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  1. #151
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    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Ja, die Fähigkeit zur Herstellung von Ordnung ist in der Tat allen Menschen ein Stück weit bereits angeboren, denn erst durch Ordnen der Sinneseindrücke wird Wahrnehmung ermöglicht.
    Ist es nicht so, dass denken, Vernunft grundsätzlich etwas ordnendes hat? Es gibt vor aller Erfahrung, angeborene Erkenntnisstrukturen. Das sind zunächst einmal Raum und Zeit. Dualismus halt. Das berührt den kompletten Bereich der Erkenntnistheorien http://de.wikipedia.org/wiki/Erkenntnistheorie. Ein sehr komplexes Thema und alles letztlich nicht zu beweisen. Wir können deshalb nicht wirklich wissen was Realität ist. Beeindruckend finde ich aber z.B. immer wieder die Tatsache, dass es keine Farben in diesem Universum gibt. Alle Farben werden erst im Erkenntnisprozess den Gegenständen "hinzugefügt". Wir sind alle große Künstler und Maler ;-)

    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Das sich verständigen in Form von Interaktion scheint mir besonders bedeutsam. Damit kann Missverständnissen vorgebeugt oder können bestehende aufgelöst werden. Durch kommunikative Interaktion können wir uns austauschen über unsere Art des Denkens, Fühlens, über Erfahrungen, Eindrücke, Lernprozesse oder sonst was. Auch über unsere Art des Klassifizierens und Kategorisierens. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Menschen es schwer miteinander haben, weil sie zu wenig miteinander reden, sie erklären sich ihre Empfindungs-, Denk- und Handlungsweisen nicht ausreichend oder (hinter)fragen nicht genug.
    Davon kann ich wahrhaft eine ganze Oper singen! Ich arbeite ja in einem Pflegeteam und da ist Kommunikation das A und O. Was da für unglaubliche Probleme entstehen, weil die Kommunikation nicht funktioniert, geht in einen Bereich, da könnte man täglich eine Handvoll Menschen mehr pflegen und betreuen, wenn sie denn funktionieren würde. Das ist teilweise so banal und gleichzeitig doch so unglaublich schwierig, weil man in einem Dreischichtsystem ein bisschen wie bei der "Stillen Post" ist. Was ich morgens in der Übergabe sage, kommt abends wieder völlig verdreht zu mir zurück. Das ist aber wohl auch ein bisschen ein Zeit- und Konzentrationsproblem.

    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Das Bedürfnis zu ordnen und zu sortieren dürfte einer gegenseitigen Offenheit eigentlich nicht im Wege stehen.
    Das wäre wahrhaft wünschenswert! Irgendwie ist das doch auch eine Frage von Wertschätzung und innerer Einstellung. Aber manchmal ist man wohl so sehr mit sich selbst beschäftigt und mit seinem ordnen und sortieren, dass man nicht mehr die wünschenswerte Offenheit hat. Gerade auf der Arbeit erlebe ich das so. Wenn man Nachts alleine 41 Personen zu versorgen hat, dann kann es sehr schnell passieren, dass man gedanklich schon im nächsten Zimmer und beim nächsten Bewohner ist, obwohl man sich noch bei einem anderen aufhält. Da muss man wirklich an sich arbeiten, damit man bewusster wird und das ist nicht ganz einfach.

    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Liebes/r Provisorium,
    ich kann heute wieder nur einen Teil kommentieren, Fortsetzung folgt ;-)).
    Gar kein Problem! Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude und ich freue mich immer sehr an Deinen Beiträgen!

    LG
    Provisorium
    Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)

  2. #152
    Effi Gast

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    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Das ist auch ein häufig genannter Grund, den Religionswissenschaftler angeben, weshalb Menschen überhaupt religiös werden. Sie erwerben sich dadurch nämlich nicht selten ein Weltbild, das in sich abgeschlossen ist und kaum eine Frage offen lässt. Der Preis dafür ist zwar nicht selten eine Art von "Schwarzweißdenke", aber die kann einen ja trotzdem gut durch's Leben tragen.
    Da würde mich interessieren, weshalb Menschen nach in sich geschlossenen Weltbildern, die kaum Fragen offen lassen streben?
    Ich meine mit offenen Fragen gut umgehen zu können. Finde es sogar spannend, denn sie fordern mich zu Auseinandersetzungen heraus. Ich mag es neugierig nach möglichen Antworten zu forschen und sehe die Erfahrung, dass es für manche Dinge oder Gegebenheiten keine Antworten gibt dennoch als Erkenntnisgewinn.

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Trotzdem liegt aber auch hier der Keim der Intoleranz und Abwertung gegenüber anderen Glaubens- oder Lebenswegen verborgen, wenn das eigene Welt- und vor allem Gottesbild, absolutgesetzt, so und nicht anders verstanden werden darf.
    Aber eben nur dann, wenn das eigene Welt- und Gottesbild absolutgesetzt wird. Ist also wieder eine Haltungssache.

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Deshalb ist es vielleicht auch wichtig, (und gerade in diesen komplexen Zeiten) es sich nicht allzu bequem zu machen und wahrhaft offen zu bleiben.
    Und neugierig... Obwohl ich zunächst dachte, dass ich hier, also in dieses Forum, nicht so recht her passe, da ich ein sehr lebenspraktischer Typ bin, zu wenig Bibel belesen, zu wenig theologisch gebildet, lese ich hier inzwischen mit Interesse und Neugier und beteilige mich sogar gerne.

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    ... Wobei ich allerdings schon glaube, dass es im Menschen ein Bedürfnis nach Transzendenz und Spiritualität gibt und man über sein Sein hinaus Fragen hat. Die Menschheit hat jedenfalls schon immer solche Fragen gestellt und die Kirchen haben sich ja nicht zuletzt deshalb entwickelt, weil man glaubte Antworten gefunden zu haben, die man dann in Gemeinschaft bekennt und seine Schlüsse daraus zieht.
    Das ist die Frage, ob Transzendenz und Spirtualität im Menschen angelegt ist oder ob es nicht angelernt wird.

