Niemand wird wohl die Existenz oder Nichtexistenz einer göttlichen Schöpfungsgewalt nachweisen können. Allerdings bezweifle ich auch, dass das überhaupt beabsichtigt ist. Berechtigterweise treten immer wieder Fragen und Zweifel hinsichtlich des biblisch begründeten Gottesverständnisses auf, weil die Bücher der Bibel von Menschenhand geschrieben wurden; von Menschen, die soziokulturell an die Vorgaben ihrer Zeit gebunden waren und alles was an Mythen, Legenden, Stammesriten und sonstigen Wünschen, Illusionen oder Gesetzen, die innerhalb ihrer Gesellschaft verankert waren, irgendwann niedergeschrieben haben.
Auf eine Gesellschaft wie der unseren, die sich in weiten Teilen dem aufgeklärten Humanismus verpflichtet fühlt, muss eine solch archaische Vorstellungswelt auf Verwirrung stoßen. Heutzutage käme niemand mehr auf die Idee, Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen (zerquetschte Hoden) die Teilnahme an einem Gottesdienst zu verwehren – und das alles auf göttliche Weisung hin (!). Allein an diesem Beispiel wird deutlich, mit welchen Problemen sich ein vorderorientalisches Hirtenvolk vor 3000 Jahren auseinandergesetzt hat und welche Prioritäten hier gesetzt wurden. Kaum vorstellbar, dass ein allgütiger und ewiger Gott damals schon derselbe war wie heute.

Bezeichnend ist aber auch, dass es immer von der geografischen Zufälligkeit der eigenen Geburt abzuhängen scheint, welcher Gott gerade der einzig wahre ist bzw. welche religiöse Kultur die einzig richtige ist. Wäre einem Gott, der laut der Bibel ja auch ein sehr eitler Gott ist, nicht daran gelegen, dass die gesamte Menschheit ihn als den Schöpfer erkennt und das nicht erst, nachdem wir Europäer z. B. Australien und deren Ureinwohner entdeckt haben?

Auffällig erscheint mir, dass viele Religionen, die sich über die Jahrtausende hinweg unabhängig voneinander entwickelt haben, in der Essenz wichtige Übereinstimmungen aufweisen. So scheint überall der Glaube vorzuherrschen, dass Körper und Seele trennbar voneinander sind, die Seele nach dem körperlichen Tod ihre Hülle verlässt, um dann irgendwann wieder in irgendeiner Form zu neuem Leben zu kommen. Eine zugegeben sehr verkürzte und laienhafte Darstellung religiöser Formen, wie sie sowohl bei uns (Auferstehung), wie auch in fernöstlichen Kulturen (Wiedergeburt) und zweifellos auch in zahlreichen Naturreligionen vorkommt.

Es lässt sich also nicht ausschließen, dass es diese eingangs erwähnte Schöpfungskraft gibt, die allerdings in ihrer ganzen Fülle und Komplexität für den Menschen nicht ergründbar ist. Mit Respekt und Ehrfurcht dieser Schöpfung zu begegnen halte ich persönlich für das Wichtigste aller Ziele.

JK