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  1. #1
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    Standard Jesus, das Gesetz und der Glaube

    Hallo ihr Lieben,

    eigentlich ging es doch in den letzten Threads hier bei uns Gnadenkindern immer wieder um die Frage, wie das Gesetz der Juden zu verstehen sei, inwiefern es für uns Christen noch verbindlich ist und ob es tatsächlich allein der Glaube ist, der den Menschen vor Gott rechtfertigt.

    Ich will mich diesen Fragen nun einmal auf möglichst einfache Art und Weise nähern und deshalb zunächst einmal Jesus zu Wort kommen lassen, der folgendes zum Thema Gesetz sagte:

    Er aber sprach zu ihm: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand. "Dies ist das größte und erste Gebot. Das zweite aber ist ihm gleich: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst."An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

    Jesus ging es also ganz offensichtlich tatsächlich nicht zuvorderst um ein äußeres Verhalten, also nicht etwa darum alle 613 Ge- und Verbote des Talmud in Perfektion zu befolgen, sondern um eine innere Herzenshaltung, also um die Gesinnung des Menschen. Und diese Gesinnung fasst er, wie oben zitiert, in dem Liebesgebot zusammen.

    Die aufrichtige und aus dem Herzen, der Seele und dem Verstand des Menschen kommende Liebe zu Gott und die aufrichtige Liebe zu den Menschen, ist für Jesus also die Voraussetzung, um dem Gesetz gerecht werden zu können. Vielleicht kann man sogar sagen, dass das Liebesgebot für Jesus das Gesetz war?

    Da ist also gar nicht so sehr davon die Rede, dass man dies und das zu tun und zu lassen habe, sondern es geht um ganzheitliche Liebe zu Gott und den Menschen.

    Sicher wird kein Christ diesem Liebesgebot widersprechen und es vollumfänglich auch für seinen Glauben als absolute Notwendigkeit erachten, oder? Und insofern würde sich doch sicher auch kein Christ von diesem Gesetz als befreit empfinden, noch empfinden wollen, oder?

    Wie mir scheint, haben viele Christen aber trotzdem immer wieder ein Problem mit dem Gesetz, weil sie es wohl weniger aus dem oben beschriebenen Blickwinkel heraus betrachten, sondern unter dem "Stichwort Gesetz", eine ganze Latte von Ge- und Verboten vor sich sehen, die einzuhalten, den Menschen aufgetragen wurde, damit sie vor Gott gerecht werden können.

    Und offensichtlich hat das wohl auch Paulus so gesehen, wenn er von Gesetz spricht und in Folge dessen seine "Rechtfertigungslehre aus Glaube" entwickelt. Er hat im Gesetz also weniger das Liebesgebot gesehen, so wie Jesus das Gesetz zusammengefasst hatte, sondern die vielen, vielen, sehr schwer zu haltenden Regeln.

    Ich meine nun, dass es aufgrund dieser unterschiedlichen Vorstellungen von Gesetz, immer wieder, zu mehr oder minder starken, Verwirrungen kommt und die Einen wähnen, allein der Glaube an Jesus würde schon ausreichen, um vor Gott gerecht zu werden, während die Anderen betonen, dass der Glaube allein nicht ausreicht, sondern zum Glauben auch noch entsprechende Werke dazu kommen müssen.

    Ich frage mich nun, ob Jesus und Paulus das tatsächlich so fundamental unterschiedlich gesehen haben? Und meine Antwort, die nun höchstwahrscheinlich den ein oder anderen sehr überraschen wird, lautet, dass letzten Endes auch Paulus nicht der Überzeugung war, dass man allein aus Glaube gerechtfertigt werden könnte.

    Dazu nur ein Vers aus dem ersten Brief des Paulus an die Korinther (1.Korinther 13,2):

    Und wenn ich Weissagung habe und alle Geheimnisse und alle Erkenntnis weiß, und wenn ich allen Glauben habe, so dass ich Berge versetze, aber keine Liebe habe, so bin ich nichts.

