Salute,

Da ich es echt super schade finden würde, wenn sich der Thread "Liebe und Gerechtigkeit" so gar nicht mehr um Liebe und Gerechtigkeit, sondern vielmehr um das Thema "böser Gott des Alten Testaments" drehen würde, möchte ich gerne zu diesem Thema einen neuen Thread eröffnen. Diesbezüglich scheint ja reges Interesse zu bestehen und ich hatte ja auch bereits geschrieben, dass wir das gerne ausdiskutieren können.

Zum Einstieg kopier' ich hier mal starangels Post hinein:

starangel schrieb: Jener finstere Geselle, der sich Moses gegenüber als Gott der Hebräer ausgab, hätte es heute wohl um einiges Schwerer, zu belegen dass er sei, was er sei. Oder ist für Dich Schlangenzauberei für Dich klar göttliches Wunderwirken? Ich wurde kürzlich auf diesbezügliche Hinweise in einem anderen Glaubensforum aufmerksam gemacht. Es geht um 2. Mose 4. 1-5. worin Moses Gegenüber seine Göttlichkeit mit Schlangenzauber glaubt belegen zu können.
Mose hielt ja die Leviten im Auftrag seines Herrn an, als Treuebeweis herumzugehen und Freund, Nachbar abzustechen, damals fielen 3000 Mann. Da weiss ich nicht wie man das schönreden will. Steinigungen waren Steinigungen, und wofür gesteinigt werden musste ist auch klar. Sogar für Holz auflesen am Sabbath. Da kam prompt der Auftrag hierfür, als Moses seinen Herrn danach fragte.

Wutentbrannt Feuer aus einer Wolke auf Menschen zu schiessen passt ja wennschon zu Zeus oder was noch naheliegender ist zu einem kanaänischen Wettergott, also einem Baal (altstemitisch soll ja Baal auch Herr bedeuten)

Und wie soll man jene Situation anders deuten, als jener blutrünstige, tötungswütige Herr anwies dass man einer Frau, welche ihrem Mann bei einem Gerangel mit einem anderen Mann zu Hilfe kam indem sie dessen Kontrahenten unsanft zwischen die Beine griff ihr die Hand abhauen?

So scheinen mir die Blutspritz- und Blutschmierrituale auch alles Andere als göttlich zu sein. Was für harmlose Erklärungen hierfür geben soll ist mir echt ein Rätsel. In unseren Kreisen ist das Kopf Abschlagen um das Blut für jedwelche Weiherituale verwenden zu können klar satanistisch. Doch wehe man erwähnt das, wenn in der Bibel dazu aufgefordert wird solches zu tun.......dann wird es klar als göttliche Anleitung gelehrt.

Also bei solch vielen Greuelanordnungen, da halte ich mich schon seit Jahrzehnten in der Bibel einzig und allein an das von Jesus Christus vermittelte Gottverständnis. Das ist dann auch beim Lesen des AT mein Masstab wahrer göttlichen Liebe und Gerechtigkeit. Jener Kriegstreiber bei Mose ist ja bis heute schon immer geistmässig daran interessiert gewesen, Frieden auf Erden zu verhindern. Und wie man sieht, leider Gottes an vielen Orten mit wachsendem Erfolg.
Zunächst einmal möchte ich dir gerne sagen, dass ich deine Empörung über die von dir angesprochenen Szenen sehr gut verstehen kann. Denn wenn man diese Szenen so komprimiert aneinanderreiht und Schlag auf Schlag präsentiert, kann einem ob des Inhalts in der Tat schon ganz anders werden.

Allerdings ist diese Darstellung auch nicht wirklich fair, wie ich finde, denn du schreibst ein bisschen so wie eine Kriegsreporterin im Fronteinsatz, die die neuesten Neuigkeiten über den bösen Feind unter's Volk bringen möchte und dabei möglichst schockierend wirken will, damit die Kriegslust der Daheimgebliebenen auch ja nicht verebbt. Das kann man natürlich machen und gerade heutzutage ist kontextarme Polemik ja auch wieder ziemlich in, aber dann solltest du auch bitte so fair sein und deine Leser darüber informieren, dass der Krieg, von dem du berichtest, ein wirklich sehr, sehr alter ist - sonst müsste ich dass alles nämlich unter Fake News verbuchen...;-)

Nein wirklich, ich weiß beim besten Willen nicht, wie ich auf deinen Post adäquat reagieren und wo ich überhaupt anfangen soll, denn da sind so unendlich viele Dinge zu berücksichtigen, wenn man sich so alten Texten nähert und sie möglichst richtig verstehen möchte, dass ich echt gerade echt ein bisschen überfordert bin. Deshalb sei mir bitte nicht böse, aber ich fürchte wir müssen hier kleinere Schritte machen und uns dem Thema "böser Gott des AT" behutsamer nähern und vielleicht erst einmal ganz grundsätzlich über dieses Thema ins Gespräch kommen. Ist das okay?