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Deshalb denke ich, dass es immer so etwas wie Kirche und Gemeinschaft von Gläubigen geben wird, jeweils mit ihren ganz eigenen Ritualen und Antworten. Wichtig wäre mir persönlich nur, dass man nicht im Widerstreit und Gegnerschaft, seine spirituellen Bedürfnisse auf Kosten anderer auslebt. Und da gibt es leider noch recht große Defizite. Dabei ist das grundlegende Bedürfnis des Menschen immer das Gleiche und je nachdem in welcher Tradition man groß wird und eingebunden ist, folgt man dann eben auch unterschiedlichen Herangehensweisen und Ritualen. Das individuelle Bild das man sich dabei von Gott macht, ist aber letztlich immer ein gedachter Gott und sollte deshalb meiner Meinung nach, auch nicht absolut gesetzt und verbindlich gemacht werden.
    Eben. Sehe ich ähnlich. Mir ist dabei die Art und Weise des Aufwachsens sehr wichtig. Oft werden Absolutheitsansprüche und Gegnerschaft von klein auf gelehrt und gelernt. Daraus entstehen dann elitäre und absolutgesetzte Haltungen, welche die grundlegend übereinstimmenden Bedürfnisse leider oft vergessen lassen oder in den Hintergrund verdrängen.


    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Ich denke so, wie man im Laufe seines Lebens auch seine Persönlichkeit entdeckt und entwickelt, sollte sich auch der Glauben entwickeln dürfen.
    Aber leider wurden viele spirituelle Wege, die andere Menschen vor uns gegangen sind, absolutgesetzt und anstatt sich nun frei zu fühlen, der Einladung zu folgen und auf seinem individuellen Weg der Nachfolge eigene Erfahrung zu sammeln, hält man lieber Ausschau, was, wie, sein muss oder sein müsste und versucht das dann auch irgendwie zu erreichen.
    Es wird möglicherweise zu wenig reflektiert und kritisch hinterfragt, dabei wäre es so wertvoll, würden Erwachsene den Kindern das Reflektieren einfach praktisch vorleben. Da hätten alle was davon :-).

    Über den Rest, zu dem ich jetzt noch nichts geschrieben habe -aus diesem deinem Beitrag- möchte ich noch ein bisschen nachdenken, um meine Gedanken besser sortiert aufschreiben zu können.

    LG,
    Effi
    Geändert von Effi (13.03.2013 um 22:06 Uhr)

  3. #153
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    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Da würde mich interessieren, weshalb Menschen nach in sich geschlossenen Weltbildern, die kaum Fragen offen lassen streben?
    Ich meine mit offenen Fragen gut umgehen zu können. Finde es sogar spannend, denn sie fordern mich zu Auseinandersetzungen heraus. Ich mag es neugierig nach möglichen Antworten zu forschen und sehe die Erfahrung, dass es für manche Dinge oder Gegebenheiten keine Antworten gibt dennoch als Erkenntnisgewinn.
    In einer immer komplexeren und unübersichtlicheren Welt, die sich zwar lokal erleben lässt, aber zunehmend global verstanden werden muss und in der man von der Wiege bis zur Bahre zur Zielgruppe geworden ist, können geschlossene Weltbilder das Leben einfacher und bequemer machen und Übersicht verschaffen, aus der heraus man sich dann leichter orientieren kann.

    Natürlich zahlt man dann aber nicht selten den Preis dafür in Form einer eher eingeschränkten und starren Perspektive, aber das lässt sich denke ich immer dann ganz gut verschmerzen, wenn man z.B. in eine Gemeinschaft eingebunden ist, die sich in ihrer Gesamtheit diesem geschlossenen Weltbild verschrieben hat. Religiöse Gruppen, wie z.B. Spätregen, aber auch gemäßigtere Gemeinschaften können dann eine eigene kleine Welt in der Welt bilden und aus dem immer gleichen Blickwinkel heraus auf die große Welt schauen und über sie nachdenken - das schafft Verbundenheit.

    Das Beispiel Spätregen zeigt aber auch auf, dass diese kleine Welt nicht unbedingt heiler sein muss als die große und ich glaube auch, dass kleine Welten die Ketten besonders straff anlegen und es sehr viel schwieriger ist, sich von ihnen zu lösen. In der großen Welt weiß ich zwar auch, dass z.B. mein deutscher Wohlstand ein Stückweit auf dem Elend anderer Menschen fußt, aber dazu lässt sich leichter Distanz wahren, als wenn ich weiß, dass z.B. ein Spätregenbruder/schwester leidet.

    Geschlossene Weltbilder haben also Vor- und Nachteile, aber sie sind letztlich immer nur innerhalb eines sehr eingeschränkten Horizontes wirklich geschlossen und man muss seine Augen und seinen Verstand schon vor sehr vielen Dingen verschließen, um sie geschlossen halten zu können. Deshalb sehe ich aus der menschlichen Perspektive heraus keine Alternative in ihnen, auch wenn ich die Sehnsucht danach durchaus nachvollziehen kann.

    Man sucht ganz gerne mal nach Schema F, oder dem Rezept für ein gelungenes Leben (auch von der Arbeit her kenne ich das. Aber jeder Mensch muss anders, individuell, ganzheitlich und bedürfnisorientiert gepflegt werden. Es gibt nicht die Pflege, oder den Dementen...) Aber ich bin davon überzeugt, dass es das nicht gibt und so wäre mein einziges Schema F, dass es Schema F nicht geben kann und insofern wäre dann auch mein Weltbild geschlossen ;-)

    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Aber eben nur dann, wenn das eigene Welt- und Gottesbild absolutgesetzt wird. Ist also wieder eine Haltungssache.
    Eine Haltungssache die woraus geboren wird? Ich meine wir Menschen haben ja vermöge unserer Erkenntnisfähigkeit durchaus die Möglichkeit zu erkennen, aus welch eingeschränktem Blickwinkel heraus wir nur argumentieren können. Wenn man weiß, dass man über seine Subjektivität hinaus nicht wirklich zur Objektivität kommen kann, dann sollte man meiner Meinung nach schon einsehen, dass das Absolute allein Gottes ist und wir uns diesem zwar annähern, es aber nicht erreichen, nicht ergreifen können. Schiller hat das in seinem Gedicht "Menschliches Wissen" mal so ausgedrückt:

    Weil du liesest in ihr, was du selber in sie geschrieben,

    Weil du in Gruppen fürs Aug ihre Erscheinungen reihst,

    Deine Schnüre gezogen auf ihrem unendlichen Felde,

    Wähnst du, es fasse dein Geist ahnend die große Natur.