    Ist es nicht eigentlich so, dass auch Paulus die Liebe als fundamentale Voraussetzung betrachtet, um vor Gott gerecht werden zu können? Er schreibt ja, dass selbst, wenn er allen Glaube hätte, und zwar so starken Glauben, dass er Berge versetzen könnte, trotz dieses großen Glaubens nichts wäre, wenn er denn keine Liebe hätte!

    Wenn wir also das Gesetz so zusammenfassen würden, wie Jesus es getan hat und also die Liebe zu Gott und den Menschen zu unserem Glaubensmittelpunkt machen würden, dann müsste es uns doch vielleicht gelingen, die gelegentlich aufkommende Verwirrung, aufgrund der so genannten "paulinischen Rechtfertigungslehre" zu entwirrren und Glaube und Liebe würden Hand in Hand unser Leben bestimmen und all unsere Glaubenshoffnungen begründen.

    Wie Paulus sagt:

    Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; die Größte aber von diesen ist die Liebe.

    Wie seht ihr das? Kann man das so provisorisch sagen, oder liege ich eurer Meinung nach daneben?

    LG
    Provisorium
    Geändert von Provisorium (27.08.2014 um 00:21 Uhr)
    Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)

  2. #2

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    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Ist es nicht eigentlich so, dass auch Paulus die Liebe als fundamentale Voraussetzung betrachtet, um vor Gott gerecht werden zu können?
    Liebe ist nicht Voraussetzung für Gerechtigkeit, sondern Resultat von Gerechtigkeit. Wir lieben, weil unsere Schuld bezahlt wurde und nicht, um unsere Schuld zu bezahlen:

    "Da sie aber nicht bezahlen konnten, schenkte er's beiden. Wer von ihnen wird ihn am meisten lieben? Simon antwortete und sprach: Ich denke, der, dem er am meisten geschenkt hat. Er aber sprach zu ihm: Du hast recht geurteilt." Lk 7,42-43

  3. #3
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    Standard

    Zitat Zitat von FrauShane Beitrag anzeigen
    Liebe ist nicht Voraussetzung für Gerechtigkeit, sondern Resultat von Gerechtigkeit. Wir lieben, weil unsere Schuld bezahlt wurde und nicht, um unsere Schuld zu bezahlen:
    Du, das wollte ich damit auch gar nicht sagen. Also ich wollte nicht sagen, dass Paulus liebt, um irgendwelche Schuld zu bezahlen, sondern ich meinte, dass auch für Paulus die Liebe eine Voraussetzung ist, um vor Gott gerecht werden zu können und zwar im Sinne der uns gegebenen Gebote.

    Paulus sagt ja noch mehr zum Thema Liebe:

    Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig, sie neidet nicht, die Liebe tut nicht groß, sie bläht sich nicht auf, sie benimmt sich nicht unanständig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet Böses nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit; sondern sie freut sich mit der Wahrheit, sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles.

    Liebe ist also nicht "Mittel zum Zweck", man liebt nicht, weil man irgendetwas damit erreichen, oder sich etwas damit verdienen möchte. "Liebe sucht nicht das Ihre", sagt Paulus. Liebe wird im Herzen des Menschen geboren und verfolgt dann nicht irgendeinen Nutzen. Sie ist einfach da, weil Gott da ist und wo Gott ist, ist auch Liebe.

    Man kann deshalb vielleicht sagen, dass wir lieben, weil wir zuerst geliebt wurden (1.Johannes 4,19)? Gott hat also seine Liebe in unsere Seele geboren und wir geben sie sozusagen zurück und nur insofern ist Liebe dann etwas Vorausgesetztes. Nicht, weil wir dadurch gerecht werden wollen, sondern weil Liebe "Teil unseres Wesens" ist.

    Aber trotzdem ist diese Liebe, die Teil unseres Wesens ist (weil Gott uns zuerst geliebt hat); insofern Voraussetzung, um vor Gott gerecht werden zu können, weil wir ohne diese Liebe (nach Paulus) eben nichts wären.

