keine Ahnung!
8 – Auf zur Arbeit
Diese Reise sollte ja nicht nur Urlaub sein, ich hatte auch eine Aufgabe. Barry hatte für Sonnabend um elf Uhr eine Termin gemacht. Ich war gespannt wie ein Flitzbogen. All meine Bilder standen noch in den Papp-kartons in der Bibliotheksecke. Genauso, wie ich sie mit der Post auf die Reise geschickt hatte. An der Rückseite der Bilderrahmen waren kleine Ösen eingeschraubt und mit Draht verbunden, damit sie besser aufgehängt werden konnten. Die Pastell- und Aquarellbilder benötigten noch einen Bilderahmen mit Glas, sie lagen noch in den Prospekthüllen. Zum Glück hatte ich meine neusten Werke mitgebracht. Schnell holte ich sie aus meinem Zimmer und stellte sie dazu. Stolz betrachtete ich das Sortiment meiner Lieblingsbilder. Wie sie wohl an der Wand aussehen werden?
Die erste Arbeit, so überlegte ich, wird wohl der Aufbau meiner Ausstellung sein. Carrie bestätigte meine Einstellung, sie empfahl mir Arbeitskleidung. Sogar kurze Hosen, sagte sie, denn es war wirklich sehr warm. Ich war froh, dass ich mich nicht so herauszuputzen brauchte. Unruhig grübelte ich, was mich dort erwartete würde. Carrie wollte mich nicht begleiteten. Sie hatte zu mir gesagt, dass sie sich dort nur langweilen würde. Damit ich verstehe, machte sie das „Däumchen-Dreh-Zeichen“. Verstanden hatte ich es schon, allerdings schaute ich mächtig traurig.
Riesig war die Freude, als sie später mit im Truck saß. Trotzdem
„schlotterten“ meine Knie, und ich flehte: „Könnt ihr da nicht alleine hinfahren? Ich gehe lieber schwimmen!“ Die Antwort kam wie aus der Pistole! „No!“ Da waren sie sich alle einig. Sie amüsierten sich köstlich über meine Angst; versuchten aber mich zu beruhigen. Sie sprachen mir viel Mut zu.
Das Auto stoppte unter einem großen Magnolienbaum. Die großen weiß-rosa Blüten leuchteten auf dem glänzenden dunklen Grün der Blätter. Vielleicht irre ich mich auch, aber ich meine bei uns blühen diese Bäume nur im Frühling und da haben sie überhaupt fast keine Blätter. Vielleicht stand deshalb ein großes Schild mit dem Namen „Spring House“ auf der Rasenfläche. „Spring“ heißt in Deutsch „Frühling“, passte ja. Aber Jana sagte mir später, dass man das nicht so genau übersetzten kann. Das Haus war aus Holz, mit weißer Farbe gestrichen. Es sah aus wie die Villa „Kunterbunt“ von Pippi Langstrumpf. Auf alle Fälle wäre ich da auch lieber hineingegangen, als in dieses Kunstzentrum.
Barry trug eine meiner Kisten mit Bildern. Zielstrebig steuerte die ganze Familie die Eingangstür an, während ich mit der zweiten Kiste langsam hinterher bummelte. Jede Chance hätte ich genutzt, um zu fliehen. Aber da hörte ich schon, wie sie mich antrieben. Sie riefen mich von der Tür und hielten sie solange auf bis ich durchkam.
Ein älterer Mann und eine junge Frau begrüßten uns herzlich. Da war es wieder dieses Lächeln mit den Worten: „Nice to meet you! “ Ich schmunzelte, es wieder zu hören. Sie stellte sich beide vor. Der Mann ver-schwand schnell wieder, seinen Namen habe ich nicht behalten. An Christina kann ich mich erinnern, sie war schätzungsweise ein wenig jünger als ich. Ganz kameradschaftlich sprach sie uns gleich mit den Vor-namen an. Neugierig zog sie ein Bild nach dem anderen aus meiner Kiste und war begeistert. Weil es hier nicht um mich, sondern nur um meine Bilder ging, wurde ich deutlich ruhiger. Wie selbstverständlich antwor-tete ich auf alle Fragen. Carrie freute sich und ab und an half mir mit den richtigen Vokabeln aus, wenn ich sie fragend anschaute.
In der Etage waren drei große helle Räume und ein langer breiter Flur. An den Wänden hingen noch die Kunstwerke der letzten Ausstellung. Die Künstlerin hatte sehr dunkle Arbeiten hergestellt. Irgendwie sahen sie alle relativ gleich aus. Immer waren bunte Farbkleckse und Striche auf dem Bild. Auf einigen konnte man traurige Menschen sehen; manchmal allerdings auch gar nichts.
Gemeinsam holten wir alle Arbeiten aus dem Karton. Meine Blumen lagen flach auf dem Fußboden. Die Keilrahmen mit den Seerosenmotiven standen hochkant an der Wand entlang. Sofort kam Farbe in die Zim-mer. Jeder Besucher freute sich; keiner ging ohne ein Lächeln vorbei; ich erhielt schon an diesem Tag viele Komplimente.
Wir drei Frauen schrieben die Ausstellungsliste. Wir hatten bei der Auswahl der Titel viel Spaß. Die richtigen Namen zu finden war gar nicht so einfach. Noch schwieriger war die Entscheidung über die Höhe der Prei-se. Aber mit vereinten Kräften schafften wir alles.