    So beschreibt mit Figuren der Astronome den Himmel,

    Dass in dem ewigen Raum leichter sich finde der Blick,

    Knüpft entlegene Sonnen, durch Siriusfernen geschieden,

    Aneinander im Schwan und in den Hörnern des Stiers.

    Aber versteht er darum der Sphären mystische Tänze,

    Weil ihm das Sternengewölb sein Planiglobium zeigt?


    Der Sphären mystische Tänze laden uns alle zum großen Ball. Ich will mich gerne in meinen besten Anzug werfen und vergnügt das Tanzbein schwingen, aber wirklich verstehen kann ich niemals, was da mit mir geschieht, wenn ich mich im Kreise drehe. Ich will es aber dankbar annehmen, genießen und mir in Gemeinschaft mit anderen einen fröhlichen Tag machen. Und wenn ich dann irgendwann glücklich, aber müde und erschöpft einschlafen werde, werde ich vielleicht Teil dieser Sphären werden...

    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Und neugierig... Obwohl ich zunächst dachte, dass ich hier, also in dieses Forum, nicht so recht her passe, da ich ein sehr lebenspraktischer Typ bin, zu wenig Bibel belesen, zu wenig theologisch gebildet, lese ich hier inzwischen mit Interesse und Neugier und beteilige mich sogar gerne.
    Gnadenkinder ist, wie ich finde, ein ganz tolles Forum, mit sehr lebens- und nicht allein glaubensweisen Usern. Da sind ausgeprägte Bibelkenntnisse gar nicht so unbedingt nötig. Z.B. die Rabbinischen Weisheiten, die Alef häufig postet, sind voller Lebensweisheit und auch wenn sie irgendwo und irgendwie auch immer etwas mit der Bibel zu tun haben mögen, sind sie zuvorderst doch immer sehr lebenspraktisch. Also ich finde Du passt hier super rein und bleibst hoffentlich noch bisschen!

    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Das ist die Frage, ob Transzendenz und Spirtualität im Menschen angelegt ist oder ob es nicht angelernt wird.
    Das erinnert mich irgendwie an die Frage, ob die genetische Disposition, oder die Umweltfaktoren den größeren Einfluss auf die Entwicklung eines Menschen haben? Ich glaube beides kann sich nur Hand in Hand vollziehen und vielleicht mag mal mehr, mal weniger das eine oder das andere überwiegen, aber im Lebensvollzug halten sie eben Händchen.

    Ich kann mich noch recht gut daran erinnern, dass ich als kleines Kind plötzlich die Frage nicht mehr aus dem Kopf bekam, wie man sich eigentlich den Tod vorstellen soll. Ich habe dann verzweifelt versucht das Nichts zu denken und als mir das nicht wirklich gelang, habe ich mich damit getröstet, dass ich ja schon einmal nichts war, nämlich vor meiner Geburt. Und da ich mich nicht daran erinnern konnte, dass das Nichts etwas schlimmes gewesen sei, war ich schließlich beruhigt.

    Ich denke z.B. angesichts des Todes kommt der Mensch automatisch ins philosophieren und stellt Fragen über sich hinaus. Ob das nun aber konkret angeboren ist, oder sich erst im Laufe des Lebens entwickelt, spielt für mich insofern keine Rolle, da ja nun einmal das Leben angeboren ist... Wenn Du verstehst was ich meine ;-)

    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Eben. Sehe ich ähnlich. Mir ist dabei die Art und Weise des Aufwachsens sehr wichtig. Oft werden Absolutheitsansprüche und Gegnerschaft von klein auf gelehrt und gelernt. Daraus entstehen dann elitäre und absolutgesetzte Haltungen, welche die grundlegend übereinstimmenden Bedürfnisse leider oft vergessen lassen oder in den Hintergrund verdrängen.
    Es wird möglicherweise zu wenig reflektiert und kritisch hinterfragt, dabei wäre es so wertvoll, würden Erwachsene den Kindern das Reflektieren einfach praktisch vorleben. Da hätten alle was davon :-).
    Erwachsene, respektive Eltern stehen heutzutage unter einem ganz enormen Druck. An allen Fronten müssen sie ihren Mann, ihre Frau stehen. Sie sollen ein liebe- und verständnisvoller Partner sein, sich zurücknehmen und das Beste und Förderlichste für ihre Kinder tun und nicht selten müssen sie dann ja auch noch den immer härter werdenden Anforderungen ihres Berufes genügen. Als Teil einer Leistungsgesellschaft definieren sie sich dann häufig auch über die Leistung, die sie erbringen (das kann allerdings völlig unterschiedlich bewertet werden) und nicht selten werden dann schon die Kinder in diesen Leistungswahn mit hinein gezogen.

    Ich halte das für eine sehr besorgniserregende Entwicklung, weil ich glaube, dass sich das Wesen des Menschen in der Leistungserbringung nur erschöpft und sich letztlich aber nur im Sein vollenden lässt. Natürlich muss Leistung erbracht werden und man darf auch mit Recht Stolz auf seine Leistungen sein, aber immer "höher, weiter, schneller" kennt ja keine Grenzen, bis es an die natürliche Grenze der Leistungsfähigkeit geführt wird. Und das geschieht früher oder später, immer und ausnahmslos. Ich persönlich halte es deshalb auch für ganz ganz wichtig, dass man seinen Kindern ihr Reflexionsvermögen deutlich macht und auch den Wert der Empathie betont. Es ist eine so wertvolle Gabe, dass wir aus den unterschiedlichsten Perspektiven heraus auf eine Sache schauen können und eindenkend und einfühlend auch Abstand von unserer eigentlichen Position nehmen können. Und vielleicht finden sie dann auch irgendwann einmal selbst heraus, dass Leistungserbringung nur ein Teil des Lebens ist, aber nicht das Leben selbst...