    Wenn ich Gott deshalb lieben würde, weil unsere Schuld bezahlt wurde, wie du meintest, dann wäre diese Liebe doch so eine Art Ausdruck von "Gegenleistung", oder? Also Gott bezahlt unsere Schuld und im Gegenzug schenke ich ihm meine Liebe. Wäre das dann nicht ein Stückweit eine Liebe, die doch das Ihre sucht? Die einen Vorteil sucht, einen Gewinn?

    Aber die Liebe die ich meine, ist eine Liebe, die die Liebe Gottes einfach nur widerspiegelt und nur insofern ist sie Voraussetzung, weil sie eine Form von "Kommunikation" und "lebendigem Austausch" ist...

    LG
    Provisorium
    Geändert von Provisorium (27.08.2014 um 01:29 Uhr)
    Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)

  4. #4

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    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Wie seht ihr das? Kann man das so provisorisch sagen, oder liege ich eurer Meinung nach daneben?
    Ich für meinen Teil sehe es ganz genauso. Guter Beitrag @Provisorium & Danke. Auch sehr klar und deutlich auch geschrieben.

    Paulus lehrte auch in meinen Augen dieses "allein aus Glauben bist Du Gerechtfertigt vor Gott" nicht (und Jesus schon gleich gar nicht)... zumindest nicht durchgehend, sondern es wird vielmehr von anderen Theologen und diversen Kirchvätern nur so Konstruiert anhand seiner Briefe.

    Auch sprach er in besagter Römerstelle sicherlich nicht vom "Gesetz" wie es Jesus erklärte sondern vielmehr von einer Gesetzlichkeit wie die "mosaischen Gesetze" von vielen sturr praktiziert und verstanden wurden (abgesehen davon eh einige dieser gar nicht im Buchstäblichen Sinne so von Gott kommen konnten).

    Meine persönliche Lieblingsstelle wo sich Jesus auch zum Gesetz äußert ist Mt 7,12.

    "Alles nun, was immer ihr wollt, daß euch die Menschen tun sollen, also tut auch ihr ihnen; denn dies ist das Gesetz und die Propheten."

    Das geht imho auch Hand in Hand mit der von Dir zitierten Mt 22, 40 Stelle ("An diesen zwei Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten").

    Weil... gibt es denn irgendeinen Menschen der nicht geliebt werden will? Glaub ich zB nicht.

    Jesus hielt demnach die Goldene Regel nicht (!) für einen "netten ethischen Verhaltenscodex" wie mir leider oft aufällt daß dies viele Christen so sehen, sondern er identifizierte sie mit dem "Gesetz und den Propheten" und damit ist nichts anderes gemeint als die heiligsten Elemente der damaligen jüdischen Religion.

    Und die "Goldene Regel" und das "Richtmaß Gottes" wiederum reichen sich ebenso die Hand wie es perfekter eigentlich kaum mehr geht. Denn das Richtmaß Gottes ist ja daß uns nach unseren eigenen Handeln und Denken geschieht. Daß wir nach diesen "gerichtet" werden.

    Mir ist kein gerechteres Richtmaß bekannt. Persönlich ist das für mich nichts anderes als der Grundsatz der Karmalehre(n).

    Wenn Gott die Schöpfung also so geregelt hat daß jeder das erntet was er gesät hatte (= Richtmaß Gottes = unser angewandtes Maß wird unserer eigenes Richtmaß sein) und wenn die wahre Bedeutung des "Gesetzes" und die Kernaussage der Propheten jene war, daß wir das den Menschen tun sollen wie uns getan werden soll (die Goldene Regel)... dann liegt es auf der Hand daß die edelste und höchste Form nur die Nächsten- Selbst und Gottesliebe sein kann...

    Mir ist zumindest keine edleres und höheres Gebot bekannt.

    'Gebot' wohl bemerkt und nicht 'Befehl'. Jedem steht es frei diesen Weg zu gehen oder auch nicht. Zweiteres halte ich allerdings für die Ursache des schlechten Zustandes der Welt hier. Ersteres für die Ursache allen Schönen Dingen auf dieser Welt...gibts ja schon auch... so ist es ja nicht.

