Moin Provisorium,
Sowohl Judentum wie auch Christentum ebenso wie der Islam sind von verschiedenen Strömungen beeinflusst. Manchmal weniger, manchmal mehr, manchmal nur eine zeitlang, manchmal teilweise dauerhaft bis in den Kern.
Der Unterschied zwischen Einflüssen des Platonismus und des Tanach auf das NT ist folgender: Das NT bezieht sich in seinen Texten direkt auf den Tanach. Es nennt ja sogar teilweise die konkreten Stellen. Ein NT ohne Platonismus ist gut vorstellbar, ein NT ohne Tanach aber danach nicht.
Deshalb hat das eine andere Wertigkeit.
Das Christentum hat lange Zeit um eine gemeinsame Linie gekämpft. Es hat gewisse Lehren ausgeschlossen, sich über gewisse Lehren geteilt und auch zerstritten. Mit der Zeit versuchte das Christentum dann wieder einen gemeinsamen Grundkonsens zu finden. Was ja auch gelungen ist.
Es gibt jetzt einzelne ganz kleine Gruppen, die diesem Grundkonsens nicht zustimmen. Manche von diesen näherten sich irgendwann dem Grundkonsens an (Adventisten).
Wer bestimmt nun, wer oder was ein Christ ist?
Nun, ich bestimmt nicht. Ich äußere hier nur meine persönliche Meinung, wen ich als Christen ansehe. Ich halte es für richtig, mich dabei an die Einteilungen zu halten, die sich die riesengroße Gesamtheit der Christen selbst gegeben hat. Ich orientiere mich an den Begriffen, die man überall mit Christen verbindet.
Ein Christentum ohne Jesus hat für mich keine Verbindung mehr zum christlichen Glauben. Es mag eine tolle Ethik haben, es mag sogar richtig liegen (wer weiß das schon), aber es ist nicht christlich.
Wenn Dich meine Ansicht verletzt, tut es mir wirklich leid. Das ist nicht beabsichtigt. Ich habe überhaupt nichts gegen Deinen Glauben, im Gegenteil. Aber ich habe eine Meinung zu dem, was ein Christ mindestens sein muss. Eine Überzeugung, die sich mit denen der allermeisten Christen und wohl auch der allermeisten Nichtchristen deckt (so sie sich denn damit mal ein bisschen beschäftigt haben).
Ich glaube Dir durchaus, dass Du nicht die Absicht hast, zu täuschen. Dennoch werden sich, wenn Du Dich als Christ bezeichnest, Menschen in dem täuschen, was sie damit bei Dir verbinden. Zwangsläufig. Das finde ich nicht unproblematisch. Weil Missverstehen immer problematisch ist.
Nochmal: Ich habe keine Deutungslegitimation für 'Christentum'. Ich kann hier nur, auch auf Grund meiner eigenen christlichen Sozialisation und meiner späteren Entwicklung, meine Meinung dazu äußern.
Gerade wegen meiner eigenen Entwicklung habe ich mich sehr damit auseinander gesetzt, was für mich (noch) ein Christ ist. Wie lange ich mich selbst noch als einer bezeichnen konnte.
Was verbindest Du für Dich mit dem Begriff 'Christ'? Der Glaube an Jesus ist es ja wohl nicht.
Tschüss
Jörg
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