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12 – Stopp
Vom Spaziergang brachte ich noch eine wenig Islandmoos mit. Sehr groß war meine Ausbeute immer noch nicht. So viel Moos wie in unseren Wäldern, war hier nicht zu finden. Doch ich wollte meine Mäuse-Produktion starten. Diese kleinen Tiere konnte ich mir gut vorstellen als Dekoration in der Ausstellung. Ich dachte, es wäre witzig über meinen Katzenbildern. Holzkugeln, Nähgarn und Wackelaugen suchte ich in meinem Gepäck, weil ich es in weiser Vorrausicht eingepackt hatte. Es klappte prima, allerdings waren die amerikanischen Moosmäuse eine Nummer kleiner.
Irgendwann gegen Mittag erwachte auch der Teenager Andrew. Gelangweilt saß er neben mir und schaute mir auf die Finger. Eigene Ideen für eine Beschäftigung hatte er nicht. Es war eine irre Hitze draußen. Die Luft war schwül und drückend. Im Haus arbeitete die Klimaanlage, aber es widerstrebte mir im dunklen Räumen zu sitzen. Bei Lampenlicht zu malen geht schon gar nicht. Über dem Gartentisch drehte sich ein riesiger Ventilator völlig lautlos. Es war ein ganz leichter Wind, doch für große Erfrischung sorgte er nicht.
Chase planschte im kleinsten der Fischteiche. Das dreckige Wasser reichte ihm bis zu den Knien. Sein T-Shirt und seine kurze Hose waren schon nass. Mich störte es nicht, doch ich fragte ihn, ob er nicht lieber im Teich baden möchte. Er war begeistert von meiner Idee. Auch Andrew war dankbar über diese Abwechs-lung. Er verschwand sofort in seinem Zimmer, um seine Badehose anzuziehen.
Die beiden Jungs zeigten mir ihre Badestelle. „Toll“, dachte ich, denn sie sah auch von dichtem nicht besser aus. Der Boden war genauso weich und orange, wie auf der Seite am Steg. Meine Mundwinkel zeigten nach unten, dass will was heißen! Es kostete mich richtige Überwindung den ersten Schritt zu machen. Das Was-ser hatte nun in der Mittagssonne exakt Badewannentemperatur. Um so ein gesundes Moorbad zu genie-ßen, bezahlen andere viel Geld, ich hatte es gratis. Langsam wartete ich durch den Schlamm. Erst im tiefen Wasser war es angenehm.
Chase blieb im sehr flachen Wasser und spielte dort. Seine Arme und Beine steckten im Schlamm und er hatte seinen ganzen Körper war eingerieben. Er sah wie ein kleines Elefantenbaby aus.
Andrew und ich riefen ihn und versuchten ihn ins Tiefe zu locken. Gerne hätten wir ihm das Schwimmen gezeigt, doch er hatte Angst und traute sich nicht. Sicher war er ärgerlich über sich selbst. Vor lauter Wut begann er mit Schlamm zu schmeißen. Zuerst bat ich ihn freundlich, nicht auf uns zu zielen. Aber es nütze nichts. „Flaschhhh“. Da landete die erste Portion mitten auf meiner Nase. Ich atmete tief und spülte den Dreck von meinem Gesicht. Doch der Kleine hatte bereits die nächste Handvoll Schlamm in der Hand.
Ich schrie „stopp!“ und bat ihn, aufzuhören. Auch Andrew brüllte so laut er konnte. Doch er reagierte nicht auf unser Flehen. Ich tauchte unter, um dem Dreckregen zu entkommen. Unter Wasser schwamm ich auf Chase zu. Ich tauchte kurz vor ihm auf, sprang zu ihm und packte ihn. Schnell wie der Blitz zog ich ihn in das tiefe Wasser. Er schrie immer wieder: „Stopp“. Wie war es erst wenige Minuten zuvor. Meine Worte wurden auch nicht erhört. Ich schüttelte meinen Kopf „No stopp“. Wer nicht hören will muss fühlen! Das war meine Rache. Weil der Schreihals nicht aufhörte zu schreien, ließ ich ihn einfach schwimmen. Wie ein kleiner Hund paddelte er an Land.
Er schimpfte laut. Schnell rannte er nach Hause, um sich beim Vater zu beschweren. Als wir dort ankamen schaute Barry uns fragend an. Andrew erzählte unserer kleine Geschichte. Der Vater schickte den Sohn zur Strafe auf sein Zimmer. Er sollte über sein Verhalten nachdenken.
Später kam er zu mir. Er hatte ein Geschenk für mich. Einen kleinen Brief mit einem Perlenmuster, einem Foto der Familie und mit großen Buchstaben hatte er „SORRY“ darauf geschrieben. Es war kein Problem, ihm zu verzeihen. Denn er hatte auch etwas gelernt, so schwer war es gar nicht zu schwimmen. Noch am selben Tag war er das erste Mal alleine im Pool. Das hatte er sich zuvor noch nie getraut.
Wir holten die alten Steinfrösche, die an den Fischbecken standen. Gemeinsam malten wir sie mit schönen bunten Farben an.
Carrie kam von der Arbeit und blieb bei uns draußen. Sie freute sich über ihre lustigen bunten Frösche. Sie stellte sie gleich auf der Treppe auf.
Ich hatte Chase versprochen, dass wir abends noch mal nach den Fischen sehen. Er hatte neue Würmer gesucht. Carrie nahm ihr Weinglas und begleitete uns. Am Haus unter den Bäumen war es fast dunkel, aber am Teich schien die Sonne. Während wir erzählten, sank sie langsam tiefer und tiefer. Wir schauten zu, wie sie langsam am Horizont hinter dem Wald verschwand. Zum Thema „Fischen“ brauche ich nichts zu schrei-ben. Während ich wieder alleine schwimmen ging, hielt Carrie meine Angel.
Es war frech und fast nicht zu glauben. An ihrer Angel zappelte ein Fisch. Mit großem Geschrei segelte er über dem Wasser hin und her. Ich schwamm hin, um ihn zu befreien. Er hatte allerdings sehr großen Hun-ger, der Haken saß tief im Maul. Gerne hätte ich ihn wieder schwimmen lassen, das hatte aber keinen Sinn. Dem kleinen Chase fielen fast die Augen heraus: Mit einem gezielten Griff brach ich dem Fisch das Genick, damit er nicht leiden muss. Dieses Schauspiel wiederholte sich gleich noch zwei Mal in meiner Badezeit. So hatten wir wirklich drei Fische zum Braten. Sie sahen etwas anders aus als unsere Barsche, aber so etwas Ähnliches war es.
Andrew hatte einen Ferienjob gefunden. Am Abend sollte er ein paar Stunden in einem Fastfood Restaurant arbeiten. Bis zur Stadt sind es doch ein paar Kilometer und so spielte Barry Taxifahrer. Auf der Heimfahrt haben die beiden sich in die Haare bekommen. So sah es jedenfalls aus, als Andrew hereinkam und wütend mit den Türen knallte. Diese beiden starken Typen stritten sich immer wieder, wer Schuld ist, kann nicht immer geklärt werden.
Doch an diesem Tag war es schlimmer. Barry blieb draußen und wollte eine Entscheidung. Carrie sollte wählen zwischen ihm und Andrew. Mutter und Sohn lagen sich in den Armen, sie sagten nichts. Dann packte Andrew eilig ein paar Sachen zusammen, um bei einem Freund zu übernachten. Carrie ging zu Barry nach draußen um zu redeten. Ich verschwand besser in meinem Zimmer.
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