    Diese Lehre ist im Grunde sehr einfach zu begreifen und gleichzeitig die edelste und auch wahrste was ich bisher kennenlernte. Wo Herz und Verstand beide einstimmig "Ja" dazu sagen.

    Aber sie wird auch massiv verzerrt und "infiltriert". Das ist in meinen Augen unbestreitbarer Fakt (leider).

    Vor allem von Theologen, Priestern und sonstigen Würdenträgern aber auch von sich "Gläubig" nennende.

    Eine dieser verzerrungen ist eben das theologische Konstrukt daß der Glaube *alleine* (Betonung auf *alleine*) alles Rechtfertigen würde.

    Das Problem was ich sehe ist vor allem daß die Christenheit ihren offiziellen Führern und Priestern und Würdenträgern zu sehr vertraut und diese sind es aber meistens die solche Verzerrungen von der Kanzel von oben predigen.

    Ein anderes Zeichen, zumindest in meinen Augen, für die Infiltrierung dieser wirklich einfach zu begreifenden Lehre von Jesus ist daß es so Intellektuell dargestellt wird daß kaum mehr einer folgen kann am Ende aber durch die Hochgestochene Artikulation man verführt wird zu denken "Ohhh... der oder diejenige muss aber was drauf haben und deswegen wird sein/ihr Fazit schon richtig sein". In meinen Augen jedoch ist es ein anderer Grund warum es komplizierter gemacht wird als es in Wahrheit ist: Nämlich um diese Einfache Lehre zu neutralisieren... zu verzerren... zu verwirren... über-8-Ecken-wo-anders-hinführen... weil der/diejenige in Wahrheit selbst nicht wirklich an diese einfachen Dinge glaubt.

    Da muss man imho sehr sehr aufpassen was das Fazit (falls überhaupt Erkennbar) solcher aufgeblähten Intellektuelln Reden, Erklärungen und theologischen Konstrukten sind. Immer gucken was die Kernaussage war und immer abgleichen in wie fern sie den einfachen Lehren von Jesus übereinstimmt oder (meistens eher dann) widerspricht. Egal wer es sagt, wie klug und Vornehm derjienige auch immer rüberkommen mag... und wenns der Papst selbst ist... Immer abgleichen.


    Für diejenigen, die daran glauben (wie ich), daß es auch so etwas wie dämonische oder durch "Unreine Geister" Beinflussungen gibt die diese Lehre Jesus zerstören wollen damit man auf Irrwegen abgleitet: In meinen Augen schützt man sich davor mittels regelmäßigen Gebet/Bitte (immer an Gott direkt gerichtet) um Schutz davor zum einen.

    Und zum anderen (ebenso wichtig weil sonst kann das Gebet nicht erfüllt werden) daß man so gut es nur irgend möglich ist niemanden irgendwas böses zu wünschen... niemanden zu hassen... nicht in lang anhaltender Wut und Ärger verweilen... oder einfach auf den Punkt gebracht die Nächstenliebe und vor allem die Vergebung so wie es Jesus in den Evangelien lehrte immer gewinnen lassen.

    Weil gemäß des "Richtmaß Gottes" zieht man mit Negativen Gedanken die entsprechenden geistigen Entitäten zu sich unweigerlich heran. Und es wird dabei auch nicht gefragt warum man hasst oder die Negativen Gedanken hat. Man muss sich unbedingt davon lösen. Vergebung ist hier, in meinen Augen, der Schüssel dazu. Da hat also sicherlich noch jeder einiges zu tun :-)