    LG
    Provisorium
    Geändert von Provisorium (14.03.2013 um 17:38 Uhr)
    Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)

  4. #154
    Effi Gast

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    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen

    Ich denke wenn wir zuvorderst moralische Wesen sein sollten, dann benötigten wir eigentlich gar nicht so unbedingt einen Glauben. Ich kenne viele hochanständige Atheisten, die ein großes Engagement für den Nächsten zeigen, obwohl sie sich nicht für Spiritualität interessieren. Ich persönlich möchte auf meinem spirituellen Weg aber zuvorderst in Kontakt mit meinem Urgrund (also mit Gott) kommen und daraus erwächst dann natürlich auch meine Moralität.
    Ich habe darüber nachgedacht ;-)...

    Finde es schwer, in Worte zu fassen, was mir dazu durch den Kopf geht.
    Wertevorstellungen sind kulturabhängig, ebenso wie Religion auch. In unterschiedlichen Kulturen entwickeln sich auf dieselbigen abgestimmte und durch sie selbst entwickelte Werte. Religion und Gaube kann, aber muss dabei keine Rolle spielen.
    Natürlich haben auch Nichtgläubige Menschen Wertevorstellungen, die einen humanen und wertschätzenden Umgang miteinander ermöglichen und prägen.

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Die Frage ist doch, ob wir tatsächlich Geschöpfe eines Gottes sind, oder eher ein rein zufälliges Produkt aus Sternenstaub. Die Antwort auf diese Frage liegt deshalb für mich weniger in Büchern verborgen, als in meinem Wesen. Bin ich wesenhaft ein Sohn, ein Kind Gottes, dann müsste ich doch mit meinem Vater verbunden sein und ein spiritueller Weg, ist ein Weg dies herauszufinden und sich dessen bewusst zu werden.
    Hm, "rein zufälliges Produkt aus Sternenstaub" hört sich irgendwie etwas minderwertig an. Ich finde vieles an dieser Erde bewundernswert und ich staune gerne, unabhängig davon woher es kam oder wie es anfing. Ich wertschätze und bewundere diese belebte Erde mit ihren Lebewesen und all dem Wundervollem, das mich staunen lässt, zunächst unabhängig ihres ungeklärten Ursprungs.
    Ich habe nicht gelernt durch oder mit Glauben wertzuschätzen. Vereinfacht ausgedrückt: Die Welt war schlecht und wir warteten auf den Himmel, bereiteten uns dafür vor.
    Glaube wurde daher für mich keine Grundhaltung, eher etwas Zusätzliches, Begleitendes.
    Aufgrund des Hinterfragens meiner Erfahrungen fand ich zu mir bedeutsamen Werten. Unterstützt durch wertvolle Menschen, die ich nicht nur dafür für immer lieben werde :-).

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Das steht Dir natürlich völlig frei. Aber egal ob wir als Teil eines Menschentums, oder (wie auch immer gearteten) Christentums unser Dasein fristen, Träume brauchen wir glaube ich alle. Schließlich muss man das Leben ja irgendwie meistern und unseren schönen Planeten lebenswert und hoffentlich friedlich gestalten.
    Stimmt. Menschentum ist nur (m)ein religionsübergreifender Begriff. Mein "Traum", es möge ein "Menschentum" geben, in welchem Menschen mit ihren eigenen persönlichen religiösen Vorstellungen miteinander klarkämen, gefällt mir deshalb, weil ich mir damit ein friedlicheres Mit-oder Nebeneinander erhoffte, bei dem Unterschiede keine bösen Konflikte begünstigten, sondern zu durch Neugier angestoßen interessanten Auseinandersetzungen führte.
    Geändert von Effi (15.03.2013 um 18:56 Uhr)

  5. #155
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    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Wertevorstellungen sind kulturabhängig, ebenso wie Religion auch. In unterschiedlichen Kulturen entwickeln sich auf dieselbigen abgestimmte und durch sie selbst entwickelte Werte. Religion und Gaube kann, aber muss dabei keine Rolle spielen.
    Wir sind ja alle Kinder einer Entwicklung, die sich schon seit mehreren tausend Jahren vollzieht. Kulturen und die ihnen inhärenten Wertvorstellungen sind ja bereits entstanden und wir "Heutigen" müssen auf deren Grundlage "arbeiten". Die Aufklärung in Europa, oder der gesamten so genannten westlichen Welt, haben ja nun schon länger den wichtigen Schritt getan, Staat und Kirche zu trennen. Der Laizismus hat sich ja auf relativ breiter Front durchgesetzt und ich persönlich begrüße das. Gleichzeitig gibt es aber innerhalb des staatlichen Gefüges immer auch gläubige Menschen und diese tragen die ihnen eigenen Werte in die Gesellschaft hinein und nehmen auf diese Weise Einfluss. Solange sie dies verfassungsgemäß und auf rechtsstaatlicher Grundlage tun, ist das auch kein Problem und sogar eher bereichernd. Deshalb ist die Frage nach der Entwicklung des Christentums auch eine wichtige Frage, finde ich.

    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Natürlich haben auch Nichtgläubige Menschen Wertevorstellungen, die einen humanen und wertschätzenden Umgang miteinander ermöglichen und prägen.
    Absolut! Ich halte Nichtgläubige weder für schlechtere Menschen, noch für unmoralischer. Sie sind mit der gleichen Welt konfrontiert und müssen und dürfen ihre eigenen Antworten auf die Fragen des Lebens finden. Für mich ist Glaube immer eine Art Einladung, die man aber nicht annehmen muss. Lehnt man sie lieber ab, oder schenkt man ihr eventuell auch keinerlei Beachtung, muss man deshalb kein böser Mensch, oder sowas sein. In meiner Vorstellung kommt man deshalb auch nicht in eine Hölle, oder ewige Verdammnis. Im Gegenteil halte ich es für unsinnig Menschen einen Glauben überstülpen zu wollen, mit dem sie sich gar nicht wesenhaft identifizieren können. Zwangschristianisierung und -taufe gibt es heutzutage ja zum Glück nicht mehr, aber hier und da sieht man schon noch den Versuch, den Menschen Angst vor einer Hölle zu machen, um auf diese Weise den Menschen für den Glauben zu gewinnen. Das halte ich für keine gute Idee.