Meine neuen Elefanten Porträts, die im Flugzeug entstanden waren, gefielen allen am Besten. Für sie und einige andere ausgewählte Pastelle und Aquarelle fehlten noch Bilderrahmen. Barry beriet sich, wo man diese am günstigsten bekommt. Dann vereinbarte er mit Christina, dass wir in der nächsten Woche weitere Bilder bringen.
Nach der Arbeit durften wir eine Etage höher Christinas Atelier besichtigen. Hier standen die verschiedens-ten Bilder herum. So richtig hatte ich nicht verstanden, welche Arbeiten von Ihr waren und welche von ande-ren Künstlern. Die Malereien einiger Menschen sahen ganz schön schief aus. Aber man weiß ja nie, ob der Künstler das so will oder ob es seine Schwachstelle ist.
Hinter einer kleinen Kammertür war ein kleiner Schatz. Neu im Sortiment waren Arbeiten aus Afrika geliefert worden. Aus ganz dünnen Leder in verschiedenen Farben waren kreisrunde Teppiche und Kissen gearbei-tet. Sie legten diese bunten Kreise auf die Erde, mit dem passenden Kissen, im gleichen Muster. Carrie hat-te sich gleich darin verliebt. Aufgeregt knipste sie die Sachen mit ihrem Handy, damit auch ihre Schwester an ihrem Glück teilhaben konnte. Es bestand großes Interesse. So trug Barry gleich drei komplette Sets, Teppiche und Kissen zur Entscheidung in das Auto. Sie wurden später verteilt.
Ich fand sie auch toll, aber ich hätte zu Hause wirklich keine Verwendung dafür. Die Schwester und auch Carries Mutter waren voll begeistert. Das Schönste Set ist nun im Wohnzimmer der Fords. Drei dieser bun-ten Kissen liegen zum Sitzen auf der Erde und ein Teppich liegt unter dem Schaukelstuhl.
Barry saß müde auf seinem Lieblingsplatz, und die Augen fielen ihm zu. Nach dem Essen sollst du ruhen oder tausend Schritte tun! Mir war mehr nach Bewegung. Die Hunde bellten in ihren Käfigen und ich plante, sie dort heraus zu holen. Chase hatte Lust mich zu begleiten. Er hatte eine Weile vor dem Fernseher geses-sen und einen Kinderfilm gesehen, inzwischen schaltete er mit der Fernbedienung durch alle Kanäle.
Sobald jemand zu sehen war, sprangen die Hunde in ihrem Käfig am Zaun hoch und bellten laut. Diese bei-den konnten es nicht erwarten, herauszukommen. Ich hielt die Leine in der Hand. Es war ein Stück grüne Plastik-Wäscheleine, die an jedem Ende einen Karabinerhaken hatte. Zwei dieser wilden Tiere sollten an einer Strippe spazieren gehen? Das schien mir zu schwierig. Ich suchte und fand noch ein anderes Band. Das Bellen hörte auf, denn ich öffnete die Käfigtür. Skooter drückte ich Chase in die Hand. Ich befreite Jim-my. Es war nicht einfach, die beiden voneinander fern zu halten. Doch wir erreichten ohne Knoten die Stra-ße. Der Waldweg auf der anderen Seite war richtig zugewachsen. Wenn ich es nicht gewusst hätte, dass man hier in den Wald hinein gehen kann, hätte ich es nicht versucht.
Wir kämpften uns mutig durch die Sträucher und die umgefallenen Bäume. Der Kleine war begeistert, ein richtiger kleiner Dschungel. Sein Mund stand nicht still, er fand immer etwas zu erzählen. Alles konnte ich nicht verstehen. Die Kindersprache in Englisch zu verstehen war wirklich schwer. Auch wenn ich die Ohren spitzte, konnte ich bei dem Nuscheln nicht alle Vokabeln heraushören. Nur wenn es mir wichtig war, fragte ich noch mal nach. Wir spazierten durch den Wald und suchten nach Moos. Es gab nicht sehr viel davon. Es war sehr trocken. Mühsam füllte sich mein Eimer. Oben drauf lagen ein Paar Pilze, Ziegenlippen und Maro-nen. Mehr waren nicht zu finden, denn es fehlte der Regen. Einige Sorten kannte ich nicht, sie sahen anders aus als bei uns zu Hause. Aus Sicherheitsgründen ließ ich sie lieber im Wald. Es war auch im Schatten rich-tig heiß. Der Schweiß lief mir unter dem T-Shirt den Rücken herunter. Auch dem kleinen Jungen, der ein paar unnötige Kilos mit sich herumschleppte, liefen die Wasserperlen von der Stirn. Ich fragte ihn nach den Bademöglichkeiten. Aber so richtig wusste er wohl nicht was ich meinte. Er versuchte mich zu überzeugen, im Pool zu schwimmen. Nicht einmal der Gedanke an dieses warme Wasser erfrischte mich.
Plötzlich verfolgte Chase mich mit einem langen Ast. Er wedelte wild damit hin und her. Ich sah sofort, dass es eine ideale neue Angelroute war. Ich bemühte mich etwas Ähnliches zu finden. Mit unseren Fundstücken kehrten wir zum Haus zurück. Ich holte meine Angelbox aus dem Koffer und es dauerte nicht lange, bis zwei Angeln bereit waren.
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