    Zum Schluss will ich noch kurz erwähnt haben daß es, imho, bei all dem darum geht "ins Himmelreich" zu kommen. Für mich bedeutet "ins Himmelreich zu kommen" die Bewusstwerdung daß es in einem selbst ist... daß Gott und unsere Seele eine Einheit sind. Die "Goldene Regel" zu beachten und nie vergessen, das Liebesgebot, und aber auch um das Richtmaß Gottes Bescheid zu wissen und was für Konsequenzen es hast wenn man dagegen verstößt oder es schlichtweg ignoriert (sei es durch Unwissenheit... sei es durch Unglaube)... dies alles dient, in meinen Augen, vorrangig diesen einen Zweck. "Die Heimkehr"... wenn man es so nennen will :-)

    lg Net.Krel

  5. #5

    Standard

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Man kann deshalb vielleicht sagen, dass wir lieben, weil wir zuerst geliebt wurden (1.Johannes 4,19)? Gott hat also seine Liebe in unsere Seele geboren und wir geben sie sozusagen zurück und nur insofern ist Liebe dann etwas Vorausgesetztes. Nicht, weil wir dadurch gerecht werden wollen, sondern weil Liebe "Teil unseres Wesens" ist.
    Ja, so kann man das sagen. Aber:

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Gott hat also seine Liebe in unsere Seele geboren ...
    Wann und wie ist das passiert?

    LG
    Frau Shane

  6. #6

    Standard

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Wie mir scheint, haben viele Christen aber trotzdem immer wieder ein Problem mit dem Gesetz, weil sie es wohl weniger aus dem oben beschriebenen Blickwinkel heraus betrachten, sondern unter dem "Stichwort Gesetz", eine ganze Latte von Ge- und Verboten vor sich sehen, die einzuhalten, den Menschen aufgetragen wurde, damit sie vor Gott gerecht werden können.

    Und offensichtlich hat das wohl auch Paulus so gesehen, wenn er von Gesetz spricht und in Folge dessen seine "Rechtfertigungslehre aus Glaube" entwickelt. Er hat im Gesetz also weniger das Liebesgebot gesehen, so wie Jesus das Gesetz zusammengefasst hatte, sondern die vielen, vielen, sehr schwer zu haltenden Regeln.
    Warum schreibt er dann?: "Denn das ganze Gesetz ist in einem Wort erfüllt, in dem: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." (Gal. 5:14)

    Das Prinzip des Gesetzes ist die Liebe. Was ist aber Liebe?
    Was ist Liebe?

    Ganz allgemein gesehen ist Liebe erst einmal nichts weiter als ein Gefühl der Zuneigung gegenüber einer Sache, eines Dings, einer Person, welches der Mensch und letztendlich ebenso höher entwickelte Tiere psychisch empfinden. Die Betonung liegt hier auf psychische bzw. emotionale Empfindungen, da psychische Empfindungen gegenüber physischen Empfindungen nur unsere sinnlichen Wahrnehmungen beeinflussen und in unserer Gedankenwelt eingreifen, allerdings mit konkreten physischen Auswirkungen verbunden sind, teilweise auf diesen fußen und nicht losgelöst von diesen zu betrachten.

    Liebe ist somit eine Emotion. Nicht irgendeine, sondern eine Emotion, die wir mit etwas Angenehmen und für uns Guten und Wertvollen verbinden. Je angenehmer und wertvoller etwas für uns ist, umso mehr sind wir dieser Sache, diesem Ding oder dieser Person zugeneigt. Somit ist für uns Menschen Liebe und Zuneigung ein und dieselbe Empfindung.
    http://www.meridianerland.com/verhal...-ist-liebe.htm

    Da die Liebe/Zuneigung zu Mitmenschen mit konkreten physischen Auswirkungen verbunden ist, fordert das Gesetz diese Auswirkungen. Und zwar das Mindestmaß, angepaßt an die jeweilige Situation.
    Um dieser Aufgabe gerecht zu sein, hat das Gesetz einen mehrdeutigen Sinn: einen buchstäblichen, und einen tieferen/übertragenen.

