Lieber Origenes,
ja, ich gebe dir völlig recht, bisher hatten wir einen sehr angenehmen Austausch und ich wüsste nicht, warum sich das ändern sollte *gg* Ich habe mich zwar nicht direkt angegriffen gefühlt, aber tatsächlich nicht ganz verstanden, dass deine Aussage explizit auf Pilatus bezogen war. Und da ich ja selbst Wunder hinterfrage, habe ich das „kein Respekt vor Gottes Allmacht haben“ daher auf mich bezogen, das nur zur Erklärung der Situation. Ich danke dir aber, dass du mich auf die Hintergründe hingewiesen hast.
Das Problem mit Wundern ist, dass nicht ganz klar ist, wann wir von Wundern sprechen. Das habe ich im Beitrag 37 versucht auszuführen. Der eine meint ein wunderliches Gefühl, der nächste sieht Wunder als etwas „übernatürliches“ an und der dritte wieder als etwas Unerklärliches. Für mich persönlich sind Wunder Ereignisse, die erst einmal ein Gefühl der Verblüffung, ein Gefühl des wunderlichen auslösen. Aber Wunder sind in meinen Augen nicht übernatürlich, denn sie befinden sich nicht außerhalb der (Natur)gesetze. Das liegt nun aber nicht daran, dass ich Gottes Allmacht bezweifle und unterstelle, dass ER es nicht könnte, sondern eben daran, dass ich an die Vollkommenheit Gottes Glaube und ebenso an die Vollkommenheit der nach seinem (vollkommenen) Willen geschaffenen Gesetze. Bei Kant gibt es ein ähnliches Denken. Zu tun, wozu man das Vermögen hat, das wäre Willkür. Sein Vermögen aber unter ein Sittengesetz zu stellen, darin besteht die wahrhaftige Freiheit. Mit einem Beispiel umschrieben…. Ein vollkommener Richter hätte das Vermögen (die Macht) ein ungerechtes Urteil sprechen, aber er würde es nie tun, eben weil er vollkommen ist und sich an das Gesetz halten wird.
Wenn Wunder nun aber außerhalb des Gesetzes wirken würden, wäre das Gesetz nicht Vollkommen. Deshalb sind Wunder für mich nicht als „übernatürlich“ zu verstehen. Alles was aber gemäß einer Gesetzmäßigkeit existiert und vonstattengeht, kann man mit entsprechendem Vermögen erkennen und erklären. Nun entzieht sich vieles unserem Verständnis, manches wird später erkannt werden. Und dieses wiederum schmälert für mich nicht die Hochachtung vor Gott, sondern lässt mich das in meinen Augen eigentliche wunderbare erkennen – nicht das Unerklärliche sondern eben die Erkenntnis der Vollkommenheit hinter dem Gesetz, die Vollkommenheit seines Willen. Ich bin z.B. auch ein Mensch, der Evolution durchaus nicht im Widerspruch zu Gott sieht, sondern gerade in ihrer sich uns erschließenden Komplexität das sehr viel größere Wunder zu erkennen glaubt.
Manche brauchen einen Mythos, um ergriffen zu sein, ich selbst verneige mich lieber vor der Wahrheit bzw. dem, was sich davon erhaschen lässt. Aber ich verstehe natürlich das emotionale Bedürfnis nach „unerklärlichen Wundern“ – es erinnert mich an das Wort von der Speisung mit Milch statt fester Speise. Was mir nur wichtig ist, das wäre darauf hinzuweisen, dass der Zweifel an Wundern nicht automatisch auch eine Geringschätzung Gottes bedeuten muss. Das würdest du mir aber nicht absprechen, wenn ich dich nun richtig verstehe, und somit sind wir uns ja erfreulicherweise nicht uneins. *ggg*
Dir noch einen guten Start in den Tag
Ergebensten Gruß
Kasper
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