Schönen guten Morgen liebster Kasper,
zunächst möchte ich dir sehr gerne, angelehnt an deine Signatur, sagen, dass ich mich wirklich von Herzen freue, dass du uns hier zumindest gelegentlich besuchen kommst! Ich genieße deine Art zu schreiben und dich auszudrücken wirklich in vollen Zügen und freue mich, dich zumindest ab und zu, mal lesen zu dürfen!
Denn wann immer ich einen deiner Posts lese, egal ob hier, oder in dem anderen "Glaubensforum" (ich meine ich hätte dich schon mal bei Glaube.com gelesen), bin ich tief beeindruckt von der Liebe und der Weisheit, die immer wieder in deinen Worten mit zum Ausdruck kommt!
Aber bitte keine Sorge, das Provisorium ist kein Stalker, aber eben gelegentlich ein recht aufmerksamer Mitleser in den verschiedensten Foren mit Schwerpunkt Religion und Glaube. Na ja, und an deinem Schreibstil erkennt man dich halt sofort, denn der ist so edel und höflich und nur ganz gelegentlich vielleicht ein ganz klein bisschen zu ausladend. ;-)
Oder täusche ich mich etwa? Es wird doch nicht etwa 2 Kasper geben, oder? Wenn, dann doch höchstens noch 'ne Gretel und ein Krokodil...! :-)
Aber das alles nur nebenbei....Du hattest mich halt nur des öfteren schon schwer und ausgesprochen positiv beeindruckt und das wollte ich dir nur mal sagen!
Zitat von
Kasper
Darf ich fragen wie du den Aspekt der Evolution der Religion genau meinst?
Ja, darfst du! Mich darf man eigentlich alles fragen!
Zitat von
Kasper
Wenn ich dich richtig verstehe, dann denkst du weniger an eine Entwicklung innerhalb einer Religion für sich, sondern eher an eine Entwicklung hin von primitiven Formen der Religiosität hin zu "ausgereiften" Formen?
Na ja nicht ganz. Ich denke sowohl als auch. Und an "primitiv" habe ich dabei überhaupt nicht gedacht. Ich halte zum Beispiel Naturreligionen genauso wenig für primitiv, wie die erste Urzelle, die sich durch beständige Teilung in Jahrmillionen dann irgendwann (es war das Jahr 1975) zum Provisorium hin entwickelt hat.
Ich dachte dabei zunächst z.b. an den Gott der Bibel. Der hat doch wirklich eine beeindruckende Evolution durchgemacht, findest du nicht? Da wird uns zunächst von einem eifersüchtigen und Genozid befehlenden Gott berichtet, der seine Freude an Opfergaben und einmal sogar am Ersäufen des allergrößten Teils der Menschheit hatte.
Und später dann wird dieser Gott zum Gott der Gnade, Barmherzigkeit und völkerübergreifenden Liebe. Ich finde das ist schon eine ganz gewaltige Veränderung und Entwicklung (zumindest des Bildes, das sich der Mensch von diesem Gott im Laufe der Jahrhunderte gemacht hat).
Na ja und dann gab es sicher auch eine Entwicklung, ausgehend von der beseelten Natur, über die Verehrung ganzer Massen von Göttern und Halbgöttern, hin zum Monotheismus. Gerne hatte sich da auch eine religiöse Strömung den Bildern und Vorstellungen anderer Strömungen bedient. Was Erfolg versprechend war, nutze man.
Das Christentum ist z.b. eng verwandt mit dem Mithraskult und wenn wir an Weihnachten die armen Bäume in die überheizte Bude schleppen, dann folgen wir damit doch eigentlich einem heidnischen Brauch. Insgesamt kommt es in religiösen Systemen deshalb zumindest zu Synthesen und wenn die erfolgreich sind und zu einem festen Bestandteil der menschlichen Kultur werden, halte ich das persönlich schon für einen evolutionären Schritt.
