Zitat Zitat von Lior Beitrag anzeigen
Ein weiterer Unterschied scheint mir zu sein, dass ich zwar in einer bestimmten Situation die Handlungen meines Gegenübers abschätzen kann, ich aber keinen Einfluss habe auf die Entstehung der Situation. Anders aber Gott, denn er ist nicht nur (um dich Digido aufzugreifen) ein hochentwickeltes Wesen, das weiß wie sich jeder Einzelnen in jedem Fall entscheiden wird, sondern er wäre in der christlichen Vorstellung auch jenes Wesen, dass die Gesetzmäßigkeit errichtet hätte, nach der ich in diese Situation komme. Wenn aber in Gott beides zusammenkommt, also Wissen um die Reaktion des anderen UND die „Erschaffung“ der Ausgangssituation, wenn also Gott im Wissen um das Handeln des Menschen die Welt in ihrer Gesetzmäßigkeit so erschaffen hat wie er sie erschaffen hat, dann hätte ich zwar das Gefühl mich frei entschieden zu haben,aber wäre meine Entscheidungen nicht doch durch die Umstände determiniert?

Viele Grüße
Lior
Hallo Lior,
wie ich schon sagte, halte ich es für grundsätzlich, dass das Vorherwissen eines anderen, ganz gleich, ob Gott, Mensch, Engel oder sonstwas in keinen unmittelbaren Zusammenhang zu meiner freien Entscheidungsfähigkeit steht.
Natürlich sind unsere Entscheidungen durch das "Vorfindliche", also die Schöpfungsinhalte (oder Weltinhalte, wenn Dir das lieber ist) beeinflusst.
Wir erleben uns in diese Welt hineingestellt und von ihr abhängig. In diesem Sinne sind wir gezwungen um unserer irdischen Existenz willen zu handeln. Da gibt es erst einmal überhaupt keine Freiheit.
Aber jeder Mensch ist an einem anderen Punkt in diese Welt geworfen, und so ergeben sich allein schon dadurch Unterschiede in den Handlungen. Dann werden wir durch die unmittelbar Nahestehenden in unseren Werturteilen (wichtig für mich, unwichtig für mich) beeinflusst, schließlich durch die Gesellschaft etc. (man kann das jetzt nicht alles ausführen).
Das sind auch alles keine freien Entscheidungen. Diese beginnen erst, wenn ich mir selbst über die Welt und mich Gedanken mache. Also wenn ich beginne mich selbst zu erkennen. Mit der Tiefe der Selbsterkenntnis wächst der Umfang freien Handelns/Lebens.
Aber solange ich vom Innerweltlichen abhängig bleibe, so lange komme ich niemals zur völligen Freiheit. Wir bleiben da grundlegend determiniert.
Ich denke, für ein höhstentwickeltes Wesen ist es ein Leichtes alle unsere Entscheidungen in diesem Rahmen vorauszusehen.
Das ist alles auch der Rahmen, in dem Reinkarnation und Karma verankert sind.

Wenn wir aber nicht nur ein physisches Wesen sind, das mit dem physischen Tod völlig vergehen müsste, dann liegt eben unser aller Bestimmung in der Erkenntnis und Verwirklichung unseres wahren Wesens, das ewig ist. Durch diese Verwirklichung würde es möglich die physischen Abhängigkeiten völlig zu überwinden und damit zur absoluten Freiheit zu gelangen.
Das sehe ich als den allgemeinen Sinn des Lebens.

Ein Gott könnte also die Welt sich völlig selbst überlassen, da er davon ausgehen könnte, dass das Leid, das der Mensch in den verschiedenen Erdenleben erfährt, ihn schließlich dazu bringt, sich für die absolute Freiheit (also für den Weg zu ihr) zu entscheiden.

LG,
Digido