Lieber Isaak, gerne möchte ich auf deine Argumente/Aussagen eingehen und mich diesen stellen. Bezüglich dessen wird es auch noch einen extra Thread geben, wo ich mich dem Themenbereich Judentum und Hellenismus stellen werde. Denn religionshistorisch gesehen ist diese Epoche von 600 Jahren überaus bedeutungsvoll für die Religionsgeschichte Israels und daraus folgend auch für das Christentum und den Islam. Doch dazu später mehr.
Es geht bei meiner Aussage um die Grundlagen, welche dann in ihrer Weiterentwicklung zu bestimmten theologischen und philosophischen Aussagen führten. Es geht also um die Vorgeschichte und nicht um das Endprodukt!Zitat von absalom
… Grundlage für diese Entwicklung war in erster Linie die Hellenisierung eines nicht unerheblichen Teils des Judentums – insbesondere in der Diaspora – und die Öffnung des Judentums für hellenistisches – philosophisches Gedankengut. …
Antwort von Isaak: Du schreibst hier aber von einem „nicht unerheblichen Teils des Judentums“ und das ist mir zu schwammig. Denn an der Theologie der christlichen „Dreieinigkeit“ sind in den frühen christlichen Bewegung verhältnismäßig wenige Juden, gegenüber der Gesamtheit der damaligen Juden, beteiligt gewesen und auszumachen. Also Schwamm mal zur Seite.
Natürlich haben Essener Einflüsse auf das damalige gesamte Judentum und umgekehrt sind auch geringe hellenistische Einflüsse auf die Essener selbst erkennbar, wenn glcie nicht wirklich nachweisbar sondern eher vermutbar auszumachen. Philo von Alexandrien, ein Jude im Jahr, etwa 15 vor der christlichen Zeitrechnung, kann man als einen typischen Vertreter für hellenistische Einflüsse und Einwirkungen auf alexandrinische Juden verwenen und Rückwirkungen auf das gesamte Judentum vermuten, allerdings haben diese tatsächlich eher Wirkungen auf die frühen Christen und Paulus ausgeübt, als eben auf die Gesamtheit der damaligen und heutigen Juden.
Klassisches Beispiel sei die sog. Logosphilosophie des Philon und weiterer jüdischer Denker, welche im „Dunstkreis“ des Hellenismus wichtige Vorleistungen für die spätere christliche Theologie schufen. Das Johannesevangelium ist dafür der beste Beleg. Denn nicht wenige Texte aus dieser Schrift zitieren sinnentlehnt und auch wortwörtlich philonisches Lehr- und Gedankengut.
Ebenso, doch darauf gehe ich später noch ausführlicher ein, ist gerade das Lehrgut der Essener ein ganz wichtiger Stützpfeiler für die spätere frühchristliche Theologie. Ein ganz wesentlicher Beleg ist die sog. Prädestinationslehre welche eben von den Essenern aus dem Hellenismus (Plato) übernommen wurde und innerhalb des Judentums zu überaus heftigen Kontroversen unter Pharisäern und Essenern einerseits und ebenso zwischen Sadduzäern und den beiden anderen „Parteien“ führte. Es war besagter Paulus, der dieses Lehrgut genau und wortwörtlich aus den „Lehrstuben“ der Essener übernahm, weil sie sich mit seinem Hellenistischen Weltbild vereinigen ließen. Das ist ein ganz klarer Befund, wenn man sich dem Schrifttum der Essener und den Paulusschriften stellt. Die „Affinitäten“ reichen jedoch noch wesentlich weiter, gerade im Bezug von Paulus und Essener. (Ich verweise hier einfach auf die überaus guten wissenschaftlichen Studien von: Flusser, Berger, Wise – Abegg – Cogg, Lohse, etc zu diesem Themenkomplex.) Diese Auffälligkeiten sind kein Zufall der Geschichte, sondern tragen in sich ein ganz klares Theologieverständnis, welches übrigens keine Erfindung des Christentums war, sondern ganz wesentlich eben dieser Essener!
