Liegt der Ursprung des christlichen Fisch-Symbols in Indien?

Seit Hermann Usener’s religionsgeschichtlichen Untersuchungen gibt es die These, dass das christliche Fisch-Symbol aus Indien in das Morgenland importiert wurde. In seine Arbeit „Die Sintflutsagen“ hat er auch ein Traktat eingefügt über „Christus als Fisch“ (2). Er hat darin das christliche Fischsymbol in Zusammenhang gebracht „mit dem in der indischen Flutsage hervortretenden wunderbaren Fisch, der demjenigen, der ihn fängt, durch Errettung oder Wunscherfüllung es lohnt, dass er ihn schonte.“ (3). Schon vor Usener hat Angelo de Gubernatis das christliche Fischsymbol aus Indien hergeleitet, aber seine Veröffentlichung ist ziemlich unbeachet geblieben (4). Da nun Usener derartiges dokumentiert hat, wurde der Sache mehr Aufmerksamkeit geschenkt. R. Pischel widmete ihr eine ausführliche Darstellung (5). Danach erklärt sich die Entstehung des christlichen Symbols ΙΧΘΥΣ = CHRISTUS wie folgt: Der Sinn des ΙΧΘΥΣ-Symbols ist, „dass unter dem Bilde des Fisches der Erlöser oder Retter bezeichnet werden soll. Deswegen deutete man auch das „Σ“ des Wortes ΙΧΘΥΣ als ΣΩΤΗΡ (= Sotär, d. h. Retter). Gibt es also ein Volk, in dessen Sage und Kultus der Fisch die Rolle des Erlösers gespielt hat, so wird es wahrscheinlich, dass das christliche Symbol von diesem Volke entlehnt ist, wenn sich auch sonst Beziehungen zwischen der Religion dieses Volkes und dem Christentum nachweisen lassen. Beides ist der Fall in Indien.“ (6).

Pischel führt die Sage vom Fischkönig Samada an, der durch Anrufung seiner Väter sich und seine Fisch befreite, als sie von Fischern in einem Netz gefangen worden waren; die Erzählung vom König Padmaka, der sich bei einer Epidemie in einen Rohitafisch verwandelte und mit seinem Fleisch das Volk von der Gelbsucht rettete (7).

Pischel hebt auch hervor, dass der Fisch in Indien zu den acht Mangala, d. h. Glückszeichen, gezählt wurde. Ebenso findet er sich unter den 216 Glückszeichen auf den Fußsohlen des Buddha und der Fisch wird auf die Wände der indischen Häuser gezeichnet als Schutz gegen die Dämonen (8).

Pischel erklärt den Übergang des Fischsymbols von Indien in das Christentum folgendermaßen: Von den Visnuiten übernahmen das Symbol die Buddhisten. „Aus den Himalayaländern kam das Symbol nach … Turkestan. Hier lernten es die Christen kennen und übertrugen es auf ihren Erlöser.“ (9)

Diesen Ausführungen Pischel’s stimmt Hans Schmidt explizit zu. In sein Buch („Jona. Eine Untersuchung zur vergleichenden Religionsgeschichte“) hat er auch einen Traktat eingeschaltet: „Das Fischsymbol in der christlichen Kirche“. Er schreibt: „So wird das christliche Fischsymbol im letzten Grunde von derselben mythischen Gestalt herstammen, der wir in dem „großen Fische“ der indischen Märchen …. begegnet sind.“ (10).

Diese von Pischel und Schmidt befürwortete These, dass das christliche Fischsymbol aus Indien in das Abendland importiert wurde, kann nur zugestimmt werden, wenn eine Verbindung zur damaligen Zeit zwischen Indien und dem Abendland nachgewiesen werden kann.

Indien lag seit Alexanders indischem Feldzug nicht mehr in nebelhafter Ferne. Tertullian bezeugt uns, dass man 197 n. Chr. auch im Abendland von indischen Bräuchen wusste. Um die Christen vor dem Vorwurf der Unproduktivität zu bewahren, sagt er einmal (Apol. C. 42): „Wir sind keine Brahmanen oder indische Gymnosophisten, Waldmenschen und aus dem Leben ausgeschieden“ (11). Wertvoller noch ist eine Stelle in Hippolyts Philosophumena, wo die Philosophie und Lebensauffassung der indischen Brahmanen in eingehender Weise zur Darstellung kommt (12). Das läßt doch auf ziemlich lebhafte Beziehungen des römisch-griechischen Westens und dem fernen Indien schließen. Das ergibt sich auch daraus, dass nach Eusebius gegen Ende des zweiten Jahrhunderts (unter Kaiser Kommodus) Pantänus, Vorsteher der Katechetenschule von Alexandrien auf einer Missionsreise bis nach Indien gekommen war.

Wir wissen, dass bei der Pfingstpredigt des Petrus sich unter den Zuhörern Parther, Meder und Elamiter befanden, also Bewohner von Gegenden, die noch östlich von Babylon gelegen sind. Es ist daher durchaus nicht ausgeschlossen, ja sogar wahrscheinlich, dass bereits im ersten Jahrhundert das Evangelium bis nach Indien gedrungen ist.

Quelle: http://www.heilungundbefreiung.de/html/fischsymbol.html