Ich empfinde es so, dass beide Sichtweisen - Zeuge und Alef - trotz Widersprüchen zusammengehören und als Ergänzung zueinander betrachtet mehr hergeben. Eure Blicke sind auf dasselbe gerichtet, eure Worte zeugen von demselben Geiste, aber weil jeder (Mensch notgedrungen) einen anderen Standpunkt einnimmt, einen anderen Platz ausfüllt und darum auch verschiedene Blickwinkel einnimmt, so entsteht oberflächlich der Eindruck, als würde der eine oder der andere am "falschen Platze" stehen. Wenn ich beides nebeneinander stehen lassen kann, dann ergibt es ein sinnvolles, ein ganzheitlicheres Bild, weil es die Blickrichtung des Schöpfers und die des begrenzten Menschen zulässt. Beide Richtungen gehören zusammen und sollen sich wohl auch gegeneinander richten, damit Begegnung stattfinden kann und daraus Verstehen und Erkenntnis erwächst. Aber allem voran geht das Annehmen und Zulassen des Anderen.
Wenn ich euch beide lese muss ich unwillkürlich wieder an den Leib denken, der eben krankt, wenn die Glieder zerstritten sind und sich nicht dem Haupte (Jesus) unterordnen. Wie sinnwidrig wäre es doch, wenn das Auge zur Zehe sprechen würde: "Welch verkehrte Lebensweise du doch vertrittst und wie armselig musst du sein, da du nichts hast, um Eindrücke wahrzunehmen, geschweige denn ein Licht von aussen zu empfangen. Tue wie ich tue, so wirst du Licht sein und Licht geben deiner Umgebung." Und die Hände würden zu den Füssen sagen: "Stümperhaft und unausgereift ist eure Art, denn eure Glieder vermögen nicht zuzugreifen und weder zu empfangen noch zu segnen und zu schaffen. Ihr zieht es vor, euch in eure eigenen Welt zurückzuziehen und werdet stets zuerst und am meisten beschmutzt, und dann lasst ihr euch für euer eigenliebiges Tun auch noch von anderen waschen." Oder der Mund spräche zum After: "Welch verkehrter Lebensordnung bist du anheimgefallen: Ist denn nicht der einzig sinnvolle Dienst am Leibe jener, alles nach Güte und Geschmack zu testen, es zu geniessen und einzuverleiben?"
Dreht sich nicht auch die Erde "eigenliebig" um sich selbst, und bedingt gerade dadurch einen gesunden Kreislauf der Kräfte, und auch, dass das (Gnaden-)Licht der Sonne gemässigt wird zur Erweckung und Erhaltung von Leben auf ihr? Und dennoch hält die Sonne sie am Gängelband ihrer grösseren (Liebes-)Kraft, so dass die Erde nicht aus der Bahn und damit aus der grösseren Ordnung fällt. - Gehört nicht einfach alles zusammen, wenn und weil es nun schon einmal da ist? Ginge es nicht grundsätzlich einfach darum, alle und alles als zur Einheit gehörend anzunehmen, so wie JESUS uns annimmt und immer schon angenommen hat mit samt unseren Eigentümlichkeiten und Schwächen? Ist nicht alles - sei es nun Individualismus oder Gemeinschaft - zu seiner Zeit von Nutzen? Hat nicht auch JESUS in den Augen der (damaligen) Menschen einen gewissen Individualismus gelebt?
Mir fällt da das Wort aus dem 2. Brief an Timotheus 2,2 ein: "Ruf ihnen...ins Gedächtnis...sich nicht um Worte zu streiten; das ist unnütz und führt... nur ins Verderben." Und: "Einige verkündigen Christus zwar aus ...Streitsucht, andere aber in guter Absicht. Die einen predigen Christus aus Liebe, ... die anderen aus Ehrgeiz, nicht in redlicher Gesinnung; ...Aber was liegt daran? Auf jede Weise, ob in unlauterer oder lauterer Absicht, wird Christus verkündigt..." (Philipper 1,16 - 18).
Habe ich mich nun unnötig eingemischt? - Eigentlich suche ich bloss Menschen, die interessiert sind an Fragen rund um den Glaubensweg der Menschheit und den Weg Gottes zu der und mit der Menschheit. - Ja, ich habe die Bibel ganz gelesen, mehrmals, aber heisst das nun, dass ich sie auch verstehe? Und bedeutet es, dass ich nun das Leben zu leben weiss und mit den Menschen "nächstenlieber" umgehe?
Ich weiss nur eines: Ich ent - decke stets Neues in der Bibel, und begreife und erfahre das Leben stets tiefer und erfüllender dem Wort Gottes sei Dank. Ich beginne zu verstehen, dass ich immer nur einen kleinen Ausschnitt zu verstehen und überblicken vermag, so weitgreifend und umfassend es sich auch immer für mich anfühlt. Wer kennt schon den letzten Grund einer Tat oder einer Handlung? Wie sollte ich da auch vollgültig und abschliessend urteilen können über etwas oder jemanden? Ich weiss nur eines: dass immer noch mehr und Grösseres in den überlieferten Schriften zu finden ist, Weisheiten und Erkenntnisse die sich zeigen wollen und im Leben tätig umgesetzt werden möchten. Ich mag die Bibel, sie ist mein täglicher Haupt-Begleiter - nebst anderen Schriften, auch aus anderen Religionen.
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