    Was aber wenn man keine Liebe/Zuneigung zu einer bestimmten Person (oder mehreren) empfindet? Dann wird das buchstäbliche/oberflächliche Erfüllen des Gesetzes zur Heuchelei.
    Wer liebt, bedarf des Gesetzes nicht. (Oder informiert sich ein/e liebende/r bei einem Anwalt, wie er/sie dem/der Liebespartner/in seine/ihre Liebe zeigen soll/kann?)
    Wo es des Gesetzes bedarf, als Mindestmaß der Auswirkungen der Liebe, da mangelt es an Liebe. Man liebt nicht, sondern will nur das Nötige tun, um nicht als Verbrecher bestraft zu werden. Dann ist man sehr stolz auf sein Erfüllen des Gesetzes.

    Wer liebt, gibt sich mit dem buchstäblichen Sinn des Gesetzes nicht zufrieden. Er genügt ihm nicht. Er sucht nach tieferem Sinn desselben Gesetzes. Natürlich nur wenn er an die göttliche Inspiration des Gesetzes glaubt.
    Glaubt er an sie aber nicht, wird er nur den Buchstaben des Gesetzes sehen. Und die tiefere Liebe anderswo suchen.

    Um richtig zu lieben, muß man Liebe erfahren. (Wie oft antworten Frauen auf Liebesgeständnisse der Männer?) Liebe erzeugt Liebe.
    Und in Jesus hat Gott uns eine Beispillose Auswirkung Seiner Liebe zu uns gegeben. Durch den Glauben an diese Liebe Gottes werden wir gerechtfertigt. Aus Gnade! Ein Geschenk! Was für eine Liebe!
    Diese Liebe erzeugt in uns Liebe, die nicht ohne entsprechende Auswirkung/Werke bleiben kann. Werke der Liebe, angepasst an die jeweilige Situation.

    Wer aber weiterhin durch Werke des Gesetzes, durch das Erfüllen des geforderten Mindestmaßes der Auswirkungen der Liebe, gerechtfertigt werden sucht, der glaubt an die Liebe Gottes nicht. Er glaubt nicht an das Geschenk Gottes. Er glaubt Gott nicht.
    Dann hilft gar nichts. Denn wer an diese Liebe Gottes nicht glaubt, der kann selbst nicht wirklich lieben.

  7. #7
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    Standard

    Danke net.krel!
    Zitat Zitat von net.krel Beitrag anzeigen

    Für diejenigen, die daran glauben (wie ich), daß es auch so etwas wie dämonische oder durch "Unreine Geister" Beinflussungen gibt die diese Lehre Jesus zerstören wollen damit man auf Irrwegen abgleitet: In meinen Augen schützt man sich davor mittels regelmäßigen Gebet/Bitte (immer an Gott direkt gerichtet) um Schutz davor zum einen.

    Und zum anderen (ebenso wichtig weil sonst kann das Gebet nicht erfüllt werden) daß man so gut es nur irgend möglich ist niemanden irgendwas böses zu wünschen... niemanden zu hassen... nicht in lang anhaltender Wut und Ärger verweilen... oder einfach auf den Punkt gebracht die Nächstenliebe und vor allem die Vergebung so wie es Jesus in den Evangelien lehrte immer gewinnen lassen.

    Weil gemäß des "Richtmaß Gottes" zieht man mit Negativen Gedanken die entsprechenden geistigen Entitäten zu sich unweigerlich heran. Und es wird dabei auch nicht gefragt warum man hasst oder die Negativen Gedanken hat. Man muss sich unbedingt davon lösen. Vergebung ist hier, in meinen Augen, der Schüssel dazu. Da hat also sicherlich noch jeder einiges zu tun :-)
    Besser könnte ich meine Meinung dazu nicht formulieren!
    Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei;
    doch am größten unter ihnen ist die Liebe.

    (1. Korr. 13,13)

  8. #8
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    Zitat Zitat von net.krel Beitrag anzeigen
    Ich für meinen Teil sehe es ganz genauso. Guter Beitrag @Provisorium & Danke. Auch sehr klar und deutlich auch geschrieben.
    Oh, vielen Dank für deine Zustimmung! Mir geht es bei diesem Thema vor allem darum, Übereinstimmungen zu finden und sozusagen einen "gemeinsamen (kleinsten) Nenner.