    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Hm, "rein zufälliges Produkt aus Sternenstaub" hört sich irgendwie etwas minderwertig an.
    Das ist aber nicht so gemeint, deshalb habe ich auch bewusst nicht "nur" geschrieben. Aber viele Menschen stellen sich die Frage, woher sie eigentlich kommen und wenn ein Schöpfergott wegfällt und man sich naturwissenschaftlich dieser Frage nähert, dann sind wir tatsächlich ein Produkt des Zufalls, entstanden durch explodierte Sonnen und insofern Sternenstaub. Das hat nichts Wertendes von meiner Seite!

    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Ich finde vieles an dieser Erde bewundernswert und ich staune gerne, unabhängig davon woher es kam oder wie es anfing. Ich wertschätze und bewundere diese belebte Erde mit ihren Lebewesen und all dem Wundervollem, das mich staunen lässt, zunächst unabhängig ihres ungeklärten Ursprungs.
    Ich habe nicht gelernt durch oder mit Glauben wertzuschätzen. Vereinfacht ausgedrückt: Die Welt war schlecht und wir warteten auf den Himmel, bereiteten uns dafür vor.
    Wenn man die Frage der Entstehung dieser Welt einmal außen vor lässt und sich bewusst dem Moment zuwendet, dann gibt es da natürlich auch ganz viel Faszinierendes und Erstaunliches zu entdecken, da gebe ich Dir völlig Recht.

    Wertschätzung für diesen Planeten muss deshalb natürlich auch nicht aus dem Glauben entspringen und Verbundenheit mit Mutter Natur kann man auch ohne Religiösität empfinden. Gleichzeitig glaube ich aber auch, dass sich hier schon das zarte Pflänzchen der menschlichen Spiritualität nach der Sonne reckt, das seinen ersten Ausdruck eigentlich immer im Gefühl einer tieferen Verbundenheit, eines Eingebundenseins in etwas, das mich und mein individuelles Sein übersteigt, findet.

    Auch die Liebe zwischen zwei Menschen ist meiner Meinung nach mehr, als das materielle/physische Zusammentreffen zweier zugeneigter Wesen. Über die darin empfundene Emotionalität hinaus, wird der geliebte Partner zu einem wesentlichen Bestandteil meines Lebens und meines Menschseins. Eben ein tieferes Eingebundensein, das den anderen in sich trägt, selbst wenn man sich physisch an völlig unterschiedlichen Orten befinden sollte.

    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Glaube wurde daher für mich keine Grundhaltung, eher etwas Zusätzliches, Begleitendes.
    Das erlebe ich persönlich anders. Ich würde meinen Glauben zwar auch nicht als Grundhaltung bezeichnen, aber mein Wesen ist derart von ihm durchdrungen, dass ich ihn nicht als etwas Zusätzliches oder Begleitendes empfinde. Allerdings ist mein persönlicher Glaubensweg ja weniger von einer bestimmten Moral geprägt, als von geistiger Armut, also dem spirituellen Weg des Ledigwerdens. Das heißt, dass ich (nicht nur) im Gebet übe zu lassen (von allem Kreatürlichen und Geschaffenen) und auf diese Weise eben auch von meinem Glauben, soweit er in Bildern Teil meiner Vorstellungswelt ist.

    Aber ich denke auch, dass man wohl kaum auf dieser Erde auch nur zwei Menschen finden wird, die ihren Glauben tatsächlich auf dieselbe Weise erleben und beschreiben würden, was den Austausch in Glaubensfragen aber meiner Meinung nach bereichern sollte und könnte. Leider führen aber gerade diese Unterschiede und das unterschiedliche Erleben auch immer wieder zu Streit, weil es so eine seltsame Überzeugung gibt, als müsste jeder den Glauben auf gleiche Art praktizieren und erleben, da es sonst nicht der richtige Glauben sein könnte.

    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Aufgrund des Hinterfragens meiner Erfahrungen fand ich zu mir bedeutsamen Werten. Unterstützt durch wertvolle Menschen, die ich nicht nur dafür für immer lieben werde :-).
    Das ist schön!

    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Mein "Traum", es möge ein "Menschentum" geben, in welchem Menschen mit ihren eigenen persönlichen religiösen Vorstellungen miteinander klarkämen, gefällt mir deshalb, weil ich mir damit ein friedlicheres Mit-oder Nebeneinander erhoffte, bei dem Unterschiede keine bösen Konflikte begünstigten, sondern zu durch Neugier angestoßen interessanten Auseinandersetzungen führte.
    Deinen "Traum" kann ich verstehen. Aber die Gräben zwischen den einzelnen Religionen sind leider sehr groß. Wenn ich z.B. an die so genannten abrahamitischen Religionen denke, dann sind diese Gläubigen alle geeint im Glauben an den Gott Abrahams, aber gleichzeitig sind die Unterschiede trotzdem gigantisch und nicht selten spricht man sich gegenseitig den rechten Glauben ab. Monotheismus allein schafft wohl leider noch keinen Frieden.

    LG
    Provisorium
    Geändert von Provisorium (15.03.2013 um 23:45 Uhr)
    Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)

  6. #156
    Effi Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Wir sind ja alle Kinder einer Entwicklung, die sich schon seit mehreren tausend Jahren vollzieht. Kulturen und die ihnen inhärenten Wertvorstellungen sind ja bereits entstanden und wir "Heutigen" müssen auf deren Grundlage "arbeiten". Die Aufklärung in Europa, oder der gesamten so genannten westlichen Welt, haben ja nun schon länger den wichtigen Schritt getan, Staat und Kirche zu trennen. Der Laizismus hat sich ja auf relativ breiter Front durchgesetzt und ich persönlich begrüße das.
    Wertevorstellungen können sich gleichermaßen wie kulturelle Bedingungen weiterentwickeln. Kultur umfasst Lebensweisen und Zivilisationsentwicklungen. Es geht dabei um nichts Starres, eher um Prozesse, finde ich. Unser "arbeiten" auf vorigen Grundlagen bewirkt Entwicklung, kann Weiterentwicklung bewirken.
    Das Durchsetzen des Laizismus begrüße ich ebenso, auf jeden Fall. Damit ist Religionsfreiheit gewährleistet.

