Damals war`s…1879

Der Historiker Heinrich von Treitschke schrieb 1879 in seiner Schrift „Unsere Aussichten“ in polemisierender und doch sehr ernst gemeinter Weise: „Die Juden sind unser Unglück“.

Das „Unglück“ kam in diesem Fall von dem jüdischen Maler Max Liebermann, denn Unerhörtes tat er und zog sich damals nicht nur die Kritik von Deutschnationalisten auf sich, nein, die deutsche Christenheit war entsetzt und aufs tiefste verstört – damals 1879.

Max Liebermann schuf den ersten „Jesus-Skandal“ auf deutschen Boden, denn er malte ein Bild zum Thema: Der zwölfjährige Jesus im Tempel“. Liebermann, inspiriert durch was auch immer, malte „seinen Jesus“ im Stil eines jüdischen zwölfjährigen Jungen, umgeben von gutmütig wirkenden älteren Rabbinen. Ja ohne Zweifel, der Junge war Jude, seine Kleidung, seine Schläfenlocken, etc. Ein Jude unter Juden, historisch detailgetreu gemalt, ganz der realistischen Malweise verpflichtet.

Der Bayrische Prinzregent reagierte empört, die Kirchen sprachen einmütig von Gotteslästerung, ja man drohte sogar mit einer öffentlichen Anklage beim Kaiser in Berlin, denn wie konnte es sein, dass ein Jude es wagte ein christlich genuines Thema so in den Dreck zu ziehen. Und so verwundert es nicht, dass die Jesusdarstellung als Verhöhnung des Heilandes bezeichnet wurde, als schmieriger Schacherjunge, ein Judenbengel aber doch nicht der Jesus der Christen.

Liebermann bekam Angst, ja die Drohungen nahmen solche Ausmaße an, dass seine Mutter nicht mehr wagte das Haus zu verlassen. Es brodelte gewaltig und auch jüdische Organisationen bekamen es mit der Angst zutun – damals 1879. Der Volkszorn schien sich zu entladen.

Liebermann handelte schnell, denn er erkannte die Gefahr. Ausgerüstet mit Pinsel und Malfarbe nahm er sich des Bildes an und binnen kürzester Zeit erschien ein altes – neues Bild in der bayrischen Galerie.

Es kehrte Ruhe ein, denn da stand er nun, der deutsche Junge Jesus, mit blonden Haaren, Stupsnase, würdevoll und doch niedlich, eben sehr vertraut den Christen – damals 1879.

Alle atmeten auf, die Christen und auch Juden, doch vergessen hat man Liebermann diesen Ausrutscher nicht, er stand als Provokateur zeitlebens im Generalverdacht und sein Bild verschwand sang und klanglos bis es, fast zufällig, im Jahr 2006 auftauchte und man erinnerte sich an damals – an 1879.

Sachen gibt’s…..


Absalom