Die Wirkungskraft der Essener wurde sehr lange unterschätzt, gleich wohl Josephus Falvius, Philon, etc deren weite Verbreitung und vor allem Bekanntheitsgrad (bis zum kaiserlichen Hof in Rom) ausdrücklich betonen. Erst durch die Schriftfund und hier insbesondere den sog. theologischen Büchern (Damaskusschrift, Gemeinderegel, Gemeinschaftsregel, Kriegsrolle, Florilegium,) wurde diese Dimension bewusst, die unglaublich viele Niederschläge nicht nur in der apokryphen jüdischen Literatur, sondern auch in Talmud und verschiedenen Midrasch hinterlassen haben. Insbesondere Hillel und Schamai stellten sich diesen Auseinandersetzungen (Jüdische Schriften aus hellenistisch römischer Zeit. Gütersloher Verlagshaus Werner Georg Kümmel)
Noch ein Fakt wird an Josephus offensichtlich. Gerade in seinen Schriften scheinen überaus viele griechische Anschauungen vertreten zu sein. Hier einige wenige Beispiele dazu. Er macht aus der jüdischen Religion eine jüdische Philosophie, das Problem über Schicksal und menschliche Willensfreiheit beschäftigt nach seiner Darstellung auch die Philosophenschulen Palästinas, die Pharisäer, Sadduzäer, Essener, welche letzteren er mit den Pythagoreern zusammenstellt. Aus dem Philosophenvolke ragen hervor Abraham, der Begründer der wahren Gotteserkenntnis, der zuerst in Gott den Schöpfer und überall mitwirkenden Herrn des Alls erkannte, und Moses. Die Theologie des Josephus redet oft von dem Göttlichen, der göttlichen Kraft statt von Gott. Allein schon die Begriffswelt die Josephus anführt ist deutliches synonym für die schleichende Hellenisierung innerhalb des breit gefächerten Judentums, dessen mehrheitliche Bevölkerung eben nicht in Israel lebte und wirkte, sondern in der Diaspora. Ein nicht zu unterschätzender Fakt. Genau das bestätigt selbst die Mischna. Beweis dafür sind die vielen in der Mischna sich findenden Fremdwörter aus der griechischen, weniger aus der lateinischen Sprache.
Ich hoffe, der Schwamm ist damit etwas beseitigt! Von geringen Einflüssen kann man allerdings wohl kaum sprechen, wie auch jüdische Religionswissenschaftler klar belegen (z.B. Flusser, Klausner, Vermes, etc) Noch klarer wird dies, wenn man sich die Makkabäerbücher, Jesus Sirach, ect anschaut. Doch das würde den Bogen hier bei weiten sprengen.
Auf die indirekten Zusammenhänge habe ich oben verwiesen. Eine göttliche Trias kennt und kannte das Judentum, egal welcher Prägung nicht, dass ist richtig, aber sicher Formen und Vorstellungen, welche sehr wohl phantastisch angehaucht waren, allerdings ohne Zahlenformeln.So kann man eben keinen ausgeprägten jüdischen Zusammenhang zwischen der christlichen „Dreieinigkeit“ und dem Judentum herleiten, welches eben doch eher ein alt bekanntes Konzept des Hellenismus ist und aus ihren weit reichenden Strömungen, innerhalb der antiken Religionen zu suchen un zu finden sind w.z.B. in der Apistrinitätslehre, der Sarapistrinitätslehre, bei der Trinität der Dionysosreligion, in den kapitolinische Trias und beim dreieinigen Weltgott Hermes und so weiter und so weiter.
Müssen muß man nicht, aber religionswissenschaftlich ist das der erste Ansatz! Denn das Frühchristentum ist bis 120 n.Chr. im Wesentlichen noch sehr „diasporajüdisch“ geprägt. Bestes Zeugnis dafür ist das N.T.Zitat von absalom
… Nähert man sich der Thematik der Entwicklungsgeschichte der christlichen Theologie und hier insbesondere von Gottesbildern, so muß man zwangsläufig den ersten Ansatz im hellenistisch – orientierten Judentum suchen. …
Antwort von Isaak: Wieso das? Müssen muss man doch gar nichts. Oder? Man kann und dann darf man fragen wieso auf diese Weise? Denn es gibt nur hellenistische nebenorientierte Strömungen im Judentum aber kein hellenistisch orientiertes Judentum.