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Gleichzeitig gibt es aber innerhalb des staatlichen Gefüges immer auch gläubige Menschen und diese tragen die ihnen eigenen Werte in die Gesellschaft hinein und nehmen auf diese Weise Einfluss. Solange sie dies verfassungsgemäß und auf rechtsstaatlicher Grundlage tun, ist das auch kein Problem und sogar eher bereichernd. Deshalb ist die Frage nach der Entwicklung des Christentums auch eine wichtige Frage, finde ich.
    Mir ist der Blick, die Auseinandersetzung mit den konkreten Werten wichtig. Wichtiger als die Zuordnung einer Glaubensrichtung, wie z.B. dem Christentum. Bedeutsame Werte werden durch eine Zuordnung m.M.n. nicht bedeutsamer.

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    ...aber hier und da sieht man schon noch den Versuch, den Menschen Angst vor einer Hölle zu machen, um auf diese Weise den Menschen für den Glauben zu gewinnen. Das halte ich für keine gute Idee.
    Nein, niemals... ist in der Tat keine gute Idee. Angst als Glaubensmotivation nimmt freudvolle Möglichkeiten ...

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Das ist aber nicht so gemeint, deshalb habe ich auch bewusst nicht "nur" geschrieben. Aber viele Menschen stellen sich die Frage, woher sie eigentlich kommen und wenn ein Schöpfergott wegfällt und man sich naturwissenschaftlich dieser Frage nähert, dann sind wir tatsächlich ein Produkt des Zufalls, entstanden durch explodierte Sonnen und insofern Sternenstaub. Das hat nichts Wertendes von meiner Seite!
    Ok.
    Mir liegt bescheidene Dankbarkeit und ich muss keine ganz besondere Herkunft haben. Ich freute mich auch darüber, ein Produkt des Zufalls zu sein. Ein wundersamer Zufall ist es allemal, mir aber nicht zu wenig, wäre es Sternenstaub gewesen ;-). Ähm, woher kam denn dann der Sternenstaub? ;-))


    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Wertschätzung für diesen Planeten muss deshalb natürlich auch nicht aus dem Glauben entspringen und Verbundenheit mit Mutter Natur kann man auch ohne Religiösität empfinden. Gleichzeitig glaube ich aber auch, dass sich hier schon das zarte Pflänzchen der menschlichen Spiritualität nach der Sonne reckt, das seinen ersten Ausdruck eigentlich immer im Gefühl einer tieferen Verbundenheit, eines Eingebundenseins in etwas, das mich und mein individuelles Sein übersteigt, findet.
    Es muss mein Sein nicht übersteigen, es fasziniert mich, lässt mich staunen und mich wohlfühlen.

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Auch die Liebe zwischen zwei Menschen ist meiner Meinung nach mehr, als das materielle/physische Zusammentreffen zweier zugeneigter Wesen. Über die darin empfundene Emotionalität hinaus, wird der geliebte Partner zu einem wesentlichen Bestandteil meines Lebens und meines Menschseins. Eben ein tieferes Eingebundensein, das den anderen in sich trägt, selbst wenn man sich physisch an völlig unterschiedlichen Orten befinden sollte.
    Schön beschrieben. Ich würde schreiben, durch die emotionale Verbundenheit...

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Allerdings ist mein persönlicher Glaubensweg ja weniger von einer bestimmten Moral geprägt, als von geistiger Armut, also dem spirituellen Weg des Ledigwerdens. Das heißt, dass ich (nicht nur) im Gebet übe zu lassen (von allem Kreatürlichen und Geschaffenen) und auf diese Weise eben auch von meinem Glauben, soweit er in Bildern Teil meiner Vorstellungswelt ist.
    Von geistiger Armut?

    LG,
    Effi

  7. #157
    Registriert seit
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    1.523

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    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Wertevorstellungen können sich gleichermaßen wie kulturelle Bedingungen weiterentwickeln. Kultur umfasst Lebensweisen und Zivilisationsentwicklungen. Es geht dabei um nichts Starres, eher um Prozesse, finde ich. Unser "arbeiten" auf vorigen Grundlagen bewirkt Entwicklung, kann Weiterentwicklung bewirken.
    Das Durchsetzen des Laizismus begrüße ich ebenso, auf jeden Fall. Damit ist Religionsfreiheit gewährleistet.
    Was die prozesshafte Veränderung von Wertevorstellungen und kulturellen Bedingungen betrifft, sind wir uns einig, aber ich fürchte, dass dabei nicht ausschließlich nur Weiterentwicklung bewirkt wird. Eine Gesellschaft kann auch auf der "Werteleiter" einige Sprossen nach unten steigen - gerade wir Deutschen sollten das nicht vergessen.

    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Mir ist der Blick, die Auseinandersetzung mit den konkreten Werten wichtig. Wichtiger als die Zuordnung einer Glaubensrichtung, wie z.B. dem Christentum. Bedeutsame Werte werden durch eine Zuordnung m.M.n. nicht bedeutsamer.
    Das sehe ich auch so, dass Werte durch Zuordnung nicht bedeutsamer werden. Werte entstehen ja nicht automatisch da, wo eine Gemeinschaft zusammen kommt und sich auf diese Werte beruft, Werte müssen im Alltag gelebt werden.

    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Mir liegt bescheidene Dankbarkeit und ich muss keine ganz besondere Herkunft haben. Ich freute mich auch darüber, ein Produkt des Zufalls zu sein. Ein wundersamer Zufall ist es allemal, mir aber nicht zu wenig, wäre es Sternenstaub gewesen ;-). Ähm, woher kam denn dann der Sternenstaub? ;-))
    Sonnen fusionieren den lieben langen Tag nichts anderes als Wasserstoff zu Helium. Das geht so einige Milliarden Jahren lang und irgendwann werden dann auch andere Elemente fusioniert, bis zum Schluss nur noch Eisen übrig bleibt. Das heißt der Kern der Sonne besteht dann fast völlig aus Eisen, ist unglaublich sauschwer und kann nach außen keinen Druck mehr abgeben, der der Gravitation entgegenwirken könnte. Ein Neutronenstern ist entstanden. Schlussendlich fliegt der arme Stern aufgrund der Gravitationskräfte mit einem derartigen Bums auseinander, dass man sich da besser mal nicht in der Nähe aufhalten sollte. Aber das ausgesprochen Nützliche an der Geschichte ist, dass durch das umherfliegende Material Planeten entstehen und mit bisschen Glück dann irgendwann auch Leben auf dem Planeten. Und insofern sind wir alle Sternenstaub (die Astrophysiker unter uns mögen dem Provisorium diese stark vereinfachte Darstellung verzeihen. Provisorien halt...).

