Hallo ed und herzlich Willkommen bei den Gnadenkinden. Ich wünsche dir hier eine schöne Zeit!
Zitat von
ed
Warum schreibt er dann?: "Denn das ganze Gesetz ist in einem Wort erfüllt, in dem: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." (Gal. 5:14)
Weil er in der Galaterstelle aus einer anderen Perspektive heraus auf das Gesetz blickt, als in den Stellen, die ich in meinem Eingangspost im Kopf hatte. Namentlich Römer 7, 6-10a:
Jetzt aber sind wir von dem Gesetz losgemacht, da wir dem gestorben sind, worin wir festgehalten wurden, so dass wir in dem Neuen des Geistes dienen und nicht in dem Alten des Buchstabens. Was sollen wir nun sagen? Ist das Gesetz Sünde? Auf keinen Fall! Aber die Sünde hätte ich nicht erkannt als nur durchs Gesetz. Denn auch von der Begierde hätte ich nichts gewusst, wenn nicht das Gesetz gesagt hätte: "Du sollst nicht begehren!" Die Sünde aber ergriff durch das Gebot die Gelegenheit und bewirkte jede Begierde in mir; denn ohne Gesetz ist die Sünde tot. Ich aber lebte einst ohne Gesetz; als aber das Gebot kam, lebte die Sünde auf; ich aber starb.
In beiden Fällen spricht Paulus von Gesetz, nur das er es in der Galaterstelle zuvorderst mit dem Liebesgebot in Verbindung bringt und in der beispielhaften Stelle aus Römer 7 dann z.B. mit Begierde, respektive dem Gebot nicht zu begehren.
Und genau auf diese unterschiedlichen Blickwinkel wollte ich mit meinem Post ja nur aufmerksam machen. Das Gesetz besteht nicht einfach nur aus"Begierde erweckenden" und "die Sünde in mir wachrufenden" Geboten, sondern man kann es auch unter dem Blickwinkel betrachten, dass es zusammenfassend dem Gebot entspricht, Gott und seinen Nächsten zu lieben.
Und vom Liebesgebot ist der Christ doch nie befreit worden, noch wünschte er, davon befreit zu sein. Folgen wir also diesem Liebesgebot und entspricht das Liebesgebot tatsächlich der Zusammenfassung des Gesetzes, respektive, wie Paulus sagt, wird in dem Liebesgebot das ganze Gesetz erfüllt, dann kann ich mich persönlich aus tiefstem Herzen mit dem Gesetz identifizieren!
Ich versuche nur weder durch Erfüllung des Liebesgebotes, noch durch sonst ein Werk vor Gott gerecht zu werden, sondern mein Glaube wird ganz einfach aus der Liebe zu Gott und den Menschen geboren! Und nur insofern werde ich durch Glauben gerecht, nämlich das aus meinem Glauben Liebe erwächst und ich im Glauben, in der Liebe wachse.
Bei Paulus entsteht nun aber hin und wieder der Eindruck (ge- und befördert durch die Theologie des Augustinus und Martin Luthers), dass der Glaube allein ausreicht, dass man also nur an Jesus glauben müsse und schon sei man vor Gott gerechtfertigt, was im Umkehrschluss dann natürlich bedeutet, dass der Gläubige, der nicht an Jesus glaubt, vor Gott nicht gerecht werden könnte. Diese Lehre begründet also den Absolutheitsanspruch des Christentums und den lehne ich persönlich vollständig ab!
In meiner persönlichen Vorstellung kommt zuerst das Liebesgebot, die Widerspiegelung der Liebe Gottes, mit der er uns zuerst geliebt hat (und zwar ganz egal, welchem speziellen Glauben ich mich ansonsten verbunden fühle). Und aus der Liebe zu Gott und den Menschen, erwachsen dann die Maßstäbe an denen ich mich und andere messe und gleichzeitig wird durch mein Tun und Lassen der Samen gesät, der dann irgendnwann zu irgendeiner Frucht und in der Folge zu einem bestimmten Lohn führen wird.
Damit verdient man sich jedoch nicht das Himmelreich, entwickelt aber einen wesenhaften Glauben. Und das Wesen des Menschen, ist in seinem ersten Grund göttlich, da wir alle im Bilde Gottes geschaffen sind. Es ist wie im Gleichnis "vom verlorenen Sohn":
Der Sohn zieht aus mit seinem Erbe, das ist die Gottesebendbildlichkeit. Aber durch allerlei Vergnügungen und Laster droht er diesem Bild verlustig zu gehen und sich in das Bild eines Schweins zu verwandeln. Doch dann wird dem Sohn wieder der Vater bewusst und er beschließt zu ihm umzukehren. Und der Vater steht wartend auf seinen Sohn an seinem Haus und empfängt ihn mit offenen Armen.
So ist es generell mit uns Menschen. Gott steht jederzeit bereit uns aufzunehmen, und in seine Arme zu nehmen, aber nicht immer ist unser Blick auf Gott gerichtet, nicht selten gehört unsere Aufmerksamkeit und unsre Leidenschaft ganz anderen Dingen. In diese Dinge drohen wir nun uns zu verwandeln, wenn wir uns wesenhaft mit ihnen identifizieren wollen. Alles, was der Mensch in die Tiefe seines Herzens aufnimmt, wird zu einem Teil seines Wesens (so glaube ich).
Und wie ich oben ja bereits meinte, führt das Befolgen des Liebesgebotes eben zu einem wesenhaften Glauben. Man nimmt quasi die Liebe in die Tiefe seines Wesens auf (obwohl das nicht ganz richtig ausgedrückt ist. Die Liebe war uns ist bereits ganz grundsätzlich wesenhafter "Bestandteil" des Menschen). Damit verdient man sich jedoch nicht das Himmelreich, aber der Vater steht trotzdem mit offenen Armen vor dem Haus, bereit uns aufzunehmen...
Oha, jetzt hab ich es gerade selbst gemerkt! Ich bin ja völlig ins Predigen gekommen! Bitte entschuldige! Ich wollte dich hier nicht anpredigen! Mir liegt das Thema nur seltsam stark am Herzen...!
Liebe ist für mich persönlich jedenfalls viel mehr als eine Emotion, ein "Zugeneigtsein", oder die Ausschüttung von Serotonin und Oxytocin in den synaptischen Spalt irgendwelcher Zellen, sie ist ganz wesentlicher Teil meiner (unserer) Seele und ich möchte mich ihr gerne mit all meinem Wesen zuwenden.
LG
Provisorium
Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)
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