Nebenorientiert kann man das nicht nennen, auch wenn diese Strömungen nicht überlebt haben, stellten sie in antiker Zeit die mehrheitliche Größe des Judentums dar, die sich eben nicht im damaligen Palästina befand, sondern in der Diaspora. Das ist ein Tatbestand. Das Judentum der Antike war überaus vielfältig und sehr wohl der damaligen „westlichen Welt“ zugeneigt. Nicht im Sinne Philos, wohl aber nicht unerheblich hellenisiert. Zumindest geben jüdische Zeitzeugen dieses Bild in ihrem Schriftgut wieder. Und genau das deckt sich sehr wohl mit archäologischen Befunden und mit Aussagen nichtjüdischer Quellen.
Das stimmt so nicht, denn besonders für die jüdische Religionswissenschaft ist diese Auseinandersetzung ein Schwerpunktthema. Sicher nicht für Talmudschulen. Die unglaublich zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen jüdischer Autoren zu diesem Thema ist beeindruckend und noch beeindruckender ist für mich persönlich deren wissenschaftliche Akribie.Genau, deshalb eben und dies kann man mit den Essenern und mit Philo von Alexandrien in Verbindung bringen und so sehen wenn man will, aber dies scheint eben eher für die Christen interessant gewesen zu sein, als für die Gesamtheit der damaligen und heutigen Juden und somit ist zumindest ein direkter Rückschluss oder Ableitung vom Jüdischen nicht bedingungslos so auf zeig bar und auch nicht das Thema hier.
Dass es das damalige Judentum sehr wohl interessierte zeigt die zahlreiche antike Literatur zu diesem Thema. Und es war nicht nur ein politischer Kampf der mit der Makkabäerzeit begann, sondern ein Kulturkampf! Das, dass heutige „normale“ jüdische“ Publikum nur wenig Interesse daran hat kann man so auch nicht sagen. So manche archäologische „Sensation“ in Bezug zu diesem Thema hat auch beim normalen Volk großes Interesse und Nachfragen ausgelöst.
Im Übrigen bin ich sehr wohl der Meinung, es gehört in diesen Themenkomplex, weil eben das Christentum viele „Wurzeln“ in sich trägt. So auch eine Jüdische.
Lieber Isaak, dann sind dir mindestens 40 Jahre Forschungsgeschichte nicht bekannt. Und hier besonders aus israelischen Universitäten. Man weiß überaus viel über diese Gruppe! Und wenn es dich beruhigt, selbst der Talmud spricht darüber.Mal ehrlich, man weiss doch dass man so gut wie Nichts über eine urgemeindliche Gruppe um Jesus weiss. Und das alles was man zusammenfügt, spekulativ mögliches ist, aber keiner weiss ob das was man so zusammenreimt tatsächlich gestimmt haben könnte.
Es ist ein belegbarer Fakt, dass selbst das N.T. genug Spuren in sich trägt, die sich problemlos und empirisch beweisbar, in den historischen Kontext Palästinas und dessen Religionsgeschichte einfügen, um die Urgemeinde relativ klar darzustellen. (z.B. Bd. Entdeckungen im N.T. David Flusser)
Was soll ich jetzt dazu sagen?So glaubt man nur darauf gekommen zusein… und zwar wie unser lieber User absalom hier niedergeschrieben hat und dies so Niedergeschriebene natürlich auch nicht allein auf seinem Forschen stammt …
Eben nicht aus christlicher Sicht! Denn letztlich führt diese Sicht an der jüdischen Religionsgeschichte vorbei. Das belegt die Theologiegeschichte der letzten 1800 Jahre – bedauerlicher Weise! Aber es ist Besserung in Sicht, zumindest in den letzten 25 Jahren. Allerdings sind vor allem die theologischen Konsequenzen eher dürftig und die Kompromissfreudigkeit und der Erklärungsnotstand mittlerweile schon peinlich.Sollte es nicht besser heißen: Man kommt, aus christlich geprägter Sicht und christlicher moderner Theologie nicht daran vorbei.
Mahl wissenschaftlicher: Die „Täuferjüngern“ kennt man gar nicht und vermutet Zusammenhänge mit den Essenern, mehr nicht.