    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Es muss mein Sein nicht übersteigen, es fasziniert mich, lässt mich staunen und mich wohlfühlen.
    Vielleicht ist das Auslegungssache, aber ich fürchte das Du Dich nur deshalb fasziniert, staunend wohlfühlen kannst, weil es Dein Sein Übersteigendes gibt. Du bist ja eingebunden in mannigfaches Sein und Dein Sein hängt von so unglaublich vielen anderen Seins ab, die für Dich auch existentiell wichtig sind, dass Du isoliert von anderem, Dich übersteigendem Sein nur schwerlich sein könntest. Der Mensch kann immer nur eingebunden in anderes Sein existieren und das vollkommen abhängig. Er kann es nur sehr unzureichend und ausgesprochen kurzfristig auf sein eigenes Sein reduziert aushalten. Allein das Sein des Sauerstoffes würdest Du sehr schnell vermissen. Und der Sauerstoff z.B. übersteigt Dein Sein, weil Du nicht ohne ihn, er aber ohne Dich sein kann. Der Mensch mag sich ja frei wähnen, aber er ist es ganz und gar nicht. Weder auf materieller Ebene noch auf geistiger. Wir profitieren alle auch von den geistigen Errungenschaften vorangegangener Generationen. Müsstest Du alles was Du weißt selbst entdecken, ohne das es zuvor schon jemand entdeckt und an Dich weitergegeben hätte, dann würde Dein Leben aber ganz anders aussehen. Also nur im Eingebundensein in etwas, was unser eigenes Sein übersteigt, können wir unser Sein überhaupt zur Blüte bringen.

    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Schön beschrieben. Ich würde schreiben, durch die emotionale Verbundenheit...
    Also ich habe das schon anders erlebt. Denn selbst als die emotionale Verbundenheit erschöpft darniederlag und nicht wiederbelebt werden konnte, blieb die grundsätzliche Verbundenheit mit dem ehemals auch emotional verbundenen Menschen, trotzdem bestehen. Über die Emotionalität hinaus kann ein Mensch zu einem wesenhaften Teil Deines Menschseins werden. Z.B. hatte ich mal eine Patientin, die fuhr mit ihrem Rollstuhl, wie auf einer Bühne, immer hin und her über den Wohnbereich und sagte dabei: "Auch dieses wird vorübergehen..." Das ist mittlerweile zu einem Teil meines Wesens geworden und ich sage das auch immer wieder in problembeladenen Situationen.

    Auch hier nehme ich ein Eingebundensein wahr, dass die pure Emotionalität übersteigt, weil das menschliche Lernen und Aneignen nicht allein über emotionale Prozesse verläuft. Lesen und schreiben lernen ist z.B. auch kein wirklich emotionaler Prozess und wird dann trotzdem zu einem wesentlichen Bestandteil Deines Seins. Du musst Dich nicht einmal mehr anstrengen, um diesen Text hier z.B. lesen zu können, Du kannst es einfach, weil lesen können zu Deinem Wesen gehört. Und ich denke so haben wir noch allerlei andere Dinge wesenhaft in uns präsent, ohne damit zuvorderst emotional verbunden sein zu müssen.

    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Von geistiger Armut?
    Das geht zurück auf das Jesuswort "Selig sind sie geistig Armen". Damit ist ein spiritueller Weg des "nichts wollen", "nichts wissen" und "nichts haben" gemeint. Also ein Weg radikaler Negation um das Reich des Gegensätzlichen (zumindest geistig) zu verlassen. In der Praxis geschieht dies einmal im Gebet (ich übe eine bestimmte Gebetspraxis - das Ruhegebet) und im normalen Lebensvollzug geht es darum, das Leben als Selbstzweck anzunehmen, also nicht im Außen nach einem Sinn zu suchen, oder nach etwas Dazukommenden zu streben, sondern ohne warum das Leben sein zu lassen, zuzulassen und letztlich davon loszulassen.

    Das hört sich vielleicht komplizierter an als es ist, aber eigentlich ist es das Allereinfachste was es gibt, weil es von Dir keinerlei Leistung verlangt. Du darfst einfach sein. Natürlich muss ich aber trotzdem in meinem Leben auch noch Ziele verfolgen und Anforderungen erfüllen, aber das darf ich befreit von der Annahme tun, dass sich dadurch mein Selbst verwirklichen ließe. Mein Selbst liegt unberührt von allem Geschaffenen und Kreatürlichen im Innersten meiner Seele verborgen und ich komme ihm nicht dadurch näher, dass ich zusätzliches Geschaffene und Kreatürliche ansammle.

    Meister Eckhart hat darüber mal eine Predigt verfasst. Die kannst Du mit Auslegung unter folgendem Link einsehen: http://www.meister-eckhart-gesellschaft.de/texte.htm. Vielleicht kann man mich dann besser verstehen?

    LG
    Provisorium
    Geändert von Provisorium (18.03.2013 um 10:14 Uhr)
    Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)

  8. #158
    Effi Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Was die prozesshafte Veränderung von Wertevorstellungen und kulturellen Bedingungen betrifft, sind wir uns einig, aber ich fürchte, dass dabei nicht ausschließlich nur Weiterentwicklung bewirkt wird. Eine Gesellschaft kann auch auf der "Werteleiter" einige Sprossen nach unten steigen - gerade wir Deutschen sollten das nicht vergessen.
    Es *kann* Weiterentwicklung geschehen...
    Ja, es gibt auch Werteverlust oder eben negative Veränderungen... da ist Aufmerksamkeit und Achtsamkeit gefragt.

