Der Ekstatiker wird vom Willen beseelt, Ekstase zu erfahren. Er sucht, was nicht sicher zugesagt ist und was sich nicht spontan von selbst erschließt, so dass er immer wieder aufs Neue darum kämpfen muss, sein Ziel zu erreichen - mittels verschiedener Stimulanzen. Dramatische Gesten, Tanz, Musik, Alkohol, Opium, Haschisch, Wasser von einem heiligen Brunnen oder Tierblut führen den Zustand der Verzückung herbei, der es dem Menschen ermöglicht, die Schranken seiner selbst zu sprengen.
Der Prophet auf der anderen Seite wird nicht vom Willen getrieben, Prophetie zu erfahren. Was er erlangt, kommt gegen seinen Willen. Er lechzt nicht nach Erleuchtung. Er ruft nicht nach ihr; er wird gerufen. Bevor der Prophet noch Aussschau hält nach dem Kommen Gottes, ist Gott schon über ihm.
Ekstase ist motiviert durch das Interesse eines Menschen an Gott, durch seinen Wunsch, erleuchtet zu sein. Prophetie ist - nach Meinung des Propheten - motiviert durch Gottes Interesse an den Menschen, durch Gottes Wunsch, dass der Prophet sein Volk erleuchte.

Quelle: A.J. Heschel "Prophets" Seite 358