Mir ist da nämlich auch ein Satz in deinem Post aufgefallen, zu dem ich die ein oder andere Frage hätte und obwohl ja eigentlich ich der Befragte bin und wirklich nur ungern mit Gegenfragen antworte, muss ich bei diesem Thema doch mal eine Ausnahme machen, da ich es für sinnvoll und fruchtbar halte, wenn wir zunächst einmal ganz grundsätzliche Dinge zum Thema erörtern.

Bitte korrigiere mich falls ich falsch liegen sollte, aber wenn ich dich richtig verstanden habe, unterscheidest du also zwischen einem guten (oder einzig wahren) Gott, so wie er z.B. im NT beschrieben ist und einem bösen (oder falschen) Gott, wie ihn z.B. Mose in der Tora beschreibt, richtig? Und du hast ja auch in deinem Post geschrieben, dass du dich schon seit Jahrzehnten in der Bibel einzig und allein an das von Jesus Christus vermittelte Gottverständnis hältst.

Dann gehst du doch davon aus, dass der Gott, der Mose die Tora-Gebote gab, nicht identisch ist mit dem Gott Jesu, oder? Und wenn das so ist, wie gehst du dann eigentlich mit der Tatsache um, dass Jesus die Tora niemals auflöste, sondern sie bis zum Ende der Zeit als unvergänglich bezeichnete und ganz deutlich sagte, dass man sie tun und lehren solle (Matthäus 5,17-20)? Oder vielleicht noch eindrücklicher, wie passt es in dein Gott- und Jesusverständnis, wenn Jesus in Matthäus 15,4 explizit eines dieser grausamen Toragebote (das Töten eines Menschen, der Vater und Mutter flucht) als von Gott gegeben bezeichnet? Denn damit bestätigt Jesus doch eigentlich, dass der Gott der Tora, trotz dieser Grausamkeit, auch sein Gott ist.

Ich frage dich das nicht zuletzt deshalb, weil mir der Gott des Alten Testaments von Beginn meines Glaubenslebens an, auch immer ziemlich suspekt war (das fing schon bei Kain und Abel an - warum lehnte Gott das Opfer Kains ab? Ich fand das voll gemein und ungerecht!) und auch die Texte des Alten Testaments waren mir grundsätzlich immer ziemlich suspekt! Aber am suspektesten war mir dann vorallem, dass Jesus und eigentlich das gesamte Neue Testament, das ich beides sehr liebte, offensichtlich viel weniger Probleme mit diesem Gott und diesen Texten hatte, als ich. Sie bezogen sich ja beständig darauf und natürlich wusste ich schon als junger Teenager, dass Jesus Jude war und im Christentum grundsätzlich auch die Tora als Gottes Wort Geltung hatte.

Das gab mir dann schwer zu denken und deshalb war ich nie so konsequent und vielleicht auch nicht so mutig wie du und hab' diese Texte konsequent abgelehnt und als widergöttlich verworfen, sondern versuchte vielmehr herauszufinden, ob sich mit der Zeit nicht vielleicht doch eine kleine Tür finden ließe, die mir das bessere Verständnis dieser Texte eröffnen könnte? Ich persönlich hab' diese Tür dann in der historisch-kritischen, der tiefenpsychologischen und parabolischen Exegese nach Meister Eckhart gefunden und nicht zuletzt hab' ich gerade hier auf Gnadenkinder.de ganz tolle Menschen jüdischen Glaubens kennenlernen dürfen, die mir ebenfalls sehr geholfen haben. Davon erzähle ich dann gerne im Verlaufe dieses Threads, muss jetzt aber erst einmal wegen Zeitmangel abbrechen und komme auch die nächsten Tage nur sporadisch zum Schreiben, weshalb ich um etwas Geduld bitte.

Über eine rege Beteiligung an diesem Thema würde ich mich übrigens sehr freuen, sonst schreibt mich Bruder net.krel wieder in Grund und Boden....:-)

LG
Provisorium