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Sonnen fusionieren den lieben langen Tag nichts anderes als Wasserstoff zu Helium. Das geht so einige Milliarden Jahren lang und irgendwann werden dann auch andere Elemente fusioniert, bis zum Schluss nur noch Eisen übrig bleibt. Das heißt der Kern der Sonne besteht dann fast völlig aus Eisen, ist unglaublich sauschwer und kann nach außen keinen Druck mehr abgeben, der der Gravitation entgegenwirken könnte. Ein Neutronenstern ist entstanden. Schlussendlich fliegt der arme Stern aufgrund der Gravitationskräfte mit einem derartigen Bums auseinander, dass man sich da besser mal nicht in der Nähe aufhalten sollte. Aber das ausgesprochen Nützliche an der Geschichte ist, dass durch das umherfliegende Material Planeten entstehen und mit bisschen Glück dann irgendwann auch Leben auf dem Planeten. Und insofern sind wir alle Sternenstaub (die Astrophysiker unter uns mögen dem Provisorium diese stark vereinfachte Darstellung verzeihen. Provisorien halt...).
    Herrlich und gut verständlich vereinfacht beschrieben.
    Es muss auch Provisorien geben und vereinfachte Darstellungen, schließlich möchte auch ich was verstehen können ;-))

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Vielleicht ist das Auslegungssache, aber ich fürchte das Du Dich nur deshalb fasziniert, staunend wohlfühlen kannst, weil es Dein Sein Übersteigendes gibt. ...
    Allein das Sein des Sauerstoffes würdest Du sehr schnell vermissen. Und der Sauerstoff z.B. übersteigt Dein Sein, weil Du nicht ohne ihn, er aber ohne Dich sein kann.
    Ok, jetzt verstehe ich dich. Ja, klar, in diesem Sinne stimme ich dir zu.
    Hatte das "Sein Übersteigende" nicht so recht verstanden.

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Der Mensch mag sich ja frei wähnen, aber er ist es ganz und gar nicht. Weder auf materieller Ebene noch auf geistiger. Wir profitieren alle auch von den geistigen Errungenschaften vorangegangener Generationen. Müsstest Du alles was Du weißt selbst entdecken, ohne das es zuvor schon jemand entdeckt und an Dich weitergegeben hätte, dann würde Dein Leben aber ganz anders aussehen. Also nur im Eingebundensein in etwas, was unser eigenes Sein übersteigt, können wir unser Sein überhaupt zur Blüte bringen.
    Absolut, vollumfassende Zustimmung.

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Also ich habe das schon anders erlebt. Denn selbst als die emotionale Verbundenheit erschöpft darniederlag und nicht wiederbelebt werden konnte, blieb die grundsätzliche Verbundenheit mit dem ehemals auch emotional verbundenen Menschen, trotzdem bestehen. Über die Emotionalität hinaus kann ein Mensch zu einem wesenhaften Teil Deines Menschseins werden. Z.B. hatte ich mal eine Patientin, die fuhr mit ihrem Rollstuhl, wie auf einer Bühne, immer hin und her über den Wohnbereich und sagte dabei: "Auch dieses wird vorübergehen..." Das ist mittlerweile zu einem Teil meines Wesens geworden und ich sage das auch immer wieder in problembeladenen Situationen.
    Ok, es steckt mehr Praxis in deinen Aussagen als sie zunächst vermuten ließen. Danke für deine Beispiele.


    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Auch hier nehme ich ein Eingebundensein wahr, dass die pure Emotionalität übersteigt, weil das menschliche Lernen und Aneignen nicht allein über emotionale Prozesse verläuft.
    Nein, natürlich nicht. Emotionale Intelligenz macht nur einen Teil der Lernprozesse aus.

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Meister Eckhart hat darüber mal eine Predigt verfasst. Die kannst Du mit Auslegung unter folgendem Link einsehen: http://www.meister-eckhart-gesellschaft.de/texte.htm. Vielleicht kann man mich dann besser verstehen?
    Werde ich mir später gerne zu Gemüte führen. Danke :-),

    LG, Effi

  9. #159
    Registriert seit
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    1.523

    Standard

    Zitat Zitat von Effi Beitrag anzeigen
    Ok, es steckt mehr Praxis in deinen Aussagen als sie zunächst vermuten ließen. Danke für deine Beispiele.
    Ich glaube das ist das Problem mit dem was ich hier so von mir gebe. Es wirkt unglaublich theoretisch, abgehoben und nicht von dieser Welt. Aber das ist es eigentlich gar nicht so unbedingt. Ich versuche nur möglichst redlich die Konsequenzen aus unserer Art zu denken, denken zu müssen zu ziehen und frage mich dann im nächsten Schritt, was das mit mir, mit uns Menschen zu tun hat und was man für Schlüsse daraus ziehen kann.

    Mir persönlich liegt nun einmal die Vernunft sehr am Herzen und ich verzichte gerne auf die Annahme, dass sich in dieser Welt irgendwelche Dinge auf übernatürliche Weise vollziehen. Trotzdem glaube ich nicht daran, dass wir Menschen vermöge unserer Erkenntnis und der ihr vorgegebenen Strukturen den Grund allen Seins erkennen können und wir da an eine unüberwindbare Grenze stoßen.

    Das ist aber nicht weiter so das große Problem, weil wir uns innerhalb der uns vorgegebenen Strukturen ganz wunderbar miteinander auseinandersetzen können und es deshalb auch keinen Grund gibt, uns über das Unerkennbare zu streiten. Aber genau das tun die Menschen eben leider immer, wenn sie Gott, als den gänzlich Unerkennbaren, in irgendwelchen bestimmten Bildern fassen und diese am Ende sogar noch verbindlich zu machen versuchen.

    Und um einmal klar zu verdeutlichen, dass wir Menschen dazu nicht in der Lage sind und es deshalb auch lieber mal sein liessen, muss ich leider manchmal auch etwas theoretisch werden.

    LG
    Provisorium
    Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)

  10. #160
    Jamie Gast

    Standard

    Hm. Egal, ich welchen thread ich schaue - intellektuelle Diskussionen sind im Gange, aber ich kann an keiner Stelle (haltet es meinem simplen Gemüt und Hirn zugute) feststellen, dass es irgendwen irgendwie wirklich weiter gebracht hätte......

    Ok, ich mag mich in meiner beschränkten Intelligenz täuschen, aber dennoch spüre ich nur ein Sich-im-Kreise-drehen o.E.

    Das irgendwann kurz über lang dann in Anfeindungen mündet - WARUM? Wir haben EINEN Gott, und dieser Gott ist, wie die Bibel selbst sagt, "größer als all unsere Vernunft".

    Ich find grad keinen sinnvolĺen Schluß (man mag denken: Auch das Vorangegangene war/ist nicht eben sinnvoll; das sei euch unbenommen) und bleibe einfach so stehen.....


 

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