Hallihallo ed,
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ed
So war es bis Jesus kam und uns die Denkweise Gottes kundgetan hat:
Also dieses Argument ist mir hier jetzt die letzte Zeit immer wieder mal begegnet. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann soll sich durch den Tod und die Auferstehung Jesu dahingehend etwas verändert haben, dass einzelne Verse aus der Zeit vor Jesu Tod und Auferstehung, nicht mehr so hundertprozentig gültig sind? Oder anders: sie sind in ihrer Aktualität überholt?
Entstünde durch diese Argumentation aber nicht das Problem, dass die Bibel nicht länger als widerspruchsfrei betrachtet werden kann? Denn wenn es im AT heißt, dass Gottes Gedanken, nicht die Gedanken des Menschen sind, dann scheint das laut deiner Argumentation ja nicht mehr so richtig zu stimmen, oder?
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ed
"Niemand hat Gott jemals gesehen; der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn kundgetan." (Joh. 1:18)
"Wir wissen aber, daß der Sohn Gottes gekommen ist und uns Verständnis gegeben hat, damit wir den Wahrhaftigen erkennen ..." (1Joh. 5:20)
"Dann öffnete er ihnen das Verständnis, damit sie die Schriften verständen." (Lk. 24:45)
"Denn wer hat des Herrn Sinn erkannt ...? Wir aber haben Christi Sinn." (1Kor. 2:16)
Ich habe mir die genannten Verse mal im Kontext angeschaut und in der Johannesstelle ist doch nur davon die Rede, dass Christus, oder besser, das Fleisch gewordene Wort Gottes (so wird Christus nämlich in Vers 14 bezeichnet) von Gott kündet, nicht aber, dass der Mensch nun Gottes Gedanken denken kann.
Zudem möchte ich bei dieser Stelle nochmal auf die Verständnisweise des Johannes bzgl. Christus aufmerksam machen. Er betrachtet Christus als das Wort, den Logos und da muss man meiner Meinung nach wieder bisschen "griechisch denken", denn der Logos ist eben sozusagen der platonische Ideenkosmos und der tut natürlich vom Vater kundt, denn er ist ja die Fülle des Seins und durch ihn und zu ihm hin ist alles geschaffen.
Wir Gläubigen haben zwar Anteil am Logos, aber wir sind es nicht in seiner Fülle und also bleiben unsere Gedanken unsere Gedanken.
Ähnlich verhält es sich mit der Stelle im 1. Johannesbrief. Da ist auch nicht davon die Rede, dass wir Menschen nun die Denkweise Gottes übernehmen könnten, sondern das uns Verständnis gegeben wurde um den Wahrhaftigen zu erkennen, nämlich Christus, der der Wahrhaftige ist.
Du hast den Vers nämlich bisschen abgekürzt, du Schlingel...:-) Komplett steht da:
Wir wissen aber, dass der Sohn Gottes gekommen ist und uns Verständnis gegeben hat, damit wir den Wahrhaftigen erkennen; und wir sind in dem Wahrhaftigen, in seinem Sohn Jesus Christus. Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben.
Der letzte Teil ist für das rechte Verständnis wirklich wichtig, denn worauf will Johannes denn eigentlich hinaus? Das verrät er im darauffolgenden Vers:
Kinder, hütet euch vor den Götzen!
Johannes geht es also offensichtlich darum, dass der Sohn Gottes gekommen ist, um uns Verständnis dafür zu geben, dass er der wahrhaftige Gott ist und weil wir in Christus sind, können wir auch erkennen, dass er der Wahrhaftige ist und müssen also nicht irgendwelchen Götzen hinterherlaufen. Dieses Verständnis haben wir also gewonnen! Quasi als Schutz vor Götzen! Aber deshalb können wir doch nicht die Gedanken Gottes denken.
Na ja und in der Lukasstelle eröffnet Jesus seinen Jüngern (nach der Auferstehung) lediglich das Verständnis dafür, weshalb alles so kommen musste, wie es gekommen ist und das sich das bereits bei Mose und den Propheten vorgezeichnet hatte. Die Jünger bekommen also Verständnis für Zusammenhänge innerhalb eines Teilbereiches der Schrift, aber die Gedanken Gottes können sie dadurch trotzdem nicht denken.