    Denn ich sehe das wohl ganz so wie du und empfinde und verstehe die Lehre Jesu auch als grundsätzlich sehr einfach, klar, deutlich und eigentlich unmissverständlich. Dabei finde ich es gleichzeitig absolut faszinierend, dass z.B. die von dir angesprochene "Goldene Regel", so simpel sie auf den ersten Blick auch zu sein scheint, ein hohes Maß an Komplexität in sich trägt.

    Und zwar spiele ich mit dieser Aussage auf die Philosophie Kants an und seinen "kategorischen Imperativ". "Kants Imperativ" geht zwar noch ein bisschen weiter, als die "Goldene Regel", aber trotzdem kann man natürlich zurecht sagen, dass sie einander sehr verwandt sind.

    Und wenn man sich das "Gedankengebäude" anschaut, das Kant in seiner "Kritik der praktischen Vernunft" entwickelt und dessen "Kernsatz" dann eben der "kategorische Imperativ" ist, bekommt man einerseits einen mehr als beeindruckenden Einblick in die "zeitlose Aktualität" der Aussage Jesu und andererseits wird einem unmissverständlich bewusst, dass die "Goldene Regel" nicht einfach nur ein frommer Glaubenssatz ist, sondern ganz essentiell etwas mit unserer grundlegenden menschlichen Wesenheit zu tun hat - nämlich der Vernunft.

    Bei Jesus kommt also bereits Vernunft und Glaube zusammen und gerade dadurch ist seine Lehre von allergrößter und, wie ich finde, beeindruckender Menschlichkeit geprägt. Es wird nicht einfach so Glauben eingefordert, sondern wir Gläubigen werden ganzheitlich angesprochen und quasi dazu auf- und herausgefordert, unsere Vernunft zu nutzen und sie als ein Geschenk Gottes verstehen und nutzen zu lernen.

    Und nicht zuletzt deshalb, also aufgrund der Vernunft, ist mir die "paulinische Gerechtigkeitslehre", so, wie sie uns zum Beispiel Lara75 vorgestellt hat, mehr als suspekt!

    Trotzdem halte ich Laras Aussagen tatsächlich für nur konsequent, hinsichtlich dessen, was ich in manchen Gemeinden tatsächlich schon bzgl. des ganzen Themas, "Gerechtigkeit aus Glauben", gepredigt und gelehrt bekommen habe.

    Denn da wird tatsächlich geglaubt, dass der (wiedergeborene) Christ eben eine neue Kreatur und das Alte vergangen ist, man also frei ist vom Gesetz der Sünde und des Todes! Und das wird dann so interpretiert, dass der Gläubige zwar durchaus noch sündigen kann (und wohl auch wird), dass das aber letztlich nichts an der durch den Glauben an Jesus gewonnen Freiheit ändert.

    Die Sünde hat quasi keine Macht mehr über den Wiedergeborenen, da ja nun nicht mehr der alte (dem Gesetz unterworfene) Mensch lebt, sondern Christus im Menschen. Und Christus hat sowohl die Sünde, als auch den Tod überwunden. Der Mensch muss zwar sterben und er wird, wie gesagt, auch sündigen, aber da Christus in ihm lebt, ist er frei vom Gesetz der Sünde und des Todes und steht nunmehr allein unter dem Gesetz des Geistes und dieses Gesetz steht sozusagen höher, als das Gesetz der Sünde und des Todes. Dieses Gesetz hat den Menschen frei gemacht vom Gesetz der Sünde und des Todes (Römer 8,2).

    Es wird also geglaubt, dass weder die Sünde, noch der Tod irgendein Recht auf den Gläubigen habe und also in letzter Konsequenz, das Tun und Lassen dieses Gläubigen tatsächlich zweitrangig, eigentlich sogar fast egal ist, denn der Glaube an Jesus hat den alten (sündigen und unter dem Gesetz stehenden) Menschen quasi sterben und ihn gleichzeitig wiedergeboren und auferstehen lassen, im Gesetz des Geistes.