Auch den kleinasiatische Mitraskult, welcher während des Zusammenbruches des römischen Reiches an Beliebtheit bei Römern und frühen Christen fand hier in eine Reihe mit dem jüdischen Täufer und den Essenern zu stellen, das gleicht mir eher wie einem ziehen einer Nixe aus dem Meer.
Mal wissenschaftlich: Man kennt die Täufergruppen (!) sehr wohl und die Verwandtschaft zu Essenern ist bei vielen Gruppen auffällig. Und Jochanan kann man heute ziemlich gut einordnen. Anderen Ortes dazu mehr.
Ich habe nicht die Mithrasanhänger mit Essenern und Täufern in ein Boot geworfen und doch gab es diese Berührungspunkte. Was ich jedoch historisch belegen kann, ist der Einfluß des Mithraskultes innerhalb des hellenistischen Judentums. Und genau dazu gibt es aus antiker Zeit so manche Belegstelle – von damaligen jüdischen Autoren.
Z.B.: (Texte entstammen aus einem Vortag von mir zum Thema: Verbreitung des Mithraskultes von Persien bis nach Rom)
……Ganz sicher wissen Textforscher, dass allein schon das Wort Magoi oft einen ganz bitteren Beigeschmack im palästinensischen und gelegentlich auch im hellenistischen Judentum hatte, bezeichnet es doch in der jüdisch antiken Literatur eine Personengruppe, welche als Wahrsager, Dämonenzauberer und Mysteriendiener, ein Berufsstand war (JA 10/ 195, 216, de Vita Moysis 1/92). Zugleich kennen diesen Berufsstand natürlich auch die antiken Autoren und Cicero weiß z.B. von ihnen zu berichten, dass sie es waren, welche einst über Alexander den Großen eine wundersame göttliche Geburt voraussagten (Herodot Historien I 120, 128). ….
…..Selbst im N.T. taucht, neben Matthäus, diese Gruppe, noch einmal auf. Simon der Magoi (Apg. 8) und auch in Zypern findet man solche (Apg. 13). Hier jedoch mit einem beträchtlichen negativen Hintergrund. Das hier Juden als Magoi anzutreffen sind mag nicht verwundern, wenn man sich dazu Shabbat 75a anschaut, wo wir erfahren, dass es Juden in damaliger Zeit gab, die sich dieser Gruppe von Magoi anschlossen. ….
…..Doch auch im Tanach finden wir diese Magoi wieder. Hier ist namentlich Bileam benannt, der einst verkündete, aus dem Hause David wird ein Stern hervorgehen. Allerdings sind sich auch die Autoren des N.T. einig, dass Bileam nur wenig Gutes zugesprochen werden kann (2. Ptr. 2/ 15-16, Jud. 11, etc.). Das deckt sich gänzlich mit der jüdischen Ansicht über Bileam und seine Berufskollegen. ….
…..Philo kennt sie persönlich und nennt ihren eigentlichen Ursprung aus Persien kommend, welche sich jedoch über die ganze „Welt“ bis nach Palästina und Ägypten verbreitet haben (De vita Moysis 1/92). Dieser Aussage stimmt das N.T. zu, die ihre Verbreitung bis nach Zypern erwähnt. Philo berichtet weiterhin, dass diese Magoi hoch gebildete Wissenschaftler waren (De specialibus legibus 3, 100) ….
…..Die Wesen, Gestalt der sog. Missionsstruktur (Missionierung – Glaubensverbreitung) übernahm das Frühchristentum recht früh von diesen Magoi, die ein erfolgreiches Missionsnetz von Persien bis Germanien aufgebaut hatten. ……
Nun, ich denke unsere historischen Quellen, auf die ich nicht umfassend eingehen kann (es würde den „allgemeinen“ Rahmen sprengen) lässt das antike Judentum sehr wohl in einem ganz breiten Spannungsfeld der Antike erscheinen, aus dem sich das spätere Christentum ebenso formierte wie aus dem sog. „Heidentum“ (eigentlich lehne ich solche Begriffe ab!). Die komplexe Schau auf diese Ursprünge läst uns den Werdegang der christlichen Theologie verstehen und nachvollziehen und letztlich auch die Lehre der Trinitas aus ihrem historisch – kulturellen Umfeld erklären. Dazu bedarf es jedoch der umfassenden Spurensuche.
Absalom
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