Bekenntnisse untereinander als auch gegenüber Nichtchristen. Ich wäre schon zufrieden, wenn man sich freundlich und wohlwollend begegnet und dem anderen zugesteht, dass auch er sich auf einem Weg befindet, der zu Gott führen kann.

    Gruß,
    Sunigol
    Geändert von Sunigol (28.02.2013 um 23:22 Uhr)

  8. #18
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    Zitat Zitat von Sunigol Beitrag anzeigen
    Ja, diese Behauptungen kenne ich auch. Ich halte aber zumindest diese Formulierung (Ursprung ...) für Quatsch. Weihnachten ist für Christen die lange verheißene Ankunft des Messias auf der Erde, und Ostern ist die Feier seiner Auferstehung. Beides sind ausgesprochen gute Anlässe zum Feiern. Auf welches Kalenderdatum das gelegt wurde, ist letztlich unwichtig. Mit Wintersonnenwende bzw. Frühlingserwachen steht es auch nur auf der Nordhalbkugel im Zusammenhang - frag danach doch mal einen Australier oder einen Feuerländer.
    Ich verstehe schon was Du meinst. Letztlich ist es ja schließlich auch beim Feiern die Herzenshaltung in der man das Fest begeht das Entscheidende.


    Zitat Zitat von Sunigol Beitrag anzeigen
    Und ich denke, das ist häufig nur ein Vorwand. Für wahrscheinlicher halte ich, dass der wahre Grund ist: Keine Lust auf Familienfeier oder Ablehnung von allem, was mit Kirche zu tun hat.
    Oder man ist 100 % bibeltreu und lehnt alles als unbiblisch ab, was nicht wörtlich da drin steht. Das wäre dann richtig, wenn die Bibel eine Sammlung von Vorschriften wäre, die genauestens zu befolgen sind, und alles andere hat zu unterbleiben. Das ist aber meiner Meinung nach nicht der Fall.
    So sehe ich das auch. Es gibt da ein grundlegendes Misstrauen gegen alles was sich christlich nennt, aber nicht zu 100% biblischen Ursprungs ist. Darin drückt sich immer auch Kirchenkritik aus. Allerdings müsste man dann auch einmal so konsequent sein und fragen, ob denn der biblische Kanon denn überhaupt so 100% in Ordnung ist. Der wurde ja schließlich auch erst im Laufe der Zeit festgelegt...

    Zitat Zitat von Sunigol Beitrag anzeigen
    Es steht jedem frei, Weihnachten und Ostern so zu feiern, wie es dem eigentlichen Inhalt entspricht. Niemand muss bei diesem Kommerz mitmachen. Die christlichen Feste zu canceln und stattdessen andere Anlässe zu feiern ist meiner Meinung nach die falsche Konsequenz. Es sei denn, derjenige ist eh gerade dabei, zum Judentum zu konvertieren.
    Ich glaube, wenn ich Jude wäre, würde ich die Christen fragen, was ihnen eigentlich einfällt, aus einer Unzufriedenheit mit ihrer eigenen Tradition heraus einfach mal irgendein jüdisches Fest zu kapern. Ich würde wissen wollen, ob sie überhaupt verstanden haben, was Laubhüttenfest bedeutet.
    Das ist es ja, was ich Eingangs mit "Trend" meinte. Es ist wohl mancherorts, und das sind häufig freikirchliche (ursprünglich evangelische) Gruppierungen, eine Bewegung hin zur jüdischen Wurzel zu beobachten und das drückt sich eben auch in der "Feiermentalität" aus. Ich finde das zumindest interessant und frage mich eben woran das liegen könnte.