    Ehrlich, so wird das Christentum in manchen Gemeinden gepredigt, gelehrt und verstanden. Und dort geht man dann auch durch die Reihen der Gläubigen, legt ihnen (ungefragt!) die Hände auf und murmelt beschwörend: Der Verstand muss weg....

    Sicher ist das ein extremes Beispiel, das ich da erlebte, aber ich denke das ist es eben was geschehen kann, wenn Paulus überhand gewinnt und man ihn in diese Richtung interpretieren mag. Und leider kann man ihn tatsächlich in diese Richtung interpretieren, wenn man sich die entsprechenden Bibelverse "zusammenbastelt" und die Vernunft bei Seite lässt.

    Deshalb ist mir persönlich ganz besonders die Vernunft wichtig! Und aus dem gleichen Grund wahrscheinlich wohl auch die Philosophie, solange sie vernunftbasiert philosophiert....Da, wo die Vernunft ad absurdum geführt wird (werden soll) und die Unvernunft Einzug in die Glaubenslehre hält, gehen bei mir persönlich alle Warnlichter an. Denn ich bin fest davon überzeugt, dass Gott ganz wesentlich mit der Vernunft verbunden ist.

    Und auch diesbezüglich bin ich dann sogar mit Paulus einig, denn in Römer 1,20 heißt es:

    Seit Erschaffung der Welt wird seine unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung mit der Vernunft wahrgenommen, seine ewige Macht und Gottheit.

    LG
    Provisorium
    Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist. (Meister Eckhart)

  9. #9

    Standard

    Zitat Zitat von ed Beitrag anzeigen
    Das Prinzip des Gesetzes ist die Liebe. Was ist aber Liebe? ... Da die Liebe/Zuneigung zu Mitmenschen mit konkreten physischen Auswirkungen verbunden ist, fordert das Gesetz diese Auswirkungen. Und zwar das Mindestmaß, angepaßt an die jeweilige Situation. Um dieser Aufgabe gerecht zu sein, hat das Gesetz einen mehrdeutigen Sinn: einen buchstäblichen, und einen tieferen/übertragenen.

    Was aber wenn man keine Liebe/Zuneigung zu einer bestimmten Person (oder mehreren) empfindet? Dann wird das buchstäbliche/oberflächliche Erfüllen des Gesetzes zur Heuchelei.
    Wer liebt, bedarf des Gesetzes nicht. (Oder informiert sich ein/e liebende/r bei einem Anwalt, wie er/sie dem/der Liebespartner/in seine/ihre Liebe zeigen soll/kann?)
    Wo es des Gesetzes bedarf, als Mindestmaß der Auswirkungen der Liebe, da mangelt es an Liebe. Man liebt nicht, sondern will nur das Nötige tun, um nicht als Verbrecher bestraft zu werden. Dann ist man sehr stolz auf sein Erfüllen des Gesetzes.

    Wer liebt, gibt sich mit dem buchstäblichen Sinn des Gesetzes nicht zufrieden. Er genügt ihm nicht. Er sucht nach tieferem Sinn desselben Gesetzes. Natürlich nur wenn er an die göttliche Inspiration des Gesetzes glaubt.
    Glaubt er an sie aber nicht, wird er nur den Buchstaben des Gesetzes sehen. Und die tiefere Liebe anderswo suchen.
    Danke, dass du dir Zeit nimmst für dieses Forum. Mit dieser Botschaft.

  10. #10

    Standard

    Zitat Zitat von Provisorium Beitrag anzeigen
    Mir geht es bei diesem Thema vor allem darum, Übereinstimmungen zu finden und sozusagen einen "gemeinsamen (kleinsten) Nenner.
    Oh. Das Provisorium auf der Suche nach einer "gemeinsamen Grundlage". Ich fasse es nicht. Anscheinend gewinnt das Thema für dich an Bedeutung. Schön.


 

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