Das kann für gewisse Gruppen auch von großem Vorteil sein. Als das Christentum in Rom zur Staatsreligion wurde, war es recht bald vorbei mit den grausamen Gladiatorenkämpfen und einzig der Chef des Circus Maximus fand das gar nicht gut. :-)
Wenn ich aber z.B. daran denke, was die christlichen Missionare im neu entdeckten Amerika so alles anrichteten und wie sie die religiöse Identität der Ureinwohner zerstörten, wird mir traurigsten Herzens sofort bewusst, dass das angeblich so fortschrittliche Christentum, (nicht nur) evolutionär, dem angeblich so primitiven und stark mit der Natur verbundenen Glauben der stolzen Stämme, nicht das Wasser reichen konnte (aber vielleicht handelte es sich dabei ja auch nur um Missverständnisse...).
Andererseits sehe ich es evolutionär schon als Fortschritt, wenn in einem Glaubenssystem die Götter, oder der Gott nicht länger Menschenblut fordert. Dabei denke ich z.B. an die Maya (oder waren es die Azteken???), die ihren Opfern bei lebendigen Leibe das Herz aus der Brust heraus schnitten.
Also insgesamt ist für mich persönlich bzgl. religiöser Systeme immer dann ein positiver Evolutionsschritt getan, wenn es zur Entmythologisierung kommt, wenn sich äußere Rituale mäßigen, also weniger grausam werden und sich der Glaube, bzw. die Religion dem Verstand und der Vernunft öffnen, also ein Weg nach innen angestrebt wird.
Aber ich möchte bitte nicht so verstanden werden, dass nur eine "evolutionär hochentwickelte Religion" wertvoll ist. Ich halte werde Naturreligionen für primitiv, noch Scientology, oder diese neuste Religion mit dem angebissenen Apfel, für Fortschrittlich.
Ich selbst hänge ja antiken (dem Neulatonismus nach Plotin) und mittelalterlichen Vorstellungen (Meister Eckhart, die christliche Mystik und Kontemplation) an und das sind rein evolutionär betrachtet "Systeme" in denen man die Erde für rund 6000Jahre alt hielt. Also auch nicht wirklich fortschrittlich! :-)
Ich denke Religion verändert sich auch immer ein bisschen mit dem jeweiligen Zeitgeist. Alles, was die Menschen über die Welt und den Kosmos zu wissen glauben, nimmt auch Einfluss auf den jeweiligen Glauben. Eine Wissenschaftliche Entdeckung, wie z.B. die, dass die Erde gar nicht Mittelpunkt des Universums ist und auch tatsächlich schon älter als 6000Jahre, hat auch immer Einfluss auf den Glauben der Menschen.
Heute, in einer aufgeklärten und stark technisierten Welt, fällt es deshalb vielen Menschen zunehmend schwer, überhaupt zu glauben. Ich denke der Atheismus wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten in vielen Teilen der Welt immer größeren Einfluss gewinnen. Oder man besinnt sich tatsächlich wieder zunehmend den "romantischen Glaubensformen" und es ergeht der Ruf Jean Jacques Rousseaus: "Zurück zur Natur"...
Zitat von
Kasper
Und wüst du in heutiger Zeit noch zu beobachtend z.B. polytheistische oder animistische Glaubenssysteme als in ihrer Natur "primitiver" bezeichnen?
Niemals! Das, was auf uns eventuell primitiv wirkt, ist häufig nur eine ganz besonders redliche Form der Konzentration auf das Wesentliche. Für mich kommt es vor allem auf die Herzenshaltung an. Und das Herz wird meiner Erfahrung nach freier und leichter, je einfacher (also quasi primitiver) das Objekt ihrer Betrachtung ist...
In diesem Zusammenhang habe ich vor kurzem zum Beispiel erfahren, dass immer Menschen dem "Neuheidentum" oder der Wicca ihr Interesse schenken. Die Welt ist bunt...Schön!
Ach ja, und abschließend möchte ich gerne noch erwähnen, dass ich denke, dass auch in jedem einzelnen Gläubigen eine Art Evolution abläuft. Häufig kommt man von einer Art Kinderglauben, in der Gott im Himmel sitzt und über uns Buch führt. Und dann entwickelt sich dieser Glauben. Er ist quasi in einen evolutionären Prozess eingebunden.
LG
Provisorium
Hier noch ein Video zum Thema: http://www.tape.tv/pearl-jam/videos/do-the-evolution
Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)
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