Wie ich schon mal in einem anderen Thread geschrieben habe: Ich glaube nicht, dass die alten AT-Gesetze ALLE und NUR dem Zweck dienen, das Verhältnis zwischen Gott und den Menschen zu regeln. Manche dienen, denke ich, auch der Erhaltung und Weitergabe eines gesundheitlichen oder gesellschaftlichen Erfahrungsschatzes. Damit meine ich zum Beispiel die Regeln zur Beschneidung oder das Verbot von "Unzucht", was auch immer darunter konkret zu verstehen ist. Diese Regeln stehen immer im Kontext ihrer Zeit und können nicht blind aufs Heute übertragen werden, sei es, weil die medizinische Notwendigkeit der Beschneidung nicht mehr besteht oder weil sich die Bedeutung des Begriffs "Unzucht" gewandelt hat.
Ein anderer Punkt: Man darf nicht vergessen, dass die Bibel (gott-inspiriert hin oder her) von Menschen geschrieben wurde und dass da natürlich auch die persönlichen Ansichten der Schreiber hineingewandert sind. Selbst wenn ich unterstelle, dass sie nur gute Absichten hatten, muss man die Möglichkeit berücksichtigen, dass sie in einzelnen Punkten falsch gedacht oder in ihrem Eifer übertrieben haben können.
All das heißt für mich, dass man nicht jedes dieser Gesetze wörtlich nehmen darf. Sondern man muss herausfinden, was der Sinn dahinter ist. Dann kann man entscheiden: Halte ich diese Vorschrift für veraltet (also damals begründet, heute aber nicht mehr), oder für falsch (weil der Schreiber in diesem Punkt auf dem Holzweg war), oder stimmt sie auch heute noch? Ich denke schon, dass man das (mit der nötigen Ehrlichkeit vor sich selbst) lösen kann.
Beim Herausfinden, was der Sinn ist, sind die zwei Gebote aus Mt 22 eine große Hilfe: Gott lieben und den Nächsten lieben - alles, was damit in Einklang steht, ist wahrscheinlich eine gültige Regel.
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