Bleibt noch Paulus und 1.Korinther 2,16. Da möchte ich auch mal kurz auf den Kontext aufmerksam machen. Paulus wendet sich in den Versen 1+2 an die Korinther und sagt:
Und ich, als ich zu euch kam, Brüder, kam nicht, um euch mit Vortrefflichkeit der Rede oder Weisheit das Geheimnis Gottes zu verkündigen. Denn ich nahm mir vor, nichts anderes unter euch zu wissen als nur Jesus Christus, und ihn als gekreuzigt.
Das Geheimnis, das Paulus also verkündigen möchte ist der Gekreuzigte und das, was damit verbunden ist, also quasi die paulinische Christologie. Und nachdem er dann in paulinischer Manier etwas kompliziert "herumschwurbelt", sagt er dann in den Versen 8-10 worauf er hinaus will:
Keiner von den Fürsten dieses Zeitalters hat sie erkannt - denn wenn sie sie erkannt hätten, so würden sie wohl den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt haben -, sondern wie geschrieben steht: "Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben." Uns aber hat Gott es offenbart durch den Geist, denn der Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes.
Es geht also darum, dass die Fürsten des Zeitalters (heute würde man wohl sagen der Klerus, die Politiker, das Establishment, die Eliten, oder sowas) die Bedeutung Jesu nicht richtig erkannt haben, sie haben nicht verstanden, dass er der Sohn Gottes ist und deshalb haben sie ihn dann schließlich auch kreuzigen lassen.
Die Gemeinde der Christen aber haben erkannt, so Paulus, dass Jesus der Christus ist, denn sie konnten dies erkennen, weil Gott es ihnen offenbart hat. Also auch an dieser stelle werden die Gläubigen nicht mit den Gedanken Gottes eins, sondern es wurde ihnen lediglich bewusst gemacht, dass Jesus der Sohn Gottes ist.
Anschließend klärt Paulus die Frage, wie das denn möglich sein konnte, dass es den Christen offenbar wurde und anderen Menschen nicht und er sagt in den Versen 11+12:
Denn wer von den Menschen weiß, was im Menschen ist, als nur der Geist des Menschen, der in ihm ist? So hat auch niemand erkannt, was in Gott ist, als nur der Geist Gottes. Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott ist, damit wir die Dinge kennen, die uns von Gott geschenkt sind.
Seine Antwort ist also, dass niemand erkennen kann, was in Gott ist, als nur der Geist Gottes, also quasi Gott selbst. Und diesen Geist Gottes haben die Gläubigen von Gott empfangen, damit sie die Dinge erkennen können, die ihnen von Gott geschenkt sind. Ganz wichtig also! Auch hier erkennt der Mensch nicht die Gedanken Gottes, sondern er erkennt lediglich, was ihm in Christus geschenkt wurde. Auf dieses Erkennen, das die Fürsten der Welt nicht haben, beschränkt sich zunächst einmal die Erkenntnis. Die Bedeutung des Todes und der Auferstehung Jesu wird diesen Menschen also bewusst, ähnlich, wie zuvor in der Lukasstelle, wo Jesus seinen Jüngern das Verständnis für die Zusammenhänge der Ereignisse offenbart und erklärt.
Wenn es also dann abschließend in diesem Abschnitt heißt:
Denn "wer hat den Sinn des Herrn erkannt, dass er ihn unterweisen könnte?" Wir aber haben Christi Sinn.
Dann bedeutet das nicht, dass der Christ fortan die Gedanken Gottes denken könnte und seine Wege in Gänze begreifen, sondern das ihm die Bedeutung des Kreuzestodes Jesu offenbar wurde. Ihm wurde quasi die Tür zum Verständnis der Christologie eröffnet, weil es ihm der Geist Gottes offenbart hat und er den Sinn Christi hat.
Die Gedanken Gottes können wir also wirklich nicht denken! Wir bleiben immer davon abhängig, dass Gott uns etwas offenbar werden lässt und also bleibt unsere Erkenntnis immer unvollkommen. Und das wusste auch der Paulus (1.Korinther 13,12):
Denn wir sehen jetzt mittels eines Spiegels undeutlich, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, wie auch ich erkannt worden bin.
Das, was wir jetzt mittels eines Spiegels undeutlich erkennen, ist das, was sich an Gottes Wesen in unserem Wesen widerspiegelt und diesbezüglich hatte ich FrauShane geschrieben und bleibe auch dabei...:-)
Wo der Geist des Herrn ist, ist Freiheit! Das ist die Grundvoraussetzung, weil man dadurch überhaupt erst dafür frei werden kann die Herrlichkeit des Herrn widerzuspiegeln, weil dessen Geist eben in unsere Seele geboren wird, wenn wir uns von allem frei machen, also alles lassen! Durch das Lassen wir man frei, dann ist der Tempel leer, Gott geht in den Tempel ein und wir werden in sein Bild verwandelt, weil da im Tempel eben kein anderes Bild mehr ist, als nur das Seine allein! Und das ist nur deshalb so, weil wir zuvor von jedem Bild gelassen haben und durch den Geist Gottes die Freiheit dazu hatten.