    Zitat Zitat von Sunigol Beitrag anzeigen
    Ganz allgemein gesprochen wünsche ich mir, dass die Christen damit aufhören, ihre eigene Glaubensrichtung als die einzig wahre anzusehen, und zwar sowohl die verschiedenen christlichen Bekenntnisse untereinander als auch gegenüber Nichtchristen. Ich wäre schon zufrieden, wenn man sich freundlich und wohlwollend begegnet und dem anderen zugesteht, dass auch er sich auf einem Weg befindet, der zu Gott führen kann.
    Solange das "niemand kommt zum Vater als nur durch mich" nicht als Erkenntnisweg verstanden und negativ theologisch interpretiert wird, sondern weiterhin absolutgesetzt, eben dieses spezielle Bekenntnis zu Christus für unbedingt notwendig erachtet wird, in dessen Folge dann auf fast schon magische Art und Weise, von außen kommend ein neuer Mensch in den Gläubigen hineingeboren wird, ist das meiner festen Überzeugung nach unmöglich.
    Man muss sich dann weiterhin als auserwählt betrachten und andere Wege eben ablehnen. Das heißt aber nicht, dass man gegenüber anderen Wegen nicht tolerant sein könnte, das kann man schon. Aber diese Wege führen dann in letzter Konsequenz eben direkt in die Hölle. Toleranz wäre hier also sogar ein Stückweit grausam, wenn es tatsächlich nur diesen einen Weg geben sollte, dann muss, muss, muss auch unbedingt dieser Weg gegangen werden. Das ist in jeder positiven Theologie letztlich so, weil Gott und das was Gott will nur sehr eingeschränkt diskutiert werden darf.

    LG
    Provisorium
    Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)

  9. #19
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    Ich möchte gerne nochmal die Stelle aus Johannes 14,6 näher beleuchten, damit klar wird, was ich in diesem Zusammenhang mit Erkenntnisweg meine.

    Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater als nur durch mich!

    Dieser Bibelvers scheint sehr eindeutig und wird daher gerne in die Richtung interpretiert, dass man allein durch das Bekenntnis zu Jesus den Weg zu Gott gehen kann. Und für gewöhnlich dient er dann auch als „Totschlagargument“ gegen alle anderen Gläubigen, die dergleichen nicht glauben wollen.

    Jetzt befreie ich mal den Bibelvers aus seiner Isolation und betrachte ihn in einem größeren Zusammenhang. Jesus hat von sich behauptet er sei Gottes Sohn. Er sagt weiter (Johannes 14,7-10):

    Hättet ihr mich erkannt, so würdet ihr auch meinen Vater kennen; und von nun an kennet ihr ihn und habt ihn gesehen.
    Philippus spricht zu ihm: Herr, zeige uns den Vater, so genügt es uns! Spricht Jesus zu ihm: So lange Zeit bin ich bei euch, und du kennst mich noch nicht? Philippus, wer mich gesehen hat, der hat den Vater gesehen! Wie kannst du sagen: Zeige uns den Vater? Glaubst du nicht, daß ich im Vater bin und der Vater in mir ist? Die Worte, die ich zu euch rede, rede ich nicht von mir selbst, sondern der Vater, der in mir wohnt, tut die Werke...


    Hier erklärt Jesus dem Phillipus, dass er mit Gott eins ist. Er hatte also die Erfahrung oder das Erlebnis gehabt, dass er substantiell mit Gott in der Einheit ist und das versucht er nun den Menschen um sich herum bewusst zu machen.
    Aber der arme Phillipus kann das nur sehr schwer begreifen, denn er sieht ja einfach nur Jesus vor sich und nicht den Vater. Augenscheinlich ist das "im Vater sein" nicht zu erkennen, es muss also etwas mit der "Ichvorstellung", dem "Selbst" Jesu zu tun haben.

    Das "Ich", das "Selbst" das wir alle sind, das sind wir in unserem ersten Grund nicht selbst, als so oder so geartetes Individuum, sondern das sind wir als Söhne und Töchter Gottes.
    Von ihm kommen wir, zu ihm gehen wir wieder zurück und hier auf Erden ziehen wir sozusagen nur ein kreatürliches und geschaffenes Kleid an, das aber irgendwann einmal vergehen wird, vergehen muss.
    Das ist meine "Ichvorstellung" in der ich mich getrennt von allem anderen begreife, begreifen muss. Die Welt des gewöhnlichen Dualismus.

    Aber in Gott, da gibt es keinen Gegensatz, nichts ist Gott entgegengesetzt, da ist Stille, Einheit, Selbstgenuss. Gut und Böse sind nur Vorstellungen in den geschaffenen, weltlichen, kreatürlichen Strukturen. Lässt du diese, lädst du deine Mühsal und Trübnis ab, dann kommst du zurück zur Einheit, denn substantiell bist du immer mit ihr verbunden und nie wirklich aus ihr herausgetreten - du bist die Einheit.

