Teil 2

Apropos Sadduzäer. Lieber Paulus, wie konntest du dich dazu hinreißen lassen, ihnen zu dienen? Ich dachte du warst Pharisäer? Und du wusstest auch, dass die Pharisäer mit der Urgemeinde sympathisierten, sich Viele ihnen sogar anschlossen. Ärgerte dich das etwa, was dich dann zu den anderen römischen Juden trieb, welche Sadduzäer waren? Oder lehnte man dich deshalb bei den Pharisäern ab, weil du einen Eid auf den Kaiser gesprochen hattest? Klar, die Sadduzäer hatten damit kein Problem, sie waren ja auch römische Beamte – also in dessen Diensten und standen bei Römern auf der Gehaltsliste. Und noch mehr frage ich mich, wie du dich auf den Hohepriester und die Priesterschaft bei Felix berufen konntest, wenn du dich dann doch wieder von ihnen abgewendet hast. Paulus, Paulus, du hast manchmal schon sehr komische Sachen gemacht.

Auch ein Wort möchte ich an dich richten und dich fragen, woher du die Sache mit den Frauen hast, ja eigentlich weiß ich es schon, doch es wirft noch immer soviel Wirbel auf. Ja richtig die Stoiker, in dessen Augen die Frau nur ein Abglanz des Mannes ist und Frauen sich dem Manne unterordnen müssen, ja am besten Mann die Frauen nicht berühren und erst gar nicht heiraten solle. Sei doch so nett und sage durch Visionen zu Christenmenschen aus welchem Lehrgut du diese Weisheiten hast und das dies das Judentum und die Urgemeinde nie so lehrte. Natürlich weiß ich auch, dass es Apostolinen gab, aber es muß man nicht weitersagen, die Geschichtsglätter haben so schön die Namen geändert, also bitte.

Noch ein Wort gilt deinem Obrigkeitsgehorsam, welchen du anführst. Du weißt selbst, dass dies die Essener lehrten und im Judentum nie anerkannt war, schon gar nicht von dem Jeshua, der ständig gegen die Obrigkeit der Römer rebellierte. Genau diese Aussage führte viele Wortgläubige in einen Obrigkeitsgehorsamstod und in tiefe Mitschuld an unsäglichen Verbrechen. Paulus, bei allem Respekt, aber hier hast du eindeutig zuviel des römischen Selbstverständnisses durchblicken lassen und das du dann auch noch den römischen Staatseid zum Lehrmaßstab deiner Theologie benutzt lässt tief blicken.

Zu guter letzt noch das Positive, was ich an dir schätze. Du hast im letzten Teil deines Lebens nie mehr dein Judesein verleugnet und im Römerbrief viel zu relativieren versucht. Doch leider wurden auch diese Worte umgedeutet auf das angeblich neue Israel. Doch Römer 9/4-5 spricht für dich und ich glaube, da hat wirklich dein Herz gesprochen und nicht dein stoischer Verstand.

So lieber Paulus, nun gut damit. Es gibt so viele Fragen an dich, es will kein Ende nehmen. Ein schweres Erbe hast du Vielen hinterlassen, deinen Landsleuten, Wissenschaftlern, Frauen und Gläubigen. Ich werde mich weiter mit dir beschäftigen müssen und ich glaube mehr denn je, dir und deinem Ansinnen immer näher zu kommen. Ich glaube dir, du hast aus deinem Glauben, deinem Wissen und aus deiner Überzeugung gehandelt, doch ich nehme dich ebenso beim Wort und sehe dein Wirken als Stückwerk, welches dringend geprüft werden sollte und muß. Was ich über dich als Menschen erfahren habe ist viel, denn wir alle sind manchmal all das Negative in uns selbst, was dir zugeschrieben wird. Damit wirst du menschlich in all deinen Schwächen, Irrungen und Wirrungen.

Sei gegrüßt lieber Saulus, dein Freund