Das ist meines persönliches Glaubens nach das, was Paulus meinte, als er davon sprach, dass wir Christi Sinn haben!
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ed
Das erinnert mich sehr stark an die Lehren des Buddha: Alles Leiden kommt vom Wollen. Hör auf zu wollen, wirst aufhören zu leiden.
Und das trifft auf die alte Natur des Menschen, auf den Sünder, zu. Denn selbst wenn der Sünder Gutes tun will, kommt meistens Böses raus. Wie bei den Russen gesagt wird: wollten wie besser, ist rausgekommen wie immer.
Also, alles Wollen lassen, und sich wiederspruchslos dem Schicksal fügen.
Das ist eben die alte Natur.
Ne ed, bei Eckhart geht es nicht nur um das Wollen. Der Wille des Menschen ist lediglich insofern ein Thema, weil es immer ein "Ich" ist, das will und das "Ich" ist immer auch gleichbeutend mit dem "ich nicht".
Verstehst du? Das "Ich" bestimmt sich immer negativ über das, was es nicht ist. Ich bin das Provisorium, also bin ich nicht ed, nicht FrauShane, nicht Kasper, oder thalestris. Das "Ich" ist immer nur es selbst. Und Eckharts Ziel ist die Einheit mit Gott und da ist für das "Ich", das Ego kein Platz. Will das "Ich" mit Gott eins sein, dann darf es nicht mehr "ich" sein.
Das ist vielleicht nicht ganz so einfach nachzuvollziehen, aber im Christentum wird ja gerade auch deshalb davon gesprochen, dass wir dem Bild des Sohnes gleichförmig werden sollen, weil sich der Sohn eben in der Einheit mit Gott befindet und wenn wir dem Sohn gleichförmig werden, dann "verschwindet" auch das "Ich" oder vielleicht besser verständlich, das "Ego".
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ed
Alle Religionen, wie auch philosophische Systeme (darunter auch Meister Eckhart), zeigen den Weg bis zur Tür. Was hinter der Tür ist, bleibt für sie verborgen.
Jesus führt uns aber durch die Tür, so daß wir sehen können, was hinter der Tür ist. Und da ist kein "Nichts", sondern Licht! Denn Gott ist Licht! (1Joh. 1:5)
Und als Saul aufstand und nichts sah, das war noch nicht Gott. Weil Saul noch die alte Natur war.
Dann sagt Ananias zu ihm:
"Was zögerst du? Steh auf, laßt dich taufen und deine Sünden abwaschen, indem du seinen Namen anrufst!" (Apg. 22:16)
"Und sogleich fiel es wie Schuppen von seinen Augen, und er wurde sehend und stand auf und ließ sich taufen." (Apg. 9:18)
Erst wenn "Schuppen" dieser Welt von unseren "Augen" fallen, können wir Gott sehen im Antlitz Christi.
Ne ed, für Eckhart ist die Tür sicher nicht verschlossen geblieben! Das "Nichts" von dem er spricht, ist ja auch nur ein "Nichts" für unser denken, für unsere Erkenntnisfähigkeit. Es geht dabei eben um negative Theologie.
Ich denke das wohl (fast) jeder gläubige Mensch unter anderem auch deshalb glaubt, weil ihm im Glauben Dinge, Zusammenhänge, offene Fragen und ähnliches plötzlich bewusst wurden und er Antworten gefunden hat. Das war auch bei Eckhart so. Er nähert sich verstandesmäßig und vernunfbasiert Gott soweit wie nur irgend möglich, aber dann erkennt er eben, dass uns Gott transzendent ist und das er mit keiner weltlichen Begrifflichkeit oder Vorstellung wirklich identifizierbar ist.
Auch das Licht ist nur ein Hilfsmittel, um etwas bewusst zu machen, aber Gott ist doch nicht Licht, ist doch nicht ein Photon, oder sowas. Das sind alles nur Bilder und wir brauchen auch diese Bilder für unser Verständnis, aber Gott ist letztlich ohne Bild und nicht in einem Bild zu fassen. Und das hat Eckhart verstanden. er nutzt selbst Bilder um an etwas heranzuführen, aber schlussendlich sagt er, dass man auch vom "höchsten Bild" lassen muss, weil das alles nicht Gott ist, sondern nur Gedanken und Vorstellungen über/von Gott.
