Hm ...
Fanatismus hat als Wort einen fahlen Beigeschmack. Im Prinzip bedeutet es doch so etwas wie "großer Eifer für etwas". Auch unser Wort Fan leitet sich davon davon ab. Ich kann nichts schlechtes daran sehen, Gott mit großem Eifer zu verehren. Diesen Eifer jedoch gegen andere zu richten, ist sicherlich eine Fehlleitung des Glaubens.
Vielleicht macht Angst den Unterschied. Die (im negativen Sinne) fanatischen Menschen, die ich kennen lernte, waren alle ängstliche Menschen. Alle hatten sie Angst vor Gottes Strafe. Manche bekennen sich eigentlich nur deshalb zu einer Religion, um nach ihrem Tode nicht in der Hölle zu landen. Auch waren sie sehr ängstlich, ihre Glaubensgrundsätze in Frage zu stellen. Als würde Gott sie dafür strafen. Und es scheint mir, als verteufelten sie deshalb alle Anders-Gläubigen, weil diese eben das tun, was sie sich selbst nicht trauen.
Es gibt eine Studie über islamischen Fundamentalismus in Deutschland aus dem Jahre 1997. "Verlockender Fundamentalismus" heißt das Buch. Ein Ergebnis der Studie war, daß Fundamentalismus deshalb so verlockend ist, weil er Orientierung und Halt gibt. Das würde die Angstthese untermauern.
Jedenfalls habe ich bei Menschen, die im positiven Sinne fanatisch sind, die Angst nicht gesehen. Und auch keine Verdammung anderer.
Wenn mein vorläufiger Gedankengang halbwegs stimmt, wäre es in weiten Teilen eine Frage der Sozialisation. Der Begriff "Erziehung" würde wohl zu kurz greifen.
Gruß
LD
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