Zitat von
ed
Jesus hat niemals die Staatsmach kritisiert oder provoziert.
Auf die Frage bezüglich der Steuer antwortet er: Gibt dem Kaiser, was des Kaisers ist.
[...]
Also noch einmal: wie kommst du zu so einem Vergleich?
Danke dass du fragst, vielleicht habe ich mich etwas zu unklar ausgedrückt. Ich dachte es wäre nicht so abwegig den Zusammenhang zwischen Jesus und meinem Beispiel zu erkennen. Das Problem beim Verständnis meines Beispiels scheint, dass du dich mehr auf den Inhalt meines Beispiels versteifst, weniger aber auf seine Form um die es mir eigentlich geht. Ich will es aber gerne noch einmal erklären.
Ausgangssituation war deine empörte Feststellung, dass eine Frage wie die von Thalestris gestellte bezüglich des Suizids unverständlich sei. In diesem Zusammenhang hast du das Beispiel eines Polizisten herangezogen, der sein Leben zur Rettung anderer opferte, indem er sich auf eine Granate warf und damit das Überleben der (meisten?) Umstehenden sicherte. Dieser Vergleich hat aber seine Schwächen, wie ich finde. Denn wenn wir diesen von seinen Inhalten (Polizist und Granate) abstrahieren und rein in seiner Form betrachten, haben wir hier folgende Situation:
Fall 1: Eine Person XY trifft in einer plötzlichen und unerwartet auftretenden Gefahr für das Leben mehrerer Menschen eine spontane Entscheidung, die mit dem Preis des eigenen Lebens das der anderen Retten kann.
Dem gegenüber habe ich nun das Beispiel mit dem Demonstarnten gestellt, der (im Ergebnis) die gegen ihn eingesetzen Polizeikräfte zu einem tödlichen Schuss provoziert. Auch dieses Beispiel lässt sich in seiner Form allgemeingültiger formulieren:
Fall 2: Eine Person XY entscheidet sich aus einer moralischen Überzeugung heraus ein traditionelle Auffassung zu kritisieren – im Wissen, dass diese Kritik ihn nicht nur in Konflikt mit der gesellschaftlichen Ordnung bringen wird, sondern – infolge seiner Handlungsweise – auch vermutlich oder zumindest von ihm erwartet seinen Tod bedeuten wird. Einen Tod, den er bewusst in Kauf nimmt, da er glaubt, dass dieser einem höherem Zweck dient, und er seinen Willen zum Leben diesem unterzuordnen hat.
Nun, wie ich bereits sagte, würde der von dir angeführte Polizist eher dem ersten Fall entsprechen. Der „Kämpfer für die Gerechtigkeit“ bzw. gegen z.B. Polizeigewalt, der in der Absicht zum Märtyrer seines Kampfes zu werden durch eine scheinbare Bedrohung die Polizisten zu einem tödlichen Schuss und damit zu seiner Tötung zwingt, passt deutlich besser in das zweite Beispiel.
Die sich nun stellende Frage ist die, wenn wir für Person XY nun Jesus einsetzen, welcher Fall beschreibt sein Handeln und Wirken (aus der Sicht der Ausstehenden) besser? Fall 1 oder Fall 2? Wenn du mir zustimmst, dass es eigentlich eher Fall 2 ist, dann wirst du mit Blick auf die Parallelen zu dem anderen Beispiel und darauf, dass man eben eine bewusst provozierte Erschießung durch die Exekutivgewalt eines Staates als „Suizid durch Polizei“ bezeichnet, vielleicht verstehen, wie sich diese Frage nach dem Suizid für eine Nicht-Christen stellt, bzw. weshalb ich sie nicht für völlig unsinnig halte. Natürlich stellt sich die Sicht für einen gläubigen Christen zwangsläufig ganz anders dar und auch neutral betrachtet gibt es durchaus Einwände, welche die Rede von Suizid hier letztlich zurückweisen könnte. Aber das sind Aspekte, die man ja sachlich erörtern kann. Aus der Frage – in der ich nebenbei auch keine atheistische Aussage erkennen kann – allein aber einen menschenverachtenden oder gar gottesverachtenden Charakter abzuleiten scheint mir wie gesagt übertrieben.
Da kann ich (ohne dies gutzuheißen) auch verstehen, wenn Thalestris sich sofort an den extremistischen bzw. radikalen Aspekt vieler evangelikaler Christen erinnert fühlt, der leider bisher der bestimmende Aspekt ihrer Erfahrung mit fundamentalistischen Christen war.
Wieso – um mal einen Vorschlag zur Versöhnung anzuregen – ruderst also nicht auch du ein wenig zurück (Thalestris habe ich dies bereits geraten) und versuchst ihr in verständnisvoller Gelassenheit deine Sicht bzw. dein Verständnis zu erklären, anstatt dich weiter in einem wenig erbaulichen Zeugnis zu verstricken, bis du am Ende noch ganz darin verheddert bist. Ein jeder hier hat doch wahrlich seine ganz speziellen Eigenheiten, trotz denen oder gerade aufgrund derer man in einem Dialog auf Augenhöhe voneinander lernen und aneinander wachsen kann.
Geändert von Lior (09.09.2014 um 00:22 Uhr)
Es sei bitte berücksichtigt, dass meine Besuche zeitweise durch lange Pausen unterbrochen werden. Sollte ich also eine an mich gerichtete Frage überlesen, bzw. nicht unmittelbar beantworten, dann ist dies bitte nicht als Ausdruck des Desinteresses zu werten - ggf. hilft auch mal eine Erinnerung.
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