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ed
O doch! Er hatte den starken Wunsch nach Verbesserung seiner Lage. (Also nicht das was Buddha lehrte, oder auch Meister Eckhart.)
Und diese Verbesserung sah er in der Rückkehr in das Haus seines Vaters. Die Erinnerungen an welches er die ganze Zeit mit sich getragen hat.
Das trifft aber nur auf den Sohn zu.
Wer noch nie ein Sohn Gottes war, der hat keine Erinnerungen an das Haus seines "Vaters". Und kann daher auch nicht zurückkehren.
Selbstverständlich trieb ihn auch der Wunsch nach Verbesserung seiner Lage an. Dem widerspreche ich gar nicht! Aber das Gleichnis vom verlorenen Sohn ist nicht etwa nur für gläubige Menschen erzählt worden, die vom Weg abgekommen sind, sondern für alle Menschen.
Dieses "wer noch nie Sohn Gottes war", was soll das bedeuten? Schau doch mal zu wem Jesus dieses Gleichnis spricht (Lukas 15, 1-3):
Es nahten sich aber zu ihm alle Zöllner und Sünder, ihn zu hören; und die Pharisäer und die Schriftgelehrten murrten und sprachen: Dieser nimmt Sünder auf und isst mit ihnen. Er sprach aber zu ihnen dieses Gleichnis und sagte:
An Sünder und Zöllner ist das Gleichnis gerichtet! Da geht es nicht um vom Weg abgekommene Söhne Gottes, sondern um Sünder und Zöllner! Wobei ich persönlich ja sowieso alle Menschen als Kinder Gottes betrachte. Aber bei dir hörte sich das jetzt so an, als gelte das Gleichnis nur für bereits "Wiedergeborene", oder sowas. Nein, es richtet sich an alle Menschen. Genau wie auch das Gleichnis, dass er zuvor erzählt, das Gleichnis vom verlorenen Schaf und der verlorenen Drachme.
Warum willst du denn aus den Christen so einen "exklusiven Club" machen? Wir sind doch nix besseres, als andere Menschen.
Zitat von
ed
Das ist wieder nur aus der Sicht der alten Natur.
Aus der Sicht der neuen Natur aber ist der Mensch voll mit dem Wort Gottes, dem Evangelium, dem Reich Gottes, mit Christus, mit Gott, und trägt das in die Welt. Wie Jesus sagte: "Euch muß es zuerst um das Reich Gottes gehen ..."
Und dafür bereit sein zu leiden und sogar zu sterben. Das ist das Kreuz auf sich nehmen.
Von Gott, seinem Wort, seinen Plänen, seinen Methoden begeistert zu sein, sein Fan zu sein, das bedeutet Gott anbeten in Geist und Wahrheit.
Dann ist einem nichts zu schwer, ja selbst der Tod.
Wieso soll das denn nur für die alte Natur gelten? Das verstehe ich einfach nicht! Weißt du, das, was du als neue Natur bezeichnest, ist in unserem Leben doch ein prozesshaftes Geschehen. Wir sind zwar ganz grundsätzlich und völlig prozessfrei von Gott geliebt und er ist jederzeit dazu bereit uns zu empfangen, aber diese Verwandlung in das Bild des Sohnes ist ein prozesshaftes Geschehen.
Hast du nicht letztens selbst von geistliches Wachstum gesprochen? Das ist doch auch ein prozesshaftes Geschehen, oder?
Also, ich bin davon überzeugt, dass wir alle substantiell mit Gott verbunden sind - wir alle! Aber der Mensch ist frei dazu, diesem Gott mehr oder weniger Raum in sich zu schenken. Er darf an dem Seinen festhalten, er darf aber auch davon lassen und ich bin halt des Glaubens, dass man in dem Maße, wie man von dem Seinen lässt, sich Gott mit all dem Seinen in unserer Seele immer breiter macht...Und das ist ein spiritueller Weg, der das ganze Leben andauert, bzw. gegangen wird. Denn auf Hoffnung sind wir gerettet (Römer 8,24+25):
Denn auf Hoffnung hin sind wir gerettet worden. Eine Hoffnung aber, die gesehen wird, ist keine Hoffnung. Denn wer hofft, was er sieht?
Wenn wir aber das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir mit Ausharren.
LG
Provisorium
Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)
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