    Dieser Gedanke ist übrigens der Kern Eckhartscher Philosophie und er kann noch sehr viel mehr darüber berichten... http://www.tabularasa-jena.de/artikel/artikel_391/

    Aber kommt aus dieser Einheitserkenntnis die Jesus hatte, vielleicht auch seine Liebe zu allen Menschen, weil er sich eben zutiefst verbunden weiß mit allen Menschen, die alle ebenso substantiell mit Gott eins sind? Könnte man also selbst und das ohne Vermittlung Jesu die Erfahrung machen, dass man substantiell mit Gott eins ist und wenn man die Erfahrung gemacht hat, ist man dann nicht ebenso wie Jesus Weg, Wahrheit und Leben? Darf man den Bibelvers so auslegen?


    Ich weiß nicht ob man es darf, aber man kann es. Es kommt allein auf das wahrnehmende Bewusstsein an. Für die einen ist Jesus die absolute Notwendigkeit, um zu Gott gelangen zu können, für andere ist er ein zutiefst erleuchteter Mensch gewesen, der die Erfahrung machen durfte, dass er substantiell mit Gott eins ist und sich deshalb mit Recht als Gottes Sohn bezeichnete und als Weg, Wahrheit und Leben. Das „niemand kommt zum Vater als nur durch mich“, wäre dann ein Hinweis darauf, dass man sich selbst dieser Einheit bewusst werden müsse, dass man sich bewusst werden müsse, dass man selbst substantiell Gottes Sohn/Tochter ist.

    Man muss die Verse nicht so auslegen, man kann es aber. Die Bibel ist weit weniger eindeutig, als auf den ersten und zweiten Blick hin angenommen. Deshalb verliert sie aber nicht ihren Sinn. Im Gegenteil, dadurch wird sie nur noch reicher...

    Der Gott der Bibel hat eine bemerkenswerte Evolution hinter sich. Vom Genozid-befehlenden, zornigen und eifersüchtigen Gott, hin zum Gott der völkerübergreifenden Liebe. Man kann deshalb mit Hilfe der Bibel alles und nichts in diesen Gott hineininterpretieren und deshalb ist die Wahrheit auch nicht in Gänze zwischen den beiden Buchdeckeln zu finden, sondern letztlich allein in deinem Herz. Und wir alle sind dazu eingeladen dieses zu erkunden...

    LG
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    Geändert von Provisorium (01.03.2013 um 11:05 Uhr)
    Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)

  10. #20

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    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Man muss sich dann weiterhin als auserwählt betrachten und andere Wege eben ablehnen. Das heißt aber nicht, dass man gegenüber anderen Wegen nicht tolerant sein könnte, das kann man schon. Aber diese Wege führen dann in letzter Konsequenz eben direkt in die Hölle. Toleranz wäre hier also sogar ein Stückweit grausam, wenn es tatsächlich nur diesen einen Weg geben sollte, dann muss, muss, muss auch unbedingt dieser Weg gegangen werden.
    Aber eben das können wir nicht wissen. Wir wissen weder, ob es genau einen Weg durch Jesus zu Gott gibt oder ob es auch mehrere sein können, noch wissen wir, ob wir selbst auf einem dieser Wege sind (und daher anderen entgegenschleudern könnten, sie seien auf dem falschen) oder ob wir auch das nur glauben.

    Manche hätten wohl gern schon zu Lebzeiten die amtliche Zusage, dass ihre Einweisung in den Himmel nur noch eine Formsache ist, und malen sich aus, wie das Regelwerk dazu aussehen könnte. Das kann man machen, solange es nur einen selbst betrifft. Der Fehler ist, diese Regeln (die immer von einem persönlichen Standpunkt ausgehen) 1:1 auf andere zu übertragen. Man muss immer die Möglichkeit berücksichtigen, dass Gott mit dir was anderes vorhat als mit mir und dass ich daher nicht verlangen darf, dass du dein Leben nach meinen Maßstäben ausrichtest. Diese Entscheidung (welchen Weg wähle ich, was gibt meinem Leben die Richtung?) trifft jeder Mensch selbst und niemand für einen anderen.

    Toleranz ist also nicht grausam, sondern notwendig, damit jeder die für ihn richtige Entscheidung treffen kann.

    Dein anderes Posting, Provisorium (#19) muss ich erst noch genauer lesen.

    Gruß